Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 U 73/18 – Urteil vom 10.09.2019
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 20.09.2018, Az. 13 O 96/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 ‚% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die Klägerin führt einen Gärtnereibetrieb auf den von ihr auf Grundlage des Mietvertrages vom 07.05.2008 nebst Zusatzvereinbarung (Anlage K 1, Blatt 10 ff, Anlage K 1 a, Blatt 146 f) angemieteten Flächen in der … Straße … in …. Ursprüngliche Mieterin war die … Ltd. Die Klägerin ist gemäß Nachtrag vom 19.11.2009 mit Wirkung zum 01.12.2009 in das Mietverhältnis eingetreten.
Vermieterin des Mietvertrages ist die … BFS-GbR. Diese ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der … Straße. Wegen der Einzelheiten hierzu und der genauen Bezeichnung der Flurstücke wird auf den Grundbuchauszug Blatt 202 ff der Akte Bezug genommen. Die hier streitgegenständlichen Flächen liegen auf den heutigen Flurstücken a, b. Die Beklagten sind gemeinsam mit Frau A. S. Gesellschafter dieser GbR. Sie werden im vorliegenden Rechtsstreit als Gesellschafter persönlich in Anspruch genommen.
Gegenstand des Mietvertrages sind 6000 m² Gewächshausfläche zuzüglich vorgelagerte Parkflächen und südliches Gewächshaus sowie die Straßenzufahrt. Dazu gehört auch ein nicht beheizbares Gewächshaus, das sogenannte „…haus“. Der Mietzins beträgt laut Mietvertrag 2.250 € zzgl. Umsatzsteuer, die Höhe wurde später aufgrund mündlicher Vereinbarung der Parteien auf 2.6000 € zzgl. Ust. angepasst.
Im Frühjahr 2012 beauftragte die Klägerin die Firma (X) Handels GmbH mit der Vornahme diverser Arbeiten am …haus. Hierbei wurde unter anderem die Dachverglasung vollständig entfernt. Die Arbeiten stellte die Firma (X) mit 34.693,26 € in Rechnung. (K 6, Blatt 29).
Seit Mai 2014 existiert das …haus nicht mehr, nachdem die Beklagten dieses vollständig haben abreißen lassen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.08.2015 wurde die GbR vom damaligen Bevollmächtigten Rechtsanwalt … darauf hingewiesen, dass jede weitere monatliche Mietzahlung unter Vorbehalt gegebenenfalls bestehender Minderungsansprüche erfolge. (K 23, Blatt 312).
Im März 2015 verkaufte die Vermieterin eine Teilfläche ihrer Grundstücke mit einer Größe von 34.155 m² an die (Y) Wohnungsbau GmbH. Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.05.2016 (Anlage B 6, Blatt 97 f) verkaufte die … BFS-GbR eine weitere Teilfläche von
6.700 m² des Flurstücks c, auf der die streitgegenständlichen Mietflächen liegen, (heute Flurstücke a, b) an die (Y) Wohnungsbau GmbH. Laut Kaufvertragsvereinbarung sollte das wirtschaftliche Eigentum zum 01.07.2016 auf die Käuferin übergehen. Hierüber wurde die Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 von der Vermieterin informiert und aufgefordert, die laut Mietvertrag zu leistenden Zahlungen an die (Y) Wohnungsbau GmbH als „neuen Vertragspartner“ zu zahlen. Die Mietzahlungen der Klägerin erfolgten vom Juli 2016 bis zum 31.05.2018 in voller Höhe an diese. Eine Umschreibung der Eigentumsverhältnisse im Grundbuch fand bis heute nicht statt.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten gegenüber ihrem Geschäftsführer immer wieder geäußert, der Klägerin für die Weiterführung ihres Betriebes eine Teilfläche in der Größenordnung von 6.000 m² zu verkaufen. Der Klägerin sei stets vermittelt worden, dass der Verkauf dieser Teilflächen eines Tages stattfinden werde.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe mit der Beauftragung der Firma (X) Handels GmbH im Jahr 2012 – unter ausdrücklicher Billigung der Beklagten – das …haus für die zukünftige Nutzung im Gärtnereibetrieb herrichten lassen. Das Glasdach sei nicht mehr verkehrssicher gewesen. Ab Herbst 2014 habe das …haus für die Produktion von Freilandkulturen genutzt werden sollen. Im Mai 2014 hätten die Beklagten mit Hilfe einer rumänischen Baukolonne unter der Leitung des Beklagten zu 2 das …haus ohne Abstimmung mit ihr abgerissen.
Der Beklagte zu 2. habe den Geschäftsführer der Klägerin damit beruhigt, dass die Klägerin die verbleibende Fläche behalten würde und zusätzliche Grünflächen dazu bekomme, so dass es bei den vereinbarten 6.000 m² bleiben werde. Das Verkaufsobjekt werde sich nur etwas seitlich verschieben.
Durch den Abriss des …hauses, das etwa 50 % der gesamten vermieteten Fläche ausgemacht habe, sei dieser Teil des Mietobjektes der Klägerin bis heute zur Nutzung entzogen. Deshalb sei sie zur Minderung berechtigt und die Beklagten zur Rückzahlung des überzahlten Mietzinses aus § 812 BGB verpflichtet. Auf Verwirkung könnten sich die Beklagten nicht berufen, da die Zahlungen nur in der berechtigten Erwartung erfolgt seien, dass es in Bezug auf die mit den Beklagten geführten Kaufvertragsverhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss kommen werde.
§ 566 BGB komme nicht zur Anwendung, da ein Vermieterwechsel noch nicht stattgefunden habe. Das Mietverhältnis sei daher noch nicht beendet. Die kurze Verjährungsfrist habe noch nicht zu laufen begonnen. Deshalb könne die Klägerin von den Beklagten nicht nur die überzahlte Miete bis einschließlich Juni 2016 verlangen, sondern auch die ab Juli an die (X) Bau GmbH gezahlte Miete. Auch § 814 BGB hindere die Durchsetzung des Anspruchs nicht. Die Klägerin habe erst im Jahr 2015 nach anwaltlicher Beratung von Minderungsansprüchen erfahren.
In Bezug auf die Aufwendungen für das …haus hat die Klägerin die Auffassung vertreten, einen Aufwendungsersatzanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2. 2. Alt. BGB gegen die Beklagten zu haben. Sie habe diese in der berechtigen Erwartung getätigt, das Grundstück von den Beklagten zu erwerben. Der Abriss des …hauses durch die Beklagten habe zu weiteren Schäden geführt und werde noch weitere Schäden verursachen. Es habe zu einer Reduzierung des jährlichen Gewinns geführt, der noch ermittelt werden müsse.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 73.368,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum 01.07.2016 bis zum 31.05.2018 einen monatlichen Minderungsbetrag von 1.547 € brutto, mithin insgesamt einen Betrag von 35.581 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden, die diese durch den von den Beklagten im Mai 2014 veranlassten Abriss des …hauses erlitten hat und in Zukunft noch erleiden wird, insbesondere den dadurch entgangenen Gewinn zu ersetzen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, die Klägerin habe selbst die teilweise Nutzung des …hauses bereits im Jahr 2010 eingestellt und eigenmächtig die Unbrauchbarkeit des …hauses veranlasst. Es sei in der Folgezeit durch Nichtnutzung, durch Vandalismus und die teilweise Demontage völlig verfallen. Die Demontage des Daches sei ohne ihr Wissen erfolgt. Die Dachverglasung sei noch intakt gewesen. Dadurch sei das …haus unbrauchbar geworden. Das …haus habe sich schließlich in einem mehr und mehr verfallenen Zustand befunden. Von März bis Mai 2014 habe deshalb eine Schrotthandelsfirma die Fläche aufgeräumt und die Eisenteile verwertet. Der Geschäftsführer der Klägerin selbst habe die Aufsicht über diese Arbeiten geführt. Die Klägerin habe eine erheblich größere Fläche als die vereinbarten 6.000 m² genutzt, weshalb die Miete einvernehmlich auf 2.600 € erhöht worden sei. Die Fläche des …hauses habe nur 2.500 m² betragen, eine Minderung von 50 % sei schon deshalb nicht angemessen. Im Übrigen seien die Flächen weiterhin für die Freilandkultur nutzbar.
Im Übrigen haben sich die Beklagten auf Verwirkung etwaiger Ansprüche berufen und die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 20.09.2018 die Klage abgewiesen.
Ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete wegen Mängeln der Mietsache bestehe nicht.
Ein solcher Anspruch folge nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 2, 2 Alt. BGB wegen Zweckverfehlung. Es sei nicht dargelegt worden, dass die Parteien sich darüber geeinigt haben, dass die Mietzahlung trotz Mängeln der Mietsache dem Erhalt einer unbelasteten Geschäftsbeziehung und der Förderung der Kaufvertragsverhandlungen dienen sollte.
Auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Leistungskondiktion) bestehe nicht. Unabhängig davon, ob ein Mangel tatsächlich vorgelegen habe, stehe der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruches für den Zeitraum von Juni 2014 bis August 2015 § 814 BGB entgegen.
Für die im Zeitraum von September 2015 bis einschließlich Juni 2016 unter Vorbehalt gezahlte Miete seien etwaige Rückforderungsansprüche der Klägerin verwirkt. Die Beklagten hätten angesichts des Zeitablaufes und der zu keiner Zeit angedeuteten Minderungsthematik sowie der reibungslosen Weiterzahlung der Miete an die neue Vermieterin nicht mehr mit einer Inanspruchnahme wegen überzahlter Miete rechnen müssen.
Die seit Juli 2016 gezahlte Miete könne nicht mehr von den Beklagten zurückverlangt werden, da diese an die (Y) Bau GmbH als neue Vermieterin geleistet worden sei. Das Mietverhältnis sei zum 01.07.2016 auf die (Y) Bau GmbH übergegangen. Die Klägerin habe dem im notariellen Kaufvertrag zwischen den Beklagten und der (Y) Bau GmbH vereinbarten Übergang des Mietverhältnisses konkludent durch die Zahlungen der Miete an diese zugestimmt.
Aufwendungsersatz wegen der Investitionen in das …haus könne die Klägerin nicht verlangen. Ein möglicher Aufwendungsersatzanspruch aus § 536 a BGB sei seit dem 01.07.2017, sechs Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses durch den Übergang auf die (Y) Wohnungsbau GmbH, verjährt.
Etwaige Schadenersatzansprüche, die den Feststellungsantrag beträfen, seien ebenfalls verwirkt, da sie auf demselben Ereignis wie die Rückforderungsansprüche der Klägerin wegen der geminderten Miete durch den Abriss des …hauses beruhten.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter verfolgt.
Sie beruft sich darauf, das Landgericht habe zu Unrecht eine Zweckabrede verneint. Die ungeminderten Mietzinsleistungen nach der Zerstörung des …hauses hätten dem Erhalt einer unbelasteten Geschäftsbeziehung zwecks Zustandekommens des Kaufvertrages gedient. Dies hätten die Beklagten erkannt und gewusst.
Das Landgericht habe einen etwaigen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB unzutreffend unter Berufung auf § 814 BGB für ausgeschlossen gehalten. Jedenfalls ab September 2015 sei dieser schon deshalb nicht mehr anwendbar, weil die Miete ab diesem Zeitpunkt unter Vorbehalt gezahlt worden sei. Auch für die Zeit vor September 2014 gelte § 814 BGB aber nicht, weil dieser positive Kenntnis über die Nichtschuld erfordere. Es sei aber vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass der Geschäftsführer der Klägerin geschäftsunerfahren gewesen sei und die Kenntnis über die Möglichkeit einer Mietminderung gerade nicht gehabt habe.
Das Landgericht habe auch zu Unrecht für den Zeitraum September 2015 bis Juni 2016 Verwirkung angenommen. In diesem Zeitraum sei die Miete unter Vorbehalt gezahlt worden; es sei weder das für eine Verwirkung erforderliche Zeit-, noch das Umstandsmoment dargelegt.
Auch die seit Juli 2016 an die (Y) Wohnungsbau GmbH gezahlte Miete könne zurückverlangt werden. Eine dreiseitige Vertragsübernahme sei nicht erfolgt. Allein in der Zahlung der Miete an die (Y) Bau GmbH könne keine konkludente Zustimmung zu einem Eintritt der (Y) Bau GmbH in den Mietvertrag gesehen werden.
Auch der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 34.693,26 € bestehe. Er sei nicht nach § 548 a BGB verjährt, da das Mietverhältnis fortbestehe. Im Übrigen handele es sich um einen Schadenersatzanspruch, verursacht durch den Abriss des …hauses, für den § 548 a BGB nicht gelte.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 20.09.2018 (Az.: 13 O 96/18),
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 73.368,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum 01.07.2016 bis zum 31.05.2018 einen monatlichen Minderungsbetrag von 1.547 € brutto, mithin insgesamt einen Betrag von 35.581 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weitere Schäden, die diese durch den von den Beklagten im Mai 2014 veranlassten Abriss des …hauses erlitten hat und in Zukunft noch erleiden wird, insbesondere den dadurch entgangenen Gewinn zu ersetzen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Minderung
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Mieten.
a)
Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt BGB
Einen solchen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt BGB hat das Landgericht zutreffend verneint. Diese sogenannte condictio ob rem beruht auf dem Grundgedanken, dass die Beteiligten den künftigen Eintritt eines von der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit abweichenden besonderen Erfolge als Zweck der Zuwendung und damit als Behaltensgrund vereinbaren können. Eine gemeinsame Zweckabrede, die dahin geht, dass die Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass die Klägerin nur deshalb eine ungekürzte Miete zahlte, um die Kaufvertragsverhandlungen nicht zu gefährden, lässt sich nicht feststellen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu kann Bezug genommen werden. Eine ausdrückliche Zweckabrede haben die Parteien auch nach dem Vortrag der Parteien nicht getroffen. Eine konkludente Zweckabrede lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn der Leistende für den Empfänger erkennbar mit der Zahlung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der Empfänger dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen. Die Parteien waren durch einen Mietvertrag verbunden, der die Klägerin zur Zahlung von Mieten verpflichtete. Dies war auch nach dem Abriss des …hauses weiterhin der Fall. Wenn die Klägerin weiterhin die ungekürzten Mieten zahlte, sich weder auf Minderung berief und bei den Mietzahlungen keinen Vorbehalt erklärte, konnte die Beklagte dies nur als Gegenleistung aus dem Mietvertrag verstehen. Ein darüber hinausgehender Zweck war für sie nicht erkennbar und ergibt sich auch nicht aus den parallel verlaufenden Kaufvertragsverhandlungen. Diese mögen für die Klägerin der Grund gewesen sein, etwaige Rechte aus dem Abriss zunächst nicht geltend zu machen, um die Verhandlungen nicht zu gefährden. Eine gemeinsame Zweckabrede kann darin aber nicht gesehen werden.
b)
Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung der streitgegenständlichen Mieten aufgrund eines zur Minderung berechtigenden Mangels der Mietsachen.
aa)
Zeitraum Juni 2014 bis August 2015
Dem Landgericht ist dahingehend zu folgen, dass für den Zeitraum von Juni 2014 bis August 2015, in der die Miete vorbehaltlos und ungekürzt geleistet wurde, der Geltendmachung eines Rückforderungsanspruches bereits § 814 BGB entgegensteht.
Die Kenntnis der Nichtschuld umfasst zwar nicht nur die Tatumstände, aus denen sich ergibt, dass der Leistende nicht verpflichtet ist, sondern auch, dass er weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Der Leistende muss also aus diesen Tatsachen nach der maßgeblichen Parallelwertung der Laiensphäre auch eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben. Die Frage, ob gemessen an diesen Maßstäben ein Rückforderungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB wegen Kenntnis der Nichtschuld ausgeschlossen ist, ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung anhand der in erster Linie vom Tatrichter zu würdigenden konkreten Umstände des Einzelfalls zu beantworten (aus der neueren Rechtsprechung: BGH, Beschluss vom 04. September 2018 – VIII ZR 100/18). Zweifel daran, dass diese Voraussetzung vorliegt, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers (BGH, Urt. v. 17.10.2002 – III ZR 58/02, NJW 2002, 3772, 3773). Die übliche Rechtskenntnis in einschlägigen Kreisen kann dabei zu einem Anscheinsbeweis führen (vgl. auch Sprau in: Palandt, BGB, 78. Aufl., § 814 Rn 11). Im Regelfall ist beim heutigen Kenntnisstand der beteiligten (Mieter-)Kreise von deren Rechtskenntnis einer Minderungsbefugnis auszugehen und damit die Vorschrift des § 814 BGB anzuwenden (KG Berlin, Beschluss vom 21. Dezember 2012 – 8 U 286/11; KG Berlin, Urteil vom 11.09.2014, 8 U 77/13 unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 16.07.2003 – VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601, 2603).
Dass der Geschäftsführer der Klägerin keine Kenntnis über die Minderungsbefugnis aufgrund eines Mangels der Mietsache hatte, hat die Klägerin nicht konkret vorgetragen und damit den zu ihren Lasten gehenden Anscheinsbeweis nicht erschüttert. Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass bereits der Vortrag hierzu widersprüchlich ist. Die Klägerin kann sich nicht einerseits darauf berufen, sie habe die Miete trotz des Mangels nur deshalb vorbehaltlos weitergezahlt, um die Vertragsverhandlungen nicht zu gefährden, gleichzeitig aber vortragen, sie habe keinerlei Kenntnis über ihr Minderungsrecht gehabt. Schon nach ihrem eigenen Vortrag zur Zweckverfehlung, auf den sie sich auch in der Berufungsinstanz weiterhin beruft, war der Klägerin bewusst, bei einem Mangel der Mietsache die Miete mindern zu dürfen.
bb)
Zeitraum September 2015 bis Juni 2016
Für diesen Zeitraum greift § 814 BGB nicht mehr, da die Klägerin unstreitig ab September die Miete unter Vorbehalt einer möglichen Minderung gezahlt hat. Soweit das Landgericht auch für diesen Zeitraum einen Bereicherungsanspruch unter Verwirkungsgesichtspunkten für ausgeschlossen gehalten hat, folgt der Senat dem allerdings nicht. Das Landgericht hat zwar die Voraussetzungen für die Verwirkung zutreffend dargelegt. Es fehlt aber jedenfalls am Umstandsmoment, das voraussetzt, dass sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben muss, dieser werde sein (vermeintliches) Recht nicht mehr ausüben. Darüber hinaus muss sich der Verpflichtete aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts unzumutbare Nachteile entstünden (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 242, Rn 95).
Die Klägerin hat durch die Erklärung vom 11.08.2015 ausdrücklich erklärt, dass die Zahlung weiterer Mieten unter Vorbehalt erfolge und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie die Beklagten möglicherweise später auf Rückzahlung zu viel gezahlter Mieten in Anspruch nehmen wird. Schon deshalb konnten sich die Beklagten nicht darauf einstellen, dass die Klägerin – etwa nach Scheitern möglicher Kaufvertragsverhandlungen – keinerlei Ansprüche aus § 812 BGB wegen Mietmängeln geltend machen werde. Sie haben auch nichts dazu vorgetragen, dass und welche unzumutbaren Nachteile ihnen durch die Geltendmachung der Rückzahlungsansprüche entstehen würden und dass sie sich darauf eingerichtet haben, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
cc)
Zeitraum ab Juli 2016
Auch soweit das Landgericht ab Juli 2016 einen Anspruch schon deshalb nicht für gegeben hält, weil das Mietverhältnis ab diesem Zeitpunkt auf die (Y) Bau GmbH übergegangen sei, so teilt der Senat diese Einschätzung nicht.
Eine Grundbucheintragung ist noch nicht erfolgt, so dass § 566 BGB nicht anwendbar ist.
In Betracht kommt somit nur ein rechtsgeschäftlicher Übergang des Mietvertrages auf die (Y) Bau GmbH. Auch ein solcher lässt sich aber nicht feststellen.
Eine Vereinbarung über den Übergang des Vertrages zwischen den Beklagten und der (Y) Bau GmbH findet sich im notariellen Kaufvertrag zwischen beiden vom 09.05.2016 (Bl 97 f). Hier ist unter § 4 Ziffer 4 geregelt, dass der Käufer den Pachtvertrag und die Mietverträge mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem Übergabetag übernimmt und Ansprüche gegenüber dem Pächter und den Mietern, insbesondere auf Pacht bzw. Miete an den Käufer abgetreten werden, der die Abtretung annimmt. Erforderlich für einen Vertragsübergang ist aber ein dreiseitiger Vertrag, der hier unstreitig nicht vorliegt, oder ein zweiseitiger Vertrag zwischen altem und neuem Vermieter mit Zustimmung des Dritten, also der Mieterin.
Die Parteien können jederzeit einen vorzeitigen rechtsgeschäftlichen Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber vereinbaren, entweder durch dreiseitigen Vertrag unter Beteiligung des Mieters oder durch Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber mit Zustimmung des Mieters, während ein Vertrag allein zwischen Veräußerer und Erwerber in keinem Fall ausreicht, selbst wenn die Beteiligten den Mieter über ihren Vertrag informieren (Staudinger/V Emmerich [2018] § 540 Rn 55 f; OLG Celle NZM 2000, 93 f; Eckert, in: FS Blank 129, 134, 142 f). Die danach immer erforderliche Zustimmung des Mieters ist jederzeit auch formlos möglich und kann deshalb von Fall zu Fall sogar in der freiwilligen Zahlung der Miete an den Erwerber gesehen werden (LG Berlin GE 2013, 268; LG Hamburg WuM 1993, 48 LG Duisburg WuM 2004, 331), vorausgesetzt freilich, dass sich der Mieter bei der Zahlung überhaupt der Notwendigkeit seiner Zustimmung bewusst war, weil andernfalls eine konkludente Zustimmung nicht angenommen werden kann. Im Einzelfall kann in der Übertragung des Eigenbesitzes auf den Erwerber ferner eine Abtretung der Mietansprüche liegen, die gleichfalls jederzeit möglich ist; § 399 BGB steht nicht entgegen (Staudinger/Emmerich [2018] § 535 Rn 84; BGH Urteil vom 2. 7. 2003 – XII ZR 34/02, NJW 2003, 2987; OLG Düsseldorf, WuM 1993, 343; WuM 1994, 477, 478). Jedoch kommt hier alles auf die Umstände des Falles an (§§ 133, 157 BGB, zu allem siehe Staudinger/ Emmerich, BGB 2019, § 566, Rn 31).
Vorliegend hat die … BFS-GbR mit Schreiben vom 30.05.2016 (Blatt 107, Anlage B 7) der Klägerin Folgendes mitgeteilt:
„durch … Grundstückskaufvertrag geht das wirtschaftliche Eigentum auch an den betreffenden Flächen und Gebäuden zum 01.07.2016 auf die (Y) GmbH … über, so dass wir nur noch bis zum 30.06.2016 Ihr Vertragspartner sind. Die Pacht und die Mieten sind daher ab dem 01.07.2016 an den neuen Vertragspartner zu zahlen, dem die zu übernehmenden Verträge und die gesamte Korrespondenz bekannt sind …“
In der auf dieses Schreiben folgenden Zahlung der Miete an die (Y) GmbH kann unter Berücksichtigung der oben zitierten Grundsätze keine konkludente Zustimmung zur Vertragsübernahme gesehen werden. Es sind insbesondere keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Klägerin bei der Zahlung überhaupt bewusst war, dass ihre Zustimmung zum Übergang des Mietverhältnisses erforderlich war und es für eine Vertragsübernahme hierauf entscheidend ankam. Das Schreiben der … BFS-GmbH ist nicht so gefasst, dass die Klägerin dies erkennen und somit bei ihrer Reaktion auf das Schreiben erkennbar berücksichtigen konnte und wollte, sondern so formuliert, als ob es für den Vertragsübergang allein auf die Regelung zwischen Verkäufer und Käufer ankäme und die Klägerin hieran ohnehin nicht beteiligt ist und sein muss. Insofern kann allein der Zahlung kein Erklärungsgehalt dahingehend beigemessen werden, dass die Klägerin damit konkludent einem Vermieterwechsel zustimmt.
c)
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind demgemäß ab September 2015 Rückzahlungsansprüche wegen überzahlter Miete nicht von vorneherein ausgeschlossen. Sie bestehen dennoch nicht, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Mietsache im genannten Zeitraum mit Mängeln behaftet war.
aa)
Auszugehen ist hierbei, was die Mietsache betrifft, vom ursprünglichen Mietvertrag, also unter Einschluss der Fläche des ehemaligen …hauses. Dass der Mietvertrag so geändert wurde, dass später andere Flächen vermietet wurden und diese Fläche gar nicht mehr Gegenstand des Vertrages war, ist von den Beklagten nicht konkret vorgetragen. Es war zwar so, dass, sofern es zum Verkauf von Flächen kommen sollte, hiervon teilweise andere Flächen als die mietvertraglich vereinbarten betroffen sein sollten, hierzu ist es aber ja gerade nicht gekommen.
bb)
Ein Mangel der Mietsache ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten. Diese muss die Tauglichkeit zu dem von den Vertragsparteien konkret vorausgesetzten vertragsgemäßem Gebrauch ganz aufheben oder erheblich mindern.
Eine solche Beeinträchtigung lässt sich hier trotz des Abrisses des sogenannten …hauses unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags der Klägerin und den Ausführungen ihres Geschäftsführers in der Anhörung vor dem Senat nicht feststellen.
Vermietet waren 6.000 m ² Gewächshausfläche mit Nebenflächen zum Betrieb einer Gärtnerei bzw. eines Blumenhandels. Zwar steht eine Teilfläche – die genaue Größe ist streitig – nach dem Abriss des …hauses nicht als gebrauchsfähiges Gewächshaus zur Verfügung. Der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache wurde durch den Abriss allerdings nicht gemindert.
Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift (Blatt 8) vorgetragen, dass der ursprüngliche Zustand des …hauses eine gärtnerische Nutzung, wie sie sie geplant habe, nicht zugelassen habe. Sie hat ebenfalls vorgetragen, dass das …haus in der Zeit vor 2010 in Eigeninitiative für die Freilandproduktion hergerichtet worden sei und auch die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Arbeiten an die Firma (X) [zunächst] allein dazu gedient hätten, die Freilandproduktion abzusichern (Blatt 126).
Dies hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bestätigt. Er hat ausgeführt, dass es wegen der undichten Scheiben, die herunter zu fallen drohten, gefährlich gewesen sei, das …haus zu nutzen und Aufwendungen erforderlich gewesen seien, um es nutzbar zu machen. Ohne – das entfernte – Glas sei es nur möglich gewesen, Freilandkulturen anzubauen.
Das Gelände bzw. die Fläche, auf der das …haus stand, stand also unter Zugrundelegung der Behauptungen der Klägerin und den Ausführungen ihres Geschäftsführers bereits von Beginn des Mietverhältnisses an nicht für die Nutzung als geschlossenes Gewächshaus und den in einem geschlossenen Gewächshaus üblicherweise erfolgenden Anbau von Pflanzen zur Verfügung und war als solches nicht nutzbar. Die Fläche war allenfalls für die Freilandkultur zu verwenden. Dies gilt auch für die Zeit nach den von der Firma (X) durchgeführten Arbeiten, wie die Klägerin selbst eingeräumt hat (Blatt 121, Blatt 126).
Hieran hat sich durch den Abriss des …hauses nichts Wesentliches geändert, so dass der ursprünglich mögliche und vertraglich vorausgesetzte Gebrauch nicht beeinträchtigt wurde.
Die Beklagten hatten im Schriftsatz vom 25.04.2018 vorgetragen, dass sich die Fläche, auf der das …haus gestanden hatte, auch nach dessen Abriss weiterhin für die Freilandproduktion geeignet habe und auf dieser Fläche weiter Freilandkulturen hätten angebaut werden können (Blatt 234). Dem ist die Klägerin bereits nicht hinreichend entgegengetreten. Sie hat lediglich pauschal behauptet, das Gelände könne in dem jetzigen Zustand ab 2014 gärtnerisch nicht mehr genutzt werden. Dies ist aber unplausibel und unzureichend, denn der Freilandanbau setzt nach allgemeinem Verständnis nichts weiter voraus als das Vorhandensein einer für die gärtnerische Nutzung zur Verfügung stehenden Freifläche. Im Übrigen hatte die Klägerin selbst vorgetragen, dass das Gewächshausdach für den Freilandanbau nicht erforderlich sei. Auch in der Anhörung vor dem Senat hat der Geschäftsführer der Klägerin ausgeführt, dass er das Haus als Freifläche ohne Glas habe nutzen wollen und die Nutzung der Freifläche für den Anbau auch jetzt noch grundsätzlich möglich wäre.
Angesichts all dessen liegt ein zur Minderung berechtigender Mangel des Mietobjektes nicht vor. Die Fläche war vor dem Abriss nur als Freifläche für Freilandkulturen nutzbar und ist es nach dem Abriss geblieben. Daran ändert auch der Hinweis der Klägerin darauf, dass vor dem Abriss die Seitenwände des Gewächshaus noch standen, nichts. Ein Gewächshaus ohne Dach, aber mit Seitenwänden ermöglicht keine andere oder bessere Nutzung als eine bloße Freifläche. Beides ist nach dem Vortrag beider Parteien (nur) für die Freilandkultur geeignet. Dass die Seitenwände einen besseren Diebstahlsschutz bieten, ändert hieran nichts.
2. Auch ein Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht nicht.
a)
Da der Senat einen Vertragsübergang auf die (Y) GmbH nicht für gegeben hält, kommt zwar § 548 a BGB nicht zur Anwendung, so dass ein Anspruch nicht bereits deshalb verneint werden kann, weil ihm die Verjährungseinrede entgegensteht. Ein Aufwendungsersatzanspruch steht der Klägerin aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
b)
Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2 Alt. BGB
Ein Anspruch auf Verwendungsersatz wegen Zweckverfehlung (§ 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt (condictio ob rem) käme unter Zugrundelegung der bereits oben skizzierten Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nur dann in Betracht, wenn die Leistung der Klägerin (Investition in das Gebäude) in der gemeinsamen Erwartung eines künftigen Verhaltens (Verkauf des Geländes an die Klägerin seitens der Beklagten) über den Zweck der Leistung erfolgt ist. Dass hier eine derartige Verknüpfung bestand, hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Dass die Arbeiten am …haus von der Klägerin mit Zustimmung der Beklagten nur deshalb getätigt wurden, weil beide erwarteten, dass die Klägerin in absehbarer Zeit das Grundstück erwerben werde, hat nicht einmal die Klägerin selbst konkret vorgetragen. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich zwar, das stellen die Beklagte auch nicht in Abrede, dass der Verkauf konkret angedacht war und vorangetrieben wurde. Diese wurden aber bereits im Jahr 2012 getätigt. Wie weit die Vertragsverhandlungen zu diesem Zeitpunkt gediehen waren, ist nicht substantiiert vorgetragen. Genauso möglich ist es, dass die Klägerin die Arbeiten im Hinblick auf ihren zu diesem Zeitpunkt immerhin noch 11 Jahre währenden Mietvertrag durchführen ließ, um das Gelände während dieser Zeit nutzen zu können. Zudem wäre ein Anspruch aus § 812 BGB nur auf die Steigerung des Verkehrswerts durch die Investitionen des Grundstücks gerichtet. Ersatz der Aufwendungen kann nicht verlangt werden.
c)
Ein Anspruch aus § 536 a Abs. 1 BGB auf Schadensersatz wegen eines Mangels der Mietsache scheitert daran, dass der Abriss des …hauses, wie dargelegt, keinen Mangel der Mietsache herbeigeführt hat.
d)
Anspruch aus § 539 Abs.1 BGB
Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1, 670 BGB. Nach den genannten Vorschriften hat der Mieter unter den Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag einen Aufwendungsersatzanspruch. Dieser setzt Fremdgeschäftsführungswillen des Mieters voraus. Der Mieter muss – auch – für den Vermieter und um der Sache willen tätig geworden sein. Die Baumaßnahme muss zudem dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters entsprechen oder von ihm nachträglich genehmigt werden. An das Vorliegen der Voraussetzungen des § 683 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nur bei einem objektiv fremden Geschäft vermutet. Ist etwa vom Mieter – zumal nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen – eine Verbesserung oder reine Veränderung der Mietsache im Interesse des eigenen Betriebs vorgenommen worden, ist von einem neutralen Geschäft auszugehen und liegt ein Fremdgeschäftsführungswille fern. Gegen das Interesse des Vermieters an der Baumaßnahme spricht, wenn ihr Umfang vom Mieter bestimmt werden kann und die Kosten nicht absehbar sind (vgl. etwa KG Berlin, Beschluss vom 13. Juli 2015 – 8 W 45/15 -, Rn. 21, juris m. w. N.) Hiernach hat die Klägerin mit den in Rede stehenden Veränderungen am …haus kein fremdes Geschäft der Vermieterin geführt. Sie hat die Baumaßmaßnahmen ausschließlich im eigenen Interesse durchgeführt, weil sie die Fläche, auf dem das zuvor für den beabsichtigten Geschäftsbetrieb aufgrund der Gefährdung durch herabfallendes Glas und Baufälligkeit nicht geeignete …haus stand, für sich und ihren Gartenbaubetrieb herrichten wollte. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagten die Maßnahmen im Sinne von § 684 S. 2 BGB genehmigt hätten. Dass die Vermieter der Klägerin die Maßnahmen gestattet haben mögen, wie die Klägerin vorträgt, genügt für die Annahme einer Genehmigung nicht. In aller Regel bringt der Vermieter mit einer solchen Zustimmung lediglich sein Einverständnis mit der über den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache hinausgehenden Maßnahme des Mieters zum Ausdruck, mehr nicht. Abgesehen hiervon kann die Genehmigung im Sinne von § 684 S. 2 BGB lediglich die Voraussetzungen des § 683 BGB ersetzen, nicht aber ein Eigengeschäft, wie es hier vorgelegen hat, zum Fremdgeschäft im Sinne von § 677 BGB machen (OLG Hamm, Urteil vom 05. Oktober 2017 – I-18 U 23/15 -, juris).
e)
Ein Anspruch aus §§ 281, 284 BGB besteht ebenfalls nicht. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach §§ 281 BGB, der Voraussetzung für die Anwendung des § 284 BGB ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 284, Rn 4) hat die Klägerin schriftsätzlich nichts vorgetragen.
f)
Auch ein Anspruch aus §§ 280 BGB auf den geltend gemachten Aufwendungsersatz besteht nicht.
Zwar haben, den Vortrag der Klägerin unterstellt, die Beklagten durch den Abriss des …hauses eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Es ist grundsätzlich pflichtwidrig, wenn der Vermieter die Mietsache, die der Mieter in Besitz hat, (teilweise) abreißen lässt.
Die zuvor von der Klägerin in die Mietsache investierten Aufwendungen stellen aber keinen nach §§ 280, 249 ff BGB ersatzfähigen Schaden dar.
Ob und inwieweit ein nach den §§249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Diese sogenannte Differenzhypothese umfasst zugleich das Erfordernis der Kausalität zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und einer dadurch eingetretenen Vermögensminderung. Nur eine Vermögensminderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht worden ist, das heißt, ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen. Die Frage, ob Aufwendungen einen Schaden darstellen, stellt sich daher nicht generell, sondern ist nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Haftungsgrundlage zu beurteilen (BGH, Urteil vom 15. März 2000, XII ZR 81/97). Vorliegend handelt es sich bei dem geltend gemachten Schaden um einen sogenannten Frustrierungsschaden, das heißt, um Aufwendungen, die vor dem Schadenereignis, also nicht kausal auf die beschädigte Sache getätigt worden sind und dadurch nutzlos geworden sind. Diese sind, anders als in der Literatur teilweise vertreten, nach herrschender Auffassung aber nicht generell, sondern, wie § 284 BGB zeigt, nur unter den dortigen Voraussetzungen „anstelle des Schadenersatzes“ ersatzfähig (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., Vorb v § 249, Rn 19 m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es aber.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 109.949,26 € festgesetzt.