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WEG – Aufwendungsersatzansprüche eines ehemaligen Wohnungseigentümers aus GoA

AG Rostock – Az.: 53 C 51/10 – Urteil vom 23.02.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.856,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin von einer Rechnung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 272,87 € freizustellen.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin zu 21 % und die Beklagte zu 79 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Leistung von Sicherheit in Höhe von 2.200,00 € vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt zudem nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Leistung von Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 200,00 € abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihrer 3 Töchter Erstattung verauslagter Kosten bzw. des verrechneten Guthabens im Anschluss an eine Veräußerung einer Eigentumswohnung.

Die Klägerin war bereits zu 1/2 Miteigentümerin und wurde aufgrund Rechtsnachfolge nach dem verstorbenen Ehemann zusammen mit ihren 3 Töchtern auch hinsichtlich der zweiten Eigentumshälfte weitere Miteigentümerin des im Grundbuch des Amtsgerichtes Ueckermünde für F., Blatt … eingetragenen Wohnungseigentums, welches sie unter dem 23.06.2008 an die Beklagte veräußerte. Besitz- und Nutzungsrecht an der Eigentumswohnung gingen aufgrund des vollständig gezahlten Kaufpreises zum 01.12.2008 an die Beklagte über, der Eigentumswechsel wurde unter dem 10.12.2009 im Grundbuch eingetragen.

Die Beklagte veräußerte die Wohnung am gleichen Tag an einem N.G., der grundbuchrechtlich ebenfalls am 10.12.2009 zur nachfolgenden Nummer als Eigentümer eingetragen wurde.

Mit Schreiben vom 08.10.2009 und 22.02.2010 (Anlagen K 5 und K 6) fordert die von der Verwalterin der Eigentumswohnung eingeschaltete Rechtsanwältin K. für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 10.12.2009 unter Einbeziehung geleisteter Zahlungen in Höhe von 200,00 € und Verrechnung eines Guthabens in Höhe von 502,41 € aus dem Vorjahr Hausgeld in Höhe von 1.616,29 € zuzüglich der Erstattung der eigenen Rechnung in Höhe von 229,55 €, was einschließlich der Einbeziehung des Guthabens die ursprüngliche Klagforderung in Höhe von 2.348,25 € ergibt. Die Klägerin beglich die Forderung letztlich in voller Höhe.

Während dieses Gerichtsverfahrens erstatteten die Verwalterin der Eigentumswohnung der Klägerin unter dem 05.10.2010 aus der Hausgeldabrechnung des Jahres 2009 ein Guthaben in Höhe von 491,60 €, welche die Klägerin mit gleichzeitiger Rücknahme der Klage in vorgenannter Höhe vereinnahmte.

Für die vorprozessuale Tätigkeit ihrer nunmehrigen Rechtsanwälte sind gemäß Abrechnung 272,87 € zu erstatten, für die Einschaltung in der Prozessbevollmächtigten zur Einholung einer Deckungszusage von der Rechtsschutzversicherung für diesen Rechtsstreit begehrt die Klägerin aufgrund des identischen Streitwertes ebenfalls 272,87 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe aufgrund des Gefahrüberganges bis spätestens zum 01.01.2009 die geleisteten Zahlungen auf das Hausgeld für das Jahr 2009, die in der Abrechnung enthaltene Verrechnung ihres Guthabens aus der Vergangenheit sowie die von ihr erstatteten Kosten des von der Verwalterin eingeschalteten Rechtsanwaltes zu erstatten. Ferner seien auch die Kosten für die Einholung der Deckungszusage erstattungsfähig.

Nachdem die Klägerin zunächst angekündigt hatte, in der Hauptsache 2.348,25 € zu begehren, beantragt die Klägerin nach Rücknahme eines Teilbetrages in Höhe von 491,60 €:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Geldbetrag in Höhe von 1.856,65 € zuzüglich laufender Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EWZ p.a. ab dem 02.03.2010 – hilfsweise ab Rechtshängigkeit – zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin eine vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 272,87 € zu erstatten.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 272,87 € wegen der Einholung einer Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer zu erstatten, hilfsweise die Klägerin gegenüber deren Prozessbevollmächtigten von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsvergütungsforderungen in Höhe von 272,87 € wegen der Einholung einer Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, da sie die Beklagte nicht rechtzeitig von der Forderung der Rechtsanwältin K. informiert habe. Zudem hätte sie sich an den nachfolgenden Eigentümer, N. G., wenden können.

Die Hausgeldabrechnung der Verwalterin für das Wirtschaftsjahr 2009 sei offensichtlich unrichtig, da nicht nachvollziehbare Zahlen eingesetzt worden seien, insoweit hätte die Klägerin dagegen vorgehen können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreites wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Hauptsache nach der Teilrücknahme im vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB) einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.856,65 €.

Die Klägerin hat aus eigenem bzw. abgetretenem Recht (§ 398 BGB) nach ihren Töchtern ohne einen entsprechenden Auftrag von der Beklagten erhalten zu haben für diese nach Übergang des Besitzes und der Nutzungsrechte zunächst Zahlungen auf das Haus des Jahres 2009 und im Anschluss an die Abrechnung der Verwalterin im Ergebnis auf den sich hieraus errechnenden Saldo geleistet.

Zwar war die Klägerin und ihre 3 Töchter gemäß §§ 873, 925 BGB i.V.m. dem damals noch geltenden § 4 WEG bis zur Eigentumsumtragung am 10.12.2009 noch Eigentümerin der Wohnung und damit gemäß § 16 Abs. 2 WEG der Eigentümergemeinschaft zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet. Im Innenverhältnis zu der Beklagten war jedoch schon diese aufgrund der vollständigen Zahlung des Kaufpreises sowie Räumung der Wohnung spätestens seit dem 01.01.2009 zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet gewesen.

Hiergegen kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Geschäftsführung sei gegen ihren Willen erfolgt, da sie die Eigentumswohnung am gleichen Tag unter der Maßgabe der Umgehung ihrer Eintragung als Eigentümerin im Grundbuch weiter veräußert hatte. Zum einen ist eine derartige grundbuchrechtliche Wirkung des Eigentumsüberganges unter Auslassung eines Zwischeneigentümers rechtlich unzulässig, zum anderen ist die Frage des Gefahrüberganges auf den Nacherwerber nach der Beklagten für die Klägerin aufgrund ihrer eigenen vertraglichen Regelung unerheblich. Insoweit kommt es auf einen möglicherweise entgegenstehenden Willen der Beklagten (§ 679 BGB) – auch im Hinblick auf § 10 Abs. 2 des Kaufvertrags – nicht an.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Klägerin habe bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung gegen die Interessen der Geschäftsherrin verstoßen (§ 681 BGB). Allein der Umstand, dass die Klägerin zunächst für 4 Monate von der Mitteilung an die Beklagte, dass Hausgeld für das Jahr 2009 nach zuzahlen sei, abgesehen hat, reicht nicht aus. Das weitere Verhalten der Beklagten, auch ihre Form der anfänglichen Rechtsverteidigung –  Bestreiten durch Nichtwissen selbst gegenüber vorliegenden Urkunden – zeigt deutlich, dass die entsprechende zeitliche Verzögerung ohne Ursache für die tatsächliche Höhe der Forderung ist. Die Beklagte hat sich im Hinblick auf den Umstand der Weiterveräußerung zu keinem Zeitpunkt bereit erklärt, für die Kosten einzustehen bzw. das Verfahren des Ausgleichs von Zahlungen zu beschleunigen. Hinzu kommt, das die Beklagte ganz offensichtlich gegenüber der Verwalterin der Eigentumswohnung den Gefahrübergang selbst nicht angezeigt hat, wozu sie jedoch vertraglich (§ 10 Abs. 6 des Kaufvertrages) verpflichtet gewesen wäre.

Bedenken hinsichtlich der Forderungshöhe bestehen nicht. Die ursprüngliche Höhe des rückständigen Hausgeldes aus dem Jahr 2009 vor Erstellung der entsprechenden Betriebskostenabrechnung ergibt sich zwingend aus der Anlage zu dem Schreiben von Rechtsanwältin K. vom 22.02.2010. Dass der Beklagten diese Rechnung – möglicherweise auch erst in diesem Verfahren – zugegangen ist, steht außer Streit, eine inhaltliche Auseinandersetzung fehlt und ist im Hinblick auf das Zahlenwerk, das den Endbetrag  sowie das in den Saldo einbezogene Guthaben in Höhe von 502,41 € ausweist, nicht denkbar.

Ebenso wenig kann sich die Beklagte nach Erstellung der Hauskostenabrechnung des Jahres 2009 auf deren Unrichtigkeit im Verhältnis zu der Klägerin berufen. Die Annahme, die Klägerin habe im Zuge ihrer Geschäftsführung und nach dem sie bislang vergeblich die Erstattung der Kosten von der Beklagten verlangt hat, gleichwohl die Verpflichtung gehabt ihrerseits – in einem weiteren Prozess – erst gegen die Verwalterin vorzugehen, ist nicht nachvollziehbar. Die Ansicht, ein derartiges Verhalten der Klägerin wäre noch von der Geschäftsführung ohne Auftrag gedeckt und verlangt, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere das hieraus resultierende Begehren der Beklagten, das mögliche Prozessrisiko eines Rechtstreites gegen die Verwalterin auf die Klägerin zu verlagern ist ohne Rechtsgrundlage. Das widerspricht im übrigen ausdrücklich der Regelung über den Gefahr- und Nutzungsübergang aus dem notariellen Kaufvertrag.

Ebenso hat die Beklagte die Kosten zu erstatten, die die Klägerin für Einschaltung der Rechtsanwältin K. für die Verwalterin aufgewandt hat (§ 683 BGB). Die Abrechnung ist im Hinblick auf den mit dem gemachten Forderungsbetrag nicht zu beanstanden, die Zahlung ist erbracht, Rechtsanwältin K. war seitens der Verwalterin auch beauftragt.

Auch hier gegen kann sich die Beklagte nicht mit dem Argument zur Wehr setzen, die Klägerin habe sie nicht früher über die Forderung informiert. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zum Versäumnis der Beklagten.

Weiterhin hat die Beklagte die Klägerin von der in Inanspruchnahme aus der Abrechnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das vorprozessuale Forderungsschreiben freizuhalten (§§ 280, 281 BGB). Im Hinblick auf die besondere Materie dieses Rechtsstreites, Eigentümerstellung der Klägerin und ihrer Töchter nach Außen und gegenüber der Hausgemeinschaft, interne Rechtsbeziehung zu der Beklagten aufgrund des Gefahrüberganges, konnte die Klägerin von Anfang an einen Prozessbevollmächtigten zur – letztendlich erfolglosen – vorprozessualen Geltendmachung der Kostenerstattung beauftragen, ohne das es zuvor auf eine in Verzugsetzung angekommen wäre. Die Beklagte hat mit dem Umstand, den Gefahrübergang an der Eigentumswohnung nicht der Verwalterin anzuzeigen gegen § 10 Abs. 6 des Kaufvertrages verstoßen. Die avisierte Abrechnung in Höhe von 272,87 € ist im Hinblick auf einen 1,3 fachen Gebührensatz bei dem Ausgangsstreitwert von bis zu 2.500,00 € einschließlich  Telekommunikationspauschale und Mehrwertsteuer nicht zu beanstanden.

Da die Klägerin eine entsprechende Zahlung nicht behauptet hat, kam – unter Abweisung im Übrigen – nur ein Freistellungsanspruch in Betracht.

Der weitere, der Summe nach gleich Hohe Freistellungsanspruch im Hinblick auf die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten zur Einholung einer Deckungszusage der Rechtschutzversicherung der Klägerin für die Durchführung dieses Rechtsstreites, ist hingegen ohne Erfolg und daher abzuweisen.

Bei einem derartigen Auftrag, der im Hinblick auf das urkundlich vorliegende Antwortschreiben der Versicherung von der Beklagten nicht schon mit Nichtwissen bestritten werden kann (§ 138 Abs. 4 ZPO), handelt es sich zwar um einen weiteren Auftrag der Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten.

Die Frage, ob neben den im Einzelfall erforderlichen Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes auch die Rechtsanwaltskosten einer Klägerin tragen muss, die ihren Rechtsanwalt vorgerichtlich mit einer Anfrage bei dem eigenen Rechtsschutzversicherer beauftragt, um für das gerichtliche Vorgehen gegenüber der Beklagten eine Deckungszusage zu erlangen, ist umstritten und wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

Bejaht wurde ein entsprechender Anspruch – jedoch ohne nähere Begründung – vom LG Ulm (Urt. v. 08.04.2010 – 6 O 244/09, ZfS 2010, 521; LG Amberg, Urt. v. 26.05.1993 – 24 S 1492/92, AGS 1993, 58). Als erforderlich und zweckmäßig bejahen einen Schadensersatzanspruch u. a. das LG Amberg (Urt. v. 19.02.2009 – 24 O 826/08, NJW 2009, 2610), das AG Hersbruck (Urt. v. 26.11.2009 – 2 C 474/09, AGS 2010, 257) und das AG Karlsruhe (Urt. v. 09.04.2009 – 1 C 36/09, AGS 2009, 355). Einige Gerichte bejahen einen entsprechenden Anspruch jedenfalls bei Verzug des Haftpflichtversicherers (LG Berlin, Urt. v. 09.12.2009 – 42 O 162/09, juris; AG Oberndorf, Urt. v. 12.11.2009 – 3 C 698/08, juris, und LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 08.09.2009 – 2 O 9658/08, AGS 2010, 257 [diese Ansicht aber aufgegeben durch Urt. v. 30.09.2010 – 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451]; AG Schwandorf, Urt. v. 11.06.2008 – 2 C 189/08, ZfS 2010, 524).

Dagegen wird von einem Teil der Rechtsprechung ein entsprechender Anspruch abgelehnt, insbesondere weil die Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage nicht vom Schutzzweck der Haftungsnormen erfasst seien (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.09.2010 – 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 09.09.2010 – 8 O 1617/10, juris; LG Erfurt, Urt. v. 27.11.2009 – 9 O 1029/09, NZV 2010, 259; AG Rastatt, Urt. v. 09.10.2009 – 20 C 146/09, Schaden-Praxis 2010, 90; LG Berlin, Urt. v. 17.04.2000 – 58 S 428/99, VersR 2002, 333; vgl. auch OLG München, Urt. vom 04.12.1990 – 13 U 3085/90, JurBüro 1993, 163; LG München I, Urt. vom 01.03.1990 – 26 O 24064/88, ZfS 1993, 208; dieser Ansicht zustimmend Schöller, juris-PR VerkR 21/2010, Anmerkung 3; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auf., § 249, Rdnr. 37). Vom LG Schweinfurt (Urt. v. 20.03.2009 – 23 O 313/08, NJW-RR 2009, 1254) wird ein Schadensersatzanspruch bereits deshalb abgelehnt, weil die Einholung einer Deckungszusage schon durch die dem Anwalt vergütete Geschäftsgebühr abgegolten sei.

Das OLG Celle (NJW-Spezial 2011, 75) hat zuletzt dazu ausgeführt:

„Die Ersatzpflicht des Schädigers erstreckt sich auf die Kosten des Geschädigten, die durch die Geltendmachung und Durchsetzung seines Schadensersatzanspruchs verursacht sind. Insoweit besteht ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch (§ 249 BGB). Die Einholung einer Deckungszusage gehört nicht zu diesen Kosten. Der Geschädigte unterhält eine Rechtsschutzversicherung, um sein eigenes Kostenrisiko abzudecken. Macht er seine Ansprüche gerichtlich erfolgreich geltend, bedeutet dies für ihn zunächst kein Kostenrisiko. Verliert er hingegen, so muss er neben den eigenen Kosten auch noch die des Prozessgegners tragen. Die Rechtsschutzversicherung dient damit vor allem der Absicherung eines Kostenrisikos für ein Gerichtsverfahren, das der Geltendmachung unberechtigter oder nicht durchsetzbarer Ansprüche des Geschädigten dienen soll. Das Risiko, im Rahmen eines Rechtsstreits unbegründete Forderungen geltend zu machen, ist jedoch vom konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Dieses Kostenrisiko gehört vielmehr zum allgemeinen Prozessrisiko. Ein derartiges Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 09.09.2010 a. a. O., juris-Rdnr. 48; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.09.2010 – 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451).

Die Einholung einer Deckungszusage ist auch nicht unmittelbar mit dem Schadenseintritt verknüpft. Die dadurch veranlassten Kosten erwachsen nicht aus dem unmittelbaren Schadensverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem, sondern gehen nur mittelbar aus diesem hervor. Die im Kosteninteresse des Geschädigten (oder dessen Anwalts) eingeholte Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung ist nicht erforderlich, um den beim Geschädigten eingetretenen Schaden auszugleichen (so auch LG Nürnberg-Fürth. Urt. v. 30.09.2010 – 2 S 11198/09, MDR 2010, 1451). Zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ist von Rechts wegen niemand verpflichtet. Der Geschädigte könnte außerdem auch ohne Deckungszusage einer Versicherung prozessieren, selbst wenn er nicht über das für die Prozessführung erforderliche Geld verfügte, indem er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragte.

Die Einholung der Deckungszusage muss darüber hinaus nicht durch den Rechtsanwalt geschehen. Zunächst kann auch der Geschädigte selbst seine Versicherung formlos von dem Schadensfall informieren und um eine Kostenübernahme bitten. Inwieweit ein Geschädigter schon bei der Information seiner Rechtsschutzversicherung der Hilfe eines Anwalts bedarf, ist allerdings eine Frage des Einzelfalls. Hier war die Einschaltung eines Anwalts in diesem Punkt aber nicht erforderlich. Der Anspruch war bereits mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21. August 2009 (Bl. 39 f. d. A.) gegenüber der Beklagten zu 2 geltend gemacht worden. Erst im Anschluss daran ist die Rechtsschutzversicherung informiert und um eine Deckungszusage gebeten worden (vgl. Bl. 6 d. A.). Dabei hätte der Kläger ohne weiteres selbst tätig werden und das schon vorliegende Schreiben seines Anwalts an seine Versicherung weiterleiten können. Eine gesonderte Beauftragung des Anwalts war dafür nicht erforderlich. Das zeigt sich auch daran, dass die Versicherung nach Kenntnisnahme des Anspruchs umgehend Deckungszusage erteilt hat (Bl. 41 d. A.).

Schließlich ist Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urt. v. 19.10.2010 – VI ZR 237/09, juris, Tz. 15 m. w. N.).

Die Einholung der Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung des Mandanten kann für den Rechtsanwalt eine andere Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG als die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Unfallgegner sein (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., § 19 Rdnr. 25 f. m. w. N.; a. A. jedoch Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 15 RVG, Rdnr. 47). Sie steht dennoch in einem inneren Zusammenhang mit dem Schadensersatzanspruch. Denn ein innerer Zusammenhang zwischen verschiedenen Gegenständen einer anwaltlichen Tätigkeit setzt voraus, dass die Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des nach dem Inhalt des Auftrags mit der anwaltlichen Tätigkeit erstrebten Erfolgs innerlich zusammengehören (vgl. BGH, Urteil vom 3. August 2010 – VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037, insb. Tz. 17 des Urteils m. w. N.). Die Anfrage an eine Rechtsschutzversicherung ist eine Standardangelegenheit, die im Rahmen der vorgerichtlichen Bearbeitung einer Sache aus Sicht des Mandanten regelmäßig „nebenbei“ erfolgt und keinen gesonderten – über die ohnehin vorzunehmende Prüfung und Begründung des geltend zu machenden Anspruchs hinaus – Aufwand erfordert. Sie ist zwar nicht unmittelbar mit dem Schadensfall selbst verknüpft, steht aber für den sachbearbeitenden Anwalt bei objektiver Betrachtung in einem inneren Zusammenhang mit der gesamten Angelegenheit. Denn eine solche Anfrage dient der Vorbereitung der Rechtsvertretung (so auch Schöller a. a. O.) und letztlich auch der Absicherung des anwaltlichen Prozesskostenrisikos.

Der Rechtsanwalt muss deshalb seinen Mandanten ausdrücklich darauf hinweisen, dass durch die Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung ein eigener Gebührentatbestand begründet werden soll und der Mandant diese Kosten unter Umständen selbst zu begleichen hat (Gerold/Schmidt/v.Eicken/ Madert/Müller-Rabe a. a. O., Rdnr. 28). Diese Kostentragungspflicht ist für den Mandanten aber – ohne entsprechenden Hinweis – überraschend, denn wegen des Bestehens der Rechtsschutzversicherung darf er zunächst davon ausgehen, selbst gerade kein Kostenrisiko zu tragen (so auch LG München ZfS 1993, 208; bestätigt durch OLG München, JurBüro 1993, 163).“

Dieser Rechtsansicht, die auch für die Inanspruchnahme auf Kostenerstattung im Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung findet, da sich die grundlegenden Argumente gleichen, schließt sich das Gericht an.

Insoweit bedurfte es keine Ausführungen über die Höhe des Freistellungsantrages, der sich nur auf den Streitwert der Kosten und nicht auf den der Hauptsache dieses Rechtstreits hätte stützen können.

Die Hauptforderung hat die Beklagte gemäß § 286, 288 Abs. 1 BGB in gesetzlicher Höhe seit dem 02.03.2010 zu verzinsen. Die Beklagte hat die Erstattung der geltend gemachten Forderung unter dem 01.03.2010 abgelehnt, so dass es keiner weiteren Fristsetzung bedurfte.

Die prozessrechtlichen Nebenfolgen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt., 709, 708 Ziff. 11 und 711 ZPO.

Die anteilige Klagrücknahme ist nicht nur geringfügig und hat zugleich zu einem Gebührensprung geführt. Eine Übertragung der Kosten auf die Beklagte kam nicht in Betracht, da die Rücknahme nach Rechtshängigkeit erfolgte (§ 269 Abs. 3 ZPO).

 

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