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Vermieterpflicht über Lüftungskonzept nach DIN 1946/6

AG Reinbek – Az.: 15 C 77/14 – Urteil vom 04.07.2014

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause S-Weg …, … R Auskunft über das zukünftig zutreffende Heizen und Lüften nach erfolgten Fensteraustausch zu erteilen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 6/7, die Kläger als Gesamtschuldner zu 1/7.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 350,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind durch einen Mietvertrag verbunden, die Kläger als Mieter und die Beklagte als Vermieterin. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrags auf die Anlage K1 zur Klageschrift verwiesen.

Im Jahr 2013 ließ die vor Eigentümerin und Rechtsvorgängerin der Beklagten, die d. i. i., Instandsetzung- und Modernisierungsmaßnahmen im Haus durchführen, bei der insbesondere die Fensterflächen erneuert worden. So sind im Bereich der Nordseite die Fenster einer Fläche von 2,68 Quadratmeter komplett ausgetauscht worden, auf der Südseite hingegen sind 4,13 Quadratmeter so belassen worden. Insgesamt ist eine Fläche von ca. 40 Prozent erneuert worden.

Nach Durchführung dieser Maßnahmen wurde die Rechtsvorgängerin der Beklagten, vertreten durch die Firma A-GmbH, mit Schreiben vom 30.12.2013 durch die Prozessbevollmächtigten der Kläger angeschrieben und aufgefordert, spätestens bis zum 10.01.2014 den Klägern einen Lüftungskonzept gemäß DIN 1946/6 zu übermitteln.

Nachdem dies nicht geschehen ist, haben die Kläger Klage eingereicht und beantragen nun die Beklagte zu verurteilen, für die von den Klägern innegehaltene Wohnung im Hause S-Weg …, … R ein Lüftungskonzept gemäß der DIN 1946/6 zu erstellen und diese ggf. in Abschrift den Klägern auszuhändigen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, für die von den Klägern innegehaltene Wohnung im Hause S-Weg …, … R ein Konzept für das zukünftig zutreffende Heizen und Lüften nach erfolgten Fensteraustausch zu erstellen und auszuhändigen bzw. Auskunft zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Laufe des Prozesses haben die Kläger ein Schreiben der Verwalterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19.02.2014 erhalten, dem ein Flyer über gesundes Wohnen Richtig heizen und lüften beigefügt war. Wenn der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage K3 zum Schriftsatz vom 25.02.2014 verwiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet, hinsichtlich des Hilfsantrags weitgehend begründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Lüftungskonzepts gemäß DIN 1946/6 gegen die Beklagte. Sie haben aber durchaus einen Anspruch auf Auskunft über die Anforderungen an das künftige Lüftungs- und Heizverhalten in der Wohnung, nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten moderne, starke abdichtende Fenster eingebaut hat.

Es ist grundsätzlich richtig, dass das die Lüftungsnorm DIN 1946/6 die Erstellung eines Lüftungskonzepts auch bei Renovierung von Bestandswohnungen verlangt, wenn im Ein- und Mehrfamilienhaus mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster ausgetauscht werden. Dies bedeutet, dass die Beklagte festlegen lassen muss, wie aus Sicht der Hygiene und des Bauschutzes der notwendige Luftaustausch künftig erfolgen kann. Diese Industrienorm ist jedoch primär nur für die am Bau bzw. an der Renovierung Beteiligten verbindlich und bezieht sich nicht unmittelbar auf das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Dementsprechend besteht keine Pflicht der Beklagten gegenüber den Klägern, ein entsprechendes Lüftungskonzept entsprechend der DIN 1946/6 zu erstellen und auszuhändigen.

Daher war im Hauptantrag nicht zu entsprechen und über den Hilfsantrag, der unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung der Unbegründetheit des Hauptantrags stand, zu entscheiden.

Dieser Hilfsantrag ist weit gehend begründet. Es gehört zu den mietvertraglichen Nebenpflichten eines Vermieters, den Mieter auf etwaige Änderungen bei den Anforderungen an das Lüftung- und Heizverhalten aufzuklären, zum Beispiel wenn moderne, starke abdichtende Fenster eingebaut werden. Es ist hingegen nicht die Pflicht des Mieters, selbständig Überlegungen zu einem veränderten Lüftungsverhalten anzustellen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., Rn. 230 zu § 536 BGB). Diese Aufklärungspflicht ist nicht erfüllt durch den mit der Anlage K3 übersandten Flyer über richtiges Heizen und Lüften, da es sich hierbei um allgemeine Hinweise handelt, die weder auf die konkrete Wohnung noch auf die konkreten renovierungsbedingten Veränderungen an die Anforderungen des Heiz- und Lüftungsverhalten gegenüber dem früheren Zustand eingehen. Es handelt sich um einen Flyer, der im Prinzip für jede Art Wohnung allgemein zutreffende Hinweise enthält.

Dem Hilfsantrag war lediglich insoweit nicht stattzugeben, als dass die Kläger nicht die Aushändigung eines Konzepts (damit kann nur eine schriftliche Fassung gemeint sein) verlangen können, sondern lediglich eine Auskunftserteilung. Die Form der Auskunftserteilung ist grundsätzlich nicht gesetzlich vorgegeben und kann theoretisch auch mündlich erfolgen. Entscheidend ist, dass sie wohnungsspezifisch ist und insbesondere auf die Veränderung des früheren zum nunmehr modernisierten Zustand der Wohnung eingeht.

Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG bei der Ermittlung des Gebührenstreitwertes Haupt-und Hilfsantrag nicht zusammenzurechnen waren, weil sie denselben Gegenstand betrafen. Der Hilfsantrag ist ein wesensgleiches Minus zu dem weitergehenden Hauptantrag. Daher war für den Gebührenstreitwert allein der erhöhte Streitwert des Hauptantrags maßgeblich. Dieser ist gegenüber dem Hilfsantrag deswegen höher anzusiedeln, weil die Erstellung eines schriftlichen Lüftungskonzepts gemäß DIN 1946/6 weitergeht, als die bloße Auskunftserteilung über künftig richtiges Lüften und Heizen nach erfolgter Renovierung.

Dabei richtet sich der Streitwert nicht nach etwaigen Schäden durch Schimmelpilzbeeinträchtigungen. Derartige Schäden sind weder absehbar, noch besteht insoweit eine konkrete Gefahr. Die Kläger haben vielmehr die Erstellung eines Lüftungskonzepts entsprechend der DIN 1946/6 verlangt, so dass sich der Streitwert für den Hauptantrag nach den Kosten eines solchen Konzepts zu berechnen hat. Das Gericht schätzt diese Kosten auf 350,00 Euro und bezieht sich dabei auf eine allgemein zugänglich und damit allgemeinkundige entsprechende Informationen aus dem Internet (beispielsweise www.Energiesystem.de/Kosten), der zufolge bei ein bis zwei Wohneinheiten die Kosten für die Nachweisberechnungen zuzüglich Steuern für ein sprechendes Lüftungskonzept nach der DIN 1946/6 mit 350,00 Euro angegeben werden. Der Hilfsantrag, der sich im Wesentlichen dadurch unterscheidet, dass nicht die formalen Vorgaben der DIN 1946/6 eingehalten werden müssen, aber gleichwohl konkret und vor allem korrekt das veränderte Lüftungs- und Heizverhalten beinhalten muss, wird demgegenüber mit 300,00 Euro festgesetzt. Da der Hilfsantrag ein wesensgleiches Minus gegenüber dem Hauptantrag darstellt, geht das Gericht davon aus, dass die Kläger zu einem Streitwert von 300,00 Euro gegenüber den Gesamtstreitwert wird von 350,00 Euro obsiegen. Der Umstand, dass die Form der Auskunftserteilung nicht vorgegeben werden kann, wird hier inhaltlich nicht als Teilunterliegen bewertet.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

 

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