AG Frankfurt, Az.: 33 C 1702/16 (93), Urteil vom 07.09.2016
Der Beklagte wird verurteilt, die innegehaltene Wohnung … zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Im Übrigen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2016 gewährt.
Tatbestand
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 29.5.1987 mietete der Beklagte von der Rechtsvorgängerin der Klägerin die streitgegenständliche Wohnung.
Mit Urteil vom 10.3.2015 in dem Verfahren 33 C 3885/14 vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main wurde der Beklagte zur Duldung einer Wohnungsbesichtigung verurteilt. Hintergrund dieser Klage war, dass ein von der Klägerin beauftragte Handwerker sich wegen Verwahrlosung der Wohnung geweigert hatte, eine Gasgerätewartung durchzuführen.
Am 9.6.2015 wurde die Wohnung des Beklagten von der zuständigen Gerichtsvollzieherin zwangsweise geöffnet. Hierbei wurde eine starke Verschmutzung des Badezimmers, des Waschbeckens und der Wandfliesen festgestellt.
Mit Urteil vom 8.10.2015 in dem Verfahren 33 C 2261/15 vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main wurde der Beklagte zur Durchführung von Reinigungsarbeiten im Badezimmer verurteilt. Mit Beschluss vom 1.4.2016 wurde die Klägerin ermächtigt, eine Ersatzvornahme durchzuführen.
Die Klägerin beauftragte eine Gebäudereinigungsfirma, die die Arbeiten am 9.5.2016 durchführen wollte. An diesem Tage war der Beklagte nicht anwesend, die Tür stand aber offen. Der Mitarbeiter der Gebäudereinigungsfirma stellte fest, dass zu der allgemeinen Verschmutzung sowie den mit Grind und Biomasse überzogenen Sanitärobjekten ein massiver Ungezieferbefall mit Fliegen und Maden hinzugekommen war. Er sah sich daher nicht in der Lage, den Auftrag durchzuführen.
Mit Schreiben vom 9.5.2016 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn auf, die Wohnung bis zum 24.5.2015 in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen und an diesem Tag eine erneute Besichtigung zu ermöglichen. Mit Schreiben vom 19.5.2016 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er sei an diesem Tag nicht anwesend.
Mit Schreiben vom 24.5.2016 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Verwahrlosung der Wohnung fristlos, hilfsweise ordentlich.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die innegehaltene Wohnung … zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, das Badezimmer sei vor 20 Jahren mit Billigmaterialien eingebaut worden. Deshalb sei für den Zustand des Badezimmers die Klägerin verantwortlich Der Mückeneinfall sei nicht seine Schuld, er habe die fliegenden Insekten mit Insektenspray bekämpft. Nach Bandscheibenvorfällen, Nervenschäden der Füße und Prostata mit Inkontinenz sei er ein Härtefall. Bis Mitte Juni 2016 habe er die Insekten vernichtet und die Sanitärobjekte altersgemäß gesäubert.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 546 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 24.5.2016 beendet worden.
Die Klägerin war zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, da der Beklagte ihre Rechte dadurch in erheblichem Maße verletzt hat, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet hat (§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB). Der Beklagte ist rechtskräftig mit Urteil vom 8.10.2015 zur Reinigung seines Badezimmers verurteilt worden. Unstreitig ist er dieser Verpflichtung jedenfalls bis Anfang Juni 2016 und damit bis zum Zugang der fristlosen Kündigung vom 24.5.2016 nicht nachgekommen. Auch den massiven Ungezieferbefall hat er bis zum Zugang der fristlosen Kündigung nicht beseitigt. Dadurch hat er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Eine Abmahnung gem. § 543 Abs. 3 BGB ist erfolgt. Die Klägerin ist eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte die Wohnung bis Mitte Juni 2016 von Insekten befreit und die Sanitärobjekte altersgemäß gereinigt hat. Wohlverhalten nach Zugang einer begründeten fristlosen Kündigung macht die Kündigung nicht im Nachhinein unwirksam.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Trotz einiger Bedenken konnte dem Beklagten zur Vermeidung von Obdachlosigkeit angesichts seiner gesundheitlichen Lage eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2016 gewährt werden.