LG Berlin – Az.: 65 S 12/14 – Urteil vom 30.07.2014
1. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg vom 27. November 2014 – 5 C 174/13 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 9. Juni 2013 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die von den Beklagten am 30. April 2013 auf die Heizkostenabrechnung des Klägers vom 17. Dezember 2012 (Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. Juni 2012) geleistete Teilzahlung in Höhe von 491,87 € nicht zur Rückzahlung an die Beklagten verpflichtet ist.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagten 383,26 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 29. August 2013 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien jeweils die Hälfte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist teilweise begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen teilweise eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
1) Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 400,00 € richtet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 400,00 € aus der Heizkostenabrechnung vom 17.12.2012 (Bl. 10-16 d.A.)
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann diesem Anspruch kein Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durch den Kläger entgegen gehalten werden. Auch unter Berücksichtigung des eingereichten Privatgutachtens ergibt sich keine Pflichtverletzung des Klägers.
Soweit sich aus dem Privatgutachten ergibt, dass der Einkaufspreis für das Heizöl um 6% über dem optimalen Einkaufspreis lag, kann dies eine Pflichtverletzung nicht begründen. Denn der Vermieter schuldet nicht einen Einkauf zu dem bestmöglichen Preis. Vielmehr ist insoweit erforderlich, dass er keine unnötigen Kosten verursacht und ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis wahrt. Eine Verletzung dieser Pflicht kann jedoch nicht angenommen werden, wenn der Einkaufspreis nur 6% über dem bestmöglich zu erzielenden Einkaufspreis liegt. Der Kläger hat zudem vorgetragen, dass die von ihm beauftragte Hausverwaltung mehrere Preisangebote einholt und versucht, durch den Einkauf möglichst großer Mengen, Mengenrabatte zu erzielen.
Soweit sich aus dem Privatgutachten ergibt, dass der Betriebsstrom weit über den optimalen Kosten liegt (213%), gilt auch hier, dass nicht das Optimum geschuldet ist. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern hier eine Pflichtverletzung des Vermieters für die Kosten verantwortlich sein soll. Denn es ist lediglich die Beachtung eines hinreichenden Kosten-Nutzen-Verhältnisses geschuldet. Soweit – wie von dem Kläger vorgetragen – der Betriebsstromverbrauch auf das Alter der Heizanlage zurückzuführen ist, kann jedenfalls nicht verlangt werden, dass die Heizanlage erneuert wird, was wiederum mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Ein Anspruch auf Durchführung einer Modernisierung der Heizungsanlage besteht nicht. Dass es auf eine andere Weise in der Macht des Vermieters stehen würde, diese Kosten zu senken, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Auch der Umstand, dass der Heizenergieverbrauch des Gebäudes überdurchschnittlich ist, lässt nicht auf eine Pflichtverletzung des Vermieters schließen. Denn für den Verbrauch sind in erster Linie die Nutzer verantwortlich. Es ist hier auch nicht ersichtlich, inwiefern der Verbrauch auf eine Pflichtverletzung des Vermieters, ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu wahren, zurückzuführen sein soll. Auch hier gilt, dass eine Modernisierung, z.B. durch das Aufbringen einer zusätzlichen Dämmung ist nicht geschuldet ist und auch wieder mit neuen Kosten verbunden wäre. Hinsichtlich des Heizenergieverbrauches ergibt sich aus dem Privatgutachten zudem, dass derjenige der Beklagten um 25% über dem lagebereinigten Verbrauch der anderen Wohnungen im Hause lag. Dennoch lagen die Kosten der Beklagten nur 16% über dem lagebereinigten Durchschnitt der Wohnungen des Gebäudes. Das bedeutet, dass die Beklagten erheblich mehr Heizenergie verbraucht haben und im Verhältnis weniger dafür bezahlen. Auch der Warmwasserverbrauch der Beklagten liegt ungefähr bei dem Doppelten (110kWh/qm,a) des durchschnittlichen Verbrauches der anderen Wohnungen des Hauses (54kWh/qm,a). Soweit also der Heizenergieverbrauch des Hauses überdurchschnittlich ist, dürfte dies in erster Linie auf das Nutzerverhalten der Beklagten zurückzuführen sein.
Zudem ist das Privatgutachten auch lediglich dafür bestimmt, mögliche Einsparpotentiale aufzuzeigen. Ausdrücklich wird auf Seite 5 darauf hingewiesen, dass es keine (Rechts-)Grundlage dafür bietet, aufgrund erhöhter Werte Geld zurückzufordern.
Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen den Nachzahlungsanspruch aus der Abrechnung.
2) Keinen Erfolg hat die Berufung auch hinsichtlich des Feststellungsantrages. Der Feststellungsantrag, dass der Kläger nicht zur Rückzahlung der unter Vorbehalt geleistete Teilzahlung von 491,87 € verpflichtet ist, ist ebenfalls begründet. Insoweit kann auf die vorstehende Begründung verwiesen werden.
3) Erfolg hat die Berufung, soweit die Beklagten mit der Widerklage die Rückzahlung eines Betrages von 383,26 € verlangen.
Denn die Beklagten haben gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Var. BGB. Denn die Miete war in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemindert.
Das pauschale Bestreiten der Minderung dem Grunde und der Höhe nach, ist ohne Belang. Maßgeblich sind lediglich die konkreten Erwiderungen auf den detaillierten Vortrag der Beklagten. Bereits die Einrüstung des Gebäudes führt aufgrund der Einsehbarkeit der im 4. OG gelegenen Wohnung durch die Nutzer des Gerüsts zu einer Beeinträchtigung. Auch die erhöhte Einbruchsgefahr, welche zwingend der Versicherung anzuzeigen ist, führt zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung.
Unbestritten ist auch, dass das Gerüst an der Straßenseite in der Zeit vom 15.02.2013 bis zum 05.05.2013 mit einem Netz verhangen war und die Rückfront vom 10.05.2013 bis zum 10.06.2013 eingerüstet war. Der Einwand des Klägers, der Lichteinfall sei nicht beeinträchtigt gewesen, weil die Wohnung im 4. OG gelegen sei, greift dagegen nicht. Unbestritten ist zudem, dass die Instandsetzung der Fassade durch das Abklopfen des losen Putzes erfolgte. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Wohnung unmittelbar unter dem nicht ausgebauten Dachgeschoss liegt.
Hinsichtlich der Vorderfront erscheint die geforderte Minderung von 12% (55,63€ x 80 Tage) = 148,36 € und für die Hinterfront 8% (37,09 € x 40 Tage) = 49,45 € angemessen.
Auch die Arbeiten im Treppenhaus vom 01.06 bis zum 30.07.2013, für die eine Minderung von 5% verlangt wird, sind unstreitig. Die Linoleumbeläge wurden aufgenommen, der Wandputz ausgebessert, die Treppenstufen an den Rändern geschliffen, die Dielung der Treppenpodeste teilweise aufgenommen und die Wände gestrichen. Zudem wurden weitere Schleifarbeiten an den Treppenstufen und auf den Treppenpodesten ausgeführt.
Auch soweit der Kläger ausführt, das die Wohnungen mit Folien gegen den Staub aus den im Treppenhaus vorgenommenen Renovierungsarbeiten geschützt gewesen seien, steht das der Darstellung der Beklagten nicht entgegen, dass vermehrt Schmutz/Schleifstaub trotz Sorgfalt dennoch in die Wohnung hineingetragen wurde, weil man die Wohnung nur durch das Treppenhaus erreichen kann. (5% für 60 Tage x 23,18 € = 46,36 €).
Der Rückforderung steht insbesondere nicht § 814 BGB entgegen.
Die Überweisungsträger der Mietzahlungen für den streitgegenständlichen Zeitraum enthielten den Vermerk „Unter Vorbehalt“. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass dieser neue Vortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist. Insoweit schadet auch nicht, dass die Beklagten diesen Vermerk nicht erst ab Februar 2013, sondern bereits seit Januar 2012 auf dem Überweisungsfeld vermerkt haben. Unabhängig davon, kann keinesfalls unterstellt werden, dass die Beklagten, die die Miete für den Monat im Voraus entrichten müssen, bei der Zahlung der Miete positiv wussten, dass die Miete für den in der Zukunft liegenden Zahlungsabschnitt gemindert sein wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten zum Zeitpunkt der Leistung wussten, ob bzw. in welchem Umfang und für welche Dauer die im Voraus zu entrichtende Miete gemindert ist. Dass die Beklagten wussten, wie lange die Bauarbeiten andauern würden und welche konkreten Beeinträchtigungen auf sie zukommen würden, ist von dem Kläger nicht dargelegt. Dies wäre aber erforderlich, da im Rahmen des § 814 BGB der Leistungsempfänger darlegungs- und beweisbelastet dafür ist, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2002, III ZR 58/02, zitiert nach juris, Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl. § 814 Rn. 11). Hierzu gehört nicht nur die Kenntnis der Rechtslage, die nach der Rechtsprechung in den einschlägigen Kreisen von Mietern und Vermietern im Rahmen eines Anscheinsbeweises als bekannt vorauszusetzen ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 21.12.2012, 8 U 286/11, zitiert nach juris), sondern auch die positive Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, aus denen die fehlende Verpflichtung folgt (vgl. insoweit BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 13.02.2008, VIII ZR 208/07, zitiert nach juris; Anm. Reinelt, juris-RR-BGHZivilR 9/2008, Anm.3, zitiert nach juris; KG Berlin, Urteil vom 26.01.2007, 6 U 128/06, zitiert nach juris; Martinek, in: juris PK-BGB Bd. 2, 6. Aufl. 2012, § 814 Rn. 6ff. zitiert nach juris).
4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
5) Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.