Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Eigentümerrechte vs. Mieterrechte: WEG-Rechtliche Konflikte im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Grenzwerte gelten nachts für gewerbliche Kühlanlagen in Wohngebäuden?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer bei störendem Gewerbebetrieb im Haus?
- Wie bindend sind Beschlüsse der Eigentümerversammlung zur gewerblichen Nutzung?
- Ab wann gelten tieffrequente Geräusche als unzumutbare Belästigung?
- Welche Beweismittel sind bei Lärmbelästigung durch gewerbliche Anlagen erforderlich?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 31.01.2024
- Aktenzeichen: 7 U 7576/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Nachbarschaftsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer einer Wohnung im 1. Stock eines Gebäudes. Er argumentiert, dass der Betrieb einer Eisverkaufsstelle im Erdgeschoss des Hauses nicht den wohnungseigentumsrechtlichen Bestimmungen entspricht und beantragt die Unterlassung der Störungen sowie die Durchsetzung geeigneter Schallschutzmaßnahmen.
- Beklagte: Betreiber einer Eisverkaufsstelle im Erdgeschoss. Sie behaupten, dass der Betrieb legal ist, basierend auf früheren Eigentümerversammlungsbeschlüssen, die angeblich eine Änderung der ursprünglichen Zweckbestimmung der Ladeneinheit gebilligt haben.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger, als Wohnungseigentümer, beanstandet den Betrieb einer Eisverkaufsstelle direkt unter seiner Wohnung. Der Kläger sieht in dem Betrieb Störungen und Überschreitungen der Zweckbestimmung des Gebäudes als Ladenfläche und fordert die Beseitigung der Geräuschbelästigungen, die Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen und die Einstellung des Nachtbetriebs.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral ist die Frage, ob der Betrieb der Eisverkaufsstelle durch gültige Beschlüsse der Eigentümerversammlung gedeckt ist und ob diese Beschlüsse rechtmäßig die Zweckbestimmung der gewerblich genutzten Einheit geändert haben.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das OLG München gab dem Kläger hinsichtlich des Antrags auf Unterlassung von Geräten, die übermäßige Geräusche zur Nachtzeit erzeugen, recht. Andere Anträge des Klägers wurden abgewiesen.
- Begründung: Der ursprüngliche Zweck der Ladeneinheit wurde durch die Eigentümerversammlungen geändert, sodass die Nutzung als Eisverkaufsstelle keine Zweckentfremdung darstellt. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr besteht, da eine Geräuschbelastung durch die entfernte Kühlzelle dokumentiert, jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen wurde. Der Unterlassungsantrag bezog sich spezifisch auf Geräuschimmissionen zwischen 20.30 Uhr und 6.00 Uhr.
- Folgen: Die Beklagten dürfen bestimmte Geräte in der Nachtzeit nicht betreiben, um lautstarke Störungen zu vermeiden. Insgesamt wurde klargestellt, dass genehmigte Nutzungsänderungen durch gültige Beschlüsse der Eigentümerversammlung das bestehende Recht ändern können. Die Entscheidung belastet den Kläger mit einem Großteil der Kosten des Verfahrens. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Eigentümerrechte vs. Mieterrechte: WEG-Rechtliche Konflikte im Fokus
Im Rahmen des WEG-Rechts (Wohnungseigentumsgesetz) gibt es zahlreiche Regelungen, die die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümergemeinschaften betreffen. Hierbei spielen Eigentümerrechte und Mieterrechte eine entscheidende Rolle, insbesondere wenn es um Fragen des Nachbarrechts oder der Hausordnung geht. Konflikte zwischen Eigentümern und Mietern können schnell entstehen, wenn beispielsweise das Gemeinschaftseigentum nicht ordnungsgemäß genutzt wird oder Belästigungen auftreten.
Die Eigentümerversammlung ist oft der Ort, an dem solche Streitigkeiten diskutiert und Lösungen gesucht werden. Doch wie weit können Eigentümer tatsächlich gegen Mieter eines anderen Eigentümers vorgehen? Die nachfolgende Analyse eines konkreten Falls wird zeigen, unter welchen Bedingungen eine WEG-Klage eingeleitet werden kann und welche Möglichkeiten zur Konfliktlösung bestehen.
Der Fall vor Gericht
Eisverkauf in M.: OLG bestätigt Beschränkungen für nächtlichen Gerätebetrieb
Ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen einem Wohnungseigentümer und den Betreibern einer Eisverkaufsstelle im selben Gebäude in M. wurde nun vom Oberlandesgericht M. teilweise zugunsten des Klägers entschieden. Die Beklagten müssen künftig zur Nachtzeit auf den Betrieb von Geräten verzichten, die in der darüberliegenden Wohnung übermäßige tieffrequente Geräusche verursachen.
Genehmigter Eisverkauf mit Einschränkungen
Der Fall betrifft eine seit 2006 betriebene Eisverkaufsstelle im Erdgeschoss eines Wohngebäudes, über der sich die Wohnung des Klägers befindet. Die Nutzung als Eisverkaufsstelle war durch Beschlüsse der Eigentümerversammlung aus den Jahren 2006 und 2007 grundsätzlich genehmigt worden. Diese Genehmigung umfasste auch den Verkauf bis nach 22:30 Uhr sowie die Aufstellung von Sitzgelegenheiten vor dem Laden.
Störende Kühlanlage als Auslöser
Im Zentrum des Streits stand eine Kühlzelle, deren Betrieb laut einem Sachverständigengutachten in der Wohnung des Klägers die zulässigen Lärmgrenzwerte überschritt. Die Beklagten hatten die störende Kühlzelle zwar zwischenzeitlich durch handelsübliche Kühlschränke ersetzt, das Gericht sah jedoch weiterhin die Gefahr, dass künftig wieder störende Geräte eingesetzt werden könnten.
Teilweise erfolgreiche Berufung
Das OLG M. gab der Berufung des Klägers teilweise statt und untersagte den Beklagten den nächtlichen Betrieb von Geräten, die in der Wohnung des Klägers Tieffrequente Geräuschimmissionen über den Grenzwerten der DIN 45680 verursachen. Für Verstöße droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft.
Weitergehende Anträge abgewiesen
Weitergehende Forderungen des Klägers wurden abgewiesen. So muss die Eisverkaufsstelle weder ihren Betrieb komplett einstellen noch das Gewerbe abmelden. Auch die Einhaltung der regulären Ladenschlusszeiten kann nicht verlangt werden, da die Eigentümerversammlung ausdrücklich längere Öffnungszeiten genehmigt hatte. Der Anspruch auf allgemeine Schallschutzmaßnahmen wurde als unbegründet zurückgewiesen, da die einzige nachgewiesene Störquelle – die Kühlzelle – bereits beseitigt worden war.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG München stärkt mit seiner Entscheidung den Schutz von Wohnungseigentümern vor störenden Geräuschen zur Nachtzeit, auch wenn die gewerbliche Nutzung grundsätzlich genehmigt ist. Die Genehmigung eines Gewerbebetriebs durch die Eigentümerversammlung bedeutet nicht, dass Anwohner übermäßige Lärmbelästigungen hinnehmen müssen. Allerdings müssen Eigentümer die Beschlüsse der Eigentümerversammlung zeitnah anfechten, wenn sie mit der Nutzungsänderung nicht einverstanden sind.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Wohnungseigentümer von Lärmbelästigungen durch einen gewerblichen Nachbarn betroffen sind, können Sie sich auch bei genehmigtem Gewerbebetrieb gegen übermäßige Geräuschentwicklung zur Wehr setzen – besonders nachts müssen die Grenzwerte der DIN-Normen eingehalten werden. Achten Sie bei Eigentümerversammlungen genau darauf, welche Nutzungen genehmigt werden und legen Sie bei Bedarf rechtzeitig Widerspruch ein. Als Eigentümer in innerstädtischen Lagen müssen Sie zwar ein gewisses Maß an gewerblichen Nutzungen und deren Begleiterscheinungen akzeptieren, nicht jedoch unzumutbare Störungen durch vermeidbare technische Geräusche. Die DIN-Grenzwerte bieten hier einen verlässlichen Maßstab für die Beurteilung.
Benötigen Sie Hilfe?
Als Wohnungseigentümer haben Sie ein Recht auf Nachtruhe, auch wenn gewerbliche Nutzungen im Haus genehmigt sind. Unsere erfahrenen Anwälte prüfen, ob in Ihrem Fall die zulässigen Lärmgrenzwerte überschritten werden und welche rechtlichen Möglichkeiten sich daraus ergeben. Mit unserer jahrelangen Expertise im Wohnungseigentumsrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und eine für alle Beteiligten tragbare Lösung zu finden. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Grenzwerte gelten nachts für gewerbliche Kühlanlagen in Wohngebäuden?
Für gewerbliche Kühlanlagen in Wohngebäuden gelten strenge nächtliche Lärmgrenzwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.
Zeitliche Einteilung der Grenzwerte
Die Nachtzeit wird definiert als der Zeitraum von 22:00 bis 06:00 Uhr. In dieser Zeit gilt der strengere Nachtwert, wobei für die Beurteilung die lauteste volle Stunde herangezogen wird.
Sonderregelungen und Ausnahmen
In besonderen Fällen können Ausnahmen für seltene Ereignisse genehmigt werden. Diese sind jedoch auf maximal 10 Tage oder Nächte pro Kalenderjahr beschränkt. Bei mehreren Anlagen kann sich diese Zahl auf bis zu 14 Tage erhöhen.
Technische Anforderungen
Bei der Installation von Klima- und Lüftungsgeräten müssen die umschließenden Wände, Decken und Fußböden ausreichend schallgedämmt sein. Die Schallübertragung zwischen einzelnen Räumen muss ebenfalls begrenzt werden, damit beispielsweise Geräusche nicht in Nachbarräume eindringen.
Rechtliche Durchsetzung
Wenn Sie als Wohnungseigentümer von störenden Geräuschen einer Kühlanlage betroffen sind, können Sie direkte Unterlassungsansprüche gegen den störenden Eigentümer geltend machen. Der vermietende Eigentümer ist dabei auch für das Verhalten seiner Mieter verantwortlich, wenn diese durch den Betrieb von Kühlanlagen die zulässigen Grenzwerte überschreiten.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer bei störendem Gewerbebetrieb im Haus?
Bei störendem Gewerbebetrieb können Wohnungseigentümer sowohl gegen den Gewerbetreibenden als auch gegen den vermietenden Eigentümer vorgehen.
Direkte Maßnahmen gegen Störungen
Der beeinträchtigte Wohnungseigentümer sollte den störenden Gewerbetreibenden zunächst schriftlich zur Unterlassung auffordern. Eine Kopie dieses Schreibens geht an den Verwalter mit der Bitte um Intervention.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann vom Gewerbetreibenden die Unterlassung der störenden Nutzung verlangen. Parallel dazu können die betroffenen Eigentümer die Unterlassung konkreter Störungen, wie etwa Lärmbelästigungen, fordern.
Rechtliche Durchsetzung
Für eine erfolgreiche Unterlassungsklage muss der beeinträchtigte Eigentümer nachweisen, dass die Störungen mit einem „geordneten Zusammenleben“ nicht vereinbar sind. Dabei müssen es sich um wiederholte Störungen von einiger Bedeutung handeln.
Bei Lärmbelästigungen empfiehlt sich die Führung eines detaillierten Protokolls über:
- Art der Störung
- Tageszeit
- Dauer
- Intensität
Vorgehen bei vermieteten Gewerbeeinheiten
Bei vermieteten Einheiten bestehen mehrere Handlungsoptionen:
Die Eigentümergemeinschaft kann gegen den vermietenden Miteigentümer vorgehen, da dieser sich das Verhalten seines Mieters zurechnen lassen muss. Der einzelne Wohnungseigentümer kann aus eigenem Recht gegen den störenden Mieter vorgehen, wenn sich die Störungen gegen sein Sondereigentum richten.
Gewerbliche Nutzungsgrenzen
Eine gewerbliche Nutzung ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn keine wesentlichen Störungen für die Nachbarschaft entstehen. Der Kundenverkehr ist dabei ein entscheidendes Kriterium. Freie Berufe wie Ärzte oder Rechtsanwälte genießen dabei Sonderrechte, müssen aber ebenfalls auf eine angemessene Frequentierung achten.
Bei unzulässiger gewerblicher Nutzung kann die Eigentümergemeinschaft die Unterlassung der gesamten gewerblichen Tätigkeit verlangen, während einzelne Eigentümer nur die Unterlassung konkreter Störungen fordern können.
Wie bindend sind Beschlüsse der Eigentümerversammlung zur gewerblichen Nutzung?
Beschlüsse der Eigentümerversammlung zur gewerblichen Nutzung sind rechtlich bindend und durchsetzbar, wenn sie ordnungsgemäß gefasst wurden. Ein bestandskräftiger Beschluss, der eine gewerbliche Nutzung untersagt, muss befolgt werden, solange er nicht erfolgreich angefochten wurde.
Rechtliche Wirksamkeit von Beschlüssen
Die Eigentümerversammlung entscheidet durch Mehrheitsbeschlüsse über die Zulässigkeit gewerblicher Nutzung. Wenn Sie eine gewerbliche Tätigkeit in Ihrer Wohnung ausüben möchten, benötigen Sie dafür die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft, sofern die Teilungserklärung keine anderen Regelungen vorsieht.
Grenzen der Beschlussfassung
Die Eigentümergemeinschaft darf die Zustimmung zur gewerblichen Nutzung nur aus triftigen Gründen verweigern. Solche Gründe liegen vor bei:
- Unzumutbarer Belästigung der Miteigentümer
- Erhöhtem Publikumsverkehr
- Beeinträchtigung des Wohnwerts der Immobilie
Durchsetzung und Anfechtung
Ein Beschluss zur Untersagung einer gewerblichen Nutzung kann innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung angefochten werden. Nach Ablauf dieser Frist wird der Beschluss bestandskräftig und ist für alle Eigentümer verbindlich. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann dann die Unterlassung der unerlaubten gewerblichen Nutzung durchsetzen.
Ab wann gelten tieffrequente Geräusche als unzumutbare Belästigung?
Tieffrequente Geräusche gelten als unzumutbare Belästigung, wenn sie die Zimmerlautstärke von 40 dB(A) überschreiten und zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führen. Diese Geräusche sind besonders problematisch, da sie sich durch Wände und Decken stark ausbreiten und zu dauerhaften gesundheitlichen Problemen führen können.
Typische Quellen tieffrequenter Geräusche
Besonders kritisch sind stationäre Betriebszustände folgender Anlagen:
- Raumlufttechnische Anlagen und Kühlaggregate
- Heizungsanlagen, insbesondere Luftwärmepumpen
- Blockheizkraftwerke
- Kleinwindenergieanlagen
- Haushaltsgeräte
Rechtliche Bewertung
Die Beurteilung erfolgt nach zwei Kriterien:
Der Schalldruckpegel darf in schutzbedürftigen Räumen bei einer Messhöhe von bis zu 1,30 Meter über dem Fußboden die maximal zulässige Zimmerlautstärke nicht überschreiten. Für allgemeine Wohngebiete gelten dabei folgende Grenzwerte:
- Tagsüber: 55 dB(A)
- Nachts: 40 dB(A)
Durchsetzung von Rechten
Bei Überschreitung der Grenzwerte können Wohnungseigentümer direkt gegen den Verursacher vorgehen. Ist der Verursacher ein Mieter, muss sich der betroffene Eigentümer an den vermietenden Eigentümer wenden. Der vermietende Eigentümer ist nach § 14 Nr. 2 WEG verpflichtet, für die Einhaltung der Lärmgrenzwerte durch seine Mieter zu sorgen.
Wichtig für die Beweisführung ist die Dokumentation der Lärmbelästigung durch:
- Messungen der Schallpegel
- Lärmprotokolle
- Dokumentation der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
Prognosen zeigen, dass Konflikte mit tieffrequenten Geräuschen bis 2030 deutlich zunehmen werden, besonders bei Frequenzen über 50 Hz. Dies macht eine sorgfältige Quellortung und Dokumentation noch wichtiger.
Welche Beweismittel sind bei Lärmbelästigung durch gewerbliche Anlagen erforderlich?
Bei gewerblichen Anlagen gelten die Richtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Diese legt konkrete Immissionsrichtwerte fest, die je nach Art des Gebiets und Tageszeit variieren.
Dokumentation der Lärmbelästigung
Ein Lärmprotokoll ist zwar nicht zwingend erforderlich, wird aber in der Praxis als wichtiges Beweismittel anerkannt. Das Protokoll sollte folgende Angaben enthalten:
- Art der Beeinträchtigung
- Genaue Tageszeit
- Ungefähre Frequenz der Geräusche
- Beschreibung der Lärmquelle
Rechtliche Durchsetzung
Die Beweislast trägt grundsätzlich derjenige, der sich auf eine für ihn günstige Rechtsfolge beruft. Bei Lärmbelästigungen durch gewerbliche Anlagen bedeutet dies:
Ein schlüssiger und substantiierter Vortrag über die Lärmbelästigung muss erbracht werden. Die Dokumentation sollte möglichst durch technische Messungen oder Zeugenaussagen unterstützt werden.
Vorgehen bei WEG-Eigentum
Wenn Sie als Wohnungseigentümer von Lärm durch einen gewerblichen Mieter eines anderen Eigentümers betroffen sind, haben Sie folgende Möglichkeiten:
Der Verwalter muss zunächst gegenüber dem Miteigentümer auf die Beachtung der Hausordnung durch dessen Mieter hinwirken. Danach können Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Als letztes Mittel kommt die Entziehung des Wohnungseigentums in Betracht.
Die Wohnungseigentümer können direkt gegen den störenden Mieter vorgehen. Der BGH hat bestätigt, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB gegen den Mieter möglich ist, wenn dieser die Einheit zweckwidrig nutzt.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
WEG-Recht
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Wohnungseigentümern in einem Mehrparteienhaus. Es definiert grundlegende Rechte und Pflichten der Eigentümer, die Organisation der Eigentümergemeinschaft sowie die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Basierend auf dem Wohnungseigentumsgesetz können Eigentümer ihr Sondereigentum (ihre Wohnung) weitgehend frei nutzen, müssen dabei aber die Interessen der anderen Eigentümer berücksichtigen. Beispielsweise darf ein Eigentümer seine Wohnung vermieten, muss sich aber an die Hausordnung halten.
Eigentümerversammlung
Die Eigentümerversammlung ist das zentrale Entscheidungsorgan einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach §23 WEG. Hier treffen sich die Eigentümer, um wichtige Entscheidungen über die Verwaltung und Nutzung des Gebäudes zu treffen. Beschlüsse werden meist mit einfacher Mehrheit gefasst und sind für alle Eigentümer bindend. Ein typisches Beispiel ist die Genehmigung gewerblicher Nutzung von Räumen oder die Festlegung von Nutzungsregeln für Gemeinschaftseigentum.
Gemeinschaftseigentum
Dies bezeichnet nach §1 Abs. 5 WEG alle Teile, Anlagen und Einrichtungen eines Mehrparteienhauses, die nicht im Sondereigentum stehen und dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Dazu gehören etwa das Treppenhaus, Außenwände, Dach oder technische Anlagen. Die Nutzung und Instandhaltung wird gemeinschaftlich geregelt und finanziert. Ein klassisches Beispiel ist der Hauseingangsbereich, den alle Bewohner nutzen können.
WEG-Klage
Eine WEG-Klage ist ein rechtliches Instrument, mit dem Wohnungseigentümer ihre Rechte durchsetzen können. Sie kann sich gegen andere Eigentümer, Mieter oder die Verwaltung richten und wird meist beim zuständigen Amtsgericht eingereicht. Häufige Klagegründe sind Verstöße gegen die Hausordnung, unzulässige Nutzungen oder Störungen des Hausfriedens. Grundlage sind die §§43-45 WEG. Beispielsweise kann gegen störende Geräuschentwicklung wie im vorliegenden Fall geklagt werden.
Tieffrequente Geräuschimmissionen
Bezeichnet besonders niedrigfrequente Schallwellen (unter 100 Hertz), die durch Wände und Decken besonders gut übertragen werden und als besonders störend empfunden werden. Diese werden in der DIN 45680 speziell geregelt und haben oft strengere Grenzwerte als normale Geräusche. Typische Quellen sind technische Anlagen wie Kühlgeräte oder Klimaanlagen. Diese Geräusche können auch bei relativ geringer Lautstärke als sehr belastend wahrgenommen werden und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
Ordnungsgeld
Eine behördlich oder gerichtlich verhängte Geldstrafe zur Durchsetzung von Auflagen oder Verboten. Es hat im Gegensatz zur Geldstrafe keinen strafenden, sondern einen erzieherischen Charakter und soll die Einhaltung von Anordnungen sicherstellen. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und den wirtschaftlichen Verhältnissen. Rechtsgrundlage ist §890 ZPO. Wird häufig als Druckmittel eingesetzt, um die Befolgung gerichtlicher Anordnungen durchzusetzen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 106 GewO (Gewerbeordnung): Dieser Paragraph regelt die allgemeinen Anforderungen an die Ausübung von Gewerbe im Hinblick auf die Einhaltung von Vorschriften zum Schutz der Nachbarn. Er stellt sicher, dass gewerbliche Tätigkeiten nicht zu einer unzulässigen Störung des Wohnfriedens führen. Im vorliegenden Fall sind die nächtlichen Geräuschimmissionen, die von der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten verursacht werden, ein direktes Beispiel für eine mögliche Verletzung dieser Vorschrift, da sie das Wohnumfeld des Klägers stören.
- § 14 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser Paragraph behandelt die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Er ermöglicht den Eigentümern, Beschlüsse über die Nutzung von Gewerbeeinheiten zu fassen. Der Fall zeigt, dass die Eigentümerversammlung mehrheitlich die Nutzung der Ladeneinheit des Erstbeklagten genehmigt hat, was jedoch nicht die unzulässige Störung durch Geräusche rechtfertigt, die gegen die Interessen des Klägers verstoßen.
- DIN 45680: Diese Norm legt die Anhaltswerte für Geräuschimmissionen fest, die als störend empfunden werden. Sie dient als Maßstab zur Beurteilung von Lärmbelästigungen. Im Urteil wird darauf verwiesen, dass die Geräuschimmissionen die Anhaltswerte der DIN 45680 überschreiten, was für den Kläger relevant ist und dessen Anspruch auf Unterlassung von Störungen untermauert.
- § 1004 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Anspruchsgrundlagen für die Beseitigung von Störungen des Eigentums. Er gibt dem Kläger das Recht, gegen die Beklagten vorzugehen, da sie durch ihre gewerbliche Tätigkeit in der unteren Gewerbeeinheit seine Wohnqualität nachhaltig beeinträchtigen. Die Klage des Klägers stützt sich auf den Anspruch, die nächtlichen Geräusche zu unterlassen, was direkt aus diesem Paragraphen abzuleiten ist.
- § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Die Vorschrift zur Treuepflicht erfordert von allen Teilen, dass sie sich loyal und im Einklang mit ihren vertraglichen und gesellschaftlichen Pflichten verhalten. Im vorliegenden Fall könnte die Rechtsprechung darauf hinweisen, dass die Beklagten durch ihre Geschäftstätigkeit, die bereits zuvor abgelehnt wurde, gegen diese Treuepflicht verstoßen haben, indem sie trotz der Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümerversammlung in einer Weise agieren, die die Interessen des Klägers missachtet.
Weitere Beiträge zum Thema
- Modernisierungsmaßnahme – Duldungspflicht des Mieters
Das Landgericht Berlin entschied, dass Mieter Modernisierungsmaßnahmen wie den Einbau eines Aufzugs dulden müssen, sofern diese den Wohnwert erhöhen und keine unzumutbare finanzielle Härte darstellen. Eine Mieterhöhung von über 30 % allein begründet keine unzumutbare Härte. → → Duldung von Modernisierungen im Mietrecht - Mietvertrag über möblierten Wohnraum – Aufzählung von Möbeln reicht nicht
Das Landgericht Berlin stellte klar, dass eine bloße Aufzählung von Möbeln im Mietvertrag nicht ausreicht, um von einem möblierten Wohnraum auszugehen. Es bedarf klarer Vereinbarungen über die Möblierung, um entsprechende mietrechtliche Konsequenzen zu ziehen. → → Voraussetzungen für möblierten Wohnraum - Mieter – Verjährung von Instandsetzungs- und Instandhaltungspflichten
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten gemäß § 548 Abs. 1 BGB auch für Ansprüche des Vermieters auf Erfüllung der vom Mieter vertraglich übernommenen Instandsetzungs- und Instandhaltungspflichten gilt. Die Frist beginnt mit Rückgabe der Mietsache. → → Verjährung von Instandhaltungsansprüchen im Mietrecht - WEG Beschluss zu baulichen Veränderungen – Genehmigungsumfang muss vor Beschlussfassung feststehen
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg erklärte Beschlüsse einer Eigentümerversammlung zu baulichen Veränderungen für ungültig, da der Genehmigungsumfang vor der Beschlussfassung nicht klar definiert war. Dies verstößt gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. → → Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über bauliche Veränderungen - Pachtvertrag – Auferlegung der Instandhaltungskosten per AGB
Das Landgericht Berlin entschied, dass die Auferlegung von Instandhaltungskosten auf den Pächter durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zulässig ist, sofern diese klar und verständlich formuliert sind. Die Instandhaltungspflicht des Pächters umfasst insbesondere Sanitärobjekte, Heizeinrichtungen und Kühlanlagen. → → AGB-Bestimmungen für Instandhaltungskosten im Pachtvertrag
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 7 U 7576/21 – Urteil vom 31.01.2024
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