Signifikantes Urteil zur Instandhaltungsrücklage im Wohnungseigentumsrecht: Erleichterte Handhabung durch Vorratsbeschluss
Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 18. Juni 2020 (Az. 29 S 212/19) entschieden, dass im Wohnungseigentumsrecht die Entscheidung, ob eine Liquiditätslücke durch eine Sonderumlage oder durch Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage geschlossen wird, grundsätzlich im Ermessen der Miteigentümer liegt. Die Berufungsklägerin hatte moniert, dass eine generelle Regelung für die Zukunft, wie sie hier vorliegt, der ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht.
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Übersicht
Einschätzung des Gerichts: Vorratsbeschluss ist zulässig
Im Kern der Entscheidung stand die Frage, inwiefern der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf die sogenannte Instandhaltungsrücklage zugreifen darf. Nach Auffassung des Gerichts liegt hierbei die Entscheidungsgewalt grundsätzlich bei den Miteigentümern. Sie können beschließen, dass der Verwalter auf die Rücklage zugreifen darf, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. Dieser sog. Vorratsbeschluss ermöglicht dem Verwalter, Zuführungsbeiträge zur Instandhaltungsrücklage für die allgemeine Liquiditätsstärkung einzusetzen, was das Gericht nicht beanstandete.
Flexibilität im Wohnungseigentumsrecht: Abstrakt-generelle Regelung zulässig
Die Berufungsklägerin war der Ansicht, dass eine abstrakt-generelle Regelung, wie sie hier vorlag, der ordnungsgemäßen Verwaltung widerspreche. Dieser Auffassung trat das Landgericht Köln jedoch entgegen. Vielmehr stellte es klar, dass der Vorratsbeschluss die Grenzen, in denen der Verwalter Mittel zur allgemeinen Liquiditätsstärkung verwenden darf, klar und eindeutig festlegt. Es verwies darauf, dass eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage nur in der Höhe der Zahlungen gestattet ist, die im laufenden Wirtschaftsjahr gezahlt werden.
Beschluss über Verwendung der Instandhaltungsrücklage: Schutz vor missbräuchlicher Verwendung
Das Gericht sah in der Beschlussfassung auch eine Schutzmaßnahme, die sicherstellt, dass die Mittel aus der laufenden Zuführung zur Instandhaltungsrücklage nur für Ausgaben des laufenden Wirtschaftsjahres verwendet werden. Hierdurch wird verhindert, dass diese Mittel überjährig für andere Zwecke verwendet werden.
Fazit: Rechte der Miteigentümer gestärkt
Zusammengefasst stärkt das Urteil des Landgerichts Köln die Rechte der Miteigentümer. Es ermöglicht ihnen, durch eine Mehrheitsentscheidung den Verwalter zur Inanspruchnahme von Mitteln aus der Instandhaltungsrücklage zu ermächtigen, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Diese Regelung sorgt für mehr Flexibilität im Wohnungseigentumsrecht und kann dazu beitragen, zusätzliche Kosten und andere Nachteile zu vermeiden, die sich aus der verspäteten Zahlung von Rechnungen ergeben können. Der umfassende Zugriff auf die laufenden Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage durch den Verwalter wird durch die Möglichkeit der Miteigentümer, in der Jahresabrechnung eine entsprechende Nachzahlung zu beschließen, reguliert.
Das vorliegende Urteil
LG Köln – Az.: 29 S 212/19 – Urteil vom 18.06.2020
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 8.10.2019 – 215 C 45/19 – wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 8.10.2019 – 215 C 45/19 – teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien bilden die Erbbauberechtigtengemeinschaft PStraße 475/EStraße 22-30 in Köln. Die Klägerin ficht die Beschlussfassung zu TOP 3, Beschluss I und II, aus der Eigentümerversammlung vom 17.4.2019 an.
Für die tatsächlichen Feststellungen und die erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das Urteil 1. Instanz Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat den Beschluss zu TOP 3 I (Liquiditätsstärkung) für ungültig erklärt. Es hat dazu ausgeführt, dass die Instandhaltungsrücklage unmittelbar mit dem Eingang der Zahlung in das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehe. Zwar könne die Notwendigkeit eines sog. Vorratsbeschlusses, der die anderweitige Verwendung dieser Gelder erfasse, nicht grundsätzlich verneint werden, jedoch dürfe dem Verwalter kein Freibrief erteilt werden. Es müsse klargestellt werden, dass die Aufhebung der Zweckbindung nur temporär und der Höhe nach limitiert erfolgen dürfe. Hier werde dem Verwalter ein vollumfänglicher Zugriff auf die laufenden Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage ermöglicht, wodurch es dazu kommen könne, dass im laufenden Wirtschaftsjahr keinerlei Zuführung stattfinde. Auch wenn nach dem Beschlusswortlaut ein Zugriff auf bereits gebundene Mittel der Instandhaltungsrücklage ausgeschlossen sei, so habe der Beschluss jedoch Einfluss auf die Bindung der Mittel. Das Eintreten der Bindungswirkung liege in kompletter Höhe und ohne jegliche zeitliche Begrenzung in den Händen des Verwalters. Dies könne dazu führen, dass keine weiteren Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage mehr gebunden würden.
Den Beklagten sei zwar darin zuzustimmen, dass eine Entscheidung der Mehrheit, im laufenden Wirtschaftsjahr keine Zuführung zur Instandhaltungsrücklage vorzunehmen, keinen Ermessensfehlgebrauch darstellten müsse, jedoch liege die Entscheidung, ob eine Liquiditätslücke durch Erhebung einer Sonderumlage oder durch Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage geschlossen werde, grundsätzlich im Ermessen der Miteigentümer. Diese Entscheidung könne nicht in dem Umfang wie hier auf den Verwalter delegiert werden.
Die Beschlussfassung zu TOP 3 II (Änderung der Darstellung der Instandhaltungsrücklage) hat das Amtsgericht nicht für ungültig erklärt. Es hat dargelegt, dass die neue Darstellung der Ist-Rücklage den Anforderungen an die BGH-Rechtsprechung genüge. Die Darstellung zeige, welche liquiden Mittel der Gemeinschaft aus der Rücklage zur Verfügung stünden. Es finde kein einfaches Austauschen von Zahlen statt. Soweit die Klägerseite rüge, dass der Betrag in Höhe von 2.920,09 EUR beliebig sei, sei sie auf ihr Belegeinsichtsrecht zu verweisen.
Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien.
Die Beklagten halten die Entscheidung zu TOP 3 I für nicht zutreffend. Aus der Entscheidung des BGH – V ZR 44/09 – sei nicht zu entnehmen, dass die Zweckbindung der Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage unmittelbar mit Eingang der Beitragsleistung auf dem Gemeinschaftskonto eintrete. Der BGH habe sich in seiner Entscheidung mit der Darstellung der Rücklage befasst. Die vom BGH geforderte Darstellung könne auch dann erfolgen, wenn die Zweckbindung erst mit Ablauf des Wirtschaftsjahres eintrete. Zutreffend sei vielmehr, dass die Zweckbindung erst mit Beschlussfassung über die Jahresabrechnung eintrete. So könnten die Wohnungseigentümer ein Interesse daran haben, von Zahlungen auf die Rücklage abzusehen, wenn die Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahres die Ansätze im Wirtschaftsplan überstiegen. Überdies sei zu bedenken, dass es sich bei den Beiträgen zur Instandhaltungsrücklage um Vorschüsse handele, § 28 II WEG. Es genüge daher, wenn die geschuldeten Beitragsleistungen am Ende des Jahres zur Verfügung ständen, so dass durch Beschluss eine unterjährige Verwendung dieser Beiträge zur laufenden Kostentragung gestattet sei. Auch nach Auffassung des LG Köln – 29 S 181/11 – sei die Bewirtschaftung durch die Entnahme von finanziellen Mittel aus der Rücklage sicherzustellen, solange nur die Instandhaltungsrücklage nicht aufgebraucht werde.
Aber selbst wenn man der Auffassung des AG Köln folge, wonach die Zweckbindung bereits mit der Zahlung eintrete, vertrete die überwiegende Meinung, dass diese Zweckbindung durch einen Beschluss durchbrochen werden könne, in dem der Verwalter ermächtigt werde, für eine bestimmte Zeit, auf einen bestimmten Betrag der Rücklage zur Deckung laufender Verwaltungskosten zurückzugreifen. Auch diesen Anforderungen genüge der angegriffene Beschluss. In zeitlicher Hinsicht sei dem Verwalter nur gestattet auf die laufenden Zahlungen zuzugreifen. Betragsmäßig sei der Zugriff auf die Zuführungen des Wirtschaftsjahres beschränkt. Auch ein Verwendungszweck sei vorgegeben, nämlich die Deckung der Verwaltungs- und Betriebskosten bei fehlender Liquidität. Zu einer ungeregelten Entnahme könne es nicht kommen, da der Beschluss dem Verwalter keine freie Hand bei der Verwendung der Gelder gebe. Der Beschluss ermächtige den Verwalter nur solche Zahlungen vorzunehmen, zu denen er auch bei ausreichender Liquidität berechtigt wäre. Ein Dauerbeschluss, der den Verwalter ermächtige auf die sog. eiserne Reserve zuzugreifen, liege nicht vor. Die Beschlussfassung entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, da jeder wirtschaftlich denkende Eigentümer aus den eingenommenen Geldern zunächst die fälligen Rechnungen bezahlen würde. Sollte am Ende des Jahres der Zuführungsbetrag nicht zur Verfügung stehen, so könne durch Beschluss der Jahresabrechnung eine entsprechende Nachzahlung gefordert werden.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen in ihrer Berufungserwiderung entgegen. Zwar sei anerkannt, dass die Zweckbindung durch Beschlussfassung abänderbar sei, eine abstrakt-generelle Regelung für die Zukunft, wie sie hier vorliege, widerspreche aber ordnungsgemäßer Verwaltung. Die generelle Ermächtigung des Verwalters auf die Rücklage zur Liquiditätsstärkung zurückzugreifen, stelle eine zu umfangreiche Delegation der Frage der Umwidmung von Zahlungen auf die Rücklage dar. Bei einer Delegation müsse ein „Korsett“ festgelegt werden, innerhalb dessen sich der Verwalter bewegen dürfe. Hier sei bereits nicht sichergestellt, dass die eiserne Reserve nicht angegriffen werde. Überdies sei der Begriff „vorhandene Rücklage“ nicht näher bezeichnet.
Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Köln vom 8.10.2019 die Klage insgesamt abzuweisen; sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 8.10.2019 abzuändern und den Beschluss zu TOP 3, Beschluss II für ungültig zu erklären; sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen Klageabweisung zur Anfechtung von TOP 3 II. Die Klägerin legt in der Berufungsbegründung dar, dass bei der Darstellung der Ist-Rücklage zwischen den gezahlten Wohngeldanteilen und den liquiditätsmäßig separierten Beträgen zu unterscheiden sei. Der rechnerische Ausweis der Gelder, die aus der Instandhaltungsrücklage zu anderen Zwecken verwandt worden seien, reiche nicht aus. Es sei geboten, die Verwendung der Geldmittel zu erläutern (so LG Düsseldorf ZWE 2017, 273). Die angegriffene Beschlussfassung genehmige expressis verbis „die Darstellung der Ist-Rücklage 2017, so dass darüber diskutiert werden könne, ob dies dogmatisch überhaupt möglich sei. Eine Erläuterung, wann und in welchem Zusammenhang die Beträge ausgegeben worden seien, fehle. Die Klägerin vertritt weiter die Auffassung, dass der Beschluss nichtig sei. Es bestehe keine Beschlusskompetenz über Teile der Rechnungslegung zu beschließen. Der Beschluss sei auch zu unbestimmt. Sofern ein Beschluss auf eine Anlage Bezug nehme, müsse diese klar und eindeutig identifizierbar sein. Eine Anlage 3 mit Datum 2.4.2019 liege der Klägerin nicht vor und sei auch im Verfahren nicht zur Akte gereicht worden. Mit der Einladung sei lediglich Seite 7 der Kostenaufstellung „Abrechnung 2017“ versandt worden. Da eine identifizierbare Anlage fehle, sei es einem Erwerber nicht möglich, die Regelung im Beschluss nachzuvollziehen. Weiter moniert die Klägerin, dass die Aufstellung (Bl.25 GA) kein Datum trage.
Zur Berufung der Klägerin führen die Beklagten aus, dass ausweislich des Tatbestandes des Urteils – AG Köln 215 C 45/19 – die Verwalterin 2.920,09 EUR für die Begleichung von Betriebskosten aus der Rücklage entnommen habe. Dieses Vorbringen sei unstreitig. Die Gemeinschaft habe mit dem angefochtenen Beschluss beschlossen, die Instandhaltungsrücklage mit dem tatsächlichen Bestand auszuweisen. Eine solche Darstellung genüge der BGH-Rechtsprechung. Das LG Düsseldorf führe in seiner Entscheidung aus, dass anzugeben sei, ob Mittel aus der Instandhaltungsrücklage für andere Zwecke verwendet worden seien. Diese Darstellung sei nun erfolgt, eine Aufgliederung der Summe fordere auch das LG Düsseldorf nicht. Der Beschluss sei nicht nichtig, da die Eigentümer a maiore ad minus auch nur über die Darstellung der Instandhaltungsrücklage entscheiden könnten. Der Beschluss sei auch nicht zu unbestimmt, denn die Anlage 3 vom 2.4.2019 sei aktenkundig (Bl.25 GA) und liege auch dem Gericht vor. Weiter legen die Beklagten eine weitere Kopie der Anlage 3 neu vor (Bl.126 GA).
II.
Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg; die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
TOP 3, Beschluss I
Die Beschlussfassung zu TOP 3, Beschluss I (Liquiditätsstärkung), entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Dem Amtsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Instandhaltungsrücklage unmittelbar mit dem Eingang der Zahlung des Wohnungseigentümers auf das Konto der Gemeinschaft entsteht. Die Kammer hält insoweit an ihrer Rechtsauffassung, wonach die Instandhaltungsrücklage unmittelbar mit dem Eingang der Zahlung des Wohnungseigentümers entsprechend der Verpflichtung aus dem Wirtschaftsplan entsteht und nach § 28 Abs. 1 Satz 3 WEG dieser Betrag unmittelbar mit dem Zufluss in das Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Grund der zu Grunde liegenden Leistungsbestimmung sofort der Instandhaltungsrücklage zuzuordnen ist, fest (vgl. Urteil der Kammer vom 24.11.2011 – 29 S 111/11 -, ZWE 2012, 279; sowie Drasdo, Anlage der Instandhaltungsrücklage, ZWE 2011, 388ff).
Die gegenteilige Auffassung von Becker (Instandhaltungsrücklage: Zweckbindung von Beitragsleistungen – Anmerkung zum amtsgerichtlichen Urteil – MietRB 2019, 369f), wonach die Beitragsleistungen zur Instandhaltungsrücklage bis zur Erstellung der Jahresabrechnung nicht zweckgebunden sind, überzeugt nicht. Zwar handelt es sich bei den Beitragsleistungen zur Instandhaltungsrücklage um Vorschlüsse, jedoch werden diese Vorschüsse mit dem Zweck erhoben, die Rücklage aufzufüllen. Angesichts dieser Zweckbindung handelt es sich bei den Vorschlusszahlungen gerade nicht um freie Mittel, die auch für die Begleichung der laufenden Kosten ohne weiteres eingesetzt werden können.
Letztlich kann die Frage, wann die Zweckbindung der Beiträge zur Instandhaltungsrücklage eintritt, jedoch dahinstehen, denn die Wohnungseigentümer können durch Beschluss eine Verwendung der Beiträge zur Deckung laufender Kosten gestatten (vgl. LG München, ZMR 2016, 986; LG Stuttgart MietRB 2018, 309).
Der angefochtene Beschluss zur Liquiditätsstärkung entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es liegt im Interesse aller Miteigentümer, zusätzliche Kosten und andere Nachteile zu vermeiden, die sich aus der verspäteten Zahlung von Rechnungen ergeben können. Bei dem vorliegenden Beschluss handelt es sich um einen sog. Vorratsbeschluss, der den Verwalter nicht nur bezogen auf den konkreten Einzelfall zur Inanspruchnahme von Mittel aus der Instandhaltungsrücklage, sondern generell ermächtigt, die Zuführungsbeiträge zur Instandhaltungsrücklage zur allgemeinen Liquiditätsstärkung einzusetzen. Der Vorratsbeschluss legt die Grenzen, in denen der Verwalter Mittel zur allgemeinen Liquiditätsstärkung verwenden darf, klar und eindeutig fest, so dass er nicht zu beanstanden ist.
Die Höhe der möglichen Entnahme während eines Wirtschaftsjahres ist klar definiert und bestimmt. Der Verwalter darf nur auf die Zuführungsbeiträge im laufenden Wirtschaftsjahr zugreifen; so dass der vorhandene Bestand der Instandhaltungsrücklage und insbesondere die „eiserne Reserve“ vom Zugriffsrecht des Verwalters nicht umfasst sind. Soweit die Klägerin die Unbestimmtheit des Begriffes „die vorhandene Rücklage“ moniert, die nach dem Beschlusstext nicht angegriffen werden darf, geht dieser Einwand fehl. Aus dem Kontext des Satzes ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage nur in der Höhe der Zahlungen gestattet ist, die im laufenden Wirtschaftsjahr gezahlt werden; die vorhandene Rücklage ist dann der Betrag der Ist-Rücklage, der zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vorhanden war.
Weiter regelt der Beschluss, dass der Verwalter Mittel aus der laufenden Zuführung zur Instandhaltungsrücklage nur zur Deckung von Ausgaben verwenden darf, die das laufende Wirtschaftsjahr betreffen, so dass sichergestellt ist, dass die Mittel nicht überjährig für andere Zwecke verwendet werden.
Schließlich wird in dem angefochtenen Beschluss konkret bestimmt, in welchen Fällen Gelder zur allgemeinen Liquiditätsstärkung verwandt werden dürfen, nämlich nur dann, wenn die vorhandenen Mittel nicht genügen oder der Mittelabfluss nicht monatlich gleichmäßig erfolgt, wie beispielsweise bei der Zahlung von Versicherungsprämien), so dass die Entnahmemöglichkeit auch betragsmäßig begrenzt ist.
Die Bedenken des Amtsgerichts, dass dem Verwalter ein vollumfänglicher Zugriff auf die laufenden Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage ermöglicht werde, so dass es im Ergebnis dazu kommen könne, dass keinerlei Zuführungen zur Rücklage im laufenden Wirtschaftsjahr und auch künftig stattfinden würden, teilt die Kammer nicht. Zum einen ist die Verwendung der laufenden Beiträge zur Instandhaltungsrückstellung dem Verwalter nur zur Überbrückung eines konkreten Liquiditätsengpasses gestattet. Sollten sich die nach dem Wirtschaftsplan kalkulierten Einnahmen am Ende des Wirtschaftsjahres regelmäßig als zu gering darstellen, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Verwalters den Wirtschaftsplan neu zu kalkulieren; worauf die Miteigentümer im Rahmen der Beschlussfassung des Wirtschaftsplans auch hinwirken können. Zum anderen können die Miteigentümer, wenn die Zuführungsbeiträge am Ende des Jahres tatsächlich nicht zur Verfügung stehen sollten, beschließen, dass der entsprechende Fehlbetrag über die Beschlussfassung der Jahresabrechnung erbracht wird (vgl. Becker, aaO.), so dass die Auffüllung der Rücklage auf Dauer gewährleistet wird.
TOP 3 Beschluss II
Die Beschlussfassung zu TOP 3, Beschluss II (Änderung der Darstellung der Instandhaltungsrücklage (Ist)), widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung nicht. Zu Recht hat das Amtsgericht die Beschlussfassung nicht für ungültig erklärt.
Die Beschlusskompetenz der Miteigentümer für die angefochtene Beschlussfassung ist gegeben. Eine Beschlusskompetenz der Miteigentümer zur Genehmigung auch von Teilen einer Jahresabrechnung, die zuvor für ungültig erklärt worden sind, besteht ohne Zweifel. Es ist nicht erforderlich, dass eine Jahresabrechnung, die nur in Teilen für ungültig erklärt worden ist, insgesamt wieder neu beschlossen wird. Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Abrechnungspositionen, die bereits bestandskräftig beschlossen worden waren, wiederum der Anfechtung unterliegen würden, damit würde die (teilweise) Bestandskraft der vorherigen Beschlussfassung jedoch ausgehebelt.
Inhalt des Beschlusses ist – entgegen dem Wortlaut – auch nicht irgendein Teilbereich der Jahresabrechnung 2017. Aus der gebotenen objektiv-normativen Auslegung des Beschlusses unter Heranziehung der Vorbemerkungen zur Beschlussfassung aus dem Protokoll ergibt sich, dass die Beschlussfassung den Teil des Genehmigungsbeschlusses zur Jahresabrechnung 2017 umfasst, der im Anfechtungsverfahren – Amtsgericht Köln 202 C 5/19 – aufgehoben worden ist.
Schließlich trägt die Beschlussfassung auch den Anforderungen des BGH zur Bestimmtheit einer Bezugnahme auf eine Anlage in der Beschlussfassung ausreichend Rechnung. Die Anlage 3 neu (Bl. 25 GA), die von Seiten der Beklagen nochmals mit Schriftsatz vom 7.2.2020 in besserer Kopierqualität vorgelegt worden ist (Bl.126 GA), trägt entgegen der Darstellung der Klägerin ein Datum. Die Datumsangabe befindet sich unter der Angabe des Sollvermögens, dort heißt es: „Frechen 2.4.2019“.
Die in Bezug genommene „Anlage 3 neu“ ist zweifelsfrei bestimmt. Das Schriftstück trägt die Bezeichnung „Anlage 3 neu“; durch die Datumsangabe „2.4.2019“ auf dem Schriftstück ergibt sich auch eindeutig, dass es sich um die Darstellung der Ist-Rücklage vom 2.4.2019 handelt, so dass eine Verwechslung mit gleich bezeichneten Anlagen ausgeschlossen ist.
Weitere Erläuterungen dazu, wie sich die Entnahme von 2.920.09 EUR zusammensetzt, waren nicht erforderlich. Die schlagwortartige Bezeichnung – Betriebskosten – reichte aus, da im Anfechtungsverfahren – 202 C 5/19 – Amtsgericht Köln – unstreitig war, dass die Entnahme für die Zahlung von Betriebskosten erfolgt war. Eine Aufschlüsselung war nicht notwendig, insoweit ist die Klägerin auf ihr Belegeinsichtsrecht zu verweisen, wie zutreffend vom Amtsgericht ausgeurteilt. Den Anforderungen des LG Düsseldorf (ZWE 2017,271), dass im Rahmen der Instandhaltungsrücklage darzustellen sei, welche Mittel zur Bestreitung laufender Ausgaben verwandt worden seien, ist Genüge getan worden.
Die Kostentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Allein der Umstand, dass der Bundesgerichtshof zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch keine Stellung genommen hat, rechtfertigt für sich genommen die Zulassung der Revision nicht.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.527,10 EUR (entsprechend der nicht angegriffenen Festsetzung durch das Amtsgericht).