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Übersicht
- ✔ Kurz und knapp
- Mietrecht: Gericht bestätigt – Aussage „Betreuer“ rechtfertigt keine Kündigung
- ✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Paderborn
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen: Kündigungsgründe im Mietrecht
- Welche Gründe rechtfertigen eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter?
- Unter welchen Voraussetzungen ist eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter wirksam?
- Welche Vertragsverstöße des Mieters können eine Kündigung durch den Vermieter begründen? (Relevanz: 8)
- Wie wirkt sich eine Beleidigung des Vermieters durch den Mieter auf das Mietverhältnis aus?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Paderborn
✔ Kurz und knapp
- Die Äußerung „Nimm dir einen Betreuer“ stellt keine Grundlage für eine fristlose Kündigung dar.
- Die Mieter sind zur Zahlung der monatlichen Garagenmiete in Höhe von 25 Euro verpflichtet, da diese nicht vom Vergleich über die Mieterhöhung umfasst war.
- Ein Zahlungsrückstand von 250 Euro für die Garagenmiete reicht nicht für eine fristlose Kündigung aus.
- Das vorübergehende Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus rechtfertigt keine fristlose Kündigung.
- Den Mietern ist eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2023 zu gewähren, da die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen.
- Die Mieter können die Rückstände durch Aufrechnung mit behaupteten Mängelbeseitigungsansprüchen aufheben.
- Das Gericht weist die fristlose Kündigung zurück und verurteilt die Mieter zur Räumung bis 31.12.2023 und Zahlung der Rückstände.
Mietrecht: Gericht bestätigt – Aussage „Betreuer“ rechtfertigt keine Kündigung
Das Mietrecht regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Vermietern und Mietern. Es schützt Mieter vor willkürlichen Kündigungen und Vertragsverletzungen durch Vermieter. Gleichzeitig legt es aber auch die Pflichten der Mieter fest, wie zum Beispiel die pünktliche Mietzahlung. Kommt ein Mieter dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen das Mietverhältnis beenden. Allerdings muss der Vermieter hierbei verschiedene Aspekte sorgfältig prüfen und abwägen, bevor er zu einer Kündigung greift. So kann eine vermeintlich ehrverletzende Äußerung eines Mieters nicht zwangsläufig als Grund für eine fristlose Kündigung herangezogen werden. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall analysiert, der sich mit der Reichweite von Kündigungsgründen im Mietrecht befasst.
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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Paderborn
Gericht bestätigt: Äußerung „Nimm Dir einen Betreuer“ rechtfertigt keine Kündigung
In dem vorliegenden Fall geht es um die Räumung einer Mietwohnung und die damit verbundenen Ansprüche aus einem langjährigen Mietverhältnis. Die Parteien, ein Vermieter und seine Mieter, schlossen am 30.06.1996 einen Mietvertrag über eine Wohnung im Obergeschoss einer Immobilie in Paderborn. Die Miete wurde im Laufe der Jahre von ursprünglich 1.089,00 DM auf 495,00 Euro Nettokaltmiete angepasst. Es kam zu weiteren Vereinbarungen, darunter eine Mieterhöhung auf 545,00 Euro ab dem 01.10.2022, welche auch eine 10%ige Mietminderung bis zur Beseitigung bestimmter Mängel beinhaltete.
Im Laufe des Mietverhältnisses verlangte der Vermieter zusätzliche 25,00 Euro monatlich für die Garagenmiete, was die Mieter jedoch verweigerten. Zusätzlich wurden Gegenstände der Mieter im Treppenhaus abgestellt, was nicht gestattet war und zur Abmahnung führte. Die Mieter zahlten daraufhin die Miete unter Vorbehalt und behaupteten, dass der Vermieter seine Instandsetzungspflichten nicht erfüllte. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mehrfach, sowohl außerordentlich als auch ordentlich, aufgrund der nicht gezahlten Garagenmiete und der angeblichen Beleidigung durch die Aussage der Mieter, der Vermieter solle sich einen Betreuer nehmen.
Gerichtliche Entscheidung: Kündigung teilweise unwirksam
Das Amtsgericht Paderborn hat entschieden, dass die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter nicht gerechtfertigt ist. Die Mieter befanden sich zwar mit der Zahlung der Garagenmiete in Verzug, jedoch rechtfertigt der Rückstand von 250,00 Euro keine außerordentliche Kündigung nach § 543 BGB, da der Rückstand nicht die Höhe von zwei Monatsmieten erreichte. Die vermeintliche Beleidigung, die in der Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ gesehen wurde, stellte nach Auffassung des Gerichts keine ausreichende Grundlage für eine außerordentliche Kündigung dar. Das Gericht stellte fest, dass eine solche Aussage nicht den Tatbestand einer ehrverletzenden Beleidigung erfüllt, da die Einrichtung einer Betreuung nach § 1814 Abs. 1 BGB auf Krankheit oder Behinderung basiert und somit keine Herabsetzung darstellt.
Ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug und Vertragsverletzungen
Hingegen wurde die hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 BGB vom Gericht als wirksam anerkannt. Das Mietverhältnis endet daher mit Ablauf des 31.12.2023. Das Gericht sah ein berechtigtes Interesse des Vermieters, da die Mieter sowohl im Zahlungsverzug waren als auch gegen vertragliche Nebenpflichten verstießen. Die verspätete Räumung des Treppenhauses nach Ablauf der gesetzten Frist und nach Zugang der Kündigung stellte eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die zur Beendigung des Mietverhältnisses führte.
Zahlung der Garagenmiete und weiterer Kosten
Neben der Räumung der Wohnung wurden die Mieter auch zur Zahlung der ausstehenden Garagenmiete von 250,00 Euro sowie zur Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Das Gericht erkannte an, dass die Mieter zur Zahlung der Garagenmiete verpflichtet waren, da diese seit der Währungsumstellung jahrelang konkludent vereinbart und praktiziert wurde. Die im Vergleich vereinbarte Mieterhöhung betraf lediglich die Nettokaltmiete der Wohnung und nicht die Garagenmiete. Die pauschale Bestreitung der Garagenmiete durch die Mieter war daher unbeachtlich.
Darüber hinaus sprach das Gericht dem Vermieter die Zinsen auf die ausstehenden Beträge sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu, da die Mieter durch ihr Verhalten im Prozess die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert hatten. Eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO wurde den Mietern nicht gewährt, da sie ihrer Obliegenheit, sich um Ersatzwohnraum zu bemühen, nicht nachgekommen waren. Es wurde keine ausreichende Darlegung erbracht, dass kein vergleichbarer Ersatzwohnraum zur Verfügung stünde.
Schlussfolgerungen des Urteils
Das Urteil des Amtsgerichts Paderborn zeigt, dass die außerordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses hohe Anforderungen an den Kündigungsgrund stellt. Ein Zahlungsrückstand muss eine bestimmte Höhe erreichen, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Zudem stellt die Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ keine ehrverletzende Beleidigung dar. Die ordentliche Kündigung wurde hingegen aufgrund der mehrfachen Vertragsverletzungen und des Zahlungsverzugs der Mieter als berechtigt angesehen. Das Gericht verdeutlichte damit die Wichtigkeit der vertraglichen Pflichten und die Konsequenzen bei deren Missachtung.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil verdeutlicht, dass eine außerordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses nur bei gravierenden Verstößen gerechtfertigt ist. Die Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ erfüllt nicht den Tatbestand einer ehrverletzenden Beleidigung und rechtfertigt somit keine fristlose Kündigung. Hingegen kann eine ordentliche Kündigung aufgrund mehrfacher Vertragsverletzungen und Zahlungsverzugs berechtigt sein. Das Gericht betont die Wichtigkeit der Einhaltung vertraglicher Pflichten und die Konsequenzen bei Zuwiderhandlungen.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Kündigungsgründe im Mietrecht
Welche Gründe rechtfertigen eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter?
Eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter ist nur unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen schwerwiegender Gründe möglich. Diese Gründe müssen so gravierend sein, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich in § 543 BGB.
Ein häufiger Grund für eine fristlose Kündigung ist der Zahlungsverzug des Mieters. Wenn der Mieter mit der Zahlung der Miete erheblich in Rückstand gerät, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Dies ist der Fall, wenn der Mieter entweder für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Zahlung eines Betrags in Höhe einer Monatsmiete oder mehr im Rückstand ist oder über einen längeren Zeitraum hinweg mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten oder mehr in Verzug gerät.
Ein weiterer Grund für eine fristlose Kündigung ist die erhebliche Störung des Hausfriedens. Dies kann durch andauernde Lärmbelästigung, Bedrohungen oder Beleidigungen gegenüber Nachbarn oder dem Vermieter selbst geschehen. Solche Verhaltensweisen können das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter nachhaltig zerstören und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar machen.
Auch die unerlaubte Untervermietung der Wohnung oder die Nutzung der Wohnung für gewerbliche Zwecke ohne Zustimmung des Vermieters kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Diese Handlungen stellen eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Mieters dar.
Beleidigungen des Vermieters durch den Mieter können ebenfalls einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen, insbesondere wenn sie schwerwiegend und nicht durch eine Provokation des Vermieters verursacht sind. Beispiele hierfür sind grobe Beleidigungen wie die Bezeichnung des Vermieters als „Schwein“ oder „Arschloch“, die von Gerichten als ausreichend für eine fristlose Kündigung angesehen wurden.
Zusammengefasst sind die wesentlichen Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Vermieter:
- Erheblicher Zahlungsverzug des Mieters
- Erhebliche Störung des Hausfriedens
- Unerlaubte Untervermietung oder gewerbliche Nutzung der Wohnung
- Schwere Beleidigungen oder Bedrohungen des Vermieters
Diese Gründe müssen jeweils so schwerwiegend sein, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Unter welchen Voraussetzungen ist eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter wirksam?
Es tut mir leid, dass ich deine Anweisungen nicht korrekt befolgt habe. Hier ist die überarbeitete Antwort mit den wichtigen Aussagen in Fettschrift:
Eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Diese Voraussetzungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in § 573 BGB. Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn Eigenbedarf besteht, das heißt, der Vermieter oder nahe Angehörige benötigen die Wohnung für eigene Wohnzwecke. Ein weiteres berechtigtes Interesse besteht, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft und nicht unerheblich verletzt hat, wie zum Beispiel durch wiederholte verspätete Mietzahlungen, erhebliche Störung des Hausfriedens oder vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache. Der Vermieter kann auch kündigen, wenn er die Wohnung angemessen wirtschaftlich verwerten möchte und durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses daran gehindert wird. Dies ist jedoch nur unter strengen Voraussetzungen möglich und reicht nicht aus, wenn der Vermieter lediglich eine höhere Miete erzielen möchte.
Die Kündigungsfristen für Vermieter richten sich nach der Dauer des Mietverhältnisses. Bis zu fünf Jahre beträgt die Kündigungsfrist drei Monate, bei einer Mietdauer von fünf bis acht Jahren beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate und bei einer Mietdauer von über acht Jahren beträgt die Kündigungsfrist neun Monate. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und vom Vermieter eigenhändig unterschrieben sein. Zudem muss der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben konkret benannt werden.
Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei sind die Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses gegen die Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses abzuwägen. Nur wenn die Interessen des Vermieters überwiegen, ist die Kündigung wirksam. Der Mieter kann der Kündigung widersprechen, wenn ein Härtefall vorliegt. Dies kann der Fall sein, wenn der Mieter aufgrund seines Alters, einer Krankheit oder anderer schwerwiegender Gründe besonders schutzbedürftig ist. In solchen Fällen kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt werden.
Eine ordentliche Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter ist nur unter strengen Voraussetzungen und unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen möglich. Der Vermieter muss ein berechtigtes Interesse nachweisen, die Kündigung schriftlich begründen und eine Interessenabwägung vornehmen. Härtefälle auf Seiten des Mieters können die Wirksamkeit der Kündigung beeinträchtigen.
Welche Vertragsverstöße des Mieters können eine Kündigung durch den Vermieter begründen? (Relevanz: 8)
Vertragsverstöße des Mieters, die eine Kündigung durch den Vermieter begründen können, umfassen verschiedene Pflichtverletzungen. Ein häufiger Grund ist der Zahlungsverzug. Bleibt der Mieter mit der Mietzahlung für zwei aufeinanderfolgende Termine oder insgesamt mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten im Rückstand, kann der Vermieter fristlos kündigen. Eine ordentliche Kündigung ist ebenfalls möglich, wenn der Mieter wiederholt unpünktlich zahlt.
Ein weiterer Kündigungsgrund ist der vertragswidrige Gebrauch der Mietsache. Dies kann beispielsweise die unerlaubte Untervermietung, die Nutzung der Wohnung zu anderen als den vertraglich vereinbarten Zwecken oder die Vernachlässigung der Mietsache sein. Solche Verstöße können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, insbesondere wenn sie trotz Abmahnung fortgesetzt werden.
Auch schwerwiegende Belästigungen anderer Mieter oder des Vermieters, wie etwa andauernde Ruhestörungen, Beleidigungen oder gewalttätiges Verhalten, können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. In solchen Fällen ist eine Abmahnung nicht immer erforderlich, insbesondere wenn das Verhalten besonders schwerwiegend ist.
Schließlich kann der Vermieter auch bei erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen, die durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses entstehen, kündigen. Dies ist der Fall, wenn der Vermieter die Immobilie beispielsweise sanieren oder verkaufen möchte und durch die Vermietung erhebliche finanzielle Nachteile erleidet.
Wie wirkt sich eine Beleidigung des Vermieters durch den Mieter auf das Mietverhältnis aus?
Eine Beleidigung des Vermieters durch den Mieter kann das Mietverhältnis erheblich belasten und unter bestimmten Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Rechtsprechung zeigt, dass die Intensität der Beleidigung und ihre Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Mietparteien entscheidend sind.
Beleidigungen wie „rassistisches Schwein“ oder „promovierter Arsch“ wurden von Gerichten als so schwerwiegend eingestuft, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das Amtsgericht München entschied in solchen Fällen, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört sei und dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könne.
Auch Bedrohungen, wie der Ruf nach einem Messer, um den Vermieter zu töten, wurden als ausreichender Grund für eine fristlose Kündigung anerkannt. Hier sah das Amtsgericht Hanau die Bedrohung als so gravierend an, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar war.
Jedoch reicht eine einfache Unhöflichkeit oder eine weniger schwerwiegende Beleidigung nicht aus, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Das Amtsgericht München entschied, dass eine Beleidigung wie „fuck you“ zwar eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt, aber eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist, wenn das Vertrauensverhältnis bereits stark erschüttert ist.
Die Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ wurde vom Amtsgericht Paderborn nicht als Beleidigung gewertet und rechtfertigt daher keine fristlose Kündigung. Das Gericht entschied, dass diese Äußerung nicht die erforderliche Intensität einer Beleidigung erreicht, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung bei Beleidigungen des Vermieters durch den Mieter eine differenzierte Betrachtung vornimmt. Entscheidend sind die Schwere der Beleidigung und die Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis. Nur in extremen Fällen, in denen die Beleidigung das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 543 BGB: Behandelt die außerordentliche fristlose Kündigung von Mietverhältnissen aus wichtigem Grund. Für diesen Fall relevant, da die Beklagten wegen der Nichtzahlung der Garagenmiete und der angeblichen Beleidigung durch die Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ außerordentlich gekündigt wurden.
- § 573 BGB: Regelt die ordentliche Kündigung von Mietverhältnissen durch den Vermieter aus berechtigtem Interesse. Im Fall wurden die Beklagten aufgrund von Zahlungsverzug und vertragswidrigem Verhalten ordnungsgemäß gekündigt.
- § 536 BGB: Bezieht sich auf Mietminderung bei Mängeln der Mietsache. Die Beklagten beriefen sich auf Mängel wie eine gestörte Warmwasserversorgung und Schimmel, um die Mietzahlungen zu mindern.
- § 259 ZPO: Erlaubt eine Klage auf zukünftige Leistung, wenn zu befürchten ist, dass die Gegenpartei die Leistung nicht erbringen wird. Hier relevant für die Klage auf zukünftige Räumung der Wohnung.
- § 546 BGB: Verpflichtet den Mieter, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Grundlage für den Räumungsanspruch des Klägers.
- § 812 BGB: Behandelt die Herausgabeansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Die Beklagten führten Rückforderungsansprüche wegen angeblicher Überzahlungen an.
- § 138 ZPO: Regelung zur Wahrheitspflicht und zur Darlegungslast im Zivilprozess. Relevant für die pauschalen Bestreitungen der Beklagten bezüglich der Garagenmiete.
- § 185 StGB: Bezieht sich auf Beleidigungen und deren rechtliche Konsequenzen. Hier relevant, da die Aussage „Nimm Dir einen Betreuer“ als mögliche Beleidigung betrachtet wurde.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Paderborn
AG Paderborn – Az.: 54 C 61/23 – Urteil vom 27.07.2023
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von diesen im Obergeschoss gelegenen Wohnung in der Immobilie G 6, Q mit einer Größe von ca. 99 Quadratmeter bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Toilette, 1 Toilette mit Bad/Dusche, den neben dem Waschraum gelegenen Kellerraum (zweite Tür rechts) nebst der rechten Seite der Doppelgarage, an den Kläger bis zum 31.12.2023 geräumt herauszugeben.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 250,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 25,00 Euro seit dem 07.10.2022, 05.11.2022, 06.12.2022, 05.01.2023, 04.02.2023, 04.03.2023, 06.04.2023, 05.05.2023, 06.06.2023 und 06.07.2023 zuzüglich vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 368,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich des Räumungstitels wird den Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,00 Euro abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten wird den Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Den Beklagten wird keine Räumungsfrist gewährt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Räumung von Wohnraum und anderweitige Ansprüche aus einem Mietverhältnis.
Die Parteien schlossen am 30.06.1996 den aus der Anlage K 1 ersichtlichen Mitvertrag. Auf die Anlage wird vollumfänglich Bezug genommen. Die Beklagten sind Mieter der streitgegenständlichen Wohnung. Gemäß § 4 des Mietvertrages ist die Miete monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag eines Monats an den Kläger zu entrichten. Ursprünglich war eine Nettokaltmiete von monatlich 1.089,00 DM zzgl. 50,00 DM für die Garage sowie Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart (vergl. § 3 Mietvertrag). Im Laufe des Mietvertragsverhältnisses und der Währungsumstellung einigten sich die Parteien sodann auf einen monatlichen Nettokaltmietzins von 495,00 Euro zzgl. 25,00 Euro Garagenmiete sowie einer Betriebskostenvorauszahlung. So wurde es jedenfalls jahrelang praktiziert.
Sodann verlangte der Kläger während des langjährigen Mietverhältnisses eine Mieterhöhung. Zwischen den Parteien bestanden weitere Streitigkeiten, welche u.a. in einem Gerichtsprozess mündeten (Amtsgericht Paderborn, Az. 58a C 33/19). In diesem wurde in der mündlichen Verhandlung am 10.08.2022 ein Vergleich geschlossen, welcher eine Mieterhöhung der Nettomiete von 495,00 Euro monatlich auf 545,00 Euro monatlich ab dem 01.10.2022 vorsah. Zudem verpflichtete sich der Kläger zu diversen Instandsetzungsarbeiten. In dem Vergleich heißt es bezüglich der Mieterhöhung wörtlich:
„13. Die Kläger stimmen als Gesamtschuldner der Erhöhung der Nettomiete der von Ihnen gemieteten Wohnung im Obergeschoss des Hauses G 6 in Q, von bisher 495,00 Euro auf monatlich 545,00 Euro zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 260,00 Euro mit Wirkung ab dem 01.10.2022 zu. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Warmmiete bis zur Beseitigung der vorgenannten Mängel um 10% gemindert ist. […]“
Dennoch zahlten die Beklagten lediglich eine Gesamtmiete in Höhe von 749,50 Euro, sodass unter Berücksichtigung des ausdrücklichen Wunsches der Beklagten zur Zahlung der freiwilligen Betriebskostenvorauszahlungen keine Mietzahlung für die Garage erfolgte. Der Kläger forderte die Beklagte mehrfach mündlich sowie auch schriftlich, zuletzt mit Schreiben vom 22.12.2022, vergeblich zur Zahlung der Garagenmiete in Höhe von 25,00 Euro monatlich auf. Daraufhin beauftragte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände und Ausspruch einer mietrechtlichen Abmahnung. Auf das anwaltliche Schreiben vom 20.01.2023 wird Bezug genommen (Anlage K 2). Die Beklagten lehnten die Zahlung der Garagenmiete ab. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben der Klägerseite vom 16.02.2023 wurde nochmals eine mietrechtliche Abmahnung ausgesprochen, auch bezüglich einer vermeintlich unerlaubten Nutzung des Treppenhauses. Dort hatten die Beklagten Gegenstände, wie unter anderem Schuhe, Pflanzen, Mülleimer, Kästen etc. auf einer Art Podest abgestellt, die nicht mitvermietet sind. Sie wurden zur Räumung unter Fristsetzung aufgefordert und auch diesbezüglich abgemahnt (Anlage K3). Auch diese Abmahnung wurde zurückgewiesen.
Ab Januar zahlten die Beklagten die Miete wegen angeblicher Mängel nur noch unter Vorbehalt. Mit Schreiben vom 17.03.2023 ließ der Kläger durch anwaltliches Schreiben das Mietverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich kündigen. Das Schreiben ging den Beklagten am 20.03.2023 zu. Wegen des genauen Inhaltes des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen. Am 21.03.2023 räumten die Beklagten das Podest im Treppenhaus. Anfang April wiesen die Beklagten die Kündigung zurück.
Während des laufenden Rechtsstreits kündigte der Kläger das Mietverhältnis nochmals außerordentlich, hilfsweise ordentlich, wegen behauptete ehrverletzender Äußerungen. Wegen des genauen Inhaltes der Kündigung wird auf den Schriftsatz vom 20.06.2023 Bezug genommen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Garagenmiete nicht von dem in dem Verfahren 58a C 33/19 geschlossenen Vergleich umfasst gewesen sei und die Beklagten deshalb weiterhin zur Zahlung zusätzlicher 25,00 Euro monatlich für die Garage verpflichtet seien. Eine Mieterhöhung der Garage war nicht streitgegenständlich, sodass diese nicht von dem Vergleich berührt ist.
Aufgrund des Zahlungsrückstandes und der nicht rechtzeitigen Räumung des Podestes sei die außerordentliche Kündigung begründet und wirksam und die Beklagten daher zur Herausgabe und Räumung der Wohnung verpflichtet. Aufgrund der endgültigen Zahlungsverweigerung der Beklagten sei die fristlose Kündigung wirksam. Bezüglich der ordentlichen Kündigung lägen die Voraussetzungen des § 259 ZPO vor.
Darüber hinaus ist er der Ansicht, das Anraten sich einen Betreuer bestellen zu lassen, stelle eine zu tiefst ehrverletzende Behauptungen dar, welche auch geeignet sei, das Ansehen des Klägers herabzuwürdigen.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2023 hat der Kläger die Klage um die Garagenmiete für drei Monate (75,00 Euro) erweitert und beantragt nunmehr,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von diesen im Obergeschoss gelegenen Wohnung in der Immobilie G 6, Q mit einer Größe von ca. 99 Quadratmeter bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Toilette, 1 Toilette mit Bad/Dusche, den neben dem Waschraum gelegenen Kellerraum (zweite Tür rechts) nebst der rechten Seite der Doppelgarage, an den Kläger geräumt – hilfsweise zum 31.12.2023 – herauszugeben.
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 250,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 25,00 Euro seit dem 07.10.2022, 05.11.2022, 06.12.2022, 05.01.2023, 04.02.2023, 04.03.2023, 06.04.2023, 05.05.2023, 06.06.2023 und 06.07.2023 zuzüglich vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 368,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2023 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, dass der Kläger nicht prozessfähig sei und begründen dies insbesondere damit, dass er sich nicht um die Erledigung der Instandsetzungsarbeiten, die in dem Vergleich festgestellt wurden, gekümmert habe und die Warmwasserversorgung im Winter 2022/2023 nicht ausreichend gesichert habe.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Garagenmiete von dem Vergleich umfasst gewesen sei, weshalb sie nicht zu einer zusätzlichen Zahlung verpflichtet seien. Höchst vorsorglich werde auch die Höhe der angeblichen Garagenmiete bestritten.
Sie sind zudem der Ansicht, dass eine Klage auf zukünftige Räumung zum 31.12.2023 nicht zulässig sei, da die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen sei und somit keine Stellungnahme darauf verlangt werden könne.
Sie behaupten, dass eine widerrechtliche Nutzung des Podestes nicht stattgefunden habe. Zum einen, weil der Kläger schon einmal eine diesbezügliche Abmahnung für gegenstandslos erklärt hat, und zum anderen, weil am 10.03.2023 zwischen den Parteien ein Gespräch stattgefunden habe, in welchem den Beklagten seitens des Klägers zugesagt worden sei, das Podest nutzen zu dürfen.
Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Forderung hinsichtlich der Garagenmiete werde ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, welches deshalb bestehen soll, weil der Kläger seinen Instandsetzungspflichten aus dem Vergleich nicht ausreichend nachgekommen sei. Zudem erklären die Beklagten die Aufrechnung mit einem behaupteten Rückforderungsanspruch wegen Minderung. Sie sind der Ansicht, dass die Miete seit Dezember 2022 um 5% gemindert sei. Dazu behaupten sie, dass die Warmwasserversorgung seit Dezember 2022 erheblich gestört sei (s. auch Anlage B 4). Das Warmwasser habe bis März 2023, insbesondere bei Frost, eine erhebliche Vorlaufzeit benötigt. Zudem sei die Jalousie im Wohnzimmer mangelhaft in Stand gesetzt worden, sodass auch hier keine Umsetzung des Vergleichs erfolgt sei.
Darüber hinaus sei seit Dezember 2022 wieder Schimmel im Bereich des Badfensters vorhanden. Die erfolgte Beseitigung sei nicht zielführend gewesen.
Hilfsweise sei den Beklagten eine Räumungsfrist zu gewähren. Wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 28.06.2023 verwiesen.
Die Akte 58a C 33/19 des Amtsgerichts Paderborn ist beigezogen worden. Wegen des genauen Inhaltes des dort geschlossenen Vergleichs wird auf die Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
An der Prozessfähigkeit des Klägers gem. der §§ 51 ff. ZPO bestehen seitens des Gerichts keinerlei Bedenken. Voll prozessfähig sind alle unbeschränkt geschäftsfähigen Personen (BeckOK ZPO/Hübsch, 48. Ed. 1.3.2023, ZPO § 52 Rn. 1).
Dass der Kläger nicht geschäftsfähig sein soll, wird schon nicht vorgetragen.
Anhaltspunkte dafür sind auch überhaupt nicht ersichtlich, weshalb auch kein Sachverständigenbeweis heranzuziehen war. Sofern die Beklagten dem Kläger bereits einen Betreuer angeraten haben, seien sie darauf hingewiesen, dass auch Betreute grundsätzlich voll geschäftsfähig sind, sofern kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird. Dass der Kläger ihrer Ansicht nach seinen Instandsetzungsverpflichtungen oder anderen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht nachkommt, stellt noch keinen Grund dar, an der Prozessfähigkeit eines Menschen zu zweifeln, ansonsten wäre dies in jedem Fall, der vor Gericht landet, zu überprüfen.
Die hilfsweise geltend gemachte Klage auf zukünftige Räumung (ordentliche Kündigung) erfüllt die Anforderungen des § 259 ZPO. Es ist zu aufgrund der deutlichen Weigerung der Beklagten zu besorgen, dass diese die Wohnung nicht rechtzeitig herausgeben und räumen werden. Die Räumungsklage nach § 259 ist schon vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 547b Abs. 2 BGB statthaft. Der Räumungsprozess darf auch nicht ausgesetzt werden, bis der Mieter Widerspruch eingelegt hat oder die Widerspruchsfrist abgelaufen ist (MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, ZPO § 259 Rn. 9).
II.
Die Klage ist aus dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Lediglich bezüglich der außerordentlichen Kündigung ist sie unbegründet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung aus §§ 546 Abs. 1, 985 BGB; allerdings erst zum 31.12.2023.
a) Ein Grund, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen würde, liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wobei ein wichtiger Grund vorliegt, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Gemäß §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a, b, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB kann ein Wohnraummietverhältnis seitens des Vermieters immer dann gekündigt werden, wenn der Mieter zwei Monate in Folge keine Mietleistung tätigte und der so entstandene Rückstand mindestens die Höhe einer Monatsmiete beträgt, oder insgesamt ein Mietrückstand in Höhe von mindestens zwei Monatsmieten besteht. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
aa) Die Beklagten befinden sich lediglich mit der Zahlung der Garagenmiete in Höhe von (mittlerweile) 250,00 Euro in Verzug.
Die Beklagten sind nach Auffassung des Gerichts zur Zahlung von 25,00 Euro monatlich als Miete für die Garage verpflichtet. Bevor der Vergleich in dem Vorprozess geschlossen wurde, wurde dies jahrelang (seit der Währungsumstellung) so praktiziert und ist deshalb jedenfalls konkludent vereinbart gewesen. Das Bestreiten der Höhe durch die Beklagten ist ohnehin pauschal und damit nach § 138 Abs. 3 ZPO unbeachtlich. Mit der im Vergleich vereinbarten Mieterhöhung war die Garagenmiete nicht mit abgegolten. Der Vergleich ist nach §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass lediglich die Nettomiete für die Wohnung erhöht werden sollte. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vereinbarung, wonach die Kläger der „Erhöhung der Nettomiete der von ihnen gemieteten Wohnung […], von bisher 495,00 Euro auf monatlich 545,00 Euro“ zustimmen. Zum einen wird darin also explizit nur auf die Wohnung und nicht auf die Garage Bezug genommen und zum anderen belief sich die Nettomiete bis dahin allein für die Wohnung auf 495,00 Euro. Für die Garage wurden schon immer 25,00 Euro extra gezahlt. Da dieser Betrag hier nicht genannt wird, ist deshalb davon auszugehen, dass auch lediglich die Nettomiete für die Wohnung neu geregelt werden sollte.
Da eine weitere Regelung bezüglich der Garagenmiete in dem Vergleich fehlt, bleibt es bei der bis dahin bestehenden vertraglichen Regelung, wonach 25,00 Euro monatlich zusätzlich zu der Nettomiete für die Wohnung und der Betriebskosten zu entrichten sind.
bb) Der Rückstand von 250,00 Euro erfüllt der Höhe nach nicht die Anforderungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB, weshalb diesbezüglich noch nicht von einem wichtigen Grund ausgegangen werden kann. Daran ändert auch die bisherige Zahlungsverweigerung der Beklagten nichts.
Eine Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB ohne Zahlungsrückstand ist möglich, wenn der Mieter seine Zahlungspflichten endgültig und bestimmt verweigert und erklärt, dass er keine Miete zahlen werde. Hieran sind aber hohe Anforderungen zu stellen, um die Regeltatbestände der Zahlungsverzugskündigung nicht zu unterlaufen (Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 543 Rn. 42). Etwas Anderes kann zudem gelten, wenn sich der Mieter hinsichtlich seiner Zahlungspflicht in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befindet (Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, 7. Aufl. 2023, BGB § 543 Rn. 22).
Davon geht das Gericht vorliegend aus. Der Vergleich in dem Verfahren 58a C 33/19 sollte umfassend sein.
Dies ergibt sich aus den diversen Regelungen, die darin getroffen wurden. Auch wird die Garage darin explizit genannt, nur eben nicht unter dem Regelungspunkt der Mieterhöhung. Dennoch spricht Vorgenanntes dafür, dass sich die Beklagten in einem Rechtsirrtum befanden. Ob eine endgültige Zahlungsverweigerung vorliegt, wenn die Beklagten aufgrund des Vergleichs in vertretbarer Weise davon ausgingen, dass sie nicht zur Zahlung von weiteren 25,00 Euro monatlich verpflichtet waren, erscheint schon fraglich.
cc) Eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund der nicht fristgerecht erfolgten Räumung des Podestes im Treppenhaus kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Beklagten waren und sind nicht berechtigt, im Treppenhaus Sachen abzustellen. Dies ist ihnen mietvertraglich nicht gestattet worden.
Auch in der Rücknahme einer Abmahnung kann keine grundsätzliche und vor allem keine unwiderrufliche Erlaubnis gesehen werden. Sofern die Beklagten darüber hinaus behaupten, man hätte sich im März 2023 in einem gemeinsamen Gespräch darauf geeinigt, dass sie das Podest benutzen dürften, haben sie dafür keinen Beweis angeboten. Dem steht auch die diesbezügliche Abmahnung entgegen. Unstreitig haben sie das Podest erst nach Ablauf der in der Abmahnung gesetzten Frist und nach Zugang der Kündigung geräumt, weshalb der Kündigungsgrund nicht unwirksam geworden ist. Es ist allerdings nicht ersichtlich, weshalb dem Kläger deshalb ein Zuwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, was allerdings Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung wäre, siehe oben.
dd) Auch die im laufenden Verfahren erklärte außerordentliche Kündigung ist nicht wirksam. Diese war wegen einer behaupteten Beleidigung erklärt worden. Unter einer Beleidigung versteht die h.M. einen Angriff auf die Ehre eines anderen durch die Kundgabe eigener Missachtung oder Nichtachtung (BeckOK StGB/Valerius, 57. Ed. 1.5.2023, StGB § 185). Diese liegt bei der Nahelegung, sich einen Betreuer bestellen zu lassen, nicht vor. Eine Betreuung wird nach § 1814 Abs. 1 BGB eingerichtet, wenn ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen kann und dies auf einer Krankheit oder Behinderung beruht. Sofern man nun unterstellen würde, dass dies eine Beleidigung im oben genannten Sinne wäre, würde dies bedeuten, dass man Kranke und Behinderte in ihrer Ehre herabsetzen würde.
ee) Auch in einer Gesamtschau sind die dargelegten Gründe zur außerordentlichen Kündigung nicht ausreichend, um eine solche zu rechtfertigen. Vielmehr ist dem Kläger zuzumuten, den Ablauf der Kündigungsfrist abzuwarten.
b) Die hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 BGB ist hingegen wirksam und das Mietverhältnis daher mit Ablauf des 31.12.2023 beendet.
Der Vermieter kann nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches liegt nach Absatz 2 Nr. 1 insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Dies ist vorliegend der Fall.
aa) Die Beklagten befinden sich wie oben erläutert im Zahlungsverzug. Zudem haben sie trotz Anmahnung das Podest im Treppenhaus nicht rechtzeitig geräumt und dies vielmehr erst nach Zugang der Kündigung erledigt. Beides verstößt gegen Pflichten aus dem Mietvertrag (Leistungs- bzw. Nebenpflicht). In einer Gesamtschau handelt es sich dabei auch um nicht unerhebliche Pflichtverletzungen.
bb) Der Anspruch auf Zahlung der Garagenmiete ist auch nicht durch Aufrechnung gem. § 389 BGB untergegangen. Den Beklagten steht gegen den Kläger kein Gegenanspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 536 BGB zu. Ein weiteres – über den Vergleich hinausgehendes – Minderungsrecht nach § 536 BGB steht ihnen nicht zu.
Die behaupteten Mängel wurden nicht ausreichend dargelegt.
Der Mieter ist für die ihm vorteilhaften Tatsachen wie der Existenz eines Mangels und der darauf beruhenden Gebrauchsbeeinträchtigung, nicht aber für das genaue Ausmaß dieser Störung, ihre Ursache oder einen konkret bezifferten Minderungsbetrag darlegungs- und beweisbelastet. Vielmehr reichen – insbesondere bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen – ungefähre Angaben zu Art, Zeitpunkt und Dauer ihres Auftretens (BeckOGK/Bieder, 1.7.2022, BGB § 536 Rn. 119).
Die Beklagten behaupten, dass die Warmwasserversorgung seit Dezember 2022 erheblich gestört sei. Das Warmwasser habe bis März 2023, insbesondere bei Frost, eine erhebliche Vorlaufzeit benötigt. Zudem sei die Jalousie im Wohnzimmer mangelhaft in Stand gesetzt worden, sodass auch hier keine Umsetzung des Vergleichs erfolgt sei. Darüber hinaus sei seit Dezember 2022 wieder Schimmel im Bereich des Badfensters vorhanden. Die erfolgte Beseitigung sei nicht zielführend gewesen. Es ist nicht ersichtlich, was unter einer erheblichen Vorlaufzeit zu verstehen sein soll. Wie genau der Mangel an Jalousie ausgestaltet sein soll, wird nicht erläutert, ebenso wenig wird die angebliche Schimmelbildung im Bad näher dargelegt.
Hinsichtlich keines der behaupteten Mängel wird vorgetragen, was die darauf beruhende Gebrauchsbeeinträchtigung sein soll. Entsprechend kann auch keine Minderungsquote seitens des Gerichts festgesetzt werden.
cc) Der Anspruch ist auch fällig. Ein Zurückbehaltungsrecht steht den Beklagten nicht zu.
Es wird schon nicht dargelegt, woraus sich dieses ergeben sollte und in welcher Höhe. Dahingehender Vortrag ist unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Zudem war zur Abgeltung der Mängel in dem Vergleich vereinbart worden, dass die Miete um 10% bis zur Beseitigung gemindert ist. Weshalb darüber hinaus noch ein Zurückbehaltungsrecht bestehen sollte, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Garagenmiete überhaupt nicht von dem Vergleich umfasst war, ist nicht zu erkennen.
c) Die Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 BGB ist unstreitig eingehalten worden.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 250,00 Euro Garagenmiete aus dem Mietvertrag, siehe oben. Der diesbezügliche Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB.
3. Die Ansprüche auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie der diesbezüglich geltend gemachten Zinsen ergeben sich ebenfalls aus Verzugsgesichtspunkten. Durch das Verhalten der Beklagten im Prozess haben diese eine Zahlung nach § 281 Abs. 2 BGB ernsthaft und endgültig verweigert, weshalb nicht auf Freistellung geklagt werden musste (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2015 – I ZR 224/13).
4. Eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO war den Beklagten nicht zu gewähren.
Die Entscheidung über die Bewilligung, Verlängerung oder Verkürzung einer Räumungsfrist steht sowohl hinsichtlich Ob als auch Wie im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses hat sich dabei vom Zweck von § 721 ZPO leiten zu lassen, welcher nicht in einem beliebigen Sozialschutz besteht. Vielmehr soll dem Räumungsschuldner zur Vermeidung von (für ihn nicht ausreichend vorhersehbarer) Obdachlosigkeit die Möglichkeit eingeräumt werden, trotz bestehender Pflicht zur Räumung noch eine in Größe, Ausstattung, Wohnlage und Preis angemessene Ersatzwohnung zu finden. Unter Berücksichtigung dieses Zwecks hat das Gericht im konkreten Einzelfall aufgrund des von den Parteien vorgetragenen und vom Gericht festgestellten Sachverhalts die widerstreitenden Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen. Ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners besteht nur, soweit er seiner Obliegenheit, sich in jeder ihm zumutbaren Weise um eine Ersatzwohnung zu bemühen, vollständig entsprochen hat und gleichwohl noch keine seinen Bedürfnissen entsprechende Ersatzwohnung finden konnte oder die gefundene Wohnung vorübergehend noch nicht verfügbar ist. Darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der drohenden Obdachlosigkeit und insbesondere für die fruchtlos entfalteten Bemühungen, Ersatzwohnraum zu finden, ist der Schuldner (BeckOK ZPO/Ulrich, 48. Ed. 1.3.2023, ZPO § 721 Rn. 5 m.w.N, 6, 6.3).
Dieser Darlegungs- und Beweislast sind die Beklagten vorliegend nicht nachgekommen. Es wurde lediglich ausführlich die Krankengeschichte der Beklagten geschildert. Dass aber kein den oben genannten Kriterien entsprechender Ersatzwohnraum zur Verfügung stünde, wird nicht dargelegt. Dies wäre aber – siehe oben – erforderlich gewesen. Sofern die Beklagten bisher ggf. den Ausgang des hiesigen Rechtsstreits abwarten durften, bis sie sich konkret auf neue Wohnungen bewerben, hätte es ihnen dennoch oblegen, zur Darlegung der drohenden Obdachlosigkeit Recherchen zu Ersatzwohnraum zu betreiben und diese dem Gericht darzulegen. Dies ist nicht geschehen. Es ist überhaupt nicht ersichtlich, dass kein geeigneter vergleichbarer Ersatzwohnraum zur Verfügung stehen soll. Demnach überwiegen vorliegend die Interessen des Klägers an einer rechtzeitigen Räumung.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 7, 11, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf bis 7.000,00 Euro festgesetzt.