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WEG – Teileigentumseinheit in Wohneigentum (rück-)umwandeln für höheren Verkaufspreis?

Umwandlung von Teileigentum in Wohneigentum: Verkaufspreissteigerung nicht ausreichend

In der rechtlichen Auseinandersetzung, die Gegenstand dieser Urteilszusammenfassung ist, ging es um die Frage, ob eine Teileigentumseinheit in eine Wohneigentumseinheit rückumgewandelt werden kann, um einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Die Klägerinnen, die Teileigentümerinnen, strebten diese Änderung an, aber einer der Miteigentümer widersetzte sich dem. Die entscheidende Frage hierbei war, ob die bloße Möglichkeit eines höheren Verkaufspreises im Falle einer Nutzungsänderung ausreicht, um eine Änderung der Teilungserklärung gemäß § 10 Abs. 2 WEG zu erzwingen.

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Bewertung der Interessen der Klägerinnen

Das Hauptargument der Klägerinnen war die Erwartung eines etwa 14,6% höheren Verkaufspreises im Falle der Umwandlung. Sie argumentierten, dass sie von Anfang an beabsichtigt hatten, die Einheiten nach der Vermietung an ein Steuerbüro als Wohnraum zu nutzen oder zu verkaufen. Sie behaupteten zudem, die Teilungserklärung aufgrund falscher rechtlicher Beratung geändert zu haben. Aber das Gericht entschied, dass diese wirtschaftlichen Interessen keinen schwerwiegenden Grund für eine Änderung der Teilungserklärung darstellten.

Keine schwerwiegenden Gründe für die Umwandlung

Das Gericht führte aus, dass schwerwiegende Gründe für eine Änderung der Teilungserklärung vorliegen könnten, wenn die derzeitige Zweckbestimmung eine Nutzung ausschließt, die angesichts der baulichen Ausstattung der betroffenen Räume möglich und für den Wohnungseigentümer wünschenswert wäre. In diesem Fall wurden jedoch keine solchen schwerwiegenden Gründe festgestellt. Das wirtschaftliche Risiko einer unterschiedlichen Preisentwicklung für Wohn- und Teileigentum tragen laut Gericht die Eigentümer selbst.

Interessen der anderen Eigentümer

Ein weiterer zentraler Aspekt war die Berücksichtigung der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer. Das Gericht betonte, dass diese erst dann zu berücksichtigen sind, wenn im ersten Schritt festgestellt wurde, dass die Interessen desjenigen, der die Änderung begehrt, schwerwiegende Gründe darstellen. Obwohl das Gericht anerkannte, dass die begehrte Änderung wahrscheinlich nicht unbillig gegenüber den anderen Eigentümern wäre, konnte es aufgrund des Fehlens schwerwiegender Gründe im Interesse der Klägerinnen keinen Anlass für eine Änderung der Teilungserklärung erkennen.

Schlussendliche Beurteilung des Falls

Letztendlich hat das Gericht entschieden, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung haben. Das Interesse an der Erzielung eines höheren Verkaufspreises im Falle einer Umwandlung zu Wohneinheiten ging nicht über das bloße wirtschaftliche Interesse hinaus. Außergewöhnliche Umstände, die das Begehren der Klägerinnen begründen könnten, lagen nicht vor. Damit stellt dieses Urteil klar, dass die bloße Möglichkeit eines höheren Verkaufspreises bei einer Nutzungsänderung nicht ausreicht, um eine Änderung der Teilungserklärung zu erzwingen.

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Beratung und klaren Absprachen unter den Wohnungseigentümern bei der Festlegung der Nutzung einer Immobilie. Es betont auch, dass das wirtschaftliche Risiko, das mit den Eigentumsverhältnissen verbunden ist, vom Eigentümer selbst zu tragen ist und nicht auf andere Eigentümer abgewälzt werden kann.


Das vorliegende Urteil

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 S 72/22 – Urteil vom 22.06.2023

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt am Main – 13. Zivilkammer – auf die mündliche Verhandlung vom 01.06.2023 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil das Amtsgerichts Wiesbaden vom 01.07.2022 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerinnen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf Euro 160.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen erwarben im Jahr 2003 Wohnungseigentum an zwei Wohnungen …. Auf Grundlage der Öffnungsklausel in Ziffer 14 der Teilungserklärung vom 17.10.2003 …., die mit der Eigentumsumschreibung auf den letzten rechtsgeschäftlichen Ersterwerber erlischt, wandelten die Klägerinnen das Wohnungseigentum am 14.07.2004 in nicht zu Wohnzwecken dienendes Teileigentum um und vermieteten die Räume an ein Steuerbüro. Nach der Beendigung des Mietvertrags zum 31.12.2019 beabsichtigen die Klägerinnen die Einheiten zu veräußern, hilfsweise zu vermieten. Auf die ersten Vermittlungsbemühungen des beauftragten Maklerbüros wurde ein Angebot zum Kauf der Einheiten als Wohneinheiten in Höhe von Euro 1.260.000,00 unterbreitet, während für den Kauf als Gewerbeeinheit ein Höchstgebot von Euro 1,1 Mio. abgegeben wurde. Mit Rücksicht hierauf wollen die Klägerinnen das Teileigentum wieder in Wohnungseigentum umwandeln. Der entsprechenden Änderung der Teilungserklärung stimmten alle übrigen Eigentümer mit Ausnahme des Beklagten zu. Die Kläger machen mit der Klage gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung nach § 10 Abs. 2 WEG geltend. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es lägen mit der Möglichkeit, nach der Umwandlung in Wohneigentum einen um rund 15 % höheren Kaufpreis zu erzielen schwerwiegende Gründe im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG vor. Dem Beklagten sei es nicht gelungen, konkrete Gründe vorzutragen, die die beantragte Abänderung unbillig erscheinen ließen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung und begehrt weiterhin die Klageabweisung. Das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass schwerwiegende Gründe im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG vorlägen. Die Kläger verteidigen die angefochtene Entscheidung. Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerinnen haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zustimmung zu der beabsichtigten Änderung der Teilungserklärung.

Ein Anspruch der Klägerinnen ergibt sich nicht aus § 10 Abs. 2 WEG. Nach dieser Norm kann jeder Wohnungseigentümer die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Mit der Kodifizierung des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. (jetzt § 10 Abs. 2 WEG) zum 01.07.2007 sind die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst abgesenkt worden, indem nunmehr „schwerwiegende Gründe“ und nicht mehr – wie es früher in der Rechtsprechung vertreten wurde – „außergewöhnliche Umstände“ vorausgesetzt werden (vgl. BT-Drs. 16/887, S. 18 f; BGH, Urt. v. 22.03.2019 – V ZR 298/16, NJW 2019, 3716, 3717, Rn. 14).

Schwerwiegende Gründe in diesem Sinn können etwa vorliegen, wenn die durch die Gemeinschaftsordnung vorgegebene Zweckbestimmung eine Nutzung einer Sondereigentumseinheit ausschließt, die nach der baulichen Ausstattung der betroffenen Räume möglich ist, und wenn ferner objektive Umstände dafür sprechen, dass dem betroffenen Wohnungseigentümer diese Nutzung eröffnet werden sollte (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2019 – V ZR 298/16, NJW 2019, 3716, 3717, Rn. 15). Das kommt etwa in Betracht, wenn die in der Teilungserklärung als Abstell-, Wasch- und Trockenräume bezeichneten Räume eigentlich als Wohnungen genutzt werden können sollten (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2019 – V ZR 298/16, NJW 2019, 3716, 3717 f., Rn. 21 ff.) oder wenn eine dauerhafte gewerbliche Vermietung einer Teileigentumseinheit angesichts von Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten ist; in diesem Fall verhindert das Festhalten an der vereinbarten Nutzung jegliche wirtschaftliche Verwertung der Einheit (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.2018 – V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227, 1228, Rn. 12).

Nach diesen Grundsätzen liegt hier kein schwerwiegender Grund darin, dass die Klägerinnen im Fall der Veräußerung als Wohnungseinheiten einen um Euro 160.000,00 höheren Kaufpreis erzielen könnten als im Fall der Veräußerung als Teileigentumseinheiten. Auch wenn die Anforderungen mit der Einführung der Regelung des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG gesenkt wurden, muss die Zuerkennung eines Abänderungsanspruchs auf echte Ausnahmefälle beschränkt werden, da mit der Regelung in die Vertragsfreiheit der Eigentümer eingegriffen wird (vgl. BeckOK WEG/Müller, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 10 Rn. 196). Die zu berücksichtigenden Gründe können zwar auch wirtschaftlicher Natur sein. Wie die vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle zeigen, sind diese aber insbesondere dann schwerwiegend, wenn durch das Festhalten an der Regelung die wirtschaftliche Verwertung der Einheit nicht (mehr) möglich ist. Der nach dem Vortrag der Klägerin zu erzielende Erlös von 1,1 Mio Euro zeigt deutlich, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Allein die voraussichtliche Erzielung eines um ca. 14,6 % höheren Verkaufserlöses im Fall der Änderung genügt hierfür nicht. Dabei kann offen bleiben, ob ein zu erwartender geringerer Verkaufserlös ohne die Änderung überhaupt als schwerwiegender Grund in Betracht kommt, denn das wirtschaftliche Risiko, dass sich die Immobilienpreis für Wohn- und Teileigentum unterschiedlich entwickeln, trägt der Eigentümer. Im Regelfall dürfte daher die Möglichkeit einen höheren Verkaufspreis bei einer Nutzungsänderung zu erzielen, nicht dazu führen, dass die anderen Eigentümer dieser zustimmen müssten. Jedenfalls Mindererlöse von bis zu 25 % sind insofern keinesfalls ausreichend. Dafür spricht, dass auch eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels bei den verbrauchsunabhängigen Kosten grundsätzlich erst bei einer Kostenmehrbelastung von mindestens 25 % verlangt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.2010 – V ZR 174/09, NJW 2010, 3296, 3297).

Andere schwerwiegende Gründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit die Klägerinnen vortragen, sie hätten von vornherein beabsichtigt, die Einheiten nach der Vermietung an das Steuerbüro als Wohnraum zu nutzen bzw. zu veräußern und die Teilungserklärung aufgrund fehlerhafter anwaltlicher Beratung geändert, ergibt sich hieraus kein über das wirtschaftliche Interesse an der Erzielung eines höheren Kaufpreises im Fall der Umwandlung zu Wohneinheiten hinausgehendes Interesse.

Im Übrigen spricht zwar viel dafür, dass die begehrte Änderung unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht unbillig wäre. Denn nach der ursprünglichen Teilungserklärung bestand die Gemeinschaft ausschließlich aus Wohnungseigentum und die Umwandlung der Einheiten Nr. 1.6 und 1.7 in Teileigentum erfolgte aufgrund der Öffnungsklausel in Ziffer 14 der Teilungserklärung allein durch die Klägerinnen. Mit der von den Klägerinnen nunmehr beabsichtigten Änderung würde der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt und damit die Nutzungsart der Einheiten an die übrigen Wohneinheiten angeglichen. Die Rechte und Interessen der anderen Eigentümer sind aber erst in einem zweiten Schritt zu berücksichtigen, wenn – im ersten Schritt – festgestellt wurde, dass die Interessen desjenigen, der die Änderung begehrt, schwerwiegende Gründe darstellen (vgl. BeckOK WEG/Müller, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 10 Rn. 203 f.). Das Interesse der Klägerinnen beschränkt sich hier aber darauf, einen höheren Verkaufserlös zu erzielen.

Die Klägerinnen haben auch keinen Anspruch aus Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Dies würde voraussetzen, dass die Voraussetzungen des von der Rechtsprechung vor der Neuregelung in § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. entwickelten Anpassungsanspruchs bei grober Unbilligkeit aus § 242 BGB vorliegen. Erforderlich wären danach außergewöhnliche Umstände, die die Verweigerung der Zustimmung als grob unbillig und damit als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.2013 – V ZR 103/12, NJW 2013, 1962, 1963, Rn. 12). Außergewöhnliche Umstände für das Begehren der Klägerinnen liegen hier aber nicht vor. Da die wirtschaftlichen Interessen der Klägerinnen, wie ausgeführt, keine schwerwiegenden Gründe darstellen, kann es sich auch nicht um außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung handeln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Der Streitwert für den Rechtsstreit war nach § 49 GKG auf Euro 160.000,00 festzusetzen. Das Interesse der Klägerinnen an der Änderung der Teilungserklärung beläuft sich auf die Differenz zwischen den nach dem Vortrag der Klägerinnen erzielbaren Kaufpreisen bei Verkauf als Wohnungen und als Gewerbeeinheiten.

 

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