Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- LG Berlin: Mietpreisbremse-Rüge durch Inkassodienstleister gültig – Rückwirkung der Genehmigung bei § 556g BGB bestätigt (Az. 64 S 189/23)
- Ausgangssituation: Überhöhte Miete in Berlin und Beauftragung eines Inkassodienstleisters
- Streitpunkte im Berufungsverfahren: Wirksamkeit der Rüge, Abtretung und Kosten
- Die Entscheidung des Landgerichts Berlin: Mieteransprüche weitgehend bestätigt
- Begründung: Wirksamkeit der Rüge nach § 556g BGB durch Inkassodienstleister auch bei späterer Genehmigung
- Begründung: Aktive Klagebefugnis durch wirksame Abtretung (§ 398 BGB)
- Begründung: Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nur teilweise begründet
- Begründung: Kostenentscheidung zur erledigten Auskunftsklage (§ 91a ZPO) – Rechtsmissbrauch festgestellt
- Keine Zulassung der Revision
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet die Mietpreisbremse und wann greift sie?
- Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn ich vermute, dass meine Miete überhöht ist?
- Was ist eine Rüge im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse und warum ist sie wichtig?
- Kann ich einen Inkassodienstleister oder ähnliche Unternehmen beauftragen, meine Rechte aus der Mietpreisbremse durchzusetzen?
- Was bedeutet „rückwirkende Genehmigung“ im Zusammenhang mit einer Rüge und wann ist sie wirksam?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 64 S 189/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Berlin II
- Datum: 26.02.2025
- Aktenzeichen: 64 S 189/23
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Unternehmen, das Mietern bei der Durchsetzung von Mietpreisbremsen-Ansprüchen hilft, als Inhaberin abgetretener Ansprüche.
- Beklagte: Die Vermieterin der Wohnung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Mieter zahlten für eine Wohnung in Berlin eine Miete, die über der nach der Mietpreisbremse zulässigen Höchstmiete lag. Die Vermieterin informierte die Mieter nicht über mögliche Ausnahmen für eine höhere Miete. Ein Unternehmen rügte die Miete im Namen der Mieter und machte als Inhaberin der abgetretenen Ansprüche Klage auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete und auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten geltend.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Rüge der überhöhten Miete durch das beauftragte Unternehmen wirksam war, insbesondere im Hinblick auf die Vertretung und eine nachträgliche Genehmigung durch die Mieter. Weiterhin war streitig, ob das Unternehmen die Ansprüche der Mieter wirksam abgetreten erhalten hatte und somit klagen durfte. Schließlich ging es um die Höhe erstattungsfähiger vorgerichtlicher Kosten und die Verteilung der Gerichtskosten, einschließlich einer Auskunftsklage.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Berlin änderte das erstinstanzliche Urteil teilweise ab. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Teils der überzahlten Miete und eines Teils der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten an die Klägerin. Die weitergehenden Zahlungsansprüche und Kosten wurden abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah die Rüge als wirksam an, auch wenn sie durch das Unternehmen im Namen der Mieter erfolgte und erst nachträglich genehmigt wurde. Die Klägerin war durch die Abtretung Inhaberin der Ansprüche und klagebefugt. Ein Anspruch auf vorgerichtliche Kosten bestand dem Grunde nach, wurde aber in der Höhe teilweise gekürzt. Die Kosten für eine ursprünglich erhobene, aber für erledigt erklärte Auskunftsklage wurden der Klägerin auferlegt, da das Gericht diese Klage als von vornherein unzulässig ansah.
- Folgen: Die Beklagte muss einen Teil der von den Mietern zu viel gezahlten Miete und einen Teil der vorgerichtlichen Kosten an die Klägerin zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Parteen aufgeteilt, wobei die Klägerin einen Großteil der Kosten des ersten Rechtszugs tragen muss.
Der Fall vor Gericht
LG Berlin: Mietpreisbremse-Rüge durch Inkassodienstleister gültig – Rückwirkung der Genehmigung bei § 556g BGB bestätigt (Az. 64 S 189/23)
Das Landgericht Berlin II hat in einem Berufungsverfahren wichtige Fragen zur Durchsetzung der Mietpreisbremse geklärt. Im Zentrum stand die Wirksamkeit einer Rüge, die ein von den Mietern beauftragtes Unternehmen ausgesprochen hatte, obwohl die formale Genehmigung der Mieter erst später erfolgte.

Außerdem ging es um die Berechtigung des Unternehmens, die Ansprüche der Mieter einzuklagen (Aktivlegitimation durch Abtretung), die Angemessenheit vorgerichtlicher Kosten und die Kostenverteilung für eine zunächst miterhobene, dann aber für erledigt erklärte Auskunftsklage. Das Urteil vom 26. Februar 2025 (Az. 64 S 189/23) stärkt in wesentlichen Punkten die Position von Mietern und den von ihnen beauftragten Dienstleistern bei der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen wegen überhöhter Mieten.
Ausgangssituation: Überhöhte Miete in Berlin und Beauftragung eines Inkassodienstleisters
Zwei Mieter schlossen am 1. Oktober 2020 einen Mietvertrag für eine Wohnung in Berlin ab. Die Wohnung liegt in einem Gebiet, das offiziell durch eine Landesverordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausgewiesen ist. Dies bedeutet, dass hier die Regelungen der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) greifen. Die vereinbarte Nettokaltmiete lag unstreitig um 108,76 Euro pro Monat über der nach der Mietpreisbremse zulässigen Höchstmiete. Diese Höchstmiete wurde anhand des Berliner Mietspiegels 2021 (Feld H8, Spannenoberwert 839,55 Euro) ermittelt.
Die Vermieterin hatte die Mieter weder vor noch bei Vertragsabschluss darüber informiert, ob eventuell gesetzliche Ausnahmetatbestände (§ 556e BGB) vorliegen, die eine höhere Miete rechtfertigen würden (z.B. Vormiete, Modernisierung). Diese Information holte sie auch bis zur Klageerwiderung im Gerichtsverfahren nicht nach.
Die Mieter beauftragten daraufhin ein Unternehmen, das sich auf die Durchsetzung von Ansprüchen aus der Mietpreisbremse spezialisiert hat (im Folgenden: der Inkassodienstleister). Dieses Unternehmen schickte am 21. Dezember 2022 ein Schreiben an die Vermieterin. Darin rügte es die überhöhte Miete und erklärte, im Namen und im Interesse der Mieter zu handeln und von diesen bevollmächtigt zu sein. Die Mieter selbst bestätigten und genehmigten das Handeln des Inkassodienstleisters mit einem Schreiben vom 14. Januar 2023. Wichtig ist hierbei, dass die Vermieterin die Rüge des Inkassodienstleisters nicht unverzüglich zurückwies, weil keine Originalvollmacht beigefügt war (§ 174 BGB).
Streitpunkte im Berufungsverfahren: Wirksamkeit der Rüge, Abtretung und Kosten
Der Inkassodienstleister machte die Ansprüche der Mieter auf Rückzahlung der überzahlten Miete im eigenen Namen geltend, da die Mieter ihm diese Ansprüche abgetreten hatten (Zession). Zusätzlich forderte er die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Ursprünglich hatte der Dienstleister auch Klage auf Auskunft über mögliche Ausnahmetatbestände erhoben, diese Klage wurde jedoch im Laufe des ersten Verfahrens vor dem Amtsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Amtsgericht Charlottenburg (Az. 215 C 109/23) hatte die Klage auf Mietrückzahlung weitgehend abgewiesen. Es argumentierte unter anderem, die Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB sei nicht wirksam oder nicht rechtzeitig durch den Inkassodienstleister im Namen der Mieter erfolgt. Daher seien die Rückforderungsansprüche ausgeschlossen. Nur ein kleiner Teil der vorgerichtlichen Kosten wurde zugesprochen.
Gegen dieses Urteil legte der Inkassodienstleister Berufung beim Landgericht Berlin ein. Im Berufungsverfahren erweiterte er die Klage noch um Rückzahlungsansprüche für die Zeiträume Oktober 2020 bis Dezember 2021. Die zentralen Streitpunkte vor dem Landgericht waren somit:
- War die Rüge vom 21. Dezember 2022 wirksam, obwohl die Genehmigung der Mieter erst am 14. Januar 2023 erfolgte? Konnte diese Genehmigung rückwirkend die Rüge heilen?
- War der Inkassodienstleister aktivlegitimiert, also berechtigt, die Ansprüche einzuklagen, basierend auf einer wirksamen Abtretung (§ 398 BGB) durch die Mieter?
- In welcher Höhe sind die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten erstattungsfähig? Insbesondere: Welcher Streitwert ist anzusetzen und welche Gebühr ist angemessen?
- Wer trägt die Kosten für die erledigte Auskunftsklage?
Die Entscheidung des Landgerichts Berlin: Mieteransprüche weitgehend bestätigt
Das Landgericht Berlin II gab der Berufung des Inkassodienstleisters überwiegend statt und änderte das Urteil des Amtsgerichts entsprechend ab.
Die Vermieterin wurde verurteilt, an den Inkassodienstleister 1.740,16 Euro überzahlte Miete (für die Zeiträume Oktober-Dezember 2020, Januar-Dezember 2021 und Januar 2023) nebst gestaffelten Zinsen zurückzuzahlen. Zusätzlich muss die Vermieterin 339,86 Euro für Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen erstatten. Die weitergehenden Forderungen wurden abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens wurden geteilt: Für die erste Instanz trägt der Inkassodienstleister 4/5 und die Vermieterin 1/5 der Kosten. Für die Berufungsinstanz trägt der Inkassodienstleister nur noch 1/5 und die Vermieterin 4/5 der Kosten. Diese Verteilung spiegelt den Erfolg der Berufung wider, berücksichtigt aber auch die Kosten der erledigten Auskunftsklage.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde nicht zugelassen.
Begründung: Wirksamkeit der Rüge nach § 556g BGB durch Inkassodienstleister auch bei späterer Genehmigung
Das Landgericht begründete seine Entscheidung ausführlich und setzte sich dabei insbesondere mit der Frage der Wirksamkeit der Rüge auseinander.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Miete nicht an einer unwirksamen oder verspäteten Rüge gescheitert. Das Gericht legte das Rügeschreiben des Inkassodienstleisters vom 21. Dezember 2022 gemäß §§ 133, 157 BGB (Auslegung von Willenserklärungen) aus. Es kam zu dem Schluss, dass der Dienstleister erkennbar im Namen der Mieter handelte (§ 164 Abs. 1 BGB), um deren Ansprüche geltend zu machen. Dies ergab sich klar aus dem Wortlaut des Schreibens.
Da die Vermieterin die Rüge nicht unverzüglich gemäß § 174 BGB zurückgewiesen hat, weil keine Originalvollmacht beigefügt war, konnte sie sich später nicht mehr auf eine eventuell fehlende Vollmacht berufen.
Aber selbst wenn der Inkassodienstleister zunächst ohne ausreichende Vertretungsmacht gehandelt hätte, wurde die Rüge nach Ansicht des Landgerichts jedenfalls durch die unstreitige Genehmigung beider Mieter vom 14. Januar 2023 wirksam. Diese Genehmigung wirkt gemäß §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB grundsätzlich zurück auf den Zeitpunkt der Rüge.
Entscheidend stellte das Gericht klar: Bei der Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB handelt es sich rechtlich nicht um eine sogenannte rechtsgestaltende Willenserklärung (wie z.B. eine Kündigung oder eine Mieterhöhung), sondern lediglich um eine geschäftsähnliche Handlung. Mit der Rüge informiert der Mieter den Vermieter „bloß“ darüber, warum, in welcher Höhe und ab wann er die Miete nicht mehr unbeanstandet zahlt. Für solche geschäftsähnlichen Handlungen ist die Rückwirkung einer Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB nicht gesetzlich ausgeschlossen. Eine ohne Vollmacht erfolgte Rüge kann ihren Zweck – den Vermieter zu informieren – auch dann erfüllen, wenn die Genehmigung erst später erfolgt. Das Gericht bezog sich hierbei auf die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 45/19).
Begründung: Aktive Klagebefugnis durch wirksame Abtretung (§ 398 BGB)
Das Landgericht war auch davon überzeugt, dass der Inkassodienstleister berechtigt war, die Forderungen im eigenen Namen einzuklagen (aktive Klagebefugnis). Diese Berechtigung ergibt sich aus einer wirksamen Abtretung (§ 398 BGB) der Rückzahlungsansprüche von den Mietern an den Dienstleister.
Das Gericht stützte seine Überzeugung auf die von den Mietern unterzeichnete Bestätigung vom 14. Januar 2023 (Anlage K2), deren Echtheit die Vermieterin nicht bestritten hatte. Diese Urkunde belegte nach Auffassung des Gerichts, dass die Mieter dem Dienstleister spätestens an diesem Tag das Angebot zur Abtretung ihrer Ansprüche gemacht hatten. Dieses Angebot hat der Inkassodienstleister spätestens durch das Absenden des Rügeschreibens am 21. Dezember 2022 oder hilfsweise durch die Einreichung der Klage am 19. April 2023 angenommen (§ 151 BGB – Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden). Das pauschale Bestreiten der Vermieterin bezüglich des genauen Datums der Beauftragung (20. Dezember 2022) mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) änderte nichts an der Überzeugung des Gerichts aufgrund der vorgelegten Urkunde. Die Abtretung war somit wirksam.
Begründung: Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nur teilweise begründet
Grundsätzlich hat der Inkassodienstleister (aus abgetretenem Recht der Mieter) Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Verzugs). Das Fordern einer Miete, die gegen die Mietpreisbremse verstößt (§ 556d Abs. 1 BGB), stellt eine Pflichtverletzung der Vermieterin dar. Das Rügeschreiben vom 21. Dezember 2022 war eine angemessene Maßnahme zur Rechtsverfolgung. Da die Vermieterin auf dieses Schreiben und eine spätere Mahnung nicht reagierte, geriet sie in Verzug.
Allerdings sprach das Gericht dem Inkassodienstleister die Kosten nur in Höhe von 339,86 Euro zu. Die Kürzung erfolgte bei der Berechnung der Anwalts- bzw. Inkassogebühren:
- Streitwert: Das Gericht setzte den Wert für die vorgerichtliche Tätigkeit, die auf eine dauerhafte Mietsenkung abzielte, nicht – wie vom Dienstleister gefordert – mit dem 47-fachen monatlichen Differenzbetrag an. Stattdessen legte es nur den 17-fachen Monatsbetrag zugrunde (17 x 108,76 Euro ≈ 1.849 Euro), was einem Gegenstandswert von bis zu 2.000 Euro entspricht. Das Gericht begründete dies unter Verweis auf den Rechtsgedanken des § 41 Abs. 5 Gerichts- und Notarkostengesetz (GKG) in der Fassung seit 01.01.2021, der für gerichtliche Streitwerte bei Mietsenkungen das Jahresinteresse vorsieht. Es verwies auf ein eigenes früheres Urteil (Az. 64 S 189/22), zu dem eine Revision beim BGH anhängig ist (VIII ZR 125/23), hielt eine erneute Revisionszulassung aber nicht für nötig, da der Gesetzgeber die Bewertung mit dem Jahresinteresse plane (Entwurf KostBRÄG 2025).
- Gebührenhöhe: Das Gericht hielt eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), erhöht um 0,3 wegen der Vertretung von zwei Mietern (Nr. 1008 RVG-VV), also insgesamt eine 1,6-fache Gebühr, für angemessen. Dies gelte auch, obwohl für Inkassodienstleistungen bei unbestrittenen Forderungen seit Oktober 2021 nur eine Gebühr zwischen 0,5 und 1,3 vorgesehen ist. Die Kammer begründete die Anwendung der (erhöhten) Regelgebühr mit der „weit überdurchschnittlichen Schwierigkeit“ der Inkassodienstleistung im Bereich der Mietpreisbremse. Diese erfordere komplexe rechtliche Prüfungen und Beratungen. Es verwies darauf, dass der BGH (Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18) die Tätigkeit solcher Dienstleister gerade wegen dieser Komplexität als zulässige Inkassodienstleistung eingestuft habe. Dass der Dienstleister ein Massengeschäft mittels Automatisierung betreibe, ändere nichts an der prinzipiellen Schwierigkeit der Materie und dem Aufwand für die Entwicklung und Pflege der Systeme.
Begründung: Kostenentscheidung zur erledigten Auskunftsklage (§ 91a ZPO) – Rechtsmissbrauch festgestellt
Die Kosten für die ursprünglich erhobene, dann aber für erledigt erklärte Auskunftsklage musste der Inkassodienstleister tragen. Das Gericht folgte hier § 91a Abs. 1 ZPO (Kosten bei Erledigung) und entschied nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes.
Die Begründung ist deutlich: Die Auskunftsklage war nach Ansicht des Gerichts von Anfang an unzulässig und rechtsmissbräuchlich. Der Grund liegt in § 556g Abs. 1a BGB. Nach Satz 1 dieser Vorschrift muss der Vermieter den Mieter vor Vertragsschluss über Ausnahmetatbestände informieren, die eine höhere Miete rechtfertigen. Tut er dies nicht – wie im vorliegenden Fall –, kann er sich gemäß Satz 2 ohnehin nicht auf diese Ausnahmen berufen.
Daher bestand für die Mieter (und somit auch für den Inkassodienstleister als Abtretungsempfänger) kein rechtlich schützenswertes Interesse daran, Auskunft über Umstände zu erhalten, auf die sich die Vermieterin rechtlich gar nicht mehr stützen konnte. Das Gericht widersprach dem Argument, die Auskunft diene der Minimierung des Kostenrisikos einer Klage. Ein solches Risiko bestehe hier nicht, da die Vermieterin die Ausnahmen nicht geltend machen könne. Im Gegenteil: Eine (nachträglich erteilte) Auskunft könnte für die Mieter sogar nachteilig sein, da sie die Zweijahresfrist des § 556g Abs. 1a Satz 3 BGB in Gang setzen würde, nach deren Ablauf sich der Vermieter doch wieder auf die Ausnahmen berufen könnte.
Das Gericht warf dem Inkassodienstleister vor, die Auskunftsklage „augenscheinlich allein im Kosteninteresse, mithin missbräuchlich anhängig gemacht“ zu haben. Die Auskunftsklage werde im Geschäftsmodell solcher Dienstleister offenbar als Mittel eingesetzt, um das eigene Kostenrisiko zu senken, da sie oft einen erheblichen Teil des Streitwerts ausmache und häufig durch nachträgliche Auskunftserteilung zur Erledigung komme, was dann meist zu einer günstigen Kostenentscheidung für den Kläger führe. In diesem speziellen Fall ging diese Taktik jedoch nicht auf, da die Auskunft von vornherein rechtlich irrelevant war.
Keine Zulassung der Revision
Das Landgericht Berlin hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Es sah weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch die Notwendigkeit einer Entscheidung des BGH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Das Urteil ist somit rechtskräftig, sofern keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Mietern, die gegen überhöhte Mieten vorgehen: Rügen durch beauftragte Inkassodienstleister gegen Mietpreisbremse-Verstöße sind auch dann wirksam, wenn die formale Genehmigung der Mieter erst später erfolgt, da eine solche Rüge als geschäftsähnliche Handlung auch rückwirkend genehmigt werden kann. Vermieter müssen vorgerichtliche Kosten solcher Dienstleister erstatten, wobei das Gericht die besondere Schwierigkeit dieser Tätigkeit durch erhöhte Gebührensätze anerkennt. Die Entscheidung legitimiert spezialisierte Dienstleister als wichtige Akteure bei der Durchsetzung der Mietpreisbremse und senkt damit die praktischen Hürden für Mieter.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet die Mietpreisbremse und wann greift sie?
Die Mietpreisbremse ist eine gesetzliche Regelung, die in bestimmten Städten und Gemeinden gilt. Sie soll verhindern, dass die Mieten bei Neuvermietungen stark ansteigen. Im Kern besagt die Mietpreisbremse, dass die Miete bei einem neuen Mietvertrag in der Regel nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.
Wo und wann gilt die Mietpreisbremse?
Die Mietpreisbremse gilt nicht überall in Deutschland. Sie kann nur in Gebieten angewendet werden, die von der jeweiligen Landesregierung als Gebiete mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ ausgewiesen wurden. Ein angespannter Wohnungsmarkt liegt vor, wenn es schwierig ist, eine Wohnung zu finden, die Mieten schneller steigen als im Bundesdurchschnitt oder die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass ausreichend neue Wohnungen gebaut werden. Ob die Mietpreisbremse in Ihrer Stadt oder Gemeinde gilt, hängt also von der Entscheidung Ihres Bundeslandes ab.
Die Regelung gilt nur bei der Neuvermietung einer Wohnung. Bestehende Mietverträge sind von der Mietpreisbremse grundsätzlich nicht betroffen. Wenn Sie bereits in einer Wohnung leben, die in einem solchen Gebiet liegt, und Ihr Mietvertrag vor Einführung der Mietpreisbremse oder vor der Ausweisung des Gebiets geschlossen wurde, kann die Mietpreisbremse Ihre aktuelle Miete nicht beeinflussen.
Wie wird die zulässige Miete berechnet?
Der zentrale Punkt für die Berechnung der zulässigen Miete ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Diese beschreibt die durchschnittlichen Mieten für vergleichbare Wohnungen in derselben Gemeinde. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird oft in einem Mietspiegel dokumentiert. Wenn die Mietpreisbremse greift, darf die vereinbarte Miete bei einer Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent nicht überschreiten.
Gibt es Ausnahmen von der Mietpreisbremse?
Ja, es gibt bestimmte Fälle, in denen die Mietpreisbremse nicht oder nur eingeschränkt gilt. Dazu gehören insbesondere:
- Neubauwohnungen: Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurden, fallen nicht unter die Mietpreisbremse.
- Umfassende Modernisierung: Wenn eine Wohnung vor der Neuvermietung umfassend modernisiert wurde (mit Kosten, die mindestens ein Drittel des Neubauwertes erreichen), darf eine höhere Miete verlangt werden.
- Bereits höhere Vormiete: Wenn der vorherige Mieter bereits eine höhere Miete gezahlt hat, die nicht gegen die Mietpreisbremse verstieß, darf diese Miete bei der Neuvermietung ebenfalls wieder verlangt werden, auch wenn sie mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.
Für Sie als potenzieller Mieter bedeutet das: Wenn Sie eine Wohnung in einem Gebiet mit Mietpreisbremse suchen, sollten Sie prüfen, ob die verlangte Miete diese Grenze einhält, es sei denn, eine der Ausnahmen trifft zu. Das Wissen um diese Regelung kann helfen, die Angemessenheit einer Miete besser einzuschätzen.
Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn ich vermute, dass meine Miete überhöht ist?
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihre Miete zu hoch sein könnte, gibt es verschiedene Ansatzpunkte, um diese Vermutung zu überprüfen und sich zu informieren. Das deutsche Mietrecht setzt der Miethöhe in vielen Fällen Grenzen.
Ein zentraler Maßstab für die zulässige Miete bei bestehenden Mietverhältnissen oder bei einer neuen Vermietung ist oft die ortsübliche Vergleichsmiete. Diese Vergleichsmiete bildet die durchschnittlichen Mieten für ähnliche Wohnungen in einer bestimmten Gegend ab, die in den letzten vier Jahren neu vermietet oder deren Miete angepasst wurde.
Um zu prüfen, ob Ihre Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, kann man verschiedene Informationsquellen nutzen:
- Mietspiegel: Viele Städte und Gemeinden erstellen einen Mietspiegel. Dies ist eine Übersicht, die Durchschnittsmieten für verschiedene Wohnungen nach Lage, Größe, Ausstattung, Baujahr und Zustand auflistet. Ein qualifizierter Mietspiegel hat dabei eine höhere Beweiskraft.
- Mietdatenbanken: In manchen Regionen gibt es auch Mietdatenbanken, die detailliertere Informationen liefern können.
- Gutachten: Im Streitfall kann auch ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Vergleichsmiete eingeholt werden.
Stellen Sie fest, dass Ihre Miete deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, sieht das Gesetz in bestimmten Fällen die Möglichkeit vor, dies beim Vermieter förmlich zu beanstanden. Dies wird oft als Rüge bezeichnet. Mit dieser Rüge teilen Sie dem Vermieter mit, warum Sie die Miete für überhöht halten und fordern ihn auf, die Miete zu senken.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Regeln zur Miethöhe komplex sein können. Sie hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel davon, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde, ob es sich um eine Neuvermietung handelt, ob Modernisierungen durchgeführt wurden und ob in Ihrer Region spezielle Regelungen wie die Mietpreisbremse gelten.
Informationen zu diesen komplexen Themen sind allgemein zugänglich. Organisationen, die sich mit Mieterfragen beschäftigen, bieten oft allgemeine Informationen und Publikationen an, die helfen können, die rechtlichen Grundlagen besser zu verstehen. Auch offizielle Bekanntmachungen der Kommunen zum Mietspiegel sind öffentlich einsehbar.
Was ist eine Rüge im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse und warum ist sie wichtig?
Im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse spricht man von einer Rüge, wenn Mieterinnen oder Mieter ihrem Vermieter schriftlich mitteilen, dass sie die vereinbarte Miete für zu hoch halten, weil sie gegen die Regeln der Mietpreisbremse verstößt. Man könnte es auch als formellen Widerspruch gegen die Miethöhe verstehen.
Die Bedeutung der Rüge
Die Rüge ist sehr wichtig, weil sie eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass Sie sich erfolgreich auf die Mietpreisbremse berufen können. Sie signalisiert dem Vermieter klar, dass Sie die Miethöhe auf Basis dieser gesetzlichen Regelung beanstanden.
Solange Sie die Miete zahlen, ohne sie wegen der Mietpreisbremse zu rügen, geht der Gesetzgeber davon aus, dass Sie die Miethöhe zunächst akzeptieren. Erst mit dem Zugang der Rüge beim Vermieter „aktivieren“ Sie sozusagen Ihr Recht, eine potenziell zu hohe Miete künftig zu reduzieren und zu viel gezahlte Miete zurückzufordern.
Was muss in der Rüge stehen und wann muss sie erfolgen?
Für die Rüge ist keine bestimmte, komplizierte Form vorgeschrieben, aber sie sollte unbedingt schriftlich erfolgen (z.B. per Brief oder E-Mail). So haben Sie einen Nachweis über den Versand und den Inhalt.
Inhaltlich müssen Sie dem Vermieter klar mitteilen, dass Sie die vereinbarte Miete unter Berufung auf die Mietpreisbremse beanstanden. Es reicht in der Regel aus, wenn Sie darlegen, warum die Miete Ihrer Meinung nach zu hoch ist, zum Beispiel weil die zulässige ortsübliche Vergleichsmiete überschritten wird oder die Vormiete niedriger war und keine Ausnahmegründe vorliegen. Sie müssen in der Rüge noch nicht die genaue Höhe der nach der Mietpreisbremse zulässigen Miete berechnen oder angeben.
Die Rüge muss nach dem Beginn des Mietverhältnisses beim Vermieter eingehen. Es gibt keine feste Frist, innerhalb derer die Rüge erfolgen MUSS, um überhaupt wirksam zu sein.
Die Konsequenzen bei verspäteter Rüge
Die Rüge hat jedoch keine Rückwirkung. Das bedeutet: Wenn Sie die Rüge erst einige Monate oder Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses abschicken, können Sie die Miete, die Sie vor dem Zugang der Rüge gezahlt haben, grundsätzlich nicht mehr zurückfordern. Ihr Recht, die Miete auf die nach der Mietpreisbremse zulässige Höhe zu reduzieren und überzahlte Miete zurückzufordern, beginnt erst ab dem Zeitpunkt, an dem die Rüge beim Vermieter angekommen ist.
Haben Sie die Rüge also beispielsweise sechs Monate nach Mietbeginn verschickt, können Sie zu viel gezahlte Miete für diese ersten sechs Monate in der Regel nicht mehr zurückverlangen. Die Miete bleibt bis zum Eingang der Rüge auf dem ursprünglich vereinbarten Niveau.
Deshalb ist es für Sie wichtig zu wissen: Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihre Miete gegen die Mietpreisbremse verstößt, sollten Sie die Rüge möglichst frühzeitig nach Mietbeginn verschicken, um keine potenziellen Rückzahlungsansprüche für bereits gezahlte Miete zu verlieren.
Kann ich einen Inkassodienstleister oder ähnliche Unternehmen beauftragen, meine Rechte aus der Mietpreisbremse durchzusetzen?
Viele Mieter suchen Unterstützung, um ihre Rechte aus der Mietpreisbremse geltend zu machen, ohne selbst direkt mit dem Vermieter in Konflikt zu treten. Die Beauftragung von Inkassodienstleistern oder auf Mietrecht spezialisierten Unternehmen ist nicht immer uneingeschränkt möglich, insbesondere wenn es um die umfassende Durchsetzung von Ansprüchen geht.
Rechtliche Grenzen für Dienstleister
Das deutsche Recht, insbesondere das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), regelt, wer rechtliche Dienstleistungen erbringen darf. Inkassodienstleister dürfen in der Regel undisputed oder bereits gerichtlich festgestellte Forderungen einziehen. Ansprüche aus der Mietpreisbremse sind aber oft rechtlich komplex. Es genügt nicht, nur auf das Gesetz zu verweisen. Oft ist eine qualifizierte Begründung (eine sogenannte „Rüge“) erforderlich, die bestimmte rechtliche Kriterien erfüllen muss und die genauen Umstände Ihres Mietverhältnisses berücksichtigt.
Die Höhe des zulässigen Mietzinses muss oft erst anhand verschiedener Faktoren ermittelt werden, was zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Vermieter führen kann. Solche Tätigkeiten, die eine vertiefte rechtliche Prüfung und die Durchsetzung von möglicherweise bestrittenen Ansprüchen umfassen, sind nach dem RDG bestimmten, hierfür zugelassenen Berufsgruppen vorbehalten.
Einige Unternehmen bieten Dienstleistungen an, die im Zusammenhang mit der Mietpreisprüfung stehen. Dazu kann eine erste Prüfung der Mietvertragsklauseln oder eine erste Kontaktaufnahme mit dem Vermieter gehören. Die umfassende rechtliche Vertretung, die das Fordern, Verhandeln und gegebenenfalls auch das gerichtliche Vorgehen umfasst, unterliegt aber strengen gesetzlichen Vorgaben. Die Zulässigkeit der Tätigkeit solcher Unternehmen hängt stark vom Einzelfall und der genauen Ausgestaltung ihrer Dienstleistung ab.
Die Rolle der Vollmacht
Auch wenn Sie einem Dienstleister eine Vollmacht erteilen, bedeutet dies nicht automatisch, dass dieser alle rechtlichen Schritte für Sie durchführen darf. Eine Vollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten, in Ihrem Namen zu handeln, aber sie ändert nichts an den gesetzlichen Beschränkungen, wer welche Art von rechtlichen Dienstleistungen erbringen darf. Die Vollmacht ist notwendig, wenn jemand anderes für Sie tätig werden soll, aber sie ist keine „Erlaubnis“, juristische Tätigkeiten auszuüben, die dem Bevollmächtigten gesetzlich untersagt sind.
Kosten und Risiken
Die Kostenmodelle solcher Dienstleister sind oft unterschiedlich. Manche verlangen eine Provision oder einen Anteil an der eingesparten oder zurückerhaltenen Miete (ein sogenanntes Erfolgshonorar). Andere berechnen eventuell eine feste Gebühr für bestimmte Prüfungsleistungen.
Ein Risiko kann darin bestehen, dass die Kosten auch dann anfallen können, wenn die Mietreduzierung oder Rückzahlung nicht erfolgreich durchgesetzt werden kann, je nach Vertragsgestaltung. Zudem besteht das Risiko, dass die Tätigkeit des beauftragten Unternehmens rechtlich unzulässig ist, was zu Problemen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche führen könnte. Die Möglichkeit, einen Dienstleister zu beauftragen, hängt stark von der Art der Dienstleistung ab. Während einfache Prüfungen möglich sein können, stößt die umfassende Durchsetzung rechtlich komplexer Ansprüche auf deutliche gesetzliche Beschränkungen.
Was bedeutet „rückwirkende Genehmigung“ im Zusammenhang mit einer Rüge und wann ist sie wirksam?
Stellen Sie sich vor, jemand handelt in Ihrem Namen, ohne dass Sie ihm vorher die klare Erlaubnis dazu gegeben haben – also ohne eine entsprechende Vollmacht. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ein Mitarbeiter oder eine andere Person meint, in Ihrem Interesse zu handeln. Rein rechtlich ist diese Handlung zunächst nicht gültig für Sie.
Was ist eine rückwirkende Genehmigung?
Die „rückwirkende Genehmigung“ ist die Möglichkeit, dass Sie diese Handlung nachträglich genehmigen. Das bedeutet, Sie erklären im Nachhinein, dass die Handlung doch in Ordnung war und Sie damit einverstanden sind. Durch diese Genehmigung wird die Handlung so behandelt, als wäre sie von Anfang an gültig gewesen. Sie wirkt also rückwirkend auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Handlung (§ 184 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Im Zusammenhang mit einer Rüge (wie einer formellen Beschwerde oder Abmahnung, z.B. im Mietrecht) bedeutet das: Wenn jemand für Sie eine Rüge ausgesprochen hat, aber keine ausreichende Vollmacht dafür hatte, können Sie diese Rüge durch Ihre spätere Genehmigung doch noch wirksam machen. Die Rüge gilt dann als von Anfang an gültig ausgesprochen.
Gibt es Einschränkungen? Die Zurückweisung nach § 174 BGB
Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme, die oft eine Rolle spielt, wenn jemand als Vertreter handelt, aber keine schriftliche Vollmacht vorzeigt. Diese Ausnahme schützt die Person, die die Erklärung empfängt (z.B. den Mieter, der die Rüge erhält).
Nach § 174 BGB kann die Person, die eine Willenserklärung (wie eine Rüge) von jemandem erhält, der als Vertreter handelt, die Erklärung unverzüglich zurückweisen. Voraussetzung dafür ist, dass der Vertreter bei der Abgabe der Erklärung keine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat.
Unverzüglich bedeutet in diesem Zusammenhang „ohne schuldhaftes Zögern“. Der Empfänger muss die Rüge also sehr schnell zurückweisen, sobald er erkennt, dass keine schriftliche Vollmacht vorgelegt wurde.
Was passiert bei einer Zurückweisung nach § 174 BGB?
Wenn der Empfänger die Rüge aufgrund der fehlenden Vorlage einer schriftlichen Vollmacht unverzüglich zurückweist, wird die Rüge endgültig unwirksam. In diesem Fall ist es nicht mehr möglich, die Rüge durch eine spätere rückwirkende Genehmigung wirksam zu machen. Das Recht des Empfängers zur Zurückweisung hat hier Vorrang.
Dieses Recht zur Zurückweisung steht dem Empfänger der Erklärung (z.B. dem Mieter) zu, nicht der Person, in deren Namen gehandelt wurde (z.B. dem Vermieter).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Handlung ohne Vollmacht, wie eine Rüge, kann durch nachträgliche Genehmigung desjenigen, für den gehandelt wurde, rückwirkend wirksam werden. Wird die Handlung aber vom Empfänger unverzüglich wegen fehlender Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zurückgewiesen, ist eine rückwirkende Genehmigung ausgeschlossen und die Handlung bleibt unwirksam.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB
Eine Rüge im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse ist eine schriftliche Mitteilung des Mieters an den Vermieter, dass die vereinbarte Miete zu hoch ist, weil sie gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstößt (§ 556g Abs. 2 BGB). Die Rüge ist wichtig, um dem Vermieter den überhöhten Mietpreis formal anzuzeigen und so die Grundlage für eine Minderung oder Rückforderung zu schaffen. Ohne eine solche Rüge können zu viel gezahlte Mieten grundsätzlich nicht zurückverlangt werden. Die Rüge muss nicht sofort nach Vertragsschluss erfolgen, sie hat aber keine Rückwirkung auf bereits gezahlte Mieten vor Zugang der Rüge.
Beispiel: Wenn Sie bereits seit einem halben Jahr eine zu hohe Miete zahlen, können Sie die zu viel gezahlten Beträge nur ab dem Zeitpunkt zurückfordern, an dem Sie die Rüge dem Vermieter zugeschickt haben.
Rückwirkende Genehmigung (§ 184 BGB)
Die rückwirkende Genehmigung bedeutet, dass eine Handlung, die jemand ohne vorherige Erlaubnis (Vollmacht) für eine andere Person vorgenommen hat, im Nachhinein anerkannt wird und dadurch so wirkt, als sei sie von Anfang an rechtmäßig erfolgt (§ 184 BGB). Im Mietrechtsfall heißt das, wenn ein Inkassodienstleister ohne Vollmacht eine Rüge ausspricht, können die Mieter dies später genehmigen, sodass die Rüge vom ursprünglichen Zeitpunkt an wirksam wird. Dies ist nur möglich, sofern der Empfänger (z. B. Vermieter) die Rüge nicht unverzüglich wegen fehlender Vollmacht zurückgewiesen hat (§ 174 BGB).
Beispiel: Ein Unternehmen meldet dem Vermieter eine zu hohe Miete, ohne vorher eine offizielle Erlaubnis der Mieter zu haben. Die Mieter bestätigen diese Handlung später schriftlich. Dann gilt die Rüge ab dem ursprünglichen Datum.
Abtretung (§ 398 BGB)
Abtretung bedeutet, dass ein Gläubiger (z. B. Mieter) seine Forderungen gegen einen Schuldner (Vermieter) an eine andere Person oder ein Unternehmen (Inkassodienstleister) überträgt (§ 398 BGB). Dadurch darf der neue Forderungsinhaber im eigenen Namen die Ansprüche geltend machen und durchsetzen. Eine wirksame Abtretung setzt insbesondere eine Einigung zwischen den Parteien voraus. Im vorliegenden Fall konnte der Inkassodienstleister deshalb für die Mieter klagen, weil diese ihm ihre Rückzahlungsansprüche formgerecht abgetreten hatten.
Beispiel: Die Mieter treten die Forderung auf zu viel gezahlte Miete an ein Inkassounternehmen ab, das dann die Rückzahlung vor Gericht durchsetzt.
Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten
Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten sind die Aufwendungen, die ein Gläubiger (hier die Mieter bzw. der Inkassodienstleister) für die Durchsetzung seiner Ansprüche vor einer gerichtlichen Klage hat, z. B. Gebühren für anwaltliche Beratung oder Inkassodienstleistungen. Nach den §§ 280, 286 BGB kann der Gläubiger diese Kosten vom Schuldner ersetzt verlangen, wenn dieser sich in Verzug befindet, also unberechtigt die Forderung nicht begleicht. Im Gerichtsverfahren wird geprüft, ob der Aufwand angemessen war und welcher Streitwert für die Kostenberechnung zugrunde gelegt wird.
Beispiel: Ein Mieter beauftragt vor Einreichung der Klage einen Anwalt oder Inkassodienstleister, um die Rückzahlung überhöhter Miete durchzusetzen. Die dadurch entstandenen Kosten kann er vom Vermieter ersetzt verlangen, wenn die Forderung berechtigt ist.
Kostenentscheidung bei Erledigungsklage (§ 91a ZPO) und Rechtsmissbrauch
Eine Auskunftsklage kann unter Umständen für erledigt erklärt werden, wenn der Streitgegenstand entfällt oder die Partei ihr Ziel nicht mehr verfolgt. Nach § 91a ZPO entscheidet das Gericht dann, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, meist nach billigem Ermessen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Kosten der Auskunftsklage dem Inkassodienstleister auferlegt, weil die Klage von Anfang an als unzulässig und missbräuchlich angesehen wurde. Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein Recht oder ein Rechtsmittel zur Erreichung eines Zwecks verwendet wird, der gesetzlich nicht zulässig ist, etwa um Kosten zu senken, obwohl kein berechtigter Anspruch besteht.
Beispiel: Das Inkassounternehmen forderte per Auskunftsklage Informationen, obwohl diese rechtlich irrelevant waren. Das Gericht bewertete das Vorgehen als missbräuchlich und wies die Kosten der Klägerseite zu.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 556d ff. BGB (Mietpreisbremse): Regelt die Begrenzung der Miete bei Wiedervermietung in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, um überhöhte Mieten zu verhindern. Insbesondere ist der Vermieter verpflichtet, die zulässige Höchstmiete gemäß ortsüblichem Mietspiegel nicht zu überschreiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die überhöhte Miete in Berlin verstößt gegen diese Vorschriften, weshalb Mieter und Inkassodienstleister Rückzahlungsansprüche geltend machen.
- § 556g Abs. 1a und Abs. 2 BGB (Rüge und Informationspflichten): Verpflichtet Vermieter zur Vorabinformation über Ausnahmetatbestände vor Vertragsschluss und bestimmt, dass die Miete ab dem Zeitpunkt der Rüge nur in der zulässigen Höhe zu zahlen ist. Die Rüge dient als Voraussetzung für Rückforderungsansprüche. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Rüge des Inkassodienstleisters ist wirksam, auch wenn die Genehmigung der Mieter erst später erfolgte, und legitimiert die Forderung der überzahlten Miete.
- § 164 Abs. 1 BGB (Vertretung ohne Vollmacht) in Verbindung mit § 174 BGB (Rückwirkende Genehmigung): Regelt, dass eine ohne Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung durch nachträgliche Genehmigung wirksam werden kann, die grundsätzlich auch auf den Zeitpunkt der Abgabe zurückwirkt, sofern der Empfänger die Vollmachtserteilung nicht sofort bestreitet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die nachträgliche Genehmigung der Mieter heilte die vorherige fehlende Vertretungsmacht des Inkassodienstleisters, so dass die Rüge vom 21. Dezember 2022 wirksam war.
- § 398 BGB (Abtretung von Forderungen): Regelt die Übertragung eines Forderungsrechts von einem Gläubiger auf einen Dritten, wodurch der Abtretungsempfänger klagebefugt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mietrückforderungsansprüche wurden wirksam an den Inkassodienstleister abgetreten, der deshalb berechtigt war, die Klage im eigenen Namen zu führen.
- §§ 280, 286 BGB (Schadensersatz wegen Verzug) in Verbindung mit §§ 41 Abs. 5 GKG und RVG: Legt fest, dass der Gläubiger bei Verzug des Schuldners Aufwendungen für vorgerichtliche Rechtsverfolgung ersetzt verlangen kann, wobei Streitwert und Gebührenhöhe gemäß Kostengesetz und Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu bemessen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Inkassodienstleister konnte vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in angemessenem Umfang geltend machen, allerdings begrenzte das Gericht Streitwert und Gebühr, um eine überhöhte Kostenforderung zu vermeiden.
- § 91a ZPO (Kosten bei Erledigung) in Verbindung mit § 556g Abs. 1a BGB (Auskunftspflichten): Bestimmt die Kostenverteilung bei Erledigung des Rechtsstreits und schränkt den Anspruch auf Auskunft ein, wenn der Vermieter seiner Informationspflicht vor Vertragsschluss nicht nachgekommen ist und sich deshalb auf Ausnahmetatbestände nicht berufen kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Auskunftsklage war unzulässig und missbräuchlich, weshalb der Inkassodienstleister die Kosten der erledigten Auskunftsklage tragen muss.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin II – Az.. 64 S 189/23 – Urteil vom 26.02.2025
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