AG Schwarzenbek – Az.: 2 C 581/12 – Urteil vom 20.12.2012
I.
Der Beklagte wird verurteilt, die Überdachung auf der Nordseite der in dem zum Urteil genommenen Lageplan Anlage K 1 rot gekennzeichneten Fläche zu beseitigen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500 Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist Mitglied der klagenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Er ist Sondereigentümer der im Aufteilungsplan mit Nr. 7 bezeichneten Wohnung. Teile der Grundstücksfläche vor der Wohnung sind ihm zur alleinigen Nutzung zugewiesen.
Weder der Teilungserklärung vom 29. Mai 1990 noch in der Abgeschlossenheitsbescheinigung des Kreises … vom 11. Januar 1991 ist links neben dem Zimmer 1 der Wohnung Nr. 7 eine Überdachung eingezeichnet. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Terrassendach. Die Fläche ist dem Beklagten zur alleinigen Nutzung zugewiesen.
Die Bildung des Wohnungseigentums ist am 9. Februar 1992 in das Grundbuch eingetragen worden.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschloss in einer Versammlung vom 31. Mai 2011, dass der Beklagte das Terrassendach abreißen solle. In einer Versammlung vom 7. Mai 2012 ermächtigte sie den Verwalter zu der gerichtlichen Durchsetzung dieses Beschlusses.
Der Beklagte vermietet die ihm gehörende Wohnung Nr. 7. In die Wohnung drang im Jahr 2010 Wasser ein. Der Beklagte leistete der Mieterin Schadensersatz. Er beantragte, die Gemeinschaft möge beschließen, ihm den Schaden zu ersetzen. Die Gemeinschaft lehnte den Antrag in der Versammlung vom 7. Mai 2012 (Protokoll Blatt 43 f, 46) unter Tagesordnungspunkt 9 mit Mehrheitsbeschluss ab.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Überdachung an der Nordseite der in dem zum Urteil zu nehmenden Lageplan Anlage K 1 rot gekennzeichneten Fläche zu beseitigen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt der Beklagte mit seiner am 7. Juni 2012 bei Gericht eingegangenen gerichteten Widerklage,
1. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 7. Mai 2012 zu TOP 9 für unwirksam zu erklären und
2. den Drittwiderbeklagten aufzugeben, dem Beklagten die, nach dem Wasserschaden im August 2010 beschädigten, Gegenstände im Wert von 2.563,65 Euro (Austausch Teppichboden, Haustür) zu ersetzen.
3. der Klägerin aufzugeben, dem Beklagten die, nach dem Wasserschaden im August 2010 beschädigten, Gegenstände im Wert von 2.563,65 Euro (Austausch Teppichboden, Haustür) zu ersetzen.
Im Übrigen hat der Beklagte die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten beantragen, die Widerklage abzuweisen.
Das Gericht hat am 20. Dezember 2012 einen Augenschein eingenommen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die Widerklage ist teils unzulässig und teils unbegründet.
I.
Die Klage ist begründet.
Der Anspruch der Gemeinschaft folgt aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Beklagte beeinträchtigt das Gemeinschaftseigentum.
1. Das Terrassendach gehört nicht zum Gemeinschaftseigentum. Das steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Überzeugung speist sich aus den von der Klägerin vorgelegten Urkunden, der Teilungserklärung und der Abgeschlossenheitsbescheinigung. Deren Richtigkeit und Vollständigkeit wird nach § 415 Abs. 1, § 417, § 418 Abs. 1 ZPO vermutet. Es handelt sich um öffentliche Urkunden. In beiden Urkunden wird die Überdachung nicht erwähnt.
Dem Beklagten ist es nicht gelungen, die Vermutung zu widerlegen (§ 292, § 416 Abs. 2, § 418 Abs. 2 ZPO). Aus der Veränderungsmitteilung vom 4. Juni 1992 (Blatt 123 der Gerichtsakte) ergibt sich nichts. Zu diesem Zeitpunkt war das Sondereigentum bereits seit drei Monaten im Grundbuch eingetragen.
Aus der von dem Beklagten eingereichten Fotografie (Blatt 119 der Gerichtsakte) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach dem von dem Gericht eingenommen Augenschein steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich das streitgegenständliche Terrassendach und das auf der Fotografie zu sehende an unterschiedlichen Stellen befinden. Auf der Fotografie befindet sich das Terrassendach an der Giebelseite des Hauses. Das hier streitgegenständliche befindet sich – das steht aufgrund des Augenscheins zur Überzeugung des Gerichts fest – an der Traufseite des Hauses.
2. Das Terrassendach zu errichten, ist eine bauliche Veränderung. Sie ist durch das Recht des Beklagten, die Fläche unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer nutzen zu dürfen, nicht gedeckt.
3. Der Beklagte ist auch Handlungsstörer und somit verpflichtet, die Überdachung zu entfernen.
Als mittelbarer Handlungsstörer kann der Eigentümer für Störungshandlungen seines Mieters verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu den störenden Handlungen überlassen hat oder wenn er es unterlässt, den Mieter von dem nach dem Mietvertrag unerlaubten, fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch der Mietsache abzuhalten (BGH, Urt. v. 27. Januar 2006 – V ZR 26/05, Leitsatz 2, zitiert nach juris; Palandt/Bassenge, BGB 71. Auflage, § 22 WEG Rn. 34 a).
So liegt es hier. Der Beklagte hätte denjenigen seiner Mieter, der das Dach errichtet hat, davon abhalten müssen.
II.
1. Die Widerklage ist unzulässig, soweit der Beklagte von den Drittwiderbeklagten Zahlung verlangt. Passivlegitimiert ist allein der Verband.
2. Im Übrigen ist die Widerklage unbegründet.
a) Die gegen die Klägerin gerichtete Widerklage auf Zahlung von Schadensersatz ist unbegründet. Dem Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch zu. Er legt nicht substantiiert dar, dass das Eindringen des Wassers auf einem für die Klägerin zu erkennenden Fehler des Gemeinschaftseigentums beruht.
b) Auch die gegen die Drittwiderbeklagten gerichtete Beschlussanfechtungsklage ist unbegründet. Nach dem unter a) Gesagten ist die Klägerin nicht verpflichtet, dem Beklagten Schadensersatz zu leisten.