Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Dürfen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) grundsätzlich das Halten von Hunden verbieten?
- Was bedeutet „Nutzungsordnung des Gemeinschaftseigentums“ im Zusammenhang mit einem Hundehalteverbot?
- Kann ein Hundehalteverbot auch für bereits gehaltene Hunde gelten?
- Welche Rolle spielt die individuelle Beeinträchtigung anderer Eigentümer bei der Rechtmäßigkeit eines Hundehalteverbots?
- Was kann ich tun, wenn ich mit einem Hundehalteverbot in meiner WEG nicht einverstanden bin?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Frankfurt
- Datum: 09.03.2023
- Aktenzeichen: 2-13 S 89/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Mitglied einer dreiköpfigen Eigentümergemeinschaft, die einen Hund hält und gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung klagt, welcher das Halten von Hunden untersagt bzw. unter Genehmigungsvorbehalt stellt. Sie argumentiert, dass sie sich ein Leben ohne Hunde nicht vorstellen kann und der Hund keinen Kontakt zur Gemeinschaft hat.
- Beklagte: Nicht näher bezeichnet, es wird jedoch von einer Eigentümergemeinschaft ausgegangen, die den Beschluss zum Hundeverbot bzw. Genehmigungsvorbehalt gefasst hat.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin, Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, ficht einen Beschluss der Eigentümerversammlung an, der das Halten von Hunden verbietet, es sei denn, die Mehrheit der Wohnungseigentümer erteilt eine Ausnahme. Die Klägerin hält einen Hund und argumentiert gegen die Beschränkung.
- Kern des Rechtsstreits: Ist der Beschluss der Eigentümerversammlung, der das Halten von Hunden verbietet bzw. unter Genehmigungsvorbehalt stellt, rechtmäßig? Insbesondere, ob der Beschluss hinreichend Kriterien für die spätere Interessenabwägung bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen erkennen lässt.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Frankfurt hat das Urteil des Amtsgerichts Gießen abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Gericht kippt Hundehalteverbot in Eigentümergemeinschaft: Beschluss der WEG rechtens

Das Landgericht Frankfurt hat in einem Urteil vom 9. März 2023 (Az.: 2-13 S 89/21) eine Entscheidung des Amtsgerichts Gießen aufgehoben und damit ein von einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) beschlossenes Hundehalteverbot für rechtmäßig erklärt. Im Kern des Rechtsstreits stand die Frage, ob eine Eigentümergemeinschaft per Mehrheitsbeschluss das Halten von Hunden in der Wohnanlage untersagen kann.
Streitpunkt: Hundehalteverbot mit Erlaubnisvorbehalt
Die Eigentümergemeinschaft, bestehend aus drei Parteien, hatte einen Beschluss gefasst, der das Halten von Hunden generell untersagt. Eine Ausnahme sollte nur dann möglich sein, wenn die Mehrheit der Eigentümer einem Antrag auf Hundehaltung zustimmt. Für bereits gehaltene Hunde galt eine Übergangsregelung bis zum Tod des Tieres, Neuananschaffungen unterlagen dem Genehmigungsvorbehalt.
Klägerin zieht vor Gericht gegen das Hundehalteverbot
Eine Wohnungseigentümerin, die bereits einen Hund besitzt und sich ein Leben ohne Hund nicht vorstellen kann, klagte gegen diesen Beschluss. Sie argumentierte, dass ihr Hund keinen Kontakt zu anderen Bewohnern habe und stets durch das Treppenhaus getragen werde, um Belästigungen zu vermeiden.
Entscheidung des Amtsgerichts Gießen: Klage zunächst erfolgreich
Das Amtsgericht Gießen gab der Klage zunächst statt. In seiner Begründung führte das Amtsgericht aus, dass ein generelles Hundehalteverbot mit Erlaubnisvorbehalt zwar grundsätzlich zulässig sein könne. Allerdings müsse der Beschluss selbst Kriterien für die spätere Interessenabwägung im Einzelfall erkennen lassen. Zudem beanstandete das Amtsgericht, dass der Beschluss den Nachweis eines „Ausnahmefalles“ dem Hundehalter aufbürde, was nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.
Berufung vor dem Landgericht Frankfurt: WEG pocht auf Rechtmäßigkeit des Beschlusses
Die beklagte Eigentümergemeinschaft legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung beim Landgericht Frankfurt ein. Sie verfolgte weiterhin ihren Antrag auf Klageabweisung und argumentierte, dass der Beschluss rechtmäßig sei und im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz liege.
Landgericht Frankfurt revidiert Urteil: Hundehalteverbot ist rechtens
Beschlusskompetenz der WEG zur Regelung der Tierhaltung bestätigt
Das Landgericht Frankfurt gab der Berufung der Eigentümergemeinschaft statt und wies die Klage der Hundehalterin ab. Das Gericht stellte klar, dass die Eigentümergemeinschaft grundsätzlich die Beschlusskompetenz hat, über ein Hundehalteverbot zu entscheiden (§§ 18, 19 WEG). Ein solcher Beschluss falle unter die Regelungen der Hausordnung (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG) und diene der Nutzungsordnung des Gemeinschaftseigentums.
Abgrenzung zur Nutzung des Sondereigentums: Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum entscheidend
Das Gericht betonte, dass die Beschlusskompetenz der WEG sich auf Regelungen des Gemeinschaftseigentums erstreckt und nicht auf die reine Nutzung des Sondereigentums (der einzelnen Wohnungen), für die grundsätzlich keine Beschlusskompetenz besteht. Ein generelles Tierhaltungsverbot, das auch Tiere umfasst, von denen keinerlei Belästigungen für das Gemeinschaftseigentum ausgehen (wie z.B. Zierfische oder Kanarienvögel), wäre demnach unzulässig.
Hundehaltung betrifft Gemeinschaftseigentum: Beeinträchtigungen durch Lärm und Verschmutzung
Im Fall der Hundehaltung sah das Landgericht jedoch einen klaren Bezug zum Gemeinschaftseigentum. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach von der Hundehaltung in Eigentumswohnungen regelmäßig Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer ausgehen. Diese Beeinträchtigungen können in Form von Verschmutzung der Gemeinschaftsanlagen, Lärmbelästigung oder unangenehmen Begegnungen auftreten.
Kein Eingriff in den „dinglichen Kernbereich“ des Wohnungseigentums
Das Landgericht Frankfurt stellte klar, dass ein Hundehalteverbot nicht in den „dinglichen Kernbereich“ des Wohnungseigentums eingreift. Dies würde bedeuten, dass die Möglichkeit der Hundehaltung zum wesentlichen Inhalt der Nutzung einer Eigentumswohnung gehören würde und selbst eine Vereinbarung darüber nichtig wäre. Das Gericht verneinte dies jedoch, da die Auswirkungen der Hundehaltung auf die Gemeinschaft berücksichtigt werden müssen.
Rechtsprechung des BGH bestätigt: Hundehalteverbot grundsätzlich möglich
Das Landgericht bestätigte damit die Linie des Bundesgerichtshofs, der bereits in früheren Entscheidungen die grundsätzliche Zulässigkeit von Hundehalteverboten in Eigentümergemeinschaften anerkannt hat. Zwar ging es in der BGH-Entscheidung von 1995 nicht direkt um die Beschlusskompetenz, da der dortige Beschluss nicht angefochten wurde. Dennoch hatte der BGH bereits damals festgestellt, dass ein Hundehalteverbot nicht unvereinbar mit dem Wohnungseigentumsgesetz ist.
Bedeutung des Urteils für Betroffene: Was Hundehalter in WEGs wissen müssen
WEGs haben weitgehende Befugnisse zur Regelung der Tierhaltung
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt stärkt die Position von Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Regelung der Tierhaltung. Es verdeutlicht, dass WEGs durch Mehrheitsbeschluss weitreichende Befugnisse haben, um das Zusammenleben in der Gemeinschaft zu ordnen und potenzielle Belästigungen zu minimieren. Dies schließt auch das Verbot bestimmter Tierarten, wie Hunde, ein.
Hundehalteverbote sind nicht generell unzulässig
Hundehalter in Eigentümergemeinschaften müssen sich bewusst sein, dass generelle Hundehalteverbote nicht per se unzulässig sind. Auch Verbote mit Erlaubnisvorbehalt sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn sie nicht willkürlich sind und eine sachgerechte Interessenabwägung im Einzelfall ermöglichen. Die genauen Kriterien für solche Ausnahmen müssen jedoch im Einzelfall geprüft werden.
Individuelle Interessenabwägung im Streitfall entscheidend
Im Streitfall wird es immer auf eine individuelle Interessenabwägung ankommen. Dabei werden die Interessen der Hundehalter (am Besitz eines Hundes) den Interessen der übrigen Wohnungseigentümer (an einem störungsfreien Zusammenleben) gegenübergestellt. Faktoren wie die Größe der Wohnanlage, die Anzahl der Hunde, die Art der Beeinträchtigungen und mögliche Kompromisslösungen spielen dabei eine Rolle.
Kommunikation und Kompromissbereitschaft sind gefragt
Für Hundehalter in WEGs bedeutet dies, dass Kommunikation und Kompromissbereitschaft entscheidend sind. Es empfiehlt sich, das Gespräch mit der Eigentümergemeinschaft zu suchen, Bedenken auszuräumen und Lösungen anzubieten, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen. Ein offener Austausch kann dazu beitragen, streitige Auseinandersetzungen vor Gericht zu vermeiden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt, dass ein Verbot der Hundehaltung mit Erlaubnisvorbehalt in einer Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich zulässig ist, da Hunde typischerweise Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum haben können (Lärm, Verschmutzung, Begegnungen mit anderen Bewohnern). Die Eigentümergemeinschaft hat die Befugnis, durch Mehrheitsbeschluss die Hundehaltung zu regeln, solange sich dies auf das Gemeinschaftseigentum auswirkt – auch wenn im Einzelfall der betroffene Hund kaum Störungen verursacht. Im Gegensatz zu Kleintieren wie Fischen oder Schildkröten können von Hunden potenziell Beeinträchtigungen ausgehen, die eine Regelungskompetenz der Gemeinschaft rechtfertigen.
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Klare Perspektiven bei Herausforderungen in Wohnungseigentümergemeinschaften
In Eigentümergemeinschaften können Hundehalteverbote zu komplexen Fragestellungen führen, bei denen das Spannungsfeld zwischen individuellen Interessen und gemeinschaftlichen Regelungen spürbar wird. Eine fundierte rechtliche Betrachtung der Sachlage ist dabei essenziell – eine sachgerechte Interessenabwägung bildet die Basis für ein ausgewogenes Miteinander in der Gemeinschaft.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre individuelle Situation zu analysieren und die bestehenden Regelungen gründlich zu prüfen. Mit präziser und transparenter Beratung helfen wir Ihnen, den Überblick über Ihre Rechte und Pflichten zu behalten und mögliche Unsicherheiten gezielt anzugehen. Sprechen Sie uns an, um gemeinsam eine differenzierte Lösung zu erarbeiten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Dürfen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) grundsätzlich das Halten von Hunden verbieten?
Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) haben grundsätzlich die Befugnis, durch Beschluss Entscheidungen über das gemeinschaftliche Eigentum zu treffen. Diese Beschlusskompetenz umfasst jedoch nicht automatisch das Recht, das Halten von Hunden in Wohnungen zu verbieten. Solche Verbote müssen auf einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums basieren und dürfen nicht gegen zwingendes Recht verstoßen.
Rechtliche Grundlagen: Die Beschlusskompetenz einer WEG wird durch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Beschlüsse müssen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und der Gemeinschaftsordnung stehen. § 18 WEG regelt die ordnungsmäßige Verwaltung, während § 19 WEG die Beschlussfassung über die Verwaltung und Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft.
Voraussetzungen für ein Hundehalteverbot: Ein Verbot des Hundehaltens könnte in Betracht kommen, wenn es zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums notwendig ist, beispielsweise um Lärmbelästigungen oder Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern. Allerdings müssen solche Beschlüsse sorgfältig abgewogen werden, da sie in das Sondereigentum der Wohnungseigentümer eingreifen können. Ein solcher Eingriff erfordert eine klare Rechtfertigung und muss im Interesse der Gemeinschaft liegen.
Praktische Überlegungen: Wenn Sie in einer WEG leben und sich mit dem Thema Hundehalteverbot auseinandersetzen, sollten Sie sich über die bestehenden Regelungen in Ihrer Gemeinschaftsordnung informieren. Ein Beschluss, der das Halten von Hunden verbietet, muss von der Mehrheit der Eigentümer getragen werden und darf nicht willkürlich sein. Es ist wichtig, dass solche Entscheidungen im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften und der Gemeinschaftsordnung stehen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Was bedeutet „Nutzungsordnung des Gemeinschaftseigentums“ im Zusammenhang mit einem Hundehalteverbot?
Die Nutzungsordnung des Gemeinschaftseigentums regelt, wie die gemeinschaftlichen Bereiche eines Gebäudes oder einer Wohnanlage genutzt werden dürfen. Diese Bereiche umfassen Treppenhäuser, Gärten, Waschküchen und andere Gemeinschaftsräume, die von allen Wohnungseigentümern genutzt werden können. Im Zusammenhang mit einem Hundehalteverbot spielt die Nutzungsordnung eine wichtige Rolle, da sie festlegt, ob und wie Tiere in diesen gemeinschaftlichen Bereichen geduldet oder ausgeschlossen sind.
Ein Hundehalteverbot kann in der Nutzungsordnung festgelegt werden, um die Interessen aller Wohnungseigentümer zu schützen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Hunde als störend oder gefährlich angesehen werden oder wenn sie die Sauberkeit oder Sicherheit der Gemeinschaftsbereiche beeinträchtigen könnten. Solche Verbote sind oft in der Gemeinschaftsordnung enthalten, die die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander regelt.
Die Nutzungsordnung des Gemeinschaftseigentums ist wichtig, da sie sicherstellt, dass alle Eigentümer die gemeinschaftlichen Bereiche respektieren und sich an die festgelegten Regeln halten. Dies fördert ein harmonisches Zusammenleben und verhindert mögliche Konflikte, die durch die Tierhaltung entstehen könnten.
Kann ein Hundehalteverbot auch für bereits gehaltene Hunde gelten?
Ein Hundehalteverbot kann grundsätzlich nicht einfach für bereits gehaltene Hunde gelten, da dies als unverhältnismäßig angesehen werden könnte. In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) ist ein generelles Verbot der Hundehaltung in der Regel nicht zulässig, es sei denn, es gibt eine vereinbarte Regelung oder besondere Umstände, die das Verbot rechtfertigen.
Übergangsregelungen und Bestandsschutz
- Übergangsregelungen: Oft werden Übergangsregelungen getroffen, die bestehende Hunde von einem neuen Verbot ausnehmen. Dies bedeutet, dass bereits gehaltene Hunde weiterhin erlaubt sind, während neue Hunde nicht mehr angeschafft werden dürfen.
- Bestandsschutz: Der Bestandsschutz schützt bestehende Rechte, wie das Halten von Hunden, die bereits vor einem Verbot vorhanden waren. Ein Verbot kann also nicht rückwirkend für bestehende Hunde gelten, es sei denn, es gibt besondere Gründe, die dies rechtfertigen.
Besondere Umstände
Ein Verbot kann für bereits gehaltene Hunde gelten, wenn es besondere Umstände gibt, die das Verbot rechtfertigen. Dazu gehören beispielsweise:
- Störungen: Wenn der Hund erhebliche Störungen verursacht, die die Nachbarschaft beeinträchtigen.
- Unzuverlässigkeit: Wenn der Halter als unzuverlässig eingestuft wird, weil er gegen Vorschriften verstößt oder die Tiere nicht artgerecht hält.
- Härtefälle: In Ausnahmefällen kann ein Verbot auch für bestehende Hunde gelten, wenn es keine unzumutbare Härte darstellt. Beispielsweise bei einem blinden Menschen, der einen Blindenhund hält, wäre ein Verbot unzumutbar.
Genehmigungsvorbehalt
Anstatt eines Verbots kann eine WEG auch einen Genehmigungsvorbehalt einführen. Dies bedeutet, dass die Haltung von Hunden von der Genehmigung der Verwaltung abhängt. Solche Regelungen sind oft zulässig und ermöglichen eine flexible Handhabung.
Welche Rolle spielt die individuelle Beeinträchtigung anderer Eigentümer bei der Rechtmäßigkeit eines Hundehalteverbots?
Die individuelle Beeinträchtigung anderer Eigentümer spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Hundehalteverbots. Ein generelles Verbot der Hundehaltung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn keine konkreten Beeinträchtigungen vorliegen. Gerichte müssen die Interessen der Hundehalter mit denen der anderen Eigentümer abwägen.
Beeinträchtigungen können beispielsweise sein:
- Lärmbelästigung: Wenn Hunde ständig bellen und dadurch die Nachtruhe stören.
- Verschmutzung: Wenn Hunde die Gemeinschaftsflächen verschmutzen und dies nicht ordnungsgemäß gereinigt wird.
- Sicherheitsrisiken: Wenn Hunde aggressiv sind oder sich aus dem Grundstück lösen und andere gefährden.
Um ein Verbot zu rechtfertigen, müssen solche Beeinträchtigungen nachgewiesen werden. Ein Verbot ohne konkrete Gründe kann als unzulässig angesehen werden. In Einzelfällen kann ein Verbot auch gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn es unbillig oder unverhältnismäßig ist, wie bei behinderten Personen, die auf einen Hund angewiesen sind.
Gerichte prüfen, ob mildere Maßnahmen in Betracht gezogen wurden, bevor ein Verbot erlassen wird. Dies kann beispielsweise die Anordnung einer Maulkorbpflicht oder die Einschränkung des Auslaufs sein.
Was kann ich tun, wenn ich mit einem Hundehalteverbot in meiner WEG nicht einverstanden bin?
Wenn Sie mit einem Hundehalteverbot in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht einverstanden sind, gibt es mehrere rechtliche und kommunikative Ansätze, die Sie in Betracht ziehen können:
Rechtliche Schritte:
- Anfechtungsklage: Ein Beschluss, der ein Hundehaltungsverbot einführt, kann innerhalb einer Monatsfrist nach Beschlussfassung angefochten werden. Dies ist wichtig, da der Beschluss sonst bestandskräftig wird und nicht mehr angegriffen werden kann. Die Anfechtungsklage sollte begründet werden, indem Sie argumentieren, dass das Verbot unverhältnismäßig ist oder Ihre Rechte als Wohnungseigentümer verletzt.
- Genehmigungsvorbehalt: Statt eines absoluten Verbots könnte die WEG einen Genehmigungsvorbehalt einführen. Dies bedeutet, dass die Haltung von Hunden von der Zustimmung der Verwaltung abhängt. Dies kann eine pragmatischere Lösung sein, um die Interessen aller Beteiligten auszugleichen.
Kommunikative Ansätze:
- Gespräche mit der WEG: Versuchen Sie, mit den anderen Eigentümern ins Gespräch zu kommen, um mögliche Bedenken zu klären und Kompromisse zu finden. Oft können Missverständnisse durch offene Kommunikation ausgeräumt werden.
- Kompromissvorschläge: Bieten Sie alternative Lösungen an, wie z.B. die Haltung kleinerer Hunde oder die Verpflichtung, den Hund stets zu kontrollieren. Solche Vorschläge können helfen, die Bedenken anderer Eigentümer zu berücksichtigen und gleichzeitig Ihre Interessen zu wahren.
Rechtliche Grundlagen:
- Ein generelles Hundehaltungsverbot ist in der Regel nicht zulässig, da es als unverhältnismäßig angesehen wird, es sei denn, es gibt besondere Gründe, die das Verbot rechtfertigen.
- Die Hundehaltung kann als Teil der üblichen Wohnnutzung betrachtet werden, solange sie nicht andere Eigentümer beeinträchtigt.
Erfolgsaussichten:
Die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage hängen stark von den spezifischen Umständen ab. Wenn Sie argumentieren können, dass das Verbot unverhältnismäßig ist oder Ihre Rechte verletzt, bestehen gute Chancen, den Beschluss erfolgreich anzufechten. Es ist wichtig, dass Sie die Fristen einhalten und Ihre Argumente klar und nachvollziehbar darlegen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bezeichnet den Zusammenschluss aller Eigentümer einer Wohnanlage mit Eigentumswohnungen. Sie entsteht automatisch, sobald Wohnungseigentum an mehrere Personen vergeben wird. Jeder Wohnungseigentümer ist zwingend Mitglied dieser Gemeinschaft und hat bestimmte Rechte und Pflichten. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Die WEG ist befugt, über Angelegenheiten des gemeinschaftlichen Eigentums zu entscheiden, meist durch Beschlüsse in der Eigentümerversammlung.
Beispiel: In einer Wohnanlage mit 12 Eigentumswohnungen bilden alle 12 Eigentümer die Wohnungseigentümergemeinschaft, die gemeinsam über Hausordnung, Instandhaltungsmaßnahmen oder Nutzungsregeln entscheidet.
Eigentümerversammlung
Die Eigentümerversammlung ist das zentrale Entscheidungsorgan einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier kommen die Eigentümer zusammen, um über Belange des gemeinschaftlichen Eigentums abzustimmen. Beschlüsse werden in der Regel mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt (§ 25 WEG). Die Versammlung muss mindestens einmal jährlich stattfinden und wird durch den Verwalter einberufen. Beschlüsse der Eigentümerversammlung sind für alle Eigentümer bindend, auch für diejenigen, die nicht anwesend waren oder dagegen gestimmt haben.
Beispiel: Bei einer Eigentümerversammlung wird mit 7 zu 5 Stimmen beschlossen, dass Hundehaltung nur mit vorheriger Genehmigung erlaubt ist – dieser Beschluss gilt dann für alle Eigentümer.
Mehrheitsbeschluss
Ein Mehrheitsbeschluss ist eine Entscheidung, die durch Abstimmung mit mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen in der Eigentümerversammlung getroffen wird. Im Wohnungseigentumsrecht ist dies gemäß § 25 Abs. 1 WEG die Standardform für Entscheidungen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Mehrheitsbeschlüsse können verschiedene Bereiche betreffen, darunter die Nutzung des Gemeinschaftseigentums, Hausordnung oder Instandhaltungsmaßnahmen. Sie sind für alle Eigentümer verbindlich, sofern sie ordnungsgemäß zustande gekommen und nicht nichtig sind.
Beispiel: Wenn 10 Eigentümer an einer Versammlung teilnehmen und 6 für ein Hundehalteverbot stimmen, während 4 dagegen sind, ist der Beschluss mit Mehrheit angenommen.
Gemeinschaftseigentum
Gemeinschaftseigentum umfasst alle Teile, Anlagen und Einrichtungen eines Wohngebäudes, die nicht im Sondereigentum stehen und dem gemeinsamen Gebrauch aller Wohnungseigentümer dienen. Dazu zählen gemäß § 1 Abs. 5 WEG insbesondere das Grundstück, tragende Wände, Fassade, Dach, Treppenhaus, Aufzüge und technische Anlagen. Die Verwaltung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt der Wohnungseigentümergemeinschaft. Entscheidungen darüber werden in der Eigentümerversammlung getroffen.
Beispiel: Der Flur, die Hauseingangstür und der Garten einer Wohnanlage sind Gemeinschaftseigentum. Wenn ein Hund diese Bereiche verschmutzt oder durch Bellen stört, betrifft dies alle Eigentümer.
Genehmigungsvorbehalt
Ein Genehmigungsvorbehalt ist eine rechtliche Konstruktion, bei der bestimmte Handlungen grundsätzlich verboten sind, aber durch eine Genehmigung im Einzelfall erlaubt werden können. Im Wohnungseigentumsrecht kann ein solcher Vorbehalt durch Mehrheitsbeschluss eingeführt werden. Die Genehmigung erfolgt in der Regel durch den Verwalter oder die Eigentümergemeinschaft nach festgelegten Kriterien und Interessenabwägung. Nach § 19 WEG dürfen Nutzungsbeschränkungen die berechtigten Interessen der Eigentümer nicht unbillig beeinträchtigen.
Beispiel: Ein Beschluss lautet: „Die Haltung von Hunden ist verboten, es sei denn, die Mehrheit der Eigentümer stimmt im Einzelfall zu, wobei Größe, Rasse und Verhalten des Hundes zu berücksichtigen sind.“
Anfechtungsklage
Eine Anfechtungsklage im Wohnungseigentumsrecht ist ein Rechtsmittel, mit dem ein Wohnungseigentümer gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vorgehen kann, die er für rechtswidrig hält. Sie muss gemäß § 45 WEG innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Die Klage richtet sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft und zielt darauf ab, den angefochtenen Beschluss für ungültig erklären zu lassen. Wird die Frist versäumt, wird der Beschluss bestandskräftig.
Beispiel: Eine Eigentümerin, die einen Hund hält, klagt gegen den Beschluss der Eigentümergemeinschaft zum Hundehalteverbot, weil sie diesen für unverhältnismäßig und rechtswidrig erachtet.
Berufungsverfahren
Ein Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen eines Gerichts erster Instanz. Im Wohnungseigentumsrecht kann gegen Urteile des Amtsgerichts Berufung beim zuständigen Landgericht eingelegt werden. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden (§ 517 ZPO). Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil auf Rechtsfehler und kann den Sachverhalt neu bewerten. Es kann das Urteil bestätigen, abändern oder aufheben.
Beispiel: Nachdem das Amtsgericht Gießen der klagenden Hundehalterin Recht gab und den Beschluss für ungültig erklärte, legte die WEG Berufung ein. Das Landgericht Frankfurt hob daraufhin das erste Urteil auf und bestätigte die Rechtmäßigkeit des Hundehalteverbots mit Genehmigungsvorbehalt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 18, 19 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Diese Paragraphen regeln die Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft. § 18 WEG legt fest, dass die Wohnungseigentümer durch Beschlüsse über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entscheiden können, während § 19 WEG die gesetzlichen Grundlagen für solche Beschlüsse präzisiert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betont, dass die Eigentümergemeinschaft grundsätzlich die Kompetenz hat, per Beschluss Regelungen zur Hundehaltung zu treffen, da dies die Nutzung des Gemeinschaftseigentums betrifft.
- § 19 Abs. 2 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Diese Norm ermächtigt die Wohnungseigentümer, durch Beschluss eine Hausordnung aufzustellen. Die Hausordnung dient dazu, das Zusammenleben in der Gemeinschaft zu ordnen und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu regeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Hundehaltungsverbot wird als Teil der Hausordnung eingeordnet. Das Gericht sieht darin eine zulässige Regelung der Nutzung des Gemeinschaftseigentums, die durch einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung beschlossen werden kann.
- Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum (WEG): Das Wohnungseigentumsgesetz unterscheidet zwischen Gemeinschaftseigentum, das allen Eigentümern gemeinsam gehört (z.B. Treppenhaus, Garten), und Sondereigentum, das im alleinigen Eigentum eines Wohnungseigentümers steht (z.B. die Wohnung selbst). Die Eigentümergemeinschaft hat weitergehende Befugnisse, die Nutzung des Gemeinschaftseigentums zu regeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Hundehaltung Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum (z.B. durch Nutzung des Treppenhauses) hat, ist die Eigentümergemeinschaft befugt, hierzu Regelungen zu treffen, auch wenn dies die Nutzung des Sondereigentums (Wohnung) indirekt betrifft.
- Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 WEG): Auch wenn nicht explizit genannt, impliziert das Urteil, dass der Beschluss der ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. Dieser Grundsatz verlangt, dass Maßnahmen und Beschlüsse dem Interesse der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen sind und keine unbillige Benachteiligung darstellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sieht das Hundehaltungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt als eine Maßnahme, die dem Interesse der Gemeinschaft an einem geordneten Zusammenleben dient und grundsätzlich nicht unverhältnismäßig ist, solange Kriterien für die Erteilung der Erlaubnis erkennbar sind (auch wenn dies im konkreten Fall nicht beanstandet wurde).
Das vorliegende Urteil
LG Frankfurt – Az.: 2-13 S 89/21 – Urteil vom 09.03.2023
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