LG Berlin, Az.: 65 S 527/14
Beschluss vom 18.02.2015
In dem Rechtsstreit beabsichtigt die Kammer, die zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 15.10.2014 – 17 C 77/14 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgerichts zunächst festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 31.01.2014 keine erhebliche Pflichtverletzung i. S. d. § 543 Abs. 1 BGB oder § 573 Abs. 1 BGB vorlag, die zu einer Beendigung des Mietverhältnisses berechtigt. Zwar hat der Vermieter einen Anspruch auf Duldung des Zutritts in die Wohnung, wenn besondere Umstände vorliegen, die für die Bewirtschaftung des Objekts notwendig sind. Solche Umstände liegen unabhängig von der Frage nach der Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag vor, wenn, wie hier, die Erforderlichkeit eines Innenanstrichs der Fenster geprüft werden soll. Dies gilt auch dann, wenn der Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt wird, dass sie zur Durchführung des Innenanstrichs nicht verpflichtet seien, diesen jedoch gleichwohl vorgenommen haben. Denn der Mieter ist auch in diesem Fall verpflichtet, den Zutritt zu den Mieträumen zwecks Prüfung des Zustands der Mietsache zu gestatten (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 11. Aufl. 2013, Rn. 21 zu § 555a BGB). Die auffällig zahlreichen Terminsablehnungen der Beklagten deuten mit Blick auf die hier beabsichtigte Besichtigung der Fenster, die nur wenige Minuten dauern sollte, zwar darauf hin, dass die Beklagten versuchen, eine Besichtigung zu verhindern. Ihr Verhalten bewegt sich deutlich im Grenzbereich dessen, was eine Kündigung jedenfalls nach § 573 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen geeignet ist und – für den Fall einer Fortsetzung dieses Verhaltens – gegebenenfalls rechtfertigen wird. In der Gesamtbetrachtung vermag die Kammer jedoch noch nicht mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass die Beklagten den Termin am 15.01.2014 absichtlich vereitelten. Von der Absage des Termins ist auszugehen, da das Bestreiten des Faxeingangs angesichts des von den Beklagten eingereichten Faxsendeprotokolls vom 10.01.2014 nicht erheblich ist. Im Übrigen haben die Beklagten jedoch substantiiert dargelegt, dass die Beklagte zu 1) wegen einer akut erforderlichen ärztlichen Behandlung, für die kein Ausweichtermin bestanden haben soll, den Besichtigungstermin nicht wahrnehmen konnte und der Beklagte zu 2) nicht anwesend war. Der Arzttermin war zwar erst eine Dreiviertelstunde später, aber angesichts der Entfernung und der erforderlichen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie der Tatsache, dass die Beklagte zu 1) ihr Kleinkind dabei hatte, kann dieses Verhalten noch nicht ganz als absichtliche Vereitelung des Besichtigungstermins angesehen werden.
Auch die Kündigung vom 01.09.2014 hat das Mietverhältnis nicht wirksam beendet. Zuzugeben ist den Klägern, dass das Verhalten der Beklagten, einerseits den Klägern gegenüber die fehlende Berechtigung der Mieterhöhung geltend zu machen und die Zustimmung zu verweigern, das JobCenter andererseits durch falsche Angaben bezüglich des Eintritts der Mieterhöhung zu einer Erhöhung der Leistungen zu veranlassen, strafrechtlich relevant sein mag und das JobCenter diesbezüglich Veranlassungen zu treffen hat. Dieses Verhalten stellt aber nicht die für die Wirksamkeit der Kündigung des Vermieters erforderliche (erhebliche) Verletzung von Pflichten aus dem Mietverhältnis dar. Das Verhalten des Mieters kann zwar auch dann eine Pflichtverletzung darstellen, wenn sein Verhalten nicht gegenüber dem Vermieter als Vertragspartner selbst, sondern gegenüber Dritten erfolgt, etwa gegenüber anderen Mietern. Hierfür bedarf es aber einer engen Beziehung zum Mietverhältnis, an der es hier fehlt. Die finanziellen Interessen der Kläger sind noch nicht in einem Maß und so hinreichend konkret gefährdet, dass dies die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Kläger unzumutbar machen würde. Denn bisher ist den Klägern kein Vermögensschaden entstanden und es kann mangels weiterer Anhaltspunkte auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten, die höhere Sozialleistungen beziehen, als sie Miete schulden, keine entsprechenden Rücklagen gebildet haben oder sonst im Fall eines Rückforderungsbescheids nicht in der Lage sein werden, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Klägern nachzukommen.
Es besteht auf der bisherigen Tatsachengrundlage außerdem keine konkrete Gefahr, dass die Kläger als Beteiligte in ein Strafverfahren wegen Sozialleistungsbetrugs ohne weiteres einbezogen werden könnten. Dafür müsste ein Anfangsverdacht bestehen, § 160 Abs. 1 StPO. Dieser dürfte bei der Abgabe der Mieterhöhungserklärung, mit der die Kläger lediglich von ihren Rechten nach §§ 558ff BGB Gebrauch gemacht haben, nicht bestehen. Die Stellung von Anträgen gegenüber dem JobCenter zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II ist grundsätzlich Sache der Mieter. Dass die Beklagten gegenüber dem JobCenter jedenfalls den Eindruck vermittelt haben, dass sie eine höhere Miete schulden, kann den Klägern aufgrund des bloßen Vorliegens des Mieterhöhungsverlangens nicht angelastet werden. Die Unannehmlichkeiten, die mit dem Vorgehen der Beklagten gegenüber dem JobCenter verbunden sein mögen, reichen aus diesen Gründen noch nicht aus, um eine Beendigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.
I.
Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung binnen 2 Wochen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Gerichtsgebühren bei Zurücknahme der Berufung ermäßigen.