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WEG Beschluss zu baulichen Veränderungen – Genehmigungsumfang muss vor Beschlussfassung

Ungültige WEG-Beschlüsse: Gericht mahnt Transparenz bei baulichen Veränderungen

Im Fall AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 20/23 WEG hat das Gericht die Beschlüsse einer Eigentümerversammlung zu baulichen Veränderungen für ungültig erklärt, da sie gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen. Der Streit drehte sich um die Gültigkeit der Ablehnung eines Antrags zur Genehmigung von bereits angebrachten Rollläden und die nachträgliche Genehmigung anderer baulicher Veränderungen durch die Eigentümerversammlung.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Gericht hat die Beschlüsse einer Eigentümerversammlung zu baulichen Veränderungen für ungültig erklärt, weil sie gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen.
  • Es ging um die Ungültigkeit der Ablehnung eines Antrags zur Genehmigung von Rollläden und um die Genehmigung anderer baulicher Veränderungen, die im Nachhinein erteilt wurde.
  • Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer klaren und eindeutigen Beschlussfassung und der Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung in Eigentümerversammlungen.

Rechtssicherheit bei baulichen Änderungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Bauliche Veränderungen an einer Immobilie sind in einer Wohnungseigentümergemeinschaft häufig ein kontroverses Thema. Die Genehmigung solcher Maßnahmen erfordert eingehende Prüfung und klare Entscheidungen durch die Eigentümergemeinschaft. Dabei sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung maßgeblich, um Konflikte zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Bauliche Änderungen können die Gemeinschaftseigentümer unterschiedlich betreffen und erhebliche Folgen nach sich ziehen. Eine sorgfältige Beurteilung des Einzelfalls ist unerlässlich. Beschlüsse der Eigentümerversammlung müssen transparent, nachvollziehbar und im Einklang mit geltendem Recht gefasst werden. Nur so können spätere Streitigkeiten vermieden und die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt werden.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um bauliche Veränderungen in der WEG führt zu gerichtlicher Auseinandersetzung

Im Mittelpunkt des Falls steht die Klage einer Wohnungseigentümerin gegen die Beschlüsse ihrer Eigentümergemeinschaft, die sich auf bauliche Veränderungen beziehen. Die Klägerin, Eigentümerin einer Wohnung im dritten Obergeschoss, hatte in Eigeninitiative Rollläden an der Rückseite ihres Sondereigentums angebracht, was später zur Kontroverse führte.

WEG Beschluss zu baulichen Veränderungen
(Symbolfoto: PIXEL to the PEOPLE /Shutterstock.com)

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 05. Juli 2023, die einerseits die Genehmigung für diese und ähnliche bauliche Veränderungen verweigerten und andererseits generelle Genehmigungen für andere Anbauten und Umbauten erteilten, wurden von der Klägerin angefochten. Der Kern des Streits liegt in der Gleichbehandlung der Wohnungseigentümer und der ordnungsgemäßen Verwaltung der Eigentümergemeinschaft.

Gerichtsurteil hebt Eigentümerbeschlüsse auf

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg erklärte die angefochtenen Beschlüsse für ungültig. Es befand, dass die Beschlüsse gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstießen. Insbesondere wurde der Negativbeschluss zur nachträglichen Genehmigung der Rollläden als unrechtmäßig angesehen, da er einer Ermessensreduzierung auf Null unterlag und somit hätte positiv ausfallen müssen. Der Gerichtsentscheid betonte auch, dass die spätere Genehmigung anderer baulicher Veränderungen durch die Eigentümerversammlung intransparent und unklar war, da sie von einer nachträglichen Bestandsaufnahme abhängig gemacht wurde, die noch nicht stattgefunden hatte. Dieses Vorgehen missachtete die Anforderung, dass die Wohnungseigentümer im Moment der Beschlussfassung über die relevanten Tatsachen im Klaren sein müssen.

Bedeutung der Entscheidung für die Verwaltungspraxis in WEGs

Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer klaren, transparenten und gerechten Beschlussfassung innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften. Es verdeutlicht die Notwendigkeit, dass alle Beschlüsse den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müssen und alle Eigentümer gleichbehandelt werden. Die Entscheidung mahnt zur Vorsicht bei der Formulierung von Beschlussvorlagen und der Durchführung von Eigentümerversammlungen, insbesondere bei der Genehmigung baulicher Veränderungen.

Auswirkungen auf die Durchführung von Eigentümerversammlungen

Dieser Fall zeigt auf, dass die Lokalität der Eigentümerversammlung und die Art und Weise, wie Beschlüsse gefasst und protokolliert werden, von entscheidender Bedeutung sein können. Die Durchführung der Versammlung in einem öffentlich zugänglichen Bereich und die Abhängigkeit wesentlicher Entscheidungen von zukünftigen Ereignissen können die Gültigkeit der Beschlüsse gefährden.

Richtungsweisende Aspekte für die Praxis der WEG-Verwaltung

Die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg dient als Erinnerung daran, dass alle Handlungen und Entscheidungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf einer soliden rechtlichen und faktischen Basis stehen müssen. Es betont die Bedeutung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und der internen Regeln einer WEG, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rechte und Pflichten haben Wohnungseigentümer bei baulichen Veränderungen?

Wohnungseigentümer haben bei baulichen Veränderungen sowohl Rechte als auch Pflichten, die sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ergeben. Grundsätzlich gilt, dass bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum nur mit Zustimmung aller betroffenen Wohnungseigentümer durchgeführt werden dürfen.

Jeder Wohnungseigentümer hat jedoch einen Anspruch darauf, dass ihm bestimmte privilegierte Maßnahmen wie Barrierefreiheit, Einbruchsschutz, Lademöglichkeiten für E-Autos oder ein Glasfaseranschluss auf sein Verlangen hin gestattet werden, sofern er die Kosten dafür trägt. Über die Durchführung ist dann im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen, wofür eine einfache Mehrheit ausreicht.

Für sonstige bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum ist ein Beschluss mit einfacher Mehrheit erforderlich. Die Kosten trägt grundsätzlich der Eigentümer, der die Maßnahme wünscht. Nur wenn mehr als zwei Drittel der Eigentümer, die zugleich mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, zustimmen oder wenn sich die Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, werden die Kosten von allen nach Miteigentumsanteilen getragen.

Bauliche Veränderungen dürfen die Wohnanlage nicht grundlegend umgestalten und einzelne Eigentümer nicht unbillig benachteiligen. Eigenmächtige Umbauten ohne Beschluss sind unzulässig, auch wenn ein Anspruch auf Gestattung bestünde. Die Gemeinschaft kann dann den Rückbau verlangen.

Änderungen am Sondereigentum sind nur zulässig, wenn sie nicht das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen, anderen Eigentümern nicht unzumutbar schaden und nicht gegen Beschlüsse verstoßen. Ansonsten gelten die gleichen Regeln wie für das Gemeinschaftseigentum.

Wie wird eine Eigentümerversammlung korrekt einberufen und durchgeführt?

Eine Eigentümerversammlung muss korrekt einberufen und durchgeführt werden, damit die gefassten Beschlüsse gültig sind. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

Einberufung:

  • Die Versammlung muss mindestens einmal jährlich vom Verwalter einberufen werden. Außerordentliche Versammlungen sind einzuberufen, wenn mehr als 1/4 der Eigentümer dies verlangen.
  • Die Einladung muss in Textform (z.B. per E-Mail) mindestens 3 Wochen vor dem Termin erfolgen. Ort, Datum, Uhrzeit und Tagesordnung müssen angegeben sein.
  • Alle im Grundbuch eingetragenen Eigentümer sind zu laden. Auch Erwerber, die noch nicht eingetragen sind, sollten informiert werden.

Durchführung:

  • Teilnahmeberechtigt sind alle Eigentümer bzw. deren Bevollmächtigte. Dritte dürfen nur in Ausnahmefällen anwesend sein.
  • Den Vorsitz führt meist der Verwalter. Er leitet die Diskussion, ruft TOPs auf und führt Abstimmungen durch.
  • Jeder TOP wird diskutiert, dann abgestimmt. Jeder Eigentümer hat Rederecht. Die Redezeit kann per Beschluss begrenzt werden.
  • Die Versammlung ist unabhängig von der Teilnehmerzahl immer beschlussfähig. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, wenn das Gesetz nichts anderes vorsieht.

Protokoll:

  • Über die Beschlüsse ist eine Niederschrift (Protokoll) anzufertigen. Diese muss die Beschlüsse und Abstimmungsergebnisse enthalten.
  • Das Protokoll ist vom Versammlungsleiter und einem Eigentümer zu unterschreiben, ggf. auch vom Verwaltungsbeirat. Fehlen Unterschriften mindert dies nur die Beweiskraft.
  • Das Protokoll muss unverzüglich erstellt werden, damit die Eigentümer es rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist erhalten. Der Versand kann auch per E-Mail erfolgen.

Werden diese Regeln missachtet, können Beschlüsse anfechtbar oder sogar nichtig sein. Eine sorgfältige Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung ist daher unerlässlich.

Was versteht man unter ordnungsmäßiger Verwaltung in einer WEG?

Der Begriff der „ordnungsmäßigen Verwaltung“ ist zentral für das Zusammenleben in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Er beschreibt den Maßstab, an dem sich die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums orientieren muss.

Eine exakte gesetzliche Definition gibt es nicht. Grundsätzlich versteht man unter einer ordnungsmäßigen Verwaltung aber eine Verwaltung, die

  • den Vereinbarungen und Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft entspricht und
  • soweit solche nicht bestehen, sich am Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen orientiert.

Kriterien für die Beurteilung, ob eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, sind dabei insbesondere:

  • Vernünftigkeit
  • Wirtschaftlichkeit
  • Nützlichkeit für die Gemeinschaft
  • Interessenwahrung aller Eigentümer

Das Wohnungseigentumsgesetz nennt in § 19 Abs. 2 WEG einige Regelbeispiele, die typischerweise zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören:

  • Aufstellung einer Hausordnung
  • Durchführung von Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums
  • Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage
  • Aufstellung eines Wirtschaftsplans
  • Abschluss einer Gebäudeversicherung und Haftpflichtversicherung
  • Bestellung eines zertifizierten Verwalters (ab 9 Einheiten)

Maßnahmen der Verwaltung müssen sich im Rahmen dieser Grundsätze halten. Beschlüsse, die dem nicht gerecht werden, sind anfechtbar. Insbesondere dürfen mehrheitlich gefasste Beschlüsse die Rechte einzelner Eigentümer nicht über Gebühr einschränken.

Hält sich der Verwalter nicht an die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, kann jeder Eigentümer dagegen vorgehen und notfalls auch Schadensersatzansprüche geltend machen. Denn eine schlechte Verwaltung mindert langfristig den Wert der Immobilien.

Was muss bei der Genehmigung baulicher Veränderungen beachtet werden?

Bei der Genehmigung baulicher Veränderungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind folgende Punkte zu beachten:

Beschlussfassung:

  • Jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum bedarf zwingend eines Beschlusses der Eigentümerversammlung, auch wenn kein Eigentümer beeinträchtigt wird. Eigenmächtige Umbauten sind unzulässig.
  • Für nicht-privilegierte Maßnahmen reicht ein Mehrheitsbeschluss. Für privilegierte Maßnahmen wie Barrierefreiheit muss die Gemeinschaft die Gestattung beschließen.
  • Der Beschluss muss hinreichend bestimmt sein und die konkrete Bauausführung, Kosten und Finanzierung regeln. Unbestimmte Beschlüsse sind anfechtbar.

Grenzen:

  • Bauliche Veränderungen dürfen nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen oder einzelne Eigentümer unbillig benachteiligen. Sonst sind sie nicht genehmigungsfähig.
  • Beeinträchtigungen durch Lärm, Schmutz, optische Veränderungen etc. müssen zumutbar bleiben. Ggf. sind Auflagen wie Nutzungsbeschränkungen möglich.
  • Baurechtliche, technische und brandschutzrechtliche Vorgaben sind einzuhalten. Genehmigungen sind einzuholen.

Kostentragung:

  • Grundsätzlich tragen die zustimmenden Eigentümer die Kosten und erhalten die Nutzungen. Abweichende Kostenverteilungen sind möglich.
  • Alle Eigentümer müssen die Kosten tragen, wenn der Beschluss mit 2/3-Mehrheit und der Hälfte aller Miteigentumsanteile gefasst wurde, es sei denn die Kosten sind unverhältnismäßig hoch.
  • Auch bei Amortisation der Kosten in angemessener Zeit (ca. 10 Jahre) tragen alle Eigentümer die Kosten.

Sorgfältige Planung, Kommunikation mit den Miteigentümern und eine präzise Beschlussfassung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben sind der Schlüssel für die erfolgreiche Genehmigung baulicher Veränderungen. Im Streitfall entscheiden die Gerichte anhand der Umstände des Einzelfalls.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 18 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung: Dieser Paragraph bildet die rechtliche Grundlage dafür, wie Verwaltungsakte innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zu erfolgen haben. Er ist zentral für den vorliegenden Fall, da das Gericht feststellte, dass die Beschlüsse der Eigentümerversammlung diesen Grundsätzen nicht entsprachen.
  • § 19 WEG – Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer: Dieser Paragraph regelt das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander sowie ihre Rechte und Pflichten innerhalb der Gemeinschaft. Die Frage der nachträglichen Genehmigung von baulichen Veränderungen und die Gleichbehandlung aller Eigentümer, wie im Fall thematisiert, fallen unter diesen rechtlichen Rahmen.
  • § 20 WEG – Veränderungen des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums: Spezifiziert die Bedingungen, unter denen Veränderungen am Gemeinschafts- und Sondereigentum vorgenommen werden dürfen. Die Relevanz dieses Paragraphen ergibt sich aus der Problematik der genehmigten und nicht genehmigten baulichen Maßnahmen.
  • § 24 WEG – Einberufung der Versammlung der Wohnungseigentümer: Dieser Paragraph ist wichtig für das Verständnis, wie Eigentümerversammlungen korrekt einberufen werden müssen. Im vorliegenden Fall wurde die Frage aufgeworfen, ob die Versammlung ordnungsgemäß einberufen wurde und ob der Versammlungsort geeignet war.
  • § 1004 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch: Wird relevant in Bezug auf die Frage, ob und inwiefern Ansprüche gegen die durchgeführten baulichen Veränderungen bestehen oder ob diese Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind, wie im vorliegenden Fall diskutiert.
  • §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO (Zivilprozessordnung) – Prozessuale Nebenentscheidungen: Diese Vorschriften sind relevant für die Verständigung über die Kostenentscheidung und die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, was für das Verständnis der konkreten Konsequenzen des Urteils für die beteiligten Parteien essentiell ist.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 20/23 WEG – Urteil vom 01.12.2023

In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 980b – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2023 für Recht:

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 05.07.2023 zu TOP 1.1 und TOP 1.2 werden für ungültig erklärt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gültigkeit zweier Beschlüsse einer Eigentümerversammlung.

Die Klägerin – Eigentümerin der Wohnung Nr. 8 im 3. OG – ist Mitglied der Beklagten.

Es gilt die Teilungserklärung aus dem Jahr 2000 gemäß Anlage K1. Im Jahr 2019 ließ die Klägerin Rollläden bzw. Jalousien im Bereich ihres Sondereigentums auf der rückwärtigen (der Straße abgewandten) Gebäudeseite anbringen. In der Eigentümerversammlung vom 08.05.2023 wurde der Beschlussantrag zu TOP 8 „Die Gemeinschaft möge beschließen, dass die Eigentümerin der Wohnung 8, 3. OG links, die Außenjalousien, zurückbaut, da hier keine Zustimmung der Gemeinschaft vorliegt.“ mehrheitlich angenommen. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage (Az. 980a C 17/23 WEG) hat die Klägerin zwischenzeitlich wieder zurückgenommen. Auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 05.07.2023, zu der mit Schreiben der Verwaltung der Beklagten vom 29.06.2023 „bei Ihnen am Objekt, vor der Haustür“ (Anlage K2) eingeladen worden war, wurden u.a. – soweit für das hiesige Anfechtungsverfahren von Interesse – folgende Beschlüsse gefasst:

„Vorwort: Wir haben diese Eigentümerversammlung kurzfristig, vor Ablauf der Wiederspruchs des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 08.05.2023, in Rücksprache mit allen Beteiligten des TOPs 8 der ETV vom 08.05.2023, einberufen um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

TOP 1 Diskussion und Beschlussfassung über An- und Umbauten / Veränderungen am Gemeinschaftseigentum

1.1 Antrag:

[Die Klägerin], Eigentümerin der Wohnung 8, beantragt nachträgliche die Genehmigung über den Anbau ihrer Rollläden

Abstimmung: 4 Ja, 5 Nein, 0 Enthaltung; Antrag abgelehnt

1.2 Beschlussfassung über die Genehmigung der bis zum jetzigen Zeitpunkt, vorgenommenen Anbauten/Umbauten am Gemeinschaftseigentum

Antrag:

Die Gemeinschaft beschließt, dass im Zuge des Beschlusses 1.1, die bis zum jetzigen Zeitpunkt vorgenommen Anbauten/Umbauten am Gemeinschaftseigentum z.B. Terrassenanbauten, Anbringung von Markisen, den jeweiligen Eigentümern genehmigt wird.

Die Verwaltung wird die einzelne Maßnahmen, im Zuge einer Begehung, mit allen interessierten Eigentümern protokollieren. Dazu ist zu beachten, dass

1. Zukünftige Sanierungen- und Instandhaltungsmaßnahmen dürfen durch die vorgenommenen und genehmigten Anbauten/Umbauten nicht behindert werden, ggf. sind diese auf eigene Kosten zurückzubauen/zu schützen

2. Die vorgenannten Voraussetzungen und Bedingungen gehen bei einer Veräußerung an den Erwerben über und müssen entsprechend schriftlich festgehalten werden.

Abstimmung: 8 Ja; 1 Nein; 0 Enthaltung; Antrag angenommen“

Die 15minütige Versammlung, an der neun von zehn Wohnungseigentümern teilnahmen, fand im Treppenhaus der Liegenschaft bzw. im Eingangsbereich des Hauses B.straße statt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Versammlung wird auf das Protokoll (s. Anlage K4) verwiesen.

Mit ihrer am 04.08.2023 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 25.08.2023 zugestellten und mit weiterem Schriftsatz vom 05.09.2023 – Eingang bei Gericht am selben Tag – (weiter) begründeten Anfechtungsklage macht die Klägerin geltend, dass die Beschlüsse zu TOP 1.1 und TOP 1.2 den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen würden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine außerordentliche Versammlung durchgeführt worden sei; ein Fall der Dringlichkeit sei nicht gegeben gewesen. Auch habe die Versammlung an einem ungeeigneten Ort stattgefunden; das Treppenhaus sei allgemein zugänglich und während der Versammlung seien auch Mieter bei den auf den Treppenstufen sitzenden Eigentümern durchgelaufen, wodurch eine ungestörte Diskussion nicht möglich gewesen sei. Der Negativbeschluss (TOP 1.1) sei rechtswidrig, weil die Außenrollläden das Gebäude nur unwesentlich beeinflussen würden; die rückwärtige Fassade sei ohnehin uneinheitlich und von der Straße aus auch nicht einsehbar. Es verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot, ihren Antrag abzulehnen, während allen sonstigen Eigentümern mit separatem Beschluss (TOP 1.2) eine mehr oder weniger generelle Genehmigung erteilt werde. Ein Beseitigungsanspruch betreffend die in 2019 errichteten Rollläden sei ohnehin verjährt. Bei dem Beschluss zu TOP 1.2 sei schon unklar, ob die Einrichtungen an ihrer Wohnung davon nicht auch erfasst würden, da „sämtliche“ bauliche Änderungen – ohne diese aber näher zu beschreiben – genehmigt worden seien. Die im Beschluss erwähnte Bestandsaufnahme hätte zudem vor der Beschlussfassung stattfinden müssen, nicht nachträglich. Die Erfüllung der im Beschluss genannten Bedingungen sei ebenfalls unklar und lasse noch Fragen offen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beschluss der Wohnungseigentümer in der Versammlung am 05.07.2023 zu TOP 1.1. („…“) – ablehnender Beschluss

sowie

2. den Beschluss der Wohnungseigentümer in der Versammlung am 05.07.2023 zum TOP 1.2.(„…“) – Positiv-Beschluss

aufzuheben bzw. für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Beschlüsse und bringt vor, dass der Versammlungsort (Treppenhaus) von keinem Teilnehmer – auch nicht der Klägerin, was unstreitig ist – während der Versammlung beanstandet worden sei. Dieser Ort sei im Vorwege – was ebenfalls unstreitig ist – sogar mit der Klägerin abgestimmt worden, weil die Versammlung wegen des Parallelverfahrens kurzfristig habe stattfinden sollen. Der Inhalt der Versammlung sei überschaubar gewesen, es sei um zwei Punkte gegangen, die schnell erörtert und beschlossen worden seien. Die Eigentümer hätten an einem anderen Ort ebenso abgestimmt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Genehmigung der baulichen Veränderung. Der Beschlusstext zu TOP 1.2 lasse nach seinem Wortlaut keinen Spielraum: gemeint seien alle bis zum damaligen Zeitpunkt vorgenommenen Anbauten/Umbauten, also auch die Rollläden der Klägerin. Die Eigentümer hätten also nicht nur isoliert den Rollladen der Klägerin genehmigen wollen, sondern hätten stattdessen alles, was aktuell „vorhanden“ sei, genehmigt. Genau das entspreche dem Begehren der Klägerin. Es sei auch vertretbar gewesen, in dem Beschluss auf eine Anlage – die Bestandsaufnahme – zu verweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 05.07.2023 zu TOP 1.1 und TOP 1.2 widersprechen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und sind für ungültig zu erklären.

1. Ob diese Beschlüsse schon deswegen aufzuheben sind, weil sie unter formellen Fehlern leiden (Verstoß gegen die Ladungsfrist nach § 24 Abs. 4 S. 2 WEG und gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit wegen einer Versammlung im öffentlichen Eingangsbereich/Treppenhaus), kann hier dahinstehen, ebenso wie die damit verbundene Frage, ob die Klägerin – ähnlich wie bei der Anwesenheit Dritter in der Versammlung (s. HansOLG, ZMR 2007, 550; LG Frankfurt, ZWE 2012, 46, 47) – auf die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit stillschweigend verzichtet hat und ob sich die oben genannten Fehler auf die Ergebnisse der Abstimmungen ausgewirkt haben. Jedenfalls leiden die Beschlüsse zu TOP 1.1 und TOP 1.2 hier unter einem inhaltlichen Fehler.

2. Der (Negativ-)Beschluss zu TOP 1.1 widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (§§ 18, 19 WEG), weil die Mehrheit der Wohnungseigentümer den Beschlussantrag, gerichtet auf die nachträgliche die Genehmigung des Anbaus der Rollläden im Bereich der Einheit der Klägerin, wegen einer sog. Ermessensreduzierung auf Null zu Unrecht abgelehnt hat. Der Beschluss zu TOP 1.2 ist fehlerhaft, weil – bei einer entsprechenden Auslegung – das (Regelungs-)Verhältnis zu dem Beschluss zu TOP 1.1 unklar bleibt und die Eigentümer den Umfang ihrer Genehmigung „der bis zum jetzigen Zeitpunkt, vorgenommenen Anbauten/Umbauten am Gemeinschaftseigentum“ von einer nachträglichen Bestandsaufnahme „im Zuge einer Begehung“ abhängig gemacht haben.

a) Beschlüsse einer Eigentümerversammlung sind „aus sich heraus“ – objektiv und normativ – auszulegen; dabei ist von dem protokollierten Wortlaut auszugehen und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind, weil sie sich etwa aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben (BGH, NJW 2016, 2177, 2178, Rn. 20 = ZMR 2016, 476).

Es kommt bei der gebotenen objektiven Auslegung maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist (vgl. dazu nur BGH, NJW 2015, 549, 550, Rn. 8 = ZMR 2015, 239; G. Hermann, in: BeckOGK-WEG, 1.9.2023, § 23, Rn. 99).

Was im Zusammenhang mit der Beschlussfassung erörtert wurde und was die Beteiligten dabei beabsichtigt oder sich vorgestellt haben, kann für die Auslegung nur herangezogen werden, wenn es nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar ist, etwa wenn es in dem Versammlungsprotokoll einen Niederschlag gefunden hat (so etwa OLG München, ZWE 2009, 27, 29 = ZMR 2009, 64).

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat sich die Auslegung der streitbehafteten Beschlüsse hier auch daran zu orientieren, dass selbige in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang gefasst worden sind, also eine nicht voneinander zu trennende Einheit im Hinblick auf die nachträgliche Genehmigung baulicher Veränderungen – die der Klägerin, aber auch sonstiger – bilden. Dafür spricht insbesondere, dass die Versammlung (ausweislich der Einladung sowie des Vorwortes im Protokoll zu TOP 1) wegen des Beschlusses zu TOP 8 der vorangegangenen Versammlung vom 08.05.2023 als „außerordentliche Eigentümerversammlung“ wegen „besonderer Dringlichkeit“ durchgeführt worden ist und es in dieser neuerlichen Versammlung – für jedermann erkennbar – darum gegangen ist, über die nachträgliche Genehmigung sämtlicher baulicher Veränderungen insgesamt bzw. einheitlich zu entscheiden; auf der o.g. Vorversammlung war dazu noch isoliert beschlossen worden, dass die Klägerin „die Außenjalousien, zurückbaut, da hier keine Zustimmung der Gemeinschaft vorliegt.“ (vgl. dazu jüngst nur BGH, NJW 2023, 2945).

Diese Umstände führen im Streitfall dazu, dass die Eigentümer im Hinblick auf den Beschluss zu TOP 1.1 einer sog. Ermessensreduzierung auf Null unterlagen, die sie nicht beachtet haben. Wendet sich ein Wohnungseigentümer – wie hier – mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er damit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf Null reduziert war (BGH, ZWE 2023, 409, 412, Rn. 21 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften (insbesondere nach §§ 20 Abs. 1 und 3 WEG) die nachträgliche Genehmigung ihrer bereits im Jahr 2019 errichteten Rollläden hätte beanspruchen können, ergibt sich ein solcher Anspruch vorliegend aus der Selbstbindung der Wohnungseigentümer und dem Anspruch auf Gleichbehandlung, wie sie sich aus dem Beschluss zu TOP 1.2 dem Grunde nach ableiten lassen. Mit letzterem haben die Eigentümer mit weit überwiegender Mehrheit – 8 Ja-Stimmen zu einer Nein-Stimme – zum Ausdruck gebracht, dass sie „die bis zum jetzigen Zeitpunkt vorgenommen Anbauten/Umbauten am Gemeinschaftseigentum z.B. Terrassenanbauten, Anbringung von Markisen, den jeweiligen Eigentümern genehmig[en]“. Für sich genommen ist damit der Wille zum Ausdruck gekommen, grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer solche baulichen Veränderungen, die in der Vergangenheit vorgenommen wurden, voraussetzungslos zu genehmigen. Ein sachlicher Grund, der Klägerin die Genehmigung der Anbringung der Rollläden zu versagen (TOP 1.1), aber gleichzeitig allen Eigentümern – nicht zwingend, aber auch nicht ausschließbar auch der Klägerin – deren bauliche Veränderungen nachträglich genehmigen zu wollen (TOP 1.2), ist indes nicht ersichtlich. Der insbesondere bei Mehrheitsbeschlüssen zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt Differenzierungen nur zu, wenn dafür ein ausreichender Sachgrund besteht (BGH, NZM 2013, 195, 196, Rn. 19 = ZMR 2013, 288). Der benachteiligte Eigentümer – hier die Klägerin – hat anderenfalls aus § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen Anspruch darauf, dass gleichgelagerte Einzelfälle nicht willkürlich ungleich behandelt werden (s. OLG Hamm, ZWE 2007, 135, 140 = ZMR 2007, 296; Becker, in: Bärmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 16, Rn. 147).

Dahinstehen kann daher, ob – wie die Klägerin geltend macht – ein Beseitigungsanspruch wegen der bereits im Jahr 2019 installierten Rollläden bereits verjährt ist und ihr deswegen (als zwingende Konsequenz) ein Anspruch auf Beschlussfassung aus §§ 20 Abs. 1 und 3 WEG zusteht. Eine rechtswidrige bauliche Veränderung wird nicht wegen des Eintritts der Verjährung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 BGB zu einer rechtmäßigen, weswegen die Gemeinschaft gleichwohl noch über die Vornahme eines Rückbaus – nebst Duldung durch den Störer – entscheiden kann (vgl. dazu LG Hamburg, ZWE 2016, 227, 229 = ZMR 2016, 129). Daher erwächst dem Störer im Umkehrschluss beim Verjährungseintritt auch nicht per se ein Anspruch auf Genehmigung.

3. Der Beschluss zu TOP 1.2 ist aus materiell-rechtlichen Gründen für ungültig zu erklären.

a) Angesichts des engen zeitlich-situativen Zusammenhangs mit dem Beschluss zu TOP 1.1 (s.o.) und dem insoweit unklaren bzw. nicht eindeutigen Wortlaut wird aus der Sicht eines unbefangenen Dritten nicht hinreichend deutlich, ob die Wohnungseigentümer den Beschluss zu TOP 1.2 unter Fortgeltung ihrer Entscheidung zu TOP 1.1 gefasst haben (was dazu führen würde, dass allen Wohnungseigentümern mit Ausnahme der Klägerin betreffend ihre Rollläden eine Genehmigung erteilt werden sollte) oder ob der Beschluss zu TOP 1.1 in dem Beschluss zu TOP 1.2 mit „aufgegangen“ bzw. sogleich wieder aufgehoben worden ist und damit keine Wirkung mehr haben sollte. Die verwendete Formulierung „die bis zum jetzigen Zeitpunkt vorgenommen Anbauten/Umbauten am Gemeinschaftseigentum z.B. Terrassenanbauten, Anbringung von Markisen“ lässt keinen ausreichenden (hinreichend bestimmten) Rückschluss darauf zu, ob die im Streit stehenden Rollläden der Klägerin damit ebenfalls umfasst sein sollen oder nicht. Der Umstand, dass „die Verwaltung (…) die einzelne Maßnahmen, im Zuge einer Begehung, mit allen interessierten Eigentümern protokollieren [wird]“ spricht weder für noch gegen eine entsprechende Auslegung.

Und soweit es im dortigen Beschlusstext heißt, dass die Genehmigung „im Zuge des Beschlusses 1.1“ erteilt wird, lässt sich daraus ebenfalls nichts für den (Fort-)Bestand desselben bzw. von dessen Regelungswirken ableiten; es ist damit nicht ausschließbar entschieden worden, dass allen Eigentümern – mit Ausnahme der Klägerin – eine (Bau-)Genehmigung erteilt wird.

b) Wegen der Unbestimmtheit des Beschlusses zu TOP 1.2 besteht hier kein Anlass, an dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin hinsichtlich ihres entsprechenden Anfechtungsbegehrens zu zweifeln; bei Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses würde die Unsicherheit, ob die Rollläden der Klägerin auch in den Regelungsgehalt der General-Genehmigung fallen, bestehen bleiben.

c) Ungeachtet dieser zur Unbestimmtheit führenden Verzahnung zwischen den Beschlüssen zu TOP 1.1 und TOP 1.2 widerspricht letzterer auch deswegen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gegenstand der Genehmigungserteilung nicht feststand, sondern erst durch eine „protokollierte Begehung mit allen interessierten Eigentümern“ durch die Verwaltung festgelegt werden sollte. Im Rahmen einer Entscheidung nach § 20 Abs. 1 WEG, die auch die Kompetenz zur nachträglichen Genehmigung bereits vorgenommener baulicher Veränderungen umfasst und für die die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung nach den §§ 18, 19 WEG gelten (vgl. nur Gericht, Urt. v. 02.09.2022 – 980b C 39/21 WEG, ZMR 2022, 1005), müssen die Wohnungseigentümer (spätestens) im Zeitpunkt der Beschlussfassung im Klaren sein über die konkrete Tatsachengrundlage ihrer Entscheidung, also im hiesigen Kontext vor allem den Gegenstand, auf den sich ihre Genehmigung bezieht. Wenn aber diejenigen baulichen Veränderungen, die nachträglich genehmigt werden sollen, erst durch eine noch durchzuführende „Bestandsaufnahme“ durch die Verwaltung namhaft gemacht werden sollen, leidet die Beschlussfassung unter einem Ermessensausfall. Die Wohnungseigentümer können die Reichweite ihrer erteilten Genehmigung nicht dadurch bestimmbar machen, dass sie auf einen zukünftigen nach der Versammlung – noch dazu in den Händen der Verwaltung – verweisen, sofern im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch keinerlei Tatsachengrundlage dafür zur Verfügung steht und die Grenzen der Entscheidung damit uferlos werden. Demgemäß verfängt auch der Vergleich der Beklagten mit der Bezugnahme auf Anlagen nicht, die für die Auslegung von Beschlüssen unter bestimmten Voraussetzungen herangezogen werden dürfen (s.o.); diese Überlegungen gelten nur für solche Informationen, die schon bestehen, nicht aber für noch herzustellende.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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