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Verwaltervertrag für Wohnungseigentumsanlage unwirksam – Verwaltervergütung

Als an fünf Nürnberger Hochhäusern wegen mutmaßlich brennbarer Dämmung die Fassaden abgerissen werden mussten, schien die Sache klar: Die Wohnungseigentümergemeinschaft wollte ihre frühere Verwaltung für den millionenschweren Schaden haftbar machen. Diese hatte die Maßnahmen ohne gültigen Beschluss veranlasst. Doch das Gericht entschied nun, dass die Gemeinschaft die gigantischen Kosten selbst tragen muss – ein überraschendes Urteil im Schatten drohender Räumung.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 244 C 7118/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG Nürnberg
  • Datum: 23.01.2025
  • Aktenzeichen: 244 C 7118/20 WEG
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin ist eine große Wohnungseigentümergemeinschaft, zu der fünf Hochhäuser gehören. Die Beklagte war die ehemalige WEG-Verwalterin, deren Bestellung ab 2015 gerichtlich für unwirksam erklärt wurde. Im Zuge behördlicher Auflagen zum Brandschutz (Feuerwehrzufahrt und Materialprüfung der Fassaden) beauftragte die Beklagte, ohne vorherigen Eigentümerbeschluss, den Abriss der Fassaden aufgrund einer vermeintlichen Brandgefahr durch brennbares Dämmmaterial.
  • Kern des Rechtsstreits: Kern des Streits war, ob die ehemalige Verwalterin (Beklagte) für die hohen Kosten des Fassadenabrisses an den fünf Hochhäusern schadensersatzpflichtig ist. Es ging dabei um die Legitimation der Verwalterin, die Notwendigkeit des Abrisses als Notgeschäftsführung und den Bestandsschutz der Fassaden.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht wies die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Schadensersatz ab. Stattdessen wurde festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, die ehemalige Verwalterin (Beklagte) von allen Forderungen der Abrissfirma freizustellen. Zudem muss die Klägerin der Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz zahlen, falls diese Zahlungen im Zusammenhang mit dem Abriss leisten muss.
  • Folgen: Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Zudem ist sie verpflichtet, die ehemalige Verwalterin finanziell von den Forderungen der Abrissfirma freizustellen und ihr gegebenenfalls entstandene Kosten und Schäden zu erstatten.

Der Fall vor Gericht


Streit um Millionen: Wer zahlt für abgerissene Hochhausfassaden?

Jeder, der in einer Eigentumswohnung lebt, kennt die Situation: Eine große Reparatur am Gebäude steht an, und die Kosten werden auf alle Eigentümer verteilt. Doch was passiert, wenn eine Maßnahme von gigantischem Ausmaß – wie der Abriss ganzer Fassaden an fünf Hochhäusern – ohne einen gültigen Beschluss der Eigentümer durchgeführt wird? Und wenn sich später herausstellt, dass die Verwaltung, die den Abriss in die Wege leitete, möglicherweise gar nicht rechtmäßig im Amt war? Genau mit diesen Fragen musste sich das Amtsgericht Nürnberg in einem komplexen Fall beschäftigen.

Fünf Hochhäuser, ein altes Problem und eine folgenschwere Entdeckung

Besprechung in Büro mit Hochhäusern und Dämmmaterial-Proben auf dem Tisch
Hochhaus-Dämmung sorgt für Streit: Feuerwehr, Abriss und Kostenfragen bei brennbarer Fassadendämmung in älteren Gebäuden. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand eine sehr große Wohnungseigentümergemeinschaft (oft als WEG abgekürzt, also die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer in einem Gebäudekomplex) mit hunderten Wohnungen, verteilt auf mehrere Gebäude, darunter fünf markante Hochhäuser. Diese Hochhäuser wurden in den 1960er Jahren erbaut. Wie in jeder WEG gibt es eine Art Grundgesetz für das Gebäude, die sogenannte Teilungserklärung. Diese legte fest, dass die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, also der Teile des Gebäudes, die allen gehören, eine Aufgabe der gesamten Gemeinschaft ist.

Alles begann recht unscheinbar. Bei einer routinemäßigen Inspektion durch die Feuerwehr im Jahr 2015 wurde eine Feuerwehrzufahrt beanstandet. Die Stadt forderte die WEG, vertreten durch ihre damalige Hausverwaltung, eine GmbH, wiederholt auf, diesen Mangel zu beheben. Weil die Verwaltung darauf zunächst nicht reagierte, beauftragte sie schließlich Anfang 2018 ein Planungsbüro, um die Situation zu begutachten. Bei der Durchsicht alter Baupläne machte eine Brandschutzexpertin des Büros eine alarmierende Entdeckung: Sie vermutete, dass in den Fassaden der Hochhäuser brennbares Dämmmaterial aus den 1960er-Jahren verbaut sein könnte.

Eine Verwaltung ohne gültigen Vertrag?

Hier tauchte das erste große rechtliche Problem auf. Die angeklagte Hausverwaltung war zwar viele Jahre für die WEG tätig. Ihre letzte Wiederwahl für den Zeitraum ab 2015 erfolgte jedoch auf eine Weise, die rechtlich fragwürdig war. Anstatt eine große Versammlung für alle Eigentümer abzuhalten, fanden nur getrennte Versammlungen in kleineren Untereinheiten statt.

Man kann sich das so vorstellen: Anstatt dass alle Schüler einer Schule gemeinsam den Schülersprecher wählen, wählt jede Klasse nur für sich. Das Gesamtergebnis wird dann einfach zusammengezählt. Ein Gericht entschied später in einem anderen Verfahren, dass diese Art der Wahl ungültig war. Die Hausverwaltung war also seit 2015 formal nicht mehr rechtmäßig im Amt. Das ist wichtig, denn wer nicht ordnungsgemäß bestellt ist, darf die Eigentümergemeinschaft eigentlich nicht vertreten und keine weitreichenden Entscheidungen für sie treffen.

Die Behörde droht mit Räumung: Eine Entscheidung unter Zeitdruck

Nach der Entdeckung des mutmaßlich brennbaren Materials schaltete sich die Bauordnungsbehörde der Stadt ein. Sie ordnete an, die Fassaden zu öffnen, um die verbauten Materialien genau zu prüfen. Die Verwaltung beauftragte daraufhin ein Prüfinstitut. Die ersten Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die alten Dämmplatten tatsächlich brennbar waren.

Die Situation eskalierte schnell. Es fanden Krisensitzungen mit Vertretern der Stadt, der Feuerwehr und der Verwaltung statt. Die Behörden sahen eine akute Gefahr und stellten ein Ultimatum: Entweder die Verwaltung legt umgehend ein Konzept zur Gefahrenabwehr vor, oder die fünf Hochhäuser mit hunderten Bewohnern müssen geräumt werden. In diesen Gesprächen fiel die Entscheidung, dass die Fassadenverkleidungen unverzüglich, spätestens bis zum 20. Dezember 2018, entfernt werden müssen, um die Gefahr zu bannen. Eine schriftliche Anordnung erließ die Stadt nicht, da die Verwaltung nach Aussage der Stadt kooperierte und die Maßnahmen zusagte.

Hier kommt ein wichtiger Rechtsbegriff ins Spiel: die Notgeschäftsführung. Das bedeutet, dass jemand ausnahmsweise ohne Auftrag für einen anderen handeln darf, wenn dies zur Abwendung eines dringenden, erheblichen Schadens notwendig ist. Ein Alltagsbeispiel: Ihr Nachbar ist im Urlaub, und Sie sehen, wie Rauch aus seinem Fenster kommt. Sie rufen die Feuerwehr, auch wenn Ihr Nachbar Sie nicht darum gebeten hat. Die Kosten für den Einsatz muss er trotzdem tragen, weil Sie gehandelt haben, um sein Haus zu retten. Die Verwaltung argumentierte später, dass sie sich in genau einer solchen Notsituation befunden habe.

Abriss ohne Beschluss: Ein Wettlauf gegen die Zeit

Unter dem Druck der drohenden Räumung handelte die Verwaltung. Sie informierte die Bewohner über die bevorstehenden Maßnahmen und beauftragte eine Abrissfirma. Der Aufbau der Gerüste begann am 22. Oktober 2018. Erst einen Tag später lud die Verwaltung zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ein, die am 29. Oktober stattfand – also eine Woche, nachdem die Arbeiten bereits begonnen hatten.

In dieser Versammlung wurden die Eigentümer über die bereits veranlassten Schritte informiert. Sie stimmten mehrheitlich dafür, die Kosten für die Maßnahmen aus den gemeinschaftlichen Rücklagen zu finanzieren. Allerdings taten sie dies unter dem Vorbehalt, später Schadensersatz von der Verwaltung fordern zu können, falls diese Fehler gemacht haben sollte. Ironischerweise wurde auch dieser Beschluss später gerichtlich für ungültig erklärt – eben weil die Verwaltung, die zur Versammlung eingeladen hatte, gar nicht rechtmäßig im Amt war. Dennoch wurden die Fassaden bis zum 20. Dezember 2018 vollständig abgerissen. Die Rechnung der Abrissfirma belief sich auf mehrere Millionen Euro.

Der Streit vor Gericht: Wer hat die Pflichten verletzt?

Die Eigentümergemeinschaft verklagte daraufhin ihre ehemalige Verwaltung auf Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe. Ihre Argumente waren:

  1. Fehlende Legitimation: Die Verwaltung war nicht rechtmäßig im Amt und hätte daher gar keine Aufträge in dieser Größenordnung vergeben dürfen.
  2. Keine Notwendigkeit: Der Abriss sei gar nicht nötig gewesen. Die Gebäude seien damals nach den geltenden Vorschriften errichtet worden und hätten daher Bestandsschutz genossen. Bestandsschutz ist eine Art „Gewohnheitsrecht“ für ältere Gebäude. Wenn sie nach den damaligen Regeln korrekt gebaut wurden, müssen sie nicht automatisch an alle neuen, strengeren Vorschriften angepasst werden. Die WEG argumentierte, dass die Gefahr von der Verwaltung und den Behörden überbewertet wurde.
  3. Fehlerhaftes Handeln: Die Verwaltung habe panisch und übereilt gehandelt. Sie habe die Prüfergebnisse falsch interpretiert, keine Alternativen wie den Einbau von Brandschutzriegeln geprüft und nicht auf einer schriftlichen, anfechtbaren Anordnung der Stadt bestanden.

Die Verwaltungs-GmbH wehrte sich gegen die Vorwürfe und erhob eine sogenannte Widerklage. Sie forderte vom Gericht die Feststellung, dass die Eigentümergemeinschaft sie von den Forderungen der Abrissfirma freistellen müsse. Freistellung bedeutet, dass die WEG die Verpflichtung der Verwaltung übernimmt, die Rechnung der Abrissfirma zu bezahlen. Praktisch hieße das: Die Gemeinschaft muss direkt an die Firma zahlen und die Verwaltung ist aus dem Schneider.

Das Urteil: Die Klage der Eigentümer wird abgewiesen

Das Gericht fällte eine klare Entscheidung. Die Klage der Eigentümergemeinschaft auf Schadensersatz wurde vollständig abgewiesen. Die WEG bekommt also kein Geld von ihrer ehemaligen Verwaltung. Stattdessen gab das Gericht der Widerklage der Verwaltung größtenteils statt. Es stellte fest, dass die Eigentümergemeinschaft verpflichtet ist, die Verwaltung von allen Forderungen der Abrissfirma freizustellen. Sollte die Verwaltung doch schon etwas gezahlt haben oder noch zahlen müssen, muss die WEG ihr diesen Schaden ersetzen. Die gesamten Kosten des jahrelangen Rechtsstreits muss ebenfalls die Eigentümergemeinschaft tragen.

Warum entschied das Gericht so? Die Logik der Notlage

Obwohl im Urteil keine ausführliche schriftliche Begründung vorlag, lässt sich die Logik des Gerichts aus dem Ergebnis ableiten. Indem das Gericht die Klage der WEG abwies und die Verwaltung von den Kosten freistellte, stellte es klar: Das Handeln der Verwaltung war im Ergebnis gerechtfertigt.

Der entscheidende Punkt war offenbar die angenommene Notsituation. Auch wenn die Verwaltung formal nicht korrekt bestellt war, stand sie vor einer konkreten und von den Behörden bestätigten Gefahr. Die Drohung, fünf Hochhäuser zu räumen, stellte eine massive Bedrohung für die Eigentümer und Bewohner dar – sowohl persönlich als auch finanziell. In einer solchen Zwangslage wog die Pflicht zur Gefahrenabwehr schwerer als der formale Mangel des Verwaltervertrags. Das Gericht sah das Handeln der Verwaltung offenbar als eine gerechtfertigte Notgeschäftsführung an. Demnach musste jemand handeln, um einen noch größeren Schaden (die Räumung der Gebäude) zu verhindern. Da diese Handlung im Interesse der Eigentümer lag, müssen diese letztlich auch die dadurch entstandenen Kosten tragen, selbst wenn der Prozess dorthin unglücklich und formal fehlerhaft verlief.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt: Selbst wenn eine Hausverwaltung nicht rechtmäßig im Amt ist, können ihre Handlungen in echten Notlagen trotzdem gültig sein und die Eigentümer müssen die Kosten tragen. Entscheidend war hier, dass die Behörden mit der Räumung von fünf Hochhäusern drohten – diese akute Gefahr wog schwerer als die formalen Mängel bei der Bestellung der Verwaltung. Für Wohnungseigentümer bedeutet das: Wenn jemand in ihrem Namen handelt, um einen größeren Schaden abzuwenden, bleiben sie am Ende auf den Kosten sitzen, auch wenn sie den Auftrag nie erteilt haben. Das Urteil stärkt das Prinzip, dass bei echter Gefahr schnelles Handeln wichtiger ist als die Einhaltung aller Formalien – mit allen finanziellen Konsequenzen für die Eigentümergemeinschaft.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Auswirkungen hat es, wenn die Bestellung eines WEG-Verwalters fehlerhaft war?

Eine fehlerhafte Bestellung eines WEG-Verwalters kann weitreichende Konsequenzen für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) haben. Entscheidend ist, ob der Fehler die Bestellung anfechtbar oder nichtig macht.

Arten von Fehlern bei der Verwalterbestellung

Die Bestellung eines WEG-Verwalters erfolgt in der Regel durch einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung. Fehler können dabei vielfältig sein:

  • Formelle Fehler: Dies sind Mängel im Ablauf der Beschlussfassung. Zum Beispiel, wenn die Einladung zur Versammlung nicht korrekt war, die Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß erfolgte oder eine erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde.
  • Materielle Fehler: Hierbei verstößt der Inhalt des Beschlusses gegen gesetzliche Vorschriften oder die Gemeinschaftsordnung. Dies kann der Fall sein, wenn der bestellte Verwalter die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Tätigkeit nicht erfüllt (z.B. fehlende Sachkunde, soweit gesetzlich vorgeschrieben) oder der Beschluss selbst gegen grundlegende Prinzipien der WEG-Verwaltung verstößt.

Gültigkeit der Verwalterbestellung: Anfechtung und Nichtigkeit

Für Sie als Wohnungseigentümer ist es wichtig zu verstehen, dass nicht jeder Fehler sofort zur Unwirksamkeit der Verwalterbestellung führt.

  • Anfechtbare Verwalterbestellung: Die meisten Fehler bei der Bestellung eines Verwalters machen den Beschluss lediglich anfechtbar. Das bedeutet:
    • Der Beschluss ist zunächst gültig und wirksam, solange er nicht von einem Wohnungseigentümer fristgerecht vor Gericht angefochten wird.
    • Die gesetzliche Anfechtungsfrist beträgt einen Monat nach der Beschlussfassung.
    • Wird der Beschluss innerhalb dieser Frist nicht angefochten oder die Anfechtungsklage abgewiesen, wird er bestandskräftig. Er ist dann rechtlich bindend und wirksam, auch wenn er ursprünglich fehlerhaft war.
    • Beispiel: Stellen Sie sich vor, bei der Abstimmung über die Verwalterbestellung wurde versehentlich eine Stimme falsch gezählt, aber niemand bemerkt oder beanstandet es innerhalb eines Monats. Der Beschluss ist dann trotzdem wirksam.
  • Nichtige Verwalterbestellung: Nur in sehr seltenen und schwerwiegenden Fällen ist die Bestellung eines Verwalters von vornherein nichtig. Ein nichtiger Beschluss ist so, als hätte es ihn nie gegeben – er ist von Anfang an unwirksam, ohne dass es einer Anfechtung bedarf. Dies ist der Fall, wenn der Beschluss gegen so grundlegende und zwingende Rechtsvorschriften verstößt, dass seine Missachtung nicht hingenommen werden kann.
    • Beispiel: Ein Beschluss, der einen Verwalter auf Lebenszeit bestellt oder ihm unzulässige, weit über die gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Sonderrechte einräumt, wäre in der Regel nichtig, da dies die Grundstruktur der WEG fundamental und unzulässig verändern würde.

Auswirkungen auf Verträge und Handlungen des Verwalters

Die Frage, ob der Verwalter fehlerhaft bestellt wurde, ist komplex in Bezug auf die Gültigkeit seiner Handlungen im Außenverhältnis:

  • Verträge mit Dritten: Wenn der Verwalter im Namen der WEG Verträge mit externen Dritten (z.B. Handwerkern, Dienstleistern) abschließt, bleiben diese Verträge in der Regel gültig, selbst wenn seine Bestellung fehlerhaft oder sogar nichtig war. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dritte nichts von den Fehlern wissen konnte und der Verwalter nach außen hin als der von der WEG anerkannte Vertreter auftrat. Die WEG ist dann an diese Verträge gebunden, um den Geschäftsverkehr und den Schutz gutgläubiger Dritter zu gewährleisten.
  • Interne Verwaltungshandlungen: Auch allgemeine Verwaltungshandlungen des Verwalters, wie das Einziehen von Hausgeldern, die Führung der Buchhaltung oder die Beauftragung notwendiger kleiner Reparaturen, bleiben oft wirksam, selbst bei einer fehlerhaften Bestellung.

Konsequenzen für die Wohnungseigentümergemeinschaft

Eine fehlerhafte Verwalterbestellung kann zu erheblicher Unsicherheit innerhalb der WEG führen.

  • Rechtliche Unsicherheit: Es kann unklar sein, wer die Geschäfte der WEG führen darf und welche Entscheidungen des Verwalters rechtlich bindend sind.
  • Finanzielle Risiken: Obwohl Verträge mit Dritten meist gültig bleiben, können im Innenverhältnis, also zwischen der WEG und dem Verwalter, Ansprüche entstehen, wenn seine Bestellung nichtig war oder er nicht ordnungsgemäß gehandelt hat.
  • Verwaltungsstillstand: Im schlimmsten Fall kann es zu einem Stillstand in der Verwaltung kommen, wenn die Legitimation des Verwalters massiv angezweifelt wird und keine neuen, wirksamen Beschlüsse gefasst werden können, die die Situation klären.

Es ist also entscheidend, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung schnell zu handeln und die Situation zu klären, um die Handlungsfähigkeit der WEG zu erhalten.


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Unter welchen Voraussetzungen darf ein WEG-Verwalter in Notfällen ohne vorherigen Eigentümerbeschluss handeln?

Ein WEG-Verwalter muss sich grundsätzlich an die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft halten. Es gibt jedoch Ausnahmen, insbesondere in dringenden Situationen. Das Gesetz erlaubt dem Verwalter, in Notfällen ohne einen vorherigen Eigentümerbeschluss zu handeln, um größeren Schaden vom Gemeinschaftseigentum abzuwenden. Diese Befugnis wird als Notgeschäftsführung bezeichnet.

Was ist ein „Notfall“ im Sinne des Gesetzes?

Ein Notfall liegt vor, wenn eine sofortige Maßnahme zwingend erforderlich ist, um einen drohenden, erheblichen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern oder zu beseitigen. Es muss eine unaufschiebbare Gefahr bestehen, die keinen Aufschub bis zu einer ordentlichen oder außerordentlichen Eigentümerversammlung duldet. Stellen Sie sich vor, das Dach ist massiv undicht und Regenwasser dringt unkontrolliert ein, eine Wasserleitung bricht und flutet Teile des Hauses, oder eine Heizungsanlage fällt im Winter komplett aus. In solchen Fällen besteht akuter Handlungsbedarf, um Schlimmeres zu verhindern.

Typische Kriterien für einen Notfall sind:

  • Dringlichkeit: Die Maßnahme darf keinen Aufschub dulden. Eine Verzögerung würde zu einem erheblichen Nachteil oder Schaden führen.
  • Erheblichkeit des Schadens: Der drohende oder bereits eingetretene Schaden muss von beträchtlichem Ausmaß sein, wie beispielsweise die Zerstörung von Gebäudeteilen, eine Gesundheitsgefährdung oder eine massive Wertminderung.
  • Unvorhersehbarkeit: Die Situation konnte nicht oder kaum vorhergesehen und rechtzeitig durch einen Beschluss vorbereitet werden.

Der Verwalter muss dabei stets prüfen, ob die Gefahr tatsächlich unmittelbar und gravierend ist und ob die geplante Maßnahme unbedingt notwendig ist, um den Schaden abzuwenden. Er darf nur solche Maßnahmen ergreifen, die zur Schadensabwehr unerlässlich sind.

Pflichten des Verwalters im Notfall

Auch in einer Notsituation hat der Verwalter wichtige Pflichten zu erfüllen:

  • Sofortige Information: Der Verwalter ist verpflichtet, die Wohnungseigentümer unverzüglich über den Notfall und die eingeleiteten Maßnahmen zu informieren. Dies sollte so schnell wie möglich geschehen, auch wenn dies anfänglich nur telefonisch oder per E-Mail möglich ist, gefolgt von einer schriftlichen Bestätigung.
  • Wirtschaftlichkeit: Der Verwalter muss auch im Notfall das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten. Das bedeutet, er muss die erforderliche Maßnahme so kostengünstig wie möglich, aber dennoch effektiv durchführen lassen. Es ist nicht erlaubt, überflüssige oder überteuerte Leistungen zu beauftragen.
  • Dokumentation: Der Verwalter sollte den Notfall, die daraus resultierenden Schäden und die getroffenen Maßnahmen detailliert dokumentieren. Dies beinhaltet Fotos, Berichte und Rechnungen, um die Notwendigkeit und Angemessenheit seines Handelns belegen zu können.

Finanzielle Konsequenzen für die WEG

Die Kosten, die dem Verwalter durch die notwendige Notgeschäftsführung entstehen, sind Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das bedeutet, die WEG muss diese Kosten tragen, auch wenn kein vorheriger Beschluss gefasst wurde. Der Verwalter hat einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gegenüber der Gemeinschaft. Die Kosten werden dann entsprechend dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel auf die einzelnen Eigentümer umgelegt.

Für Sie als Eigentümer bedeutet dies, dass die eigenmächtige Notgeschäftsführung des Verwalters eine Ausnahme darstellt. Sie darf nur dann angewendet werden, wenn wirklich akute Gefahr besteht und keine Zeit für eine Abstimmung der Eigentümer bleibt. Die nachträgliche Kontrolle durch die Eigentümer, ob die Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung vorlagen und die Maßnahmen wirtschaftlich waren, bleibt dabei stets bestehen.


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Wer trägt die Kosten für Maßnahmen, die ein nicht ordnungsgemäß bestellter WEG-Verwalter beauftragt hat?

Grundsätzlich gilt: Nur ein ordnungsgemäß bestellter Verwalter hat die rechtliche Befugnis, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Verträge abzuschließen und Aufträge zu erteilen. Wenn ein Verwalter nicht wirksam bestellt wurde oder seine Amtszeit abgelaufen ist, fehlt ihm diese sogenannte Vertretungsmacht. Das bedeutet, dass er die WEG in der Regel nicht wirksam verpflichten kann und die von ihm beauftragten Kosten die Gemeinschaft nicht direkt treffen würden.

Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen und Konstellationen, unter denen die Wohnungseigentümergemeinschaft die finanziellen Folgen von solchen Aufträgen trotzdem tragen muss:

Wenn die WEG den Auftrag nachträglich genehmigt

Selbst wenn der Verwalter zum Zeitpunkt der Beauftragung keine gültige Vertretungsmacht hatte, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Maßnahme im Nachhinein durch einen Beschluss genehmigen. Stellen Sie sich vor, der nicht korrekt bestellte Verwalter beauftragt eine dringende Reparatur am Dach. Wenn die WEG später feststellt, dass die Reparatur notwendig war und sie diese Reparatur selbst so in Auftrag gegeben hätte, kann sie den Auftrag durch einen Beschluss nachträglich billigen. Durch diese nachträgliche Genehmigung wird der ursprünglich unwirksam geschlossene Vertrag wirksam, so als hätte der Verwalter von Anfang an die Befugnis gehabt. Die Kosten müsste dann die Gemeinschaft tragen.

Wenn die Gemeinschaft einen Nutzen aus der Maßnahme zieht (Geschäftsführung ohne Auftrag)

Ein weiterer wichtiger Fall ist die sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Das bedeutet, dass jemand für eine andere Person oder Gemeinschaft tätig wird, ohne dazu einen Auftrag oder eine sonstige Berechtigung zu haben – also „ohne Auftrag“.

  • Voraussetzungen: Wenn der nicht ordnungsgemäß bestellte Verwalter eine Maßnahme im Interesse und mutmaßlichen Willen der WEG vornimmt, und diese Maßnahme für die Gemeinschaft objektiv notwendig oder nützlich war, kann die WEG zur Kostentragung verpflichtet sein. Ein typisches Beispiel wäre eine unaufschiebbare Notmaßnahme, wie die Beseitigung eines akuten Wasserrohrbruchs, der sonst zu größeren Schäden geführt hätte. Hier wäre es für die WEG vorteilhaft und vermutlich auch gewollt gewesen, dass jemand schnell handelt.
  • Folgen: In solchen Fällen muss die WEG die notwendigen Aufwendungen des Verwalters oder des von ihm beauftragten Unternehmens erstatten, auch wenn kein gültiger Vertrag vorlag. Die Gemeinschaft soll nicht auf Kosten desjenigen, der sich um ihre Angelegenheiten gekümmert hat, einen Vorteil erzielen.
  • Nutznießung (ungerechtfertigte Bereicherung): Auch wenn die strikten Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen, die WEG aber durch die Maßnahme des nicht befugten Verwalters direkt einen Vorteil (z.B. eine Wertsteigerung oder die Ersparnis eigener Aufwendungen) erhalten hat, muss sie diesen Vorteil unter Umständen ausgleichen. Sie müsste dann den Wert dessen ersetzen, was sie ohne rechtlichen Grund erhalten hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft trotz eines formalen Mangels bei der Verwalterbestellung zur Zahlung verpflichtet sein kann, insbesondere wenn sie die Maßnahme nachträglich genehmigt oder wenn die Maßnahme für die Gemeinschaft notwendig oder nützlich war. Die genauen Umstände des Einzelfalls sind dabei entscheidend.


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Wie können Wohnungseigentümer gegen Entscheidungen oder Handlungen eines WEG-Verwalters vorgehen?

Wohnungseigentümer haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, um mit der Arbeit oder den Beschlüssen ihres WEG-Verwalters umzugehen, wenn sie damit nicht einverstanden sind. Diese Wege ermöglichen es der Wohnungseigentümergemeinschaft oder einzelnen Eigentümern, auf mögliche Fehltritte oder unliebsame Entscheidungen des Verwalters zu reagieren.

Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen

Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einen Beschluss fasst, der aus Sicht eines Eigentümers fehlerhaft ist – zum Beispiel, weil er gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung verstößt oder nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht – kann dieser Beschluss angefochten werden.

Was ist das? Ein Eigentümerbeschluss ist eine Entscheidung, die von allen Eigentümern gemeinsam auf einer Eigentümerversammlung getroffen wird. Wenn Sie als einzelner Eigentümer der Meinung sind, dass ein solcher Beschluss rechtlich nicht haltbar ist oder Ihnen schadet, können Sie dagegen vorgehen.

Wie geht man vor? Die Anfechtung muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erfolgen. Das bedeutet, dass die Anfechtungsklage beim zuständigen Gericht eingereicht werden muss. Versäumen Sie diese Frist, wird der Beschluss in der Regel als gültig angesehen, selbst wenn er eigentlich fehlerhaft war. Nach einer erfolgreichen Anfechtung wird der Beschluss vom Gericht für ungültig erklärt.

Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

Verursacht der WEG-Verwalter durch eine Pflichtverletzung einen finanziellen Schaden, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft oder in bestimmten Fällen auch einzelne Eigentümer Schadensersatz fordern.

Wann kommt das in Betracht? Dies ist der Fall, wenn der Verwalter seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, dadurch der WEG oder einem einzelnen Eigentümer ein Schaden entstanden ist und der Verwalter dies zu vertreten hat. Stellen Sie sich vor, der Verwalter versäumt es beispielsweise, eine notwendige Reparatur am Gemeinschaftseigentum rechtzeitig zu veranlassen, wodurch größere Folgeschäden entstehen.

Wichtige Voraussetzungen sind: Es muss eine Pflichtverletzung durch den Verwalter vorliegen, ein Schaden entstanden sein, und es muss einen Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden geben. Der Verwalter muss die Pflichtverletzung außerdem verschuldet haben, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren. Diese Frist beginnt meist mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die Berechtigten davon Kenntnis erlangt haben.

Abberufung des Verwalters

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat das Recht, den Verwalter jederzeit ohne Angabe von Gründen abzuberufen. Dies ist ein zentrales Recht der Eigentümer, um die Kontrolle über die Verwaltung ihrer Immobilie auszuüben.

Wie funktioniert das? Die Abberufung erfolgt durch einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser Beschluss wird auf einer Eigentümerversammlung gefasst und bedarf der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 ist eine Abberufung des Verwalters jederzeit und ohne wichtigen Grund möglich.

Was passiert danach? Die Abberufung beendet das Amt des Verwalters. Parallel dazu muss in der Regel auch der Verwaltervertrag gekündigt werden. Dies geschieht entweder fristgerecht nach den Bedingungen des Vertrages oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch fristlos.


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Was bedeutet Bestandsschutz bei älteren Gebäuden in einer WEG und welche Grenzen hat dieser Schutz?

Bestandsschutz ist ein wichtiger Begriff im Baurecht, der besonders bei älteren Gebäuden, wie sie oft in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) vorkommen, relevant wird. Er bedeutet, dass ein Gebäude oder ein Gebäudeteil, das zum Zeitpunkt seiner Errichtung oder einer wesentlichen Änderung rechtlich zulässig war, auch dann weiterhin bestehen darf, wenn sich die Bauvorschriften nachträglich geändert haben und es den neuen Regeln nicht mehr entspricht. Stellen Sie sich vor, Ihr Gebäude wurde vor 50 Jahren nach den damaligen gültigen Normen gebaut. Obwohl sich die Baugesetze seitdem geändert haben, darf Ihr Gebäude aufgrund des Bestandsschutzes in seinem damaligen, zulässigen Zustand fortbestehen.

Wann greift der Bestandsschutz?

Der Bestandsschutz greift, wenn ein Gebäude oder seine baulichen Anlagen in der Vergangenheit nach geltendem Recht ordnungsgemäß errichtet und genehmigt wurden oder zumindest über einen längeren Zeitraum hinweg geduldet waren und keine konkrete Gefahr von ihnen ausging. Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass Sie nicht sofort alle Teile Ihres Gebäudes an neue, strengere Bauvorschriften anpassen müssen, nur weil diese erlassen wurden. Der Schutz bezieht sich dabei auf den Zustand, in dem das Gebäude ursprünglich rechtmäßig erstellt wurde.

Wann findet der Bestandsschutz seine Grenzen?

Der Bestandsschutz ist jedoch nicht unbegrenzt. Er dient dem Schutz des Eigentums, findet aber dort seine Grenzen, wo übergeordnete öffentliche Interessen, insbesondere die Sicherheit, ins Spiel kommen. Die wichtigsten Grenzen des Bestandsschutzes sind:

  • Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung: Dies ist die wichtigste und häufigste Einschränkung. Wenn von einem Gebäude oder einem Gebäudeteil eine konkrete und akute Gefahr ausgeht – beispielsweise bei Einsturzgefahr, schwerwiegenden Brandschutzmängeln oder hygienischen Problemen –, dann kann der Bestandsschutz aufgehoben werden. Die Behörden können dann verlangen, dass die Mängel behoben werden, auch wenn dies zu erheblichen baulichen Veränderungen führt. Für Sie bedeutet das: Sicherheit geht vor Bestandsschutz.
  • Wesentliche bauliche Veränderungen: Wird ein Gebäude wesentlich baulich verändert – zum Beispiel durch einen Anbau, eine Aufstockung, einen umfassenden Umbau oder eine Nutzungsänderung (z.B. von Wohnen zu Gewerbe) –, kann der Bestandsschutz für die betroffenen Bereiche ganz oder teilweise erlöschen. Die neuen oder wesentlich geänderten Teile müssen dann den aktuellen Bauvorschriften entsprechen. Das betrifft oft Sanierungen in WEG, bei denen mehr als nur einfache Reparaturen durchgeführt werden.
  • Anpassung an zwingende neue Sicherheitsvorschriften: Manchmal werden neue Bauvorschriften eingeführt, die auf besonders gravierende Risiken reagieren (z.B. verschärfte Brandschutzauflagen nach großen Bränden). Wenn diese Vorschriften aufgrund einer dringenden Notwendigkeit zur Gefahrenabwehr erlassen werden und die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, kann der Bestandsschutz auch hier zurücktreten. Dann müssen auch bestehende Gebäude, die vorher zulässig waren, angepasst werden, um die neuen Sicherheitsstandards zu erfüllen.
  • Verlust der Substanz / Abriss: Wird ein Gebäude so stark beschädigt, dass es seine Funktion als Gebäude verliert (z.B. nach einem Brand) oder vollständig abgerissen wird, erlischt der Bestandsschutz. Ein Wiederaufbau müsste dann nach den aktuellen Bauvorschriften erfolgen.

Für Wohnungseigentümer in einer WEG ist es wichtig zu wissen, dass der Bestandsschutz vor allem bei größeren Sanierungsmaßnahmen oder bei behördlichen Auflagen geprüft werden muss. Die Notwendigkeit von Sanierungen, insbesondere zur Gefahrenabwehr, kann den Bestandsschutz einschränken und die Anpassung an aktuelle Standards erforderlich machen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) besteht aus allen Eigentümern der einzelnen Wohnungen eines Gebäudekomplexes. Die Gemeinschaft verwaltet gemeinsam das sogenannte Gemeinschaftseigentum, also alle Teile des Gebäudes, die allen Eigentümern gemeinsam gehören, etwa Treppenhaus, Dach oder Fassade. Entscheidungen über das Gemeinschaftseigentum werden in der Eigentümerversammlung getroffen, wobei meist Mehrheitsbeschlüsse gelten. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die Rechte und Pflichten der Gemeinschaft.

Beispiel: Wenn das Dach repariert werden muss, beschließt die WEG in einer Versammlung, wie die Kosten verteilt werden und wer den Auftrag erteilt.


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Teilungserklärung

Die Teilungserklärung ist ein rechtliches Dokument, das die Aufteilung eines Gebäudes in einzelne Eigentumswohnungen und das Gemeinschaftseigentum regelt. Sie legt fest, welche Bauteile zu den einzelnen Wohnungen gehören und welche Bereiche als Gemeinschaftseigentum von allen Eigentümern gemeinsam genutzt und instand gehalten werden müssen. Die Teilungserklärung bildet die Grundlage für die Verwaltung und Nutzung einer WEG und ist zumeist notariell beurkundet.

Beispiel: In der Teilungserklärung steht, dass die Fassade Teil des Gemeinschaftseigentums ist, weshalb alle Eigentümer gemeinsam für deren Instandhaltung sorgen müssen.


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Notgeschäftsführung

Notgeschäftsführung bezeichnet das rechtliche Handeln einer Person für eine andere ohne ausdrücklichen Auftrag, aber in einer dringenden Notlage, um einen erheblichen Schaden abzuwenden. Im Wohnungseigentumsrecht darf ein Verwalter in einer solchen Notsituation Maßnahmen ergreifen, auch wenn kein Beschluss der Eigentümer vorliegt, wenn sofortiges Handeln notwendig ist. Die Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, um den drohenden Schaden zu verhindern, und der Verwalter muss die Eigentümer schnellstmöglich informieren. Die Kosten für die Maßnahmen können der Gemeinschaft als notwendige Aufwendung auferlegt werden.

Beispiel: Bei einem Brandrisiko durch brennbares Material an der Fassade darf der Verwalter ohne vorherigen Beschluss die Fassade entfernen lassen, um eine Gebäuderäumung zu verhindern.


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Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Geschäftsführung ohne Auftrag liegt vor, wenn jemand für einen anderen tätig wird, ohne von diesem zuvor beauftragt worden zu sein, dabei aber im Interesse und mutmaßlichen Willen des Betroffenen handelt. Sind die Maßnahmen notwendig oder zumindest nützlich, kann der Handelnde Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen verlangen, obwohl er nicht offiziell bevollmächtigt war. Im Fall der WEG kann dies bedeuten, dass die Gemeinschaft die Kosten tragen muss, wenn der Verwalter unbefugt, aber im Sinne der Gemeinschaft und zur Abwendung eines Schadens Handlungen vornahm.

Beispiel: Der Verwalter beauftragt eine dringende Reparatur am Dach ohne gültigen Auftrag, weil er einen akuten Wasserschaden verhindert, und die WEG muss die Kosten tragen, da die Reparatur im Interesse aller war.


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Bestandsschutz

Bestandsschutz bedeutet, dass ein Gebäude oder Gebäudeteil, das zum Zeitpunkt seiner Errichtung rechtlich zulässig war, grundsätzlich weiterbestehen darf, auch wenn spätere Bauvorschriften strenger sind. Das schützt Eigentümer vor sofortigen Anpassungen an neue Regeln. Allerdings endet der Bestandsschutz, wenn von dem Gebäude eine konkrete und akute Gefahr ausgeht – etwa bei schwerwiegenden Brandschutzmängeln – oder bei wesentlichen baulichen Veränderungen. Dann können Behörden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr verlangen, die auch Veränderungen am Bestand nach sich ziehen.

Beispiel: Ein 50 Jahre altes Hochhaus darf weiter genutzt werden, obwohl es ältere Brandschutzvorschriften erfüllt, solange keine akute Brandgefahr besteht; bei festgestellter Gefahr kann der Bestandsschutz entfallen und eine Sanierung erforderlich sein.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 21 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Regelt die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in der Wohnungseigentümergemeinschaft; die Verwaltung darf nur durch ordnungsgemäß bestellte Verwalter erfolgen und Maßnahmen zur Instandhaltung bedürfen in der Regel eines Beschlusses der Eigentümerversammlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Fragestellung, ob die Verwaltung befugt war, ohne gültigen Beschluss und trotz fehlender legitimierter Bestellung der Verwaltung den Abriss der Fassaden anzuordnen, steht im Mittelpunkt des Rechtsstreits.
  • § 678 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Notgeschäftsführung: Erlaubt es einer Person, in einer Notlage ohne Auftrag für einen anderen zu handeln, um einen erheblichen Schaden abzuwenden, und berechtigt sie zur Ersatzforderung für erforderliche Aufwendungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verwaltung berief sich darauf, als Notgeschäftsführerin gehandelt zu haben, um die Gefahr abzuwenden, dass die Hochhäuser geräumt werden mussten, was das Gericht letztlich als gerechtfertigt anerkannt hat.
  • Bauordnungsrecht, insbesondere §§ 34, 37 Landesbauordnungen (LBO): Regelt Anforderungen an bauliche Anlagen und die Gefahrenabwehr durch die Bauaufsichtsbehörden; Behörden können Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Stadt ordnete Maßnahmen zur Prüfung und Beseitigung der vermeintlichen Brandgefahr an, was die Verwaltung zur schnellen Handlung drängte, auch ohne schriftliche Anordnung.
  • Bestandsschutz nach § 31 Landesbauordnung: Schützt bestehende Gebäude vor Verschärfung von Vorschriften, wenn sie bei Errichtung genehmigt wurden und keine wesentlichen Änderungen vorgenommen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die WEG argumentierte, dass die Hochhäuser Bestandsschutz genießen und keine nachträglichen Anpassungen an neue Brandschutzanforderungen nötig seien; das Gericht berücksichtigte jedoch die akute Gefahrenlage.
  • §§ 23, 24 WEG – Eigentümerversammlung und Beschlussfassung: Vorschriften über ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung von Eigentümerversammlungen sowie die Gültigkeit von Beschlüssen, insbesondere bei großen Wohneinheiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die fehlerhafte Bestellung der Verwaltung und die verspätete Versammlung führten zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse, beeinflussten aber nicht die Rechtfertigung der Maßnahmen in der Notlage.
  • Vertragsrechtliche Grundsätze aus §§ 280, 278 BGB – Schadensersatzpflicht: Regelt die Haftung für Pflichtverletzungen aus Verträgen und das Ersetzen von Schäden durch Dritte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümergemeinschaft forderte Schadensersatz wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der Verwaltung, welcher vom Gericht jedoch abgewiesen wurde, da die Verwaltung durch Notgeschäftsführung gerechtfertigt handelte.

Das vorliegende Urteil


AG Nürnberg – Az.: 244 C 7118/20 WEG – Urteil vom 23.01.2025


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