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Mietvorauszahlungsklausel als Mietkaution

Verzinsungspflicht der Mietkaution

AG Hamburg – Az.: 41 C 51/12 – Urteil vom 24.08.2012

1. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 376,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 15 % und die Beklagten 85 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn der Kläger leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

4. Der Streitwert wird auf 1309,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage Rückzahlung einer Mietkaution.

Der Kläger war Mieter, die Beklagten, bei denen es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, Vermieter einer im Hause in Hamburg belegenen Wohnung. Das Mietverhältnis wurde durch Schreiben des Klägers vom 02.03.2011 zum 31.05.2011 beendet. Ein schriftlicher Mietvertrag besteht zwischen den Parteien nicht. Der Kläger ist bereits 1973 in die streitgegenständliche Wohnung eingezogen, die ihm von dem Rechtsvorgänger der Beklagten, Herrn G., überlassen worden ist. Der als Anlage K 11 (Blatt 34 der Akte) vorgelegte Mietvertrag für Kontore, gewerbliche Räume und Grundstücke ist vor dem Einzug lediglich von Herrn L. nicht aber von dem Kläger unterschrieben worden. In einem zum Aktenzeichen 45 C 885/89 geführten Verfahren vor dem Amtsgericht Hamburg haben sich die Parteien des hiesigen Rechtsstreits im Wege eines Vergleichs darüber geeinigt, dass zwischen ihnen ein Mietvertrag über den streitgegenständlichen Wohnraum besteht. § 18 des genannten Vertragsentwurfs sieht vor:

„Der Mieter zahlt eine Mietvorauszahlung (zinslos) als Mietsicherheit von drei Monatsmieten in Höhe von DM 450.-. Diese wird bei Auszug zurückerstattet, wenn alle Vertragspunkte erfüllt sind. Durch diese Unterschrift des Vermieters wird auch der Erhalt des oben genannten Betrages bestätigt.“

Ausweislich eines als Anlage K 4 (Blatt 8 der Akte) vorgelegten Schreibens bestätigte ein Herr H. am 21.06. eine Mietvorauszahlung von V. in Höhe von DM 450.- erhalten zu haben. Ergänzend erhält dieses Schreiben die Bemerkung: „DM 450.- als dreimonatige Mietvorauszahlung für ein Zimmer im Tiefgeschoss ab 01.07.73.“

Nach seinem Auszug forderte der Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 15.06.2011 zur Rückzahlung der Kaution auf. Die Aufforderung wiederholte er mit Schreiben des von ihm bevollmächtigten Hamburger Mietervereins Mietern helfen Mietern vom 04.08.2011 unter Fristsetzung zum 30.08.2011. Mit Schreiben vom 15.09.2011 (K 8 = Blatt 14 der Akte) beziffert der Kläger die Kaution einschließlich der vom 21.6.1973 bis zum 30.09.2011 aufgelaufenen Kautionszinsen auf 555,63 €. Der Kläger ist der Ansicht, dieser Betrag stehe ihm zu.

Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 555,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz e. a. seit dem 01.1.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten bei der am 21.06.1973 bezahlten Mietvorauszahlung von DM 450.- handele es sich bereits nach dem Wortlaut nicht um eine Mietkaution, sondern um eine Mietvorauszahlung, die in den der Zahlung folgenden Monaten und Jahren längst abgewohnt worden sei. Da der Kläger den Gewerbemietvertrag vom 26.06.1973 nicht unterzeichnet habe, könne er sich nicht auf § 18 dieses Vertragsentwurfs berufen. Der Rückerstattungsanspruch sei daher nicht begründet.

Jedenfalls stünden dem Kläger keine Kautionszinsen zu, da die Zinslosigkeit der Kaution vereinbart vereinbart worden sei.

Die Beklagten behaupten weiter, dass der Kläger die Räume in einem katastrophalen Zustand verlassen habe. Unter anderem haben sich bei Beendigung des Mietvertrages in den Räumen sieben Waschbecken, zwei Toiletten und zwei Duschen gemäß dem als Anlage B 2 beigefügten Plan befunden, während ursprünglich lediglich eine Toilette mit Badewanne und einem Waschbecken vorhanden gewesen seien. Diese sanitären Installationen erklärten sich dadurch, dass der Kläger die Räume unerlaubt zweitweise oder für längere Zeit an Obdachlose oder Dritte untervermietet und dafür kassiert habe. Die vom Kläger installierten überflüssigen sechs Waschbecken sowie die beiden Duschen hätten aufwändig handwerklich deinstalliert werden müssen. Da der Kläger dieses abgelehnt habe, habe er die Kosten zu tragen, die den geltend gemachten Betrag erheblich überstiegen. Mit diesen Kosten werde die Aufrechnung erklärt.

Da der Kläger die Kellerräume in der Größe von rund 58 m² besetzt, dafür niemals eine Mieterhöhung bezahlt und gegenüber der Beklagten eine anderweitige Vermietung der besetzten Räume vereitelt habe, sei weiterer Schaden entstanden. Für zwei Kellerräume à 5 m² die die Beklagten zu 3,00 €/m² monatlich hätten vermieten können, errechne sich € 360,00 alleine für ein Jahr. Mit dem Drei-Jahres Betrag von insgesamt 1.080,00 € erklärten die Beklagten hilfsweise die Aufrechnung gegen die streitgegenständliche Forderung.

Schließlich erklären die Beklagten die hilfsweise Aufrechnung in Höhe von 250,00 €. Dieser Betrag sei dafür angefallen, dass sich in den Räumen noch ein alter Teppich sowie ein verbrauchter PVC-Belag befunden haben, der auf Kosten der Beklagten habe entsorgt werden müssen. Als Beweis für die hierfür entstandenen Kosten benennen die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2012 Frau A., zu laden über die Beklagten. Der Kläger rügt den Beweisantritt als verspätet.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 376,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2011 aus § 535 BGB in Verbindung mit der Kautionsabrede. Soweit der Kläger darüber hinaus Zahlungen begehrt, ist die Klage abzuweisen.

Zur hiesigen Überzeugung steht fest, dass es sich bei der unstreitig am 21.06.1973 an den Rechtsvorgänger der Beklagten geleisteten Zahlung in Höhe von 450.- DM ungeachtet des Wortlautes „Mietvorauszahlung“ technisch um Zahlung einer Mietkaution handelt, die bei Rückgabe der Wohnung im ordnungsgemäßen Zustand zurückgezahlt werden sollte. § 18 des Mietvertragsentwurfs, der ausdrücklich regelt, dass die Mietvorauszahlung von 450 DM bei vertragsgemäßer Zurückgabe der Mietsache zurückgezahlt werden solle, zeigt, dass auch der Rechtsvorgänger der Beklagten dem Wort Mietvorauszahlung die Bedeutung einer Kaution beigemessen hat. Anderenfalls hätte er den Vertragsentwurf nicht unterschrieben. Dieses Verständnis deckt sich mit dem Verständnis des Klägers wie es in der Klagschrift zum Ausdruck kommt. Dass der Kläger den Entwurf nicht unterschrieben hat, ist unerheblich. Denn es kommt lediglich auf die Bedeutung an, die die Parteien dem Begriff Mietvorauszahlung zum Zeitpunkt der Zahlung im Sommer 1973 beigemessen haben. Da sowohl der Vertragsentwurf als auch die Quittierung des Erhalts der Mietvorauszahlung im Juni 1973 erfolgt sind, liegt nahe, dass die damaligen Parteien des Mietverhältnisses unter der in der Quittung genannten „Mietvorauszahlung“ dasselbe verstanden haben wie unter der unter § 18 des Vertragsentwurfs geregelten „Mietvorauszahlung“. Anhaltspunkte, die gegen diese Annahme sprechen, sind nicht ersichtlich.

Der Rückzahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 450.- DM ist zudem seit dem 01.01.1983 zu verzinsen. Dies folgt aus dem durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen (MietWoErhG) vom 20.12.1982 eingeführten § 550 b Abs. 2 BGB in der Fassung v. 1.1.1983. Während Kautionen vor diesem Zeitpunkt ohne weitere Absprache nicht zu verzinsen waren, bestimmt § 550b Abs. 2 BGB ab diesem Zeitpunkt eine Verzinsungspflicht von Kautionen bei Mietverhältnissen über Wohnraum zu den Bedingungen einer Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Gemäß Art. 4 Ziffer 2 des MietWoErhG gilt diese Regelung mit Wirkung ab 1.1.1983 auch für Mietverhältnisse über Wohnraum, die vor Inkrafttreten des Gesetzes vereinbart worden sind. Die grundsätzliche Verzinsungspflicht für Altverträge entfällt nur dann, wenn ein Ausschluss der Verzinsung ausdrücklich vereinbart wurde.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auf die Vereinbarung in § 18 des Mietvertragsentwurfs („zinslos“) können sich die Beklagten nicht berufen, da dieser klägerseits nicht unterzeichnet worden ist und es somit an übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien hinsichtlich der Unverzinslichkeit der Kautionszahlung fehlt. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die damaligen Parteien des Mietverhältnisses sich mündlich über die Unverzinslichkeit der Kaution geeinigt hätten, sind nicht ersichtlich.

Einschließlich Zinsen nach Maßgabe des § 550 b Abs. 2 BGB a.F. für den Zeitraum vom 01.01.1983 bis zum 30.09.2011 berechnet sich ein zurückzuzahlender Kautionsbetrag von DM 737,10. Dies entspricht 376,87 €. Die Zinsberechnung ist dabei im Wesentlichen der Anlage K 12 zu entnehmen. Lediglich insofern diese den Zeitraum ab dem 11.05.2009 betrifft, ist die dortige Berechnung offensichtlich unzutreffend. Andererseits erklärt es sich nicht, dass der Gesamtbetrag trotz festgestellter Zinsen ab diesem Zeitpunkt gleichbleibend ist oder sich sogar reduziert. Ausgehend von einem Anspruch in Höhe von 728,47 DM zum Zeitpunkt 11.5.2009 und den in der Anlage K12 ausgeführten Zinsbeträgen errechnet sich für den Zeitraum vom 11.05.2009 bis zum 31.12.2009 vielmehr ein weiterer Zinsanspruch von 2,33 DM, für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 ein weiterer Zinsanspruch in Höhe von 3,65 DM sowie für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 30.09.2011 ein weiterer Zinsanspruch von 2,75 DM. Dies führt letztendlich zu dem festgestellten Betrag von 737,10 DM, also 376,87 €. Etwaig nach dem 01.10.2011 angefallene Kautionszinsen bleiben unberücksichtigt, da sie mit der Klage nicht geltend gemacht worden sind.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 376,87 € ist nicht nach §§ 387, 389 BGB erloschen. Die hilfsweisen Aufrechnungen der Beklagten gehen ins Leere, da es an einem aufrechenbaren Gegenanspruch der Beklagten fehlt.

Erstens liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung einer Rückbauverpflichtung in Bezug auf die sanitären Anlagen nicht vor. Ein solcher Anspruch richtete sich nach §281 BGB und erforderte somit eine vorhergehende Aufforderung. Das eine solche erfolgt sei, hat der Kläger im Schreiben vom 7.6.2012 bestritten. Die Beklagten sind für ihre gegenteilige Behauptung beweisfällig geblieben. Darauf, dass es an einer nachvollziehbaren Darlegung zur Höhe des Schadens fehlt, kommt es demnach nicht an.

Die Beklagten haben zweitens auch keinen Anspruch auf Zahlung von pauschal 250 € für die Beseitigung eines alten Teppichs sowie eines verbrauchten PVC-Belages. Das Vorbringen ist bereits unsubstantiiert. So ist ebenso unklar um welchen Teppich und/oder PVC Belag es sich handelt wie die Frage ob die Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen vertragswidriger Abnutzung des vermieterseits gestellten Bodenbelages oder einen Anspruch wegen mangelnder Beseitigung mieterseits eingebrachter Bodenbeläge geltend machen. Ersteres erscheint angesichts der Mietdauer von fast 40 Jahren abwegig. Dass die Beklagten erst in jüngster Zeit den Bodenbelag eingebracht hätten, haben sie nicht behauptet. Für den Fall, dass der Teppich/PVC durch den Kläger in die Wohnung eingebracht worden wäre, folgte der Anspruch auf Erstattung der Beseitigungskosten aus §§ 280, 281 BGB und setzte wiederum eine vorhergehende Aufforderung zur Beseitigung voraus. Dass eine solche erfolgt sei, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Sofern die Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung für die Höhe der Beseitigungskosten von 250 € Beweis durch Zeugnis der Frau A. anbietet, kann die Beweiserhebung – ungeachtet der klägerseits gerügten Verspätung des Beweisantritts – bereits deshalb unterbleiben, da es auf diesen Umstand nach dem o.g. nicht (mehr) ankommt.

Sofern die Beklagten ferner hilfsweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.080,00 € erklären, geht die hilfsweise Aufrechnung ebenfalls ins Leere. Der Kläger hat bestritten, dass er die Mieträumlichkeiten besetzt und anderweitig vermietet habe. Die Beklagten sind auch diesen Beweis fällig geblieben.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 2, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Bei der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass sich der Streitwert aufgrund der hilfsweisen Aufrechnung der Beklagten mit drei Forderungen um 2 x 376,87 € (= Höhe des zuerkannten Anspruchs) und weitere 250 € erhöht hat (vgl.§ 45 Abs. 3 GKG). Dass die Beklagten mit der erklärten hilfsweisen Aufrechnung keinen Erfolg hatten, hat sich auf die Verteilung der Kosten, die sich nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien richtet, ausgewirkt.

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