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Genossenschaftswohnung – Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung

Genossenschaftsmitglied verstößt gegen Satzungszweck durch gewinnorientierte Untervermietung

In dem Fall geht es um die Frage, ob ein Genossenschaftsmitglied einen Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung der Genossenschaftswohnung hat, wenn es die Wohnung fast vollständig untervermietet.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 49 C 382/22 >>>

Klage auf Räumung nach außerordentlicher fristloser Kündigung

Der Kläger, eine Wohnungsgenossenschaft, hatte dem Beklagten zu 1) als Genossenschaftsmitglied die streitgegenständliche Wohnung vermietet. Dieser vermietete einen Großteil der Wohnung weiter an den Beklagten zu 2). Die Genossenschaft kündigte daraufhin das Mietverhältnis, da sie der Ansicht war, der Beklagte zu 1) nutze die Wohnung kaum noch selbst, sondern habe sie weitgehend untervermietet. Damit verstoße er gegen den in der Satzung verankerten Genossenschaftszweck, der den Mitgliedern bezahlbaren Wohnraum verschaffen solle.

Gericht gibt Räumungsklage statt

Das Gericht teilte die Auffassung der Genossenschaft und gab der Räumungsklage statt. Zwar habe ein Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung zur teilweisen Untervermietung. Hier liege aber ein Verstoß gegen die Genossenschaftssatzung vor, da sich der Beklagte zu 1) einen wirtschaftlichen Vorteil durch die nahezu kostenfreie Mitnutzung der Wohnung verschafft habe. Dies sei mit dem Genossenschaftszweck nicht vereinbar.

Begründung des Gerichts

In der Begründung führte das Gericht aus, dass der günstige Genossenschaftsmietzins ausschließlich dazu diene, den Mitgliedern bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen. Eine gewinnorientierte Untervermietung, durch die sich der Mieter auf Kosten der Genossenschaft bereichere, sei dem Genossenschaftszweck abträglich. Daher sei die außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Fazit

Das Urteil stellt klar, dass Genossenschaftsmitglieder die Wohnung nicht missbräuchlich durch gewinnorientierte Untervermietung zweckentfremden dürfen. Tun sie dies doch, riskieren sie eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg – Az.: 49 C 382/22 – Urteil vom 28.06.2023

1. Der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) werden verurteilt, die Wohnung im Hause […] in […] Hamburg, 2. Obergeschoss links, bestehend aus 3 Zimmern, einer Kammer, einer Küche, einer Speisekammer, einem Flur und einem Badezimmer mit WC und den Kellerraum Nr.: 15 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 30.09.2023 gewährt.

4. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 Euro abzuwenden, so nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 6.000,00 Euro leistet.

Beschluss: Der Streitwert wird festgesetzt auf 8.400,96 Euro.

Tatbestand

Genossenschaftswohnung - Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung
Urteil: Gewinnorientierte Untervermietung durch ein Genossenschaftsmitglied verstößt gegen Satzungszweck. Bei Missbrauch riskiert das Mitglied eine außerordentliche Kündigung. Wohnungsgenossenschaften sichern bezahlbaren Wohnraum. Symbolfoto: Fusionstudio /Shutterstock.com)

Mit der Klage begehrt die Klägerin die geräumte Herausgabe der an den Beklagten zu 1) vermieteten und vom Beklagten zu 2) als Untermieter bewohnten Wohnung, die Beklagten beantragen im Wege der Widerklage die unbefristete Aufnahme des Beklagten zu 2) in die Wohnung zu gestatten.

Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte zu 1) alleiniger Mieter der Wohnung […] in […] Hamburg, 2. OG. links. Der Mietvertrag datiert vom 09.01.1964. Nach dem dortigen § 7 ist eine Kündigung durch die Genossenschaft nur dann möglich, u. a. wenn sich das Mitglied einer Verletzung dieses Vertrages schuldig macht, wobei die Aufnahme von Personen, die weder mit dem Mitglied noch mit seiner Ehefrau in gerader Linie nicht verwandt sind und die Wohnung ohne schriftliche Genehmigung bewohnen als Grund aufgeführt wird. Zweck der Klägerin ist ausweislich ihrer Satzung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (vgl. Anlage B 3, Bl. 108 ff. d. A.) die Förderung ihrer Mitglieder durch eine gute, sichere, günstige und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung. Dabei steht nach § 14 der Satzung das Recht auf Nutzung einer Genossenschaftswohnung ebenso wie das Recht auf Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen vorrangig Mitgliedern der Genossenschaft zu. Hinsichtlich der mietvertraglichen Vereinbarungen wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 1.

Im Jahre 2015 wurde dem Beklagten zu 1) die Erlaubnis erteilt, die von ihm bewohnte Wohnung ab dem 01.09.2015 für voraussichtlich 5 Jahre unterzuvermieten, wobei ihm ein halbes Zimmer weiterhin zur Verfügung stehen sollte. Es wird insoweit ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 3. Hiernach vermietete der Beklagte zu 1) die Wohnung im Übrigen an den Beklagten zu 2) unter. Dabei regelt das Untermietverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2), dass der Beklagte zu 2) die Kosten der Wohnung trägt und insbesondere den Mietzins an die Klägerin zahlt.

Im Jahre 2022 begehrte der Beklagte zu 1) die Zustimmung zur Aufnahme einer weiteren Person, nämlich der Freundin des Beklagten zu 2) in die Wohnung. Dabei stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte zu 1) ausschließlich in Bergen bei Celle gemeldet war. Hiernach mahnte sie den Beklagten zu 1) wegen vollständiger Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 2) ab und forderte ihn auf, die Gebrauchsüberlassung zu beenden. Eine weitere Abmahnung erfolgte mit Schreiben vom 08.06.2022. Es wird insoweit ergänzend Bezug genommen auf die Anlagen K 5 und K 6.

Der Beklagte zu 1) seinerseits widersprach mit anwaltlichem Schreiben der vollständigen Gebrauchsüberlassung und teilte mit, weiterhin ein Zimmer der Wohnung zu bewohnen.

Der Mietzins belief sich zuletzt auf eine Grundmiete in Höhe von 700,08 Euro zuzüglich Untermietzuschlag, Vorauszahlung auf Betriebskosten sowie Heizkosten, d. h. insgesamt auf eine Brutto-Miete von 897,08 Euro.

Der Beklagte zu 1) seinerseits forderte die Klägerin auf, die Untervermietung an den Beklagten zu 2) zu gestatten.

Die Klägerin behauptet, die Wohnung werde vom Beklagten zu 1) nicht mehr bewohnt, er halte sich vielmehr allein in Celle auf und habe die Wohnung seinem Untermieter vollständig überlassen. Ferner moniert die Klägerin die Kostenbelastung allein durch den Untermieter aufgrund des damit einhergehenden wirtschaftlichen Vorteils für den Beklagten zu 1).

Die Klägerin stellt den Antrag, der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) werden verurteilt, die Wohnung im Hause […] in […] Hamburg, 2. OG. links, bestehend aus 3 Zimmern, einer Kammer, einer Küche, einer Speisekammer, einem Flur und einem Badezimmer mit WC und den Kellerraum Nr.: 15 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise Einräumung einer angemessenen Räumungsfrist von zumindest 6 Monaten und stellen widerklagend den Antrag, die Klägerin zu verurteilen, die unbefristete Aufnahme des Beklagten zu 2) in die Wohnung beim […], […] Hamburg, zu gestatten.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) sei wegen der Führung der Geschäfte der Kindervereinigung Hamburg e. V. sowie den Arztbesuchen auf einen regelmäßigen Aufenthalt in Hamburg angewiesen und nutze weiterhin ein Zimmer in der streitgegenständlichen Wohnung, in dem sich ein Schreibtisch, ein Bett und ein Schrank befinde. Auch sei der Beklagte zu 1) nicht in der Lage, den gesamten Mietzins alleine zu zahlen aufgrund seiner nur geringen Rentenansprüche. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es sich zunächst um die Wohnung seiner Eltern gehandelt habe, in der er seit über 60 Jahren wohne. Zudem sei die Mietzinszahlung seit 2015 durch den Beklagten zu 2) erfolgt, ohne dass dies von der Klägerin moniert worden sei, was nach Auffassung der Beklagten jedenfalls einer Kündigung entgegenstehe. Hinsichtlich der vom Beklagten zu 1) in Bezug genommenen Arztbesuche wird auf die entsprechenden Bescheinigungen Bezug genommen (Bl. 40 bis 43 d. A.).

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Nutzung der Wohnung mittels eines Ortstermins. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung vom 11.04.2023 (Bl. 140 ff d. A.).

Im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, die zulässige Widerklage demgegenüber nicht.

Ein Anspruch der Klägerin auf geräumte Herausgabe der an den Beklagten zu 1) vermieteten und vom Beklagten zu 2) bewohnten Wohnung ergibt sich aus den §§ 546 Abs. 1 und 2, 543 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 2, 569 Abs. 4 BGB.

Der Beklagte zu 1) ist als Mieter gemäß § 546 Abs. 1 BGB und der Beklagte zu 2) als Untermieter nach § 546 Abs. 2 BGB zur geräumten Herausgabe der Wohnung an die Klägerin verpflichtet. Dem liegt zu Grunde, dass die Klägerin das Mietverhältnis wirksam außerordentlich fristlos gekündigt hat nach §§ 543 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 2 BGB. Hiernach ist kündigungsrelevant die unbefugte Überlassung eines Dritten.

Vorliegend handelt es sich um eine unbefugte Überlassung, da die Voraussetzung einer Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte nach § 553 Abs. 1 BGB nicht gegeben ist. Nach § 553 Abs. 1 BGB hat ein Mieter dann einen Anspruch auf Genehmigung einer teilweisen Gebrauchsüberlassung, wenn nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraumes an Dritte zu überlassen, entsteht. Dabei ist jedoch nicht allein die mietvertragliche Vereinbarung zu berücksichtigen, sondern, wie hier auch von der mietvertraglichen Vereinbarung hinreichend deutlich durch Bezugnahme klar wird, auch die Verbindung der Parteien durch den genossenschaftlichen Satzungszweck. Dieser beinhaltet der Sache nach den Zweck der Klägerin, deren Mitgliedern günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung der Klägerin, ihren Mitgliedern preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, kommt darin zum Ausdruck, dass es sich regelmäßig um kostenorientierte und nicht gewinnorientierte Mieten handelt. Insoweit mag der vom Beklagten zu 2) an den Beklagten zu 1) durch Zahlung an die Klägerin erbrachte Untermietzins der Höhe nach im Rahmen des Ortsüblichen zu liegen, allerdings ist es mit dem satzungsmäßigen Zweck der Klägerin, dem sich auch der Beklagte zu 1) durch die Mitgliedschaft bei der Klägerin verpflichtet hat, nicht vereinbar, dass der Beklagte zu 1) in Hamburg umsonst wohnt (vgl. Meyer-Abich, NJW 2022, 1435, 1436). Danach vermag ein Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nur dann zu bestehen, wenn der Mieter die kostenorientierte Miete an den Untermieter weiter reicht, auch wenn dies angemessene Zuschläge für Möblierung oder nicht mit der Miete abgedeckte Kosten nicht ausschließt (vgl. AG Hamburg ZMR 2018, 53).

Bei der tatsächlichen Wohnnutzung handelt es sich nach dem Ergebnis des Ortstermins um eine gemeinsame Nutzung, da es ein ausschließlich genutztes Zimmer, aber auch ein dem äußeren Anschein nach gemeinsam genutztes Wohnzimmer ebenso gibt wie gemeinsam benutzte Räume, wie Bad, Küche und Flur. Hiernach führt der niedrige Mietzins der Klägerin im vorliegend Fall dazu, dass der Beklagte zu 1) sich eine kostenfreie Nutzungsmöglichkeit des Wohnens in Hamburg erschlossen hat, was der Sache nach auf einen wirtschaftlichen Vorteil hinausläuft, der in etwa dem halben Brutto-Mietzins entspricht. Letztlich entzieht der Beklagte zu 1) die Wohnung der Nutzung durch die Mitglieder der Genossenschaft um des wirtschaftlichen Vorteils einer kostenfreien Wohnungsmöglichkeit in Hamburg, was der Sache nach mit einer gewinnorientierten Untervermietung gleichzusetzen ist. Hierdurch verstößt der Beklagte zu 1) jedoch gegen den mit ihm vereinbarten Satzungszweck, der gerade eine Versorgung von Genossenschaftsmitgliedern vorrangig vorsieht und nicht die Erzielung wirtschaftlicher Einzelvorteile durch gewinnbringende Untervermietung. Insoweit ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass auch Verletzungen des Genossenschaftszweckes fristlose Kündigungen zu rechtfertigen vermögen (vgl. AG Hamburg, Urteil v. 04.07.2018 zum Az.: 49 C 47/18; LG Itzehoe Beck RS 2021, 47421; LG Freiburg (Breisgau), Urteil v. 01.07.2021 zum Az.: 3 S 89/20).

Nach dem Ablauf der Untervermietungsgenehmigung sowie der auch als Widerruf anzusehenden Überlassungsbeendigungsaufforderung ist der Beklagte zu 1) nicht mehr zur Untervermietung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung berechtigt gewesen.

Den Beklagten ist eine Räumungsfrist von etwa 3 Monaten bis zum 30.09.2023 einzuräumen. Hierbei hat das Gericht bereits berücksichtigt, dass die laufende Nutzungsentschädigung von den Beklagten gezahlt wird und es sich im Übrigen um ein sehr langjähriges andauerndes Mietverhältnis handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf den §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Der Streitwert folgt aus der Jahres-Netto-Kalt-Miete.

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