AG Erfurt – Az.: 5 C 1260/21 – Urteil vom 22.06.2022
Die in der Eigentümerversammlung vom 05.08.2021 der Beklagten zu den Top Nr. 16.1 und 17.1 gefassten Beschlüsse werden für unwirksam erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung im Objekt L###, E### und an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einem Anteil von 48/1000 beteiligt.
Mit der am 01.09.2021 bei Gericht eingegangenen und am 09.09.2021 begründeten Klage wendet sich der Kläger gegen die in der Eigentümerversammlung der Beklagten vom 05.08.2021 erfolgten Beschlussfassungen über die im Tenor aufgeführten Tagesordnungspunkte.
Zu Top 16.1 beschloss die Eigentümerversammlung mehrheitlich über die Verteilung der Kosten für den Einbau eines neuen Tiefgaragentors mit Fluchttür zur Sicherung eines zweiten Rettungsweges. Dabei sollten die Kosten in Höhe von 6.988,42 Euro brutto nach dem Verhältnis der jeweiligen Miteigentumsanteile von sämtlichen Eigentümern getragen und aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden.
Zu Top 17.1. beschloss die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich, dass nach Einbau des neuen Tores wegen erhöhter Lärmbelästigung ein Austausch der Motorsteuerung mit einem Aufwand von insgesamt 1.056,15 Euro brutto erfolgen solle; die Kosten sollten ebenfalls aus der Instandhaltungsrücklage nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf sämtliche Eigentümer umgelegt werden.
In der Teilungserklärung des Notars E### vom 11.11.1997 (unter der UR-Nr. 2222/1997) sind gemäß II. lit. A der Teilungserklärung sieben Tiefgaragenstellplätze mit einem Anteil von jeweils 4/1000 (= insgesamt 28/1000) zur ausschließlichen Nutzung durch den jeweiligen Sondereigentümer ausgewiesen.
Weiterhin ist in II. lit. C der Gemeinschaftsordnung (im Folgenden: „GO“, dort § 3) auszugsweise folgende Regelung enthalten:
„2. Insbesondere wird vereinbart bzw. klargestellt:
a) …
b) Die Sondereigentümer der Tiefgarage tragen alle Kosten der Unterhaltung (einschließlich Winterdienst), Instandsetzung und Erneuerung der Tiefgarage mit allen ihren Bestandteilen und Einrichtungen sowie der Zu- und Abfahrt von der Grundstücksgrenze im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile.
5. Die Verpflichtung zur Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage besteht für die Gemeinschaft nur hinsichtlich der von allen Wohnungs-/Teileigentümern instand zu haltenden Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen.“
Nach Einbau der Fluchttür erhielten sämtliche Eigentümer einen neuen Schlüssel, da diese Tür in die allgemeine Schließanlage einbezogen wurde. Der Kläger nutzt mit diesem Schlüssel den Zugang durch die Fluchttür, um insbesondere während der wärmeren Jahreszeit sein Fahrrad ca. zweimal wöchentlich in den hinter der Tiefgarage belegenen Abstellraum zu verbringen. Einzelne Eigentümer machen von dieser Möglichkeit in nicht näher bekannter Anzahl und Umfang ebenfalls bisweilen Gebrauch.
In einer zuvor stattgefundenen Eigentümerversammlung vom 24.11.2018 beschloss die Eigentümergemeinschaft zu Top 5.1. unter der Bezeichnung „Brandschutzkonzept“ über umfängliche Brandschutzmaßnahmen im Objekt aufgrund einer Kostenschätzung des D### vom 15.10. 2018 mit einem Brutto-Schätzwert von 168.933,29 Euro. Dabei sollten die in der Kostenschätzung aufgeführten ersten sechs Positionen mit einem Kostenvolumen (inkl. aller Nebenkosten und MWSt) von ca. 70.000,00 Euro vorrangig abgearbeitet werden; die Brandschutzertüchtigung für einzelne Altbauwohnungen in Höhe von 75.000,00 Euro (netto ohne Nebenkosten) sollte zurückgestellt werden. In dem Gesamtkonzept war u. a. auch Lieferung und Montage eines Tores mit Fluchttür für die Tiefgarage zu einem veranschlagten Preis von 12.500,00 Euro nebst Kosten für Baustelleneinrichtung, Baunebenkosten und MWSt. enthalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage B9 zur Akte gereichten Kostenschätzung Bezug genommen. Der insoweit mehrheitlich angenommene und nicht für ungültig erklärte Beschluss lautet wörtlich wie folgt:
„Die Bezahlung soll zunächst wie folgt erfolgen: 35.000,00 Euro aus der Instandhaltungsrücklage und 32.500,00 Euro per Sonderumlage“.
Eine Umsetzung des o. a. Beschlusses erfolgte nicht. In der weiteren Folge beschloss die Beklagte in der Versammlung vom 02.12.2020 demgegenüber, die Fa. G### GmbH mit der Herstellung eines neuen Tiefgaragentors zu beauftragen (zum Preis von damals 6.874,71 Euro brutto). Über den endgültig festzulegenden Verteilerschlüssel sollte in der folgenden (= hier betroffenen) Eigentümerversammlung separat abgestimmt werden.
In der vorbenannten Eigentümerversammlung beschlossen die Eigentümer im Weiteren, dass den Eigentümern der Sondereigentumseinheit, deren Abschluss die Dachflächenfenster nach außen bilden, die Kosten des Austausches der Fenster allein aufzuerlegen sind.
Der Kläger ist der Auffassung, die Klage sei zulässig, insbesondere stehe eine frühere Beschlussfassung dem Rechtsschutzinteresse an der nunmehr erhobenen Klage nicht entgegen.
Die Teilungserklärung enthalte zur Tiefgarage eine abschließende und der Beschlussfassung entgegen stehende Regelung. Auch sei eine anteilige Auferlegung der Kosten nicht von § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n. F. gedeckt, da hiernach vorausgesetzt werde, dass der betreffende Eigentümer dem Grunde nach – wie hier nicht – zuvor überhaupt schon einmal an den Kosten beteiligt worden sei. Darüber hinaus stelle sich die beschlossene Kostenverteilung als unbillig dar, weil im Rahmen des der Eigentümergemeinschaft zustehenden Ermessens regelmäßig die unterschiedliche Gebrauchsmöglichkeit berücksichtigt werden müsse. In diesem Sinne sei den lediglich mit 28/1000 an der Gemeinschaft beteiligten Sondereigentümern der Tiefgaragenstellplätze die vollständige und ausschließliche Nutzung der Stellplätze zugewiesen, woraus sich deren alleinige Kostenlast rechtfertige. Die beschlossene Kostenverteilung entspreche schließlich nicht dem Grundsatz der Maßstabskontinuität, weil bezüglich anderer dem Sondereigentum anhaftenden Gemeinschaftseigentumsteile ebenfalls eine Kostentragung ausschließlich zu Lasten der jeweils betroffenen Sondereigentümer beschlossen worden sei (nämlich bzgl. der Dachflächenfenster).
Soweit die Beschlussfassung zu Top 17.1. betroffen sei, handele es sich ohnehin nicht um die erstmalige Herstellung, sondern um eine Maßnahme der Mängelbeseitigung, für welche zunächst der Werkunternehmer in Anspruch genommen werden müsse. Angesichts dessen entspreche auch unter diesem Gesichtspunkt die beschlossene Kostenverteilung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Kläger beantragt: Wie erkannt.
Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.
Sie meint, die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, da die am 24.11.2018 zu Top 5.1. ihrer Ansicht nach inhaltsgleich erfolgte Beschlussfassung bestandskräftig geworden sei und selbst im Falle einer Aufhebung der hier angefochtenen Beschlüsse fortgelten würde.
Im Hinblick darauf, dass durch die Beschlussfassung zu Top 16.1 erstmals gemäß § 17 Abs. 4 BauO TH zwei voneinander unabhängige Rettungswege hergestellt worden seien, entsprechende die Kostenverteilung auf alle Eigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile ordnungsgemäßer Verwaltung. Die für die erstmalige Herstellung des bauordnungsrechtlich einwandfreien Zustandes erforderlichen Aufwendungen seien von der Vereinbarung in § 3 GO nicht erfasst, da hiervon lediglich später im Hinblick auf die Tiefgarage etwa erforderlichen Aufwendungen für Instandsetzung /-haltung betroffen seien. Für eine Instandhaltung sei Voraussetzung, dass bereits bei der ursprünglichen Errichtung ein mangelfreier Zustand vorhanden gewesen sei. Auch die unter Top 17.1 beschlossene Kostenverteilung zum Austausch des Motors am Tiefgaragentor sei darauf zurückzuführen, dass der Baukörper nicht schallentkoppelt sei und dadurch Lärmbelästigungen aufgetreten seien. Dies unterfalle ebenso erstmaliger ordnungsgemäßer Herstellung.
Im Übrigen sei aufgrund der Übergangsregelung in § 47 WEG n. F. die bisherige in § 3 GO festgeschriebene Kostenverteilung mit Inkrafttreten der Neufassung des WEG (am 01.12.2020) nicht mehr anwendbar, da nach der Übergangsregelung regelmäßig das neue Wohnungseigentumsrecht zur Anwendung gelange, mit der Folge, dass nach § 16 Abs. 2 WEG n. F. eine bisher vereinbarte Kostenverteilung keine „Bestandsgarantie“ mehr haben, sondern durch Beschluss abgeändert werden könne. Im Zweifel würden gemäß § 47 WEG n. F. vormals geschlossene (Alt-)Vereinbarungen nicht fortgelten, sondern ihre Wirksamkeit verlieren.
Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der Fristen gemäß § 45 S. 1 WEG erhoben und begründet worden.
Der Klage fehlt entgegen der beklagtenseits vertretenen Rechtsmeinung auch nicht das erforderliche Rechtsschutzschutzinteresse.
Insoweit hat das Gericht bereits Bedenken im Hinblick auf die Wirksamkeit des in der Eigentümerversammlung vom 24.11.2018 zu Top 5.1. gefassten Beschlusses, so dass es auf dessen Bestandskraft nicht ankommt.
Der Beschluss begegnet Bedenken im Hinblick auf hinreichende Bestimmtheit, da hierin bereits eine Kostenverteilung nicht hinreichend eindeutig geregelt wird. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, inwieweit sich die Beklagte mit der dazu in diametralem Gegensatz stehenden Regelung aus § 3 GO auseinandergesetzt hätte, was nach Auffassung des Gerichts zur Auflösung dieses offensichtlichen Widerspruchs erforderlich gewesen wäre. Im Weiteren begegnet auch die nur als „zunächst“ beschlossene Kostenregelung Bestimmtheitsbedenken, denn hierdurch entsteht ein in jeder Hinsicht lediglich vorläufig geregelter „Schwebezustand“, ohne dass die Fortgeltung des Beschlusses sowohl zeitlich als auch inhaltlich für die Eigentümer ersichtlich gewesen wäre.
Auch wenn man hierzu anderer Ansicht sein wollte, wäre das Rechtsschutzbedürfnis in jedem Falle deshalb gegeben, weil die Eigentümergemeinschaft aufgrund des ihr zustehenden Selbstorganisationsrechts in der Versammlung vom 05.08.2021 einen Zweitbeschluss gefasst hat, welchem die Beschlussfassung vom 24.11.2018 nicht entgegen steht.
Das Rechtsschutzbedürfnis wäre nur in dem Fall zu verneinen, dass der Erstbeschluss (vom 24.11.2018) wirksam sowie bestandskräftig gewesen und hier ein inhaltsgleicher bestätigender Zweitbeschluss angefochten worden wäre (vgl. jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 23 WEG, Rn. 97).
Eine solche Fallkonstellation ist nicht darstellbar. Vielmehr liegt hier ein novatorisch ersetzender und ergänzender Zweitbeschluss vor, für dessen Anfechtung nach wohl allgemeiner Ansicht ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. statt vieler jurisPK-BGB, a.a.O., Rn. 99-101).
Dies ergibt sich aus den nachfolgend aufgeführten Gründen: Bereits der Umstand, dass die Regelung der Kostenverteilung wie beschrieben als lediglich vorläufig eingeordnet wurde, eröffnete der Beklagten ohne Weiteres die Möglichkeit, hierüber ergänzend bzw. modifiziert Beschluss zu fassen, nämlich – wie hier geschehen – beschränkt nunmehr auf den Gegenstand „Tiefgarageneinfahrt“ und modifiziert zur Mittelherkunft.
Im Weiteren hat die Beklagte in der vorhergehenden Versammlung vom 02.12.2020 Folgendes beschlossen und vorsorglich auch nochmals der in der Versammlung vom 05.08.2021 zu Top 16.1. erfolgten Beschlussfassung wörtlich vorangestellt:
„Die Kosten für den Einbau eines neuen Tiefgaragentores betragen 5.926,47 Euro netto (derzeit 6.874,71 Euro brutto). Die Finanzierung erfolgt vorerst aus der Instandhaltungsrücklage Verteilerschlüssel Miteigentumsanteile insgesamt. In einer folgenden Eigentümerversammlung wird über die endgültige Kostenverteilung separat abgestimmt“.
Auch dies zeigt doch, dass die Beklagte aufgrund des o. a. Selbstorganisationsrechts eine weitere Beschlussfassung für erforderlich erachtet hat und dementsprechend die Möglichkeit eröffnen wollte, in Abweichung und Konkretisierung zur vormals sich nicht hinreichend und nur vorläufig verhaltenden Beschlussfassung vom 24.11.2018 sodann verbindlich und abschließend über die Kostenverteilung zur Instandsetzung der Tiefgarageneinfahrt zu beschließen. Dies wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass die Beklagte den ursprünglich gefassten Beschluss aus dem Jahr 2018 unbestritten zu keinem Zeitpunkt umgesetzt hat.
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg, denn die zu TOP 16.1 und 17.1 gefassten Beschlüsse stehen in Widerspruch zu der ausdrücklich in § 3 GO niedergelegten Vereinbarung zur Kosten- / Lastenverteilung bei den Tiefgaragenstellplätzen und entsprechen demgemäß nicht ordnungsmäßiger Verwaltung i. S. von § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG.
Im Einzelnen: Nach der vorgenannten Norm kann jeder Eigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung) und, soweit solche bestehen, den gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüssen entspricht.
Die Beklagte hat unter Zugrundelegung dessen eine vereinbarungswidrige Kostenverteilung beschlossen und dadurch gegen die eingangs aufgeführten Normen verstoßen (vgl. allgemein zur Beachtung von Vereinbarungen über den Umlageschlüssel und dem damit korrespondierenden Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung: BGH NJW 2003, S. 3476 sowie Hügel / Elzer 3. Aufl., § 18 WEG, Rdnr. 34, 41 u. 75).
Dem lässt sich im hier zu beurteilenden Fall auch nicht entgegen halten, dass es sich (jedenfalls den Beschluss zu TOP 16.1 betreffend) um Maßnahmen zur erstmaligen Herstellung mängelfreien Eigentums handelt.
Dass die hier in Rede stehende erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Schaffung eines bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Rettungsweges auch der Instandsetzung / -haltung unterfällt, wird vom Ausgangspunkt her von den Parteien nicht in Frage gestellt (vgl. dazu auch BGH NJW-RR 2017, S. 1042).
Die Frage, ob in solchen Fällen die Kostenlast zur Herstellung als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG alle Eigentümer treffen muss oder eine anderweitige Vereinbarung (wie hier in § 3 GO niedergelegt) auch für diesen Fall vorrangig Geltung beanspruchen kann, wird uneinheitlich beantwortet (für Ersteres z. B.: OLG München NJW 2007, S. 2418; OLG Köln NZM 2002, S. 125; für Letzteres z. B.: BGH NJW-RR 2020, S. 959 (Mehrhausanlage betreffend); LG Koblenz ZMR 2015, S. 57; LG München I ZMR 2012, S. 44; Jennißen, 7. Aufl., Rn. 50 f. zu § 16 WEG).
Das erkennende Gericht folgt der letztgenannten Auffassung und hält insbesondere die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kostentragung bei Mehrhausanlagen von der Fallkonstellation und Begründung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nach der zugrunde liegenden Wertung für übertragbar und maßgeblich.
Vorab ist bezüglich der in diesem Zusammenhang beklagtenseits weiterhin zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2017, S. 462) darauf hinzuweisen, dass diese für das vorliegende Verfahren keine zwingend entgegen stehende Aussage trifft, weil dort – anders als im hier zu beurteilenden Fall – eine abweichende Kostenregelung in der Teilungserklärung gerade nicht enthalten war.
In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kostentrennung bei Mehrhausanlagen sah die Teilungserklärung einer aus mehreren Baukörpern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft hingegen eine verwaltungsmäßige Trennung der einzelnen Baukörper in selbstständige Untergemeinschaften vor und bestimmte, dass auch Kosten der laufenden Lasten, späterer Instandsetzungsmaßnahmen und die Instandhaltungsrücklage entsprechend der jeweiligen Verwaltungseinheit zu teilen und zuzuordnen sind. Eine solche Kostentragungsregelung ist danach zunächst rein zeitlich zu verstehen, so dass es allein darauf ankommt, ob die Kosten später entstehen, also nach Errichtung der jeweiligen Einheit.
Soweit das zeitliche Moment betroffen ist, erfolgte auch hier die Umsetzung des bauordnungsrechtlichen Zustands nachträglich, und zwar deutlich nach Errichtung der Tiefgarage bzw. des Tiefgaragenzugangsbereichs. Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die in § 3 GO niedergelegte Vereinbarung zur Kosten- und Lastentrennung anders als diejenige in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht einmal die Bezugnahme auf „spätere“ Instandhaltungskosten enthält. Vielmehr sollen nach dem Wortlaut der hier zugrunde liegenden Vereinbarung sämtliche Instandhaltungskosten (wozu auch erstmalige Herstellung zählt; s. o.) uneingeschränkt getrennt werden.
Im Weiteren schließt sich das erkennende Gericht der auch im vorliegenden Fall maßgeblichen und übertragbaren Begründung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf den in der Teilungserklärung verfolgten Regelungszweck unter besonderer Hervorhebung der kosten- und verwaltungsmäßigen Trennung an (BGH a.a.O.).
Zwar liegen hier keine Untergemeinschaften vor, dennoch aber gemäß Teilungserklärung gleichfalls zur ausschließlichen Nutzung lediglich einem Teil der Eigentümer als Sondereigentum zugewiesenen Stellplatzflächen mit entsprechender Regelung über die Kostentrennung, so dass auch nur die Sondereigentümer der Baulichkeit „Tiefgarage“ von einer Instandsetzung in maßgeblichem Umfang profitieren können.
Dem lässt sich auch nicht entgegen halten, dass einzelne Eigentümer den Durchgang der Tiefgarage nach Einbau der Fluchttür (zu wärmeren Jahreszeiten) nutzen, um ihr Fahrrad zum Abstellraum zu schieben. Gegenüber der Sondereigentumszuweisung bzw. ausschließlichen Nutzung der Stellplatzflächen und Tiefgaragenbefahrung mit Kraftfahrzeugen erweist sich Ersteres sowohl bei qualitativer, quantitativer als auch wirtschaftlicher Betrachtung der Inanspruchnahme als nur marginal und zu vernachlässigen.
Die verwaltungsmäßige Trennung unterstützend, ist im Weiteren darauf hinzuweisen, dass eine Instandhaltungsrücklage gemäß § 3 Nr. 5 GO gerade nicht für die Tiefgaragenstellplätze, sondern nur für das Wohngebäude gebildet werden sollte (s. dort: „nur hinsichtlich der von allen Eigentümern instand zu haltenden Gebäudeteile“). In Fortführung dieser nach § 3 GO erfolgten kosten- und verwaltungsmäßigen Trennung hat die Beklagte – wie vom Verwalter im letzten Verhandlungstermin mitgeteilt – zwischenzeitlich auch eine gesonderte Instandhaltungsrücklage für die Stellplatzeigentümer gebildet.
Soweit die Beklagte zur hier angefochtenen Beschlussfassung darauf abstellt, die Neuregelung in § 16 Abs. 2 S. 2 WEG lasse im vorliegenden Fall die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu, ist das Gericht der festen Auffassung, dass diese Vorschrift (wie bereits zu § 16 Abs. 3 WEG a. F. weitestgehend anerkannt) vom Wortlaut und der im Zusammenhang mit dem in § 16 Abs. 2 S. 1 WEG grundsätzlich bereits als bestehend vorausgesetzten Kostentragungspflicht gerade keine Möglichkeit einräumt, die – wie hier – erstmalige Kostentragungspflicht zu begründen. Erforderlich wäre vielmehr, dass jeder Wohnungseigentümer bereits aufgrund einer vormaligen Kostenregelung einen Anteil hätte tragen müssen (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl., Rn. 47 zu § 16 WEG; Beck-OK, 60. Edit., Rn. 16 zu § 16 WEG).
Das wie voraufgeführt näher begründete Ergebnis muss nicht zuletzt und insbesondere angesichts der vom Kläger unbestritten vorgetragenen Maßstabskontinuität bei erstmaliger Herstellung anderweitiger auf das Sondereigentum bezogener und dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnender Aufwendungen gelten (hier: Dachfenster), für welche nicht einmal eine abweichende Kostenregelung in der GO niedergelegt wurde. Diese Maßstabskontinuität bedingt ebenfalls zwingend eine Gleichbehandlung im Hinblick auf die hier streitigen Aufwendungen bzgl. der Tiefgaragenrolltors. Über die Nichtbeachtung der Maßstabskontinuität hinaus wäre die Auferlegung der Kosten gegenüber allen Eigentümern auch deswegen sachwidrig, weil hierdurch den unterschiedlichen Gebrauchsmöglichkeiten der Stellplatzeigentümer einerseits und den übrigen Eigentümern andererseits (s. o.) nicht hinreichend Rechnung getragen würde (vgl. auch Jennißen, a.a.O., Rn. 78 zu § 16 WEG).
Im Weiteren vermag auch der Verweis der Beklagten auf die Überleitungsvorschrift in § 47 WEG n. F. nicht weiter zu führen, denn der Kostenverteilungsschlüssel in der Vereinbarung nach § 3 GO läuft der gesetzlichen Neuregelung gerade nicht zuwider. Darüber hinaus gibt der Text dieser Vereinbarung auch nicht eine vormals geltende und nunmehr überholte gesetzliche Regelung wider oder nimmt darauf Bezug, so dass es auf die Ermittlung eines etwa entgegen stehenden Willens der Eigentümergemeinschaft ebenfalls nicht ankäme.
Abschließend: Soweit es die zu TOP 17.1. angefochtene Beschlussfassung betrifft, stünde überdies nach Ansicht des Gerichts ohnehin nicht die erstmalige Herstellung in Streit, so dass auch von daher in jedem Fall die vorrangige Vereinbarung zur Kostenregelung nach § 3 GO eingreift.
Prozessuale Nebenentscheidungen:
– § 91 Abs. 1 ZPO (Kosten),
– §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).