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Verwertung der Mietkaution nach Veräußerung des Mietobjekts

OLG Frankfurt – Az.: 2 U 192/10 – Urteil vom 15.04.2011

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 23.7.2010 (Az.: 2-5 O 317/08) teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.990,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.350,- € vom 4.4.2007 bis zum 30.11.2007, aus 3.650,- € vom 5.11.2007 bis zum 30.11.2007, aus 722,84 € seit dem 10.5.2008 und aus 1.792,71 € seit dem 25.3.2011 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Anschlußberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin zu 79 % und der Beklagte zu 21 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.442,71 € festgesetzt.

Gründe

I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

Die Klägerin als Vermieterin verlangt mit ihrer am 25.8.2008 eingegangenen Klage von dem Beklagten als ehemaligem Mieter Zahlung rückständiger Mieten sowie Mietnebenkosten in Höhe von insgesamt 10.317,81 €. Sie hatte das Mietobjekt mit Wirkung zum 1.12.2006 von dem Veräußerer V erworben und wurde am 15.5.2007 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Das Mietverhältnis endete zum 30.11.2007. Der Voreigentümer teilte den Mietern mit Schreiben vom 11.1.2007 (Blatt 49 der Akte) mit, daß die Klägerin mit Wirkung vom 1.12.2006 in die bestehenden Mietverträge eingetreten sei, und wies darauf hin, daß er die Ansprüche aus den Mietsicherheiten an die Klägerin abgetreten habe. Der Beklagte erklärte die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution, die er in Höhe von 18.600,- € an den vormaligen Vermieter in bar (Quittung Blatt 48 der Akte) geleistet hatte. Der Vorvermieter hatte dem Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 31.1.2008 (Blatt 59 der Akte) erklärt, wegen einer zwischenzeitlich titulierten Forderung in Höhe von insgesamt 10.480,13 € sowie wegen weiterer Forderungen aus Mietrückständen die Kaution nicht herauszugeben. Der Beklagte forderte die Klägerin wiederholt zur Auszahlung des Restbetrages der Kaution, welcher nach Abzug – allein – ihrer Forderungen verbleibe, auf. Die Klägerin teilte ihm mit Anwaltsschreiben vom 5.10.2008 mit, daß die Kaution nach Verrechnung seitens des Veräußerers gemäß dessen Schreiben vom 31.1.2008 aufgebraucht sei. Hinsichtlich des Sachverhalts im einzelnen wird zunächst auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 23.7.2010, der Klägerin sowie dem Beklagten zugestellt am 28.7.2010, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Zahlungsanspruch der Klägerin habe zwar zunächst bestanden, sei aber infolge der seitens des Beklagten erklärten Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution in Höhe von 18.600,- € erloschen. Eine entsprechende Gegenforderung des Beklagten habe bestanden. Sie sei nicht durch die Aufrechnungserklärung des Veräußerers im Schreiben vom 31.1.2008 erloschen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe ein Gegenseitigkeitsverhältnis im Verhältnis des Veräußerers zu dem Beklagten nicht mehr bestanden, da der Veräußerer nicht mehr Schuldner der Forderung des Beklagten auf Rückzahlung der Kaution gewesen. Dies sei vielmehr seit der Veräußerung des Mietobjekts die Klägerin gewesen, da sie in die Rechte und Pflichten bezüglich der von dem Beklagten geleisteten Kaution eingetreten sei. Für die Haftung der Klägerin komme es auf die tatsächliche Leistung der Mietkaution nicht an. Unerheblich sei es auch, daß der Veräußerung die Sicherheit nach dem Vortrag der Klägerin mit ihrem Einverständnis in Anspruch genommen habe, da dies mangels Einverständnisses des Beklagten nicht wirksam erfolgen könne.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 25.8.2010 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 28.10.2010 am 27.10.2010 begründeten Berufung ihre Klageforderung weiter. Der Beklagte verlangt mit seiner innerhalb der am 15.12.2010 ablaufenden Berufungserwiderungsfrist an diesem Tage eingelegten und zugleich begründeten Anschlußberufung im Wege der Widerklage Auszahlung eines nach der Aufrechnung verbleibenden Kautionsguthabens in Höhe von 8.282,19 € zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten von 718,40 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Voreigentümer sei berechtigt gewesen, die Kaution in Anspruch zu nehmen, die er noch nicht an sie weitergeleitet habe. Demzufolge sei dieser nicht verpflichtet gewesen, die Kaution an sie auszukehren. Bei einer Grundstücksveräußerung dürfe sich vorrangig der Veräußerer aus der Sicherheit befriedigen. Die Klägerin behauptet, dem Veräußerer hätten gegen den Beklagten Ansprüche in den Betrag der Kaution übersteigender Höhe zugestanden. Auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hin hat sie mit Schriftsatz vom 17.3.2011 die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 (Blatt 255 ff. der Akte) vorgelegt. Die sich hieraus ergebende Summe von 2.192,71 € sei um die in der Berechnung nicht berücksichtigt Vorauszahlung für November 2007 in Höhe von 350,- € zu reduzieren, so daß sich eine zusätzliche Forderung in Höhe von 1.842,71 € ergebe, mit welcher sie hilfsweise die Aufrechnung gegen eine etwaige mit der Widerklage geltend gemachte Forderung des Beklagten auf Auskehrung eines Restbetrages aus der Kaution erkläre. Ergänzend bezieht sie sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 27.10. und 4.11.2010 sowie 3.2. und 17.3.2011 (Blatt 195 ff., 201 f., 241 ff., 253 ff. der Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 23.7.2010 (Az. 2-5 O 317/08) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.317,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.350,- € seit dem 4.4.2007, aus 3.650,- € seit dem 5.11.2007 und aus 3.317,81 € seit dem 10.5.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlußberufung beantragt er, im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an ihn 8.282,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 7.490,- € seit dem 26.3.2008 sowie aus einem Betrag von 8.282,19 € seit dem 17.7.2008 und vorgerichtlich Anwaltskosten von 718,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 661,16 € seit dem 26.3.2008 sowie aus einem Betrag von 718,40 € seit dem 15.7.2010 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beruft sich auf die Begründung des Landgerichts sowie auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Ansicht, das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Voreigentümer sei für ihn als Mieter irrelevant. Er bestreitet, daß der Voreigentümer die Kaution vor der Erklärung der Verrechnung noch nicht an die Klägerin herausgegeben habe. Gegenüber einer Nachforderung aufgrund der Betriebskostenanrechnung für das Jahr 2007, welche ihm erst jetzt zur Kenntnis gelangt sei, beruft er sich auf Verwirkung.

Er habe nach Treu und Glauben davon ausgehen dürfen, daß die von ihm gezahlten Vorschüsse auf die Betriebskosten die von ihm zu tragenden Betriebskosten deckten und daher keine Betriebskosten mehr gegen ihn geltend gemacht würden, und sich hierauf verlassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 15.12.2010 und 8.4.2011 (Blatt 219 ff., 269 ff. der Akte) Bezug genommen.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). Die Anschlußberufung des Beklagten ist zulässig (§ 524 ZPO).

Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Anschlußberufung des Beklagten ist unbegründet.

Die Klage ist teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf restliche Mietzinsen sowie Nebenkosten in Höhe von noch 3.990,65 € zu; die Widerklage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung restlicher Mietzinsen sowie zwischenzeitlich abgerechneter Nebenkosten in Höhe von 10.317,81 € zuzüglich 1.792,71 €, insgesamt also 12.110,52 € zu (§ 535 Abs. 2, § 566 BGB). Es ist davon auszugehen, daß die Klägerin den Anspruch auf Zahlung abgerechneter Nebenkosten auch hilfsweise zur Begründung der Klageforderung heranzieht, obgleich sie ihn gegenüber der erhobenen Widerklage zur Aufrechnung stellt, da jedenfalls eine Gesamtabrechnung unter Berücksichtigung der wechselseitig geltend gemachten Forderungen erfolgen soll.

Den Anspruch auf Zahlung von Mietzinsen stellt der Beklagte nicht in Abrede. Die nunmehr vorgelegte Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2007 hat einen die zu leistenden Vorauszahlungen übersteigenden Betrag in Höhe von 2.192,71 € ergeben, von dem entsprechend der Berechnung der Klägerin der bereits in der bisherigen Klageforderung berücksichtigte Betrag von 350,- € für die Betriebskostenvorauszahlung für den Monat November 2007 sowie aus dem gleichen Grunde der Restbetrag von 50,- € für die Betriebskostenvorauszahlung für den Monat April 2007 abzusetzen sind, so daß ein Betrag von noch 1.792,71 € verbleibt. Denn für den Monat April 2007 war bereits in der ursprünglichen Klageforderung unter Berücksichtigung der Teilzahlung von 300,- € auf den vorauszuzahlenden Betrag von 350,- € ein Restbetrag von 50,- € geltend gemacht worden.

Der neue Vortrag der Klägerin zu der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 war auch in der Berufungsinstanz noch zu berücksichtigen, da bereits das Landgericht darauf hätte hinweisen müssen, daß die Betriebskosten jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2008 abzurechnen waren und die Klage daher nicht mehr auf den Anspruch auf Vorauszahlungen gestützt werden konnte (§ 531 Abs. 2 ZPO).

Bei der Berechnung ist von den in der Betriebskostenabrechnung aufgeführten Beträgen auszugehen, da der Beklagte die einzelnen Positionen nicht substantiiert in Abrede gestellt hat. Die mit „X-Straße“ abweichend angegebene Anschrift der Liegenschaft ist unerheblich, da es sich jedenfalls um das von dem Beklagten angemietete Objekt handelt, das als Gewerbeobjekt zusammen mit Wohnungen das Gesamtobjekt bildet, das mit „Y-Straße 1, Stadt1, bezeichnet ist. Dieser Einwand des Beklagten war bereits Gegenstand des zwischen dem Veräußerer V und dem Beklagten geführten Vorprozesses Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 2 U 32/07. Die Kosten für einen Kabelanschluß hat der Beklagte gemäß Nr. 6.1. l) (b) und die Kosten für den Hauswart gemäß Nr. 6.1. k) der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen Gewerbemietvertrag zu tragen. Das Schreiben des Veräußerers V vom 11.1.2007, nach welchem der Hausmeister weiterhin für die Wohnungen zuständig bleibe, während der gewerblich genutzte Teil des Objekts hierbei nicht genannt ist, steht dem nicht entgegen, zumal dieses Schreiben ausdrücklich an die „Bewohner“ der Liegenschaft gerichtet ist. Ob und in welchem Umfange der Beklagte die genannten Leistungen jeweils selbst tatsächlich in Anspruch nimmt, ist für die Abrechnung unerheblich.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlicher Nebenkosten ist weder verjährt noch steht ihm der Einwand der Verwirkung entgegen. Die späte Geltendmachung des Anspruchs erscheint nicht als eine mit Treu und Glauben unvereinbarte Härte, insbesondere da der Beklagte gerade im Hinblick auf die erhobene Klage keine Veranlassung hatte, sich darauf einzustellen, die Klägerin werde ihr Recht nicht mehr geltend machen (§ 242 BGB; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 242, Rdnrn. 87 ff., 95 m.w.N.).

Die Ansprüche der Klägerin sind infolge der seitens des Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung der an den Vorvermieter geleisteten Mietsicherheit in Höhe von 8.119,87 € erloschen, so daß ein Restbetrag von 3.990,65 € verbleibt (§§ 387, 389 BGB). Dem Beklagten stand gegen die Klägerin ein solcher Anspruch nur in Höhe von 8.119,87 € zu, da die in Höhe von 18.600,- € geleistete Mietsicherheit nur in dieser Höhe noch nicht wirksam in Anspruch genommen wurde. Die Klägerin ist durch ihren Erwerb des Mietobjekts nur insoweit Schuldnerin des durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache aufschiebend bedingten Anspruchs des Beklagten gegen den Vorvermieter auf Rückzahlung der geleisteten Mietsicherheit geworden, nicht auch in Höhe des weitergehenden Betrages von 10.480,19 € (§ 578 Abs. 2, § 566 a BGB). Denn der Anspruch des Beklagten auf Rückzahlung der Kaution ist in Höhe dieses Betrages bereits infolge der seitens des Vorvermieters erklärten Inanspruchnahme der Mietsicherheit erloschen. Die Klägerin hat ihr Einverständnis hierzu erklärt. Daß dem Veräußerer über die titulierte Forderung hinaus weitere Ansprüche in Höhe von 8.119,87 € zustanden, hat die Klägerin trotz Hinweis des Gerichts allerdings nicht dargelegt. Der Beklagte hatte die Richtigkeit dieser Behauptung in Abrede gestellt.

Zwar ist der Erwerber eines Mietobjekts nach Ende des Mietverhältnisses zur Rückgewähr der Sicherheit an den Mieter unabhängig davon verpflichtet, ob er die Sicherheit vom Vorvermieter tatsächlich erhalten oder ob die Rückgewährpflicht durch Vereinbarung mit dem Vorvermieter übernommen hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 566a Rdnr. 5 m.w.N.). Dies gilt aber nur insoweit, wie er aus der Sicherungsvereinbarung über die Mietkaution hierzu noch verpflichtet ist und daher nur insoweit, wie der Vorvermieter seinerseits die Mietkaution noch nicht in berechtigter Weise in Anspruch genommen hat und sie daher noch als Sicherheit bei ihm vorhanden war. Maßgebender Zeitpunkt hierfür ist nicht notwendig der Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums an dem Mietobjekt auf den Erwerber, sondern gegebenenfalls ein späterer Zeitpunkt der Übertragung der Mietsicherheit auf diesen. Im Falle der Leistung einer Barkaution erfolgt kein unmittelbarer Rechtsübergang, vielmehr hat der Erwerber gegen den Veräußerer einen Anspruch auf Auszahlung des Betrages gegebenenfalls nebst Zinsen (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 566a, Rdnr. 4).

Der Veräußerer hatte die Mietsicherheit bereits in Höhe des Betrages seiner rechtskräftig titulierten Forderung von 10.480,19 € berechtigt in Anspruch genommen. Die Rechte des Vermieters an der geleisteten Kaution folgen aus der Sicherungsvereinbarung mit dem Mieter und richten sich in ihrer Ausgestaltung nach dieser. Ein Vermieter kann bereits während der Mietzeit jedenfalls dann auf die Kaution zugreifen, wenn seine Forderung rechtskräftig festgestellt oder unbestritten ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Einf. v. § 535, Rdnr. 123; LG Wuppertal, NJW-RR 2004, 1309). Hierbei handelt es sich nicht um eine Aufrechnung gegen den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution, sondern um die Inanspruchnahme einer vertraglich vereinbarten Sicherheit.

Der Vermieter kann eine Kaution auch dann noch zur Deckung seiner rechtskräftig festgestellten Forderung verwerten, wenn er das Mietobjekt bereits veräußert und übereignet hat, sofern sich die Kaution noch in seinem Vermögen befindet. Sinn und Zweck des gesetzlich in § 566 a BGB bestimmten Eintritts des Erwerbers in die Pflichten gegenüber dem Mieter, welche durch die Leistung der Sicherheit begründet wurden, ist der Schutz des Mieters, der durch die Veräußerung des Mietobjekts nicht schlechter gestellt werden soll, als er vor der Veräußerung stand (vgl. BGH, NJW 99, 2177 ff.; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 566, Rdnr. 1 § 566a, Rdnrn. 1, 5). Er soll hingegen auch nicht im Verhältnis zu dem Vorvermieter besser gestellt werden, indem diesem mit der Veräußerung stets die Möglichkeit genommen würde, Ansprüche, für welche er bereits während des Laufs des Mietvertrages auf die Sicherheit zugreifen könnte, nicht mehr auf diesem Wege erfüllen zu können, während dem Erwerber dies verwehrt ist, weil er nicht Gläubiger dieser Ansprüche, die bereits vor Veräußerung entstanden sind, ist. Denn alle vor dem Eigentumswechsel entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche verbleiben bei dem bisherigen Vermieter. Obwohl der Sicherungsfall noch bei dem Vorvermieter eingetreten ist, könnte der Mieter anderenfalls die Mietsicherheit von dem Erwerber uneingeschränkt zurückfordern, und der Vorvermieter bliebe ungesichert. Dies würde über den mit der gesetzlichen Regelung angestrebten Schutz des Mieters im Falle der Veräußerung des Mietobjekts hinausgehen und ihn in ungerechtfertigter Weise besser stellen und den Vorvermieter damit zugleich ohne hinreichenden Grund benachteiligen. Auch die Pflichten des Vorvermieters dem Mieter gegenüber wären ohne die Veräußerung der Mietsache im Falle des Eintritts des Sicherungsfalls nicht mehr auf Rückzahlung der Mietsicherheit gerichtet. Der Erwerber tritt nach der gesetzlichen Regelung in die Pflichten des Vorvermieters jedoch nur in dem Umfange ein, wie sie tatsächlich bestehen.

 

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Etwas anderes ergibt sich nicht aus anderen gesetzlichen Regelungen, welche die Rechte einer Vertragspartei von einem bestimmten Zeitpunkt an beschränken, beispielsweise die Regelungen über die Verjährung. Denn diesen Regelungen liegt jeweils ein besonderer Zweck zugrunde, welcher nicht allein in der Bevorzugung der anderen Partei besteht, im Falle der Verjährung beispielsweise der Schutz des fälschlich als Schuldner in Anspruch Genommenen, der Gedanke des Schuldnerschutzes gegen die „verdunkelnde Macht der Zeit“ (Motive I 512), der Rechtsfriede und die Rechtssicherheit sowie das Bedürfnis des Wirtschaftsverkehrs nach einer beschleunigten Abwicklung von Rechtsverhältnissen und die Entlastung der Gerichte von Streitigkeiten über veraltete Ansprüche (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Überbl. V. § 194, Rdnrn. 7 ff. m.w.N.).

Daß der Vorvermieter die Erklärung, die Sicherheit in Anspruch zu nehmen, erst nach der Veräußerung des Mietobjekts abgegeben hat, nachdem er eine rechtskräftige Verurteilung des Beklagten erwirkt hatte, steht seiner bereits begründeten Berechtigung, wegen seiner Forderungen die Sicherheit in Anspruch zu nehmen, nicht entgegen. Es ist davon auszugehen, daß der Vorvermieter auch noch Inhaber der von dem Beklagten an ihn in bar geleisteten Sicherheit war. Die Klägerin ist wie dargelegt nicht unmittelbar Rechtsinhaberin der Sicherheit geworden, insbesondere nicht in ein etwaiges Rechtsverhältnis des Voreigentümers mit einer Bank eingetreten, sondern hat lediglich einen Anspruch gegen den Voreigentümer auf Übertragung der in Form der Barzahlung geleisteten Sicherheit auf sie. Dieser Anspruch ist auf den Betrag der Sicherheit beschränkt, den der Vorvermieter noch nicht in berechtigter Weise in Anspruch genommen hat. Die Behauptung der Klägerin, daß eine Übertragung der Sicherheit auf sie noch nicht erfolgt war, hat der Beklagte zwar bestritten, eine Übertragung an die Klägerin vor der Erklärung der Inanspruchnahme der Sicherheit durch den Vorvermieter mit Schreiben vom 31.1.2008 aber weder konkret vorgetragen noch nachgewiesen. Das Formularschreiben des Vorvermieters vom 11.1.2007 an alle Mieter (Blatt 49 der Akte) reicht hierfür nicht aus, da es zwar die Aussage enthält, der Vorvermieter habe die Ansprüche aus den Mietsicherheiten, die er als Vermieter erhalten hat, an die Klägerin als Erwerberin abgetreten, er dies aber nachträglich den Beklagten betreffend in Abrede gestellt hat, indem er gemäß Schreiben vom 31.1.2008 erklärt hat, die Mietsicherheit noch in Anspruch zu nehmen.

Der Zinsanspruch steht der Klägerin in dem zuerkannten Umfange aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu (§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Die während des Mietverhältnisses fällig gewordenen Forderungen der Klägerin sind bis zum Ende des Mietverhältnisses zu verzinsen, da der Rückzahlungsanspruch des Beklagten erst von diesem Zeitpunkt an fällig werden konnte und die Klägerin zuvor eine Verrechnung mit der Mietsicherheit nicht vorgenommen hatte.

Die Widerklage ist unbegründet. Dem Beklagten steht ein weiterer Anspruch auf Rückzahlung der an den Vorvermieter geleisteten Kaution nicht zu, da dem Vorvermieter und der Klägerin wie dargelegt Ansprüche in den Betrag der Mietsicherheit übersteigender Höhe zustehen, für welche sie die Sicherheit bereits in voller Höhe verwertet haben. Demzufolge steht dem Beklagten auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien nach dem Verhältnis ihres jeweiligen Obsiegens und Unterliegens unter Berücksichtigung der Gegenstandswerte der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

Der Streitwert des Berufungsverfahrens war auf 20.442,71 € festzusetzen, nämlich 10.317,81 € zuzüglich 1.842,71 € für die Berufung der Klägerin und 8.282,19 € für die Anschlußberufung des Beklagten.

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