LG Karlsruhe, Az.: 9 O 53/18, Urteil vom 20.10.2018
In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Karlsruhe – Zivilkammer IX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2018 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche der Kläger wegen diverser von diesen am Hausgrundstück der Beklagten vorgenommener Arbeiten.
Zwischen den Parteien war ursprünglich beabsichtigt, dass die Beklagte das Hausgrundstück …… zu Eigentum erwerben und zu einem späteren Zeitpunkt an die Kläger weiterverkaufen sollte. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien am 24.08.2015 eine schriftliche Vereinbarung (Anlage K 3), wonach die Kläger bis zum 30.11.2017 u.a. berechtigt sein sollten, das Hausgrundstück zu einem Kaufpreis von 160.000,- € zu erwerben. Die Vereinbarung enthält folgende Ziffer 3:
Den Parteien ist bekannt, dass das Erwerbsrecht der Eheleute …… aus formellen Gründen einer notariellen Beurkundung bedarf. Sollte Frau …… sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung über das Erwerbsrecht berufen, ist sie im Rahmen der culpa in contrahendo verpflichtet, Schadensersatz für wertsteigernde Aufwendungen zu erbringen.
Ebenfalls am 24.08.2015 wurde zwischen den Parteien ein schriftlicher Mietvertrag über das streitgegenständliche Hausgrundstück abgeschlossen, der durch den noch ausstehenden Eigentumserwerb der Beklagten aufschiebend bedingt war. In der „Anlage zum Mietvertrag vom 24.08.2015“ (Anlage K 1 am Ende) findet sich u.a. folgende Vereinbarung:
Die Eheleute …… werden im Laufe der nächsten 18 Monate die Arbeiten gemäß Investitionsplan von Herrn …… vom 24.08.2015 auf ihre Kosten durchführen.
Hinsichtlich des Inhalts des in Bezug genommenen Investitionsplans wird auf die vorgelegte Anlage K 12 Bezug genommen.
Die Beklagte wurde am 15.08.2016 als Eigentümerin des Hausgrundstücks ins Grundbuch eingetragen. Der von ihr gezahlte Kaufpreis beläuft sich auf 160.000,- E. Ursprünglich war das Haus entsprechend dem von beiden Parteien vorgelegten Makler-Expos (Anlage B 2 bzw. K 13) für 339.900,- € angeboten worden, doch hatte sich dieser Preis als nicht erzielbar erwiesen. Einen Verkauf des Hausgrundstücks an die Kläger lehnte die Beklagte erstmals im September 2017 ab.
Die Beklagte erklärte im November 2017 und im Januar 2018 wegen verschiedener, zwischen den Parteien streitiger Pflichtverletzungen die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Die erhobene Räumungsklage wurde vom Amtsgericht Ettlingen abgewiesen, das Berufungsverfahren ist derzeit beim Landgericht Karlsruhe – Az. 9 S 142/18 – anhängig.
Die Kläger führten im Zeitraum August 2015 bis September 2017 verschiedene Arbeiten am Hausgrundstück durch, deren Umfang und Aufwand zwischen den Parteien streitig ist.
Die Kläger behaupten, das Hausgrundstück sei von ihnen kernsaniert worden; im Einzelnen seien die im Schriftsatz vom 20.06.2018 (AS 171 ff.), auf den Bezug genommen wird, aufgeführten Arbeiten durchgeführt worden, für die Material- und Arbeitskosten in Höhe von 61.934,68 € entstanden seien. Das Hausgrundstück habe infolge der von ihnen durchgeführten Arbeiten eine Wertsteigerung in Höhe der Klageforderung erfahren, was sich aus der Differenz des von der Beklagten gezahlten Kaufpreises und dem in einem Makler-Exposé (Anlage B 2) verlangten Kaufpreis ergebe. Die Kläger meinen, der abgeschlossene Mietvertrag sei wegen Nichteinhaltung der von § 311b BGB vorgeschriebenen Form nichtig, so dass sie der Beklagten gegenüber kein Recht zum Besitz hätten. Die Klage werde daher letztlich vorrangig auf Verwendungsersatzansprüche gem. § 994 BGB gestützt.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 179.900,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 30.11.2017 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.006,42 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, da zwischen den Parteien ein Mietverhältnis über das Hausgrundstück bestehe, könnten die Kläger tatsächlich gemachte Aufwendungen nur unter den Voraussetzungen des § 539 BGB ersetzt verlangen. Sollten den Klägern Bereicherungsansprüche gem. §§ 951, 812 BGB zustehen, könne dies nur für diejenigen Arbeiten der Fall sein, die im Investitionsplan vom 24.08.2015 aufgeführt seien, da dieser Plan als Vereinbarung eines rechtsgeschäftlichen Ausschlusses von Ausgleichsansprüchen für andersartige Arbeiten anzusehen sei.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist mangels Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs derzeit unbegründet.
I.
1. Soweit die Kläger zuletzt vorrangig einen Verwendungsersatzanspruch in Höhe von 61.934,68 € gem. § 994 BGB geltend machen, besteht ein derartiger Anspruch bereits mangels Vorliegens eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses im Sinne der §§ 987 ff. BGB nicht. Die Kläger sind der Beklagten gegenüber als Mieter des Hausgrundstücks zum Besitz berechtigt. Entgegen der Auffassung der Kläger – die im Hinblick auf ihren Vortrag im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen den vor Abtrennung der ursprünglichen Widerklage, jetzt die vorliegende Klage, im selben Verfahren geltend gemachten Räumungsanspruch ohnehin verwundert – ist der zwischen den Parteien am 24.08.2015 geschlossene Mietvertrag wirksam zustande gekommen. Die Formvorschrift des § 311b BGB gilt nicht für Mietverträge und der Umstand, dass die am selben Tag zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über den Verkauf des Hausgrundstücks aufgrund des Verstoßes gegen den auf diesen Vertrag anwendbaren § 311b BGB gem. § 125 BGB unwirksam ist, hat nicht auch die Nichtigkeit des in einer gesonderten Urkunde abgeschlossenen Mietvertrages zur Folge. Dass die Parteien den Willen gehabt hätten, der Bestand des Mietvertrages solle von der Wirksamkeit der Verkaufsvereinbarung abhängen, geht aus den Vertragsurkunden nicht ansatzweise hervor und von den Klägern ist nichts zu den sonstigen Umständen des Vertragssschlusses vorgetragen, dass hierfür Anhaltspunkte gäbe.
Ob die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen das Mietverhältnis beendet haben, ist für die Frage des Bestehens eines Verwendungsersatzanspruchs gem. § 994 BGB bereits deshalb ohne Bedeutung, weil sämtliche geltend gemachten Verwendungen vor dem Ausspruch der Kündigung gemacht wurden.
2. Soweit die Kläger tatsächlich wertsteigernde bauliche Veränderungen am Hausgrundstück vorgenommen haben – bei einem erheblichen Teil der von ihnen geltend gemachten Arbeiten handelt es sich überhaupt nicht um bauliche Veränderungen – und gem. §§ 946 bis 950 BGB ein Rechtsverlust der Kläger eingetreten ist, steht ihnen dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch gem. §§ 951, 812 BGB zu.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen einem derartigen Anspruch nicht die mietvertraglichen Regelungen als vorrangige Spezialgesetze entgegen. Diese Auffassung trägt nicht der Besonderheit Rechnung, dass die Parteien vorliegend zwar einerseits mietvertraglich verbunden sind, andererseits jedoch einen Verkauf des Hausgrundstücks von der Beklagten an die Kläger beabsichtigten und die Kläger im Vertrauen auf diesen künftigen Eigentumserwerb diverse, zwischen den Parteien überwiegend streitige Arbeiten am Hausgrundstück durchführten (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2013, Az. V ZR 93/12).
b) Auch die Regelung in Ziff. 3 der schriftlichen Vereinbarung vom 24.08.2015 steht dem Bereicherungsanspruch nicht als vorrangige vertragliche Regelung entgegen, da auch diese Vereinbarung gem. § 125 BGB wegen Verstoßes gegen § 311b BGB nichtig ist. Beträfe die Nichtigkeit nur die Hauptpflicht zum Verkauf der Immobilie, nicht aber insoweit etwaig vereinbarte Schadensersatzansprüche, wäre der Effekt eine vom Gesetz gerade nicht gewollte mittelbare Verpflichtung der Parteien zur Erfüllung des der vorgeschriebenen Form nicht genügenden Vertrags (MK BGB, 7. Auflage, § 311b Rn. 36 m.w.N.).
c) Dass die Kläger die unstreitig durchgeführten bzw. ggf. durchgeführte streitige bauliche Veränderungen in der Erwartung des ursprünglich unstreitig beabsichtigten Eigentumserwerbs von der Beklagten machten, ist zwischen den Parteien unstreitig.
d) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem „Investitionsplan“ vom 24.08.2015 nicht entnommen werden, dass die Parteien hätten vereinbaren wollen, bauliche Veränderungen, die über den Inhalt dieses Planes hinausgehen, von etwaig entstehenden Ausgleichsansprüchen der Kläger auszunehmen. Dies folgt bereits daraus, dass die Durchführung der im Investitionsplan aufgeführten Arbeiten gem. Ziff. 2 der Anlage zum Mietvertrag den Klägern nicht lediglich gestattet wurde – in diesem Fall wäre die Formulierung „können“ oder „dürfen“ zu erwarten gewesen -, sondern dass diese Arbeiten nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien auf Kosten der Kläger tatsächlich durchgeführt werden sollten („werden … durchführe«). Hinsichtlich etwaiger weiterer, nicht aufgeführter baulicher Veränderungen lässt sich der Anlage zum Mietvertrag und dem Investitionsplan weder in bejahender noch in verneinender Hinsicht eine Aussage entnehmen.
3. Ansprüche der Kläger gem. §§ 951, 812 BGB sind jedoch, da diese das Hausgrundstück noch besitzen, nicht fällig. Den Parteien war aufgrund des abgeschlossenen unbefristeten Mietvertrages bewusst, dass den Klägern etwaig getätigte bauliche Investitionen für die Dauer des Mietverhältnisses unabhängig davon zugute kommen würden, dass sie das Hausgrundstück tatsächlich zu Eigentum erwarben, so dass sich die getätigten Investitionen abhängig von der Dauer des Mietverhältnisses in geringerem oder größerem Umfang amortisieren würden. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag ist daher dahingehend auszulegen, dass Ausgleichsansprüche insoweit ausgeschlossen sein sollen, als aufgrund der tatsächlichen Nutzung durch die Kläger eine Teilamortisation stattgefunden hat, so dass es für die Höhe eines den Klägern etwaig zustehenden Ausgleichsanspruchs auf den Zeitpunkt der Rückgabe des Hausgrundstücks an die Beklagte ankommt und dass der Anspruch auch erst zu diesem Zeitpunkt fällig wird (ähnlich BGH, Urteil vom 19.07.2013, Az. V ZR 93/12). Nur der dann tatsächlich noch bestehende Wertzuwachs kommt der Beklagten tatsächlich zugute, da sie das „verbesserte‘ Hausgrundstück vor Wiedererlangung des Besitzes selbst nicht nutzen kann und sie im Hinblick auf die baulichen Veränderungen auch keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Miete durch die Kläger hat.
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.