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WEG – Ansprüche der Wohnungseigentümer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums

OLG Celle – Az.: 5 U 44/12 – Urteil vom 25.10.2012

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Januar 2012 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer/Einzelrichter des Landgerichts Hannover teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 68.104,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Februar 2011 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren über 68.104,95 € brutto hinausgehenden Mängelbeseitigungskosten zu zahlen, soweit sie die Selbstvornahmekosten zur Mängelbeseitigung der Fassade, der Treppenhausfenster, der Treppenhausstufen und Handläufe, des Vordachs unterhalb der Balkone und des Vordachs über dem Kellerabgang und Treppengeländer gemäß den Feststellungen des Gutachters B. vom 14. März 2010 zum Objekt L. 69, …1 H., betreffen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 92%, der Klägerin zu 8% auferlegt; die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz fallen den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum einer Eigentumswohnungsanlage in Anspruch, insbesondere wegen des Daches.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft (nachfolgend: WEG), zu der auch die Beklagten gehören. Diese hatten die Immobilie erworben, das Dachgeschoss zu einer weiteren Wohnung ausgebaut, das Haus in fünf Wohnungseinheiten aufgeteilt (Teilungserklärung vom 28. Juni 2007, Bl. 50ff., Ergänzung/Berichtigung vom 8. August 2007, Bl. 61ff.) und vier davon im Jahre 2007 an die jetzigen Miteigentümer H., S., F. und N. veräußert; eine Einheit verblieb bei den Beklagten.

In den Kaufverträgen haben die Beklagten unter § 4 die Haftung für Sachmängel jeweils ausgeschlossen und erklärt, die Wohnung werde im ordnungsgemäßen renovierten Zustand, entsprechend der Anlage 3 übergeben. Der Verkäufer hafte gegenüber dem Käufer für die vertraglich vereinbarte Renovierung des Kaufobjekts.

Hinsichtlich der Dachkonstruktion, der Fassade und dem Treppenhaus finden sich in den jeweiligen Baubeschreibungen zu den Kaufverträgen Angaben dazu, die fehlerhaften Dach- und Trägerbalken würden vom Verkäufer auf seine Kosten erneuert bzw. ausgewechselt (Kaufverträge F. und N.) und (Kaufvertrag S.) die Dacheindeckung werde instandgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kaufverträge nebst Baubeschreibung F. (Bl. 13 ff., 27), N. (Bl. 28 ff., 45) und die Baubeschreibung S. (Bl. 226) Bezug genommen.

Die Klägerin beschloss am 5. Juni 2008, die Verwaltung zu beauftragen, gegen die Beklagten wegen nicht ausgeführter Leistungen aus der Baubeschreibung bzw. wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegen die Beklagten gerichtlich vorzugehen. Sie leitete mit Schriftsatz vom 6. Juli 2009 ein selbständiges Beweisverfahren ein (16 OH 13/09 LG Hannover), in dem ein Gutachten des Sachverständigen B. (Bl. 93 ff. = Bl. 100 ff. d. BA) nebst drei Ergänzungsgutachten (Bl. 152 ff. d.A. = Bl. 191 ff., 216 ff., 252 ff. der BA) eingeholt wurde.

Das Dach beurteilte der Sachverständige wie folgt (S. 10 des Gutachtens = Bl. 110 ff der Beiakten):

„Die Ziegeldachfläche des Hauses ist im Prinzip noch die Erstausrüstung des Gebäudes. (…) Die Ziegeleindeckung wurde sowohl im Bereich alter als auch erneuerter Ziegel teilweise mit einer außenliegenden Mörtelverfugung ausgeführt. Eine derartige Mörtelverfugung ist nicht fachgerecht. Mörtelverstriche gibt es bei Ziegeldächern dieser Art auf der Innenseite, weil Ziegeldächer diesen Alters über keine Unterspannbahn als zweite wasserführende Ebene verfügten. Die Ziegelfugen wurden daher auf der Innenseite mit Mörtel verschlossen, der aber durch Windeinwirkung und die damit zusammenhängenden Bewegungen bzw. durch Frosteinwirkung immer wieder herausfällt und bei derartigen Dächern häufig nachgerüstet werden muss. Da die Dachbereiche ausgebaut wurden, kann man den Mörtelverstrich dieser Ziegel auf der Innenseite nicht mehr erreichen. Er wurde daher auf der Außenseite nachgerüstet. Das ist jedoch nicht fachgerecht. Der Mörtel bricht unter dem Einfluss von Sturm und Frost aus und fällt von der Dachfläche.

Hier ist Gefahr im Vollzuge. Die Mörtelbrocken können leicht über die Dachrinne auf die davorliegenden Hof- und Straßenbereiche herabfallen. Das Dach muss unverzüglich überprüft und ggf. gesichert werden.

Die Dachfläche weist diverse Schäden an den Ziegeln auf. Die Ziegel liegen weit gesperrt, haben diverse ausgebrochene Kanten, so dass eine regensichere Eindeckung nicht mehr existiert.

Alle Anschlüsse an die Schornsteine sind nicht fachgerecht. Die Eindichtung der Ziegel an die Schornsteine wurde mit einer einfachen Vermörtelung ausgeführt, die keine regensichere Eindichtung darstellen kann.

Die gesamte Dachkonstruktion ist ohne Unterspannbahn ausgeführt. (…) Die fehlende Unterspannbahn im Zusammenhang mit vielen beschädigten Ziegeln führt zu der Einschätzung, dass die gesamte Dachkonstruktion nicht regensicher ist.

Der bituminös abgedichtete rechte Giebel zur Seite L. ist nicht fachgerecht an die angrenzenden Kehlen angeschlossen. Die Abdichtung ist brüchig und rissig. Der gesamte Giebel muss aufgenommen und die Kehle neu hergestellt werden.

(…)

Das Dach unterliegt grundsätzlich erheblichen Mängeln im Hinblick auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik. Natürlich ist es denkbar, dass sich Schäden seit dem Sommer 2007 verstärkt haben. Es mögen weitere Ziegel beschädigt worden sein oder auch weitere Mörtelbereiche gerissen und herausgefallen sein. Dem Grunde nach sind die Mängel an dem Dach insbesondere durch den fälschlicherweise außen durchgeführten Mörtelverstrich, die beschädigten Ziegel und die fehlende Unterspannbahn so gravierend, dass das Dach im Hinblick auf den Witterungsschutz über der ausgebauten Wohnung N. als nicht funktionstüchtig bezeichnet werden muss.

Es ist nicht im Einklang mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik und kann als Witterungsschutz für das Gebäude seine Funktion nicht mehr erfüllen.

Zur Mangelbeseitigung wird es erforderlich, das Gebäude allseitig einzurüsten und die Dachdeckung vollständig zu erneuern.“

Im ersten Ergänzungsgutachten (Bl. 192 f. d. BA) heißt es weiter:

„Die Undichtigkeiten des 100 Jahre alten Daches sind nicht darauf zurückzuführen, weil einzelne Ziegel verschoben wurden. Das Dach ist insgesamt in einem sehr schlechten Zustand. (…) Das eigentliche Problem ist aber der Dachinnenausbau, der einen ganz anderen Aufbau erforderlich macht, als es bei dem vorher unausgebauten, 100 Jahre alten Dach der Fall war. (…)

Die Ziegeleindeckung ist allerdings in einem so schlechten Zustand, dass man sie auch nicht in der Form belassen könnte, wenn man das Dach nicht ausgebaut hätte.“

Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten zu Mangelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 95.000 € für Mängel an der Fassade, dem Treppenhaus, dem Dach und dem Kellerabgang (Bl. 109). Mit der Behauptung, die vereinbarten Leistungen seien nicht oder nicht hinreichend ausgeführt, hat die Klägerin die Beklagten in erster Instanz auf Zahlung in dieser Höhe als Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 95.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2010 zu zahlen, es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jede weitere über 95.000 € brutto hinausgehende Mängelbeseitigungskosten im Zusammenhang mit den Selbstvornahmekosten zur Mängelbeseitigung gemäß Gutachten B., Objekt L. 69, …1 H., zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie halten die Klägerin nicht für aktiv- und sich selbst nicht für passivlegitimiert. Nach der Bauleistungsbeschreibung habe kein Anspruch auf ein neues Dach bestanden. Die Instandsetzung sei in enger Abstimmung mit dem Eigentümer N. erfolgt, wobei auch vereinbart worden sei, dass eine vollständige Dachsanierung zunächst habe zurückgestellt werden sollen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise, nämlich in Höhe von 23.205 € stattgegeben und zwar hinsichtlich der Fassade, der Treppenhausfenster, der Treppenhausstufen und Handläufe, der Vordächer sowie Planungskosten.

Das Landgericht hat die Klage im Hinblick auf die Mängel des Dachs abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, ein Vorschussanspruch im Hinblick auf eine Kompletterneuerung des Daches bestehe nicht. Nach den Baubeschreibungen seien die Beklagten verpflichtet gewesen, fehlerhafte Dach- und Trägerbalken zu erneuern bzw. auszuwechseln und die Dacheindeckung instand zu setzen. Danach seien lediglich beschädigte Balken und Dachziegeln zu erneuern gewesen, was mit einem Kostenaufwand von rund 20.000 € im Jahre 2007 erfolgt sei. Ein weitergehender Anspruch auf Komplettsanierung lasse sich der Baubeschreibung nicht entnehmen. Er lasse sich auch nicht im Hinblick auf den erfolgten Ausbau des Dachgeschosses herleiten. Es möge sein, dass nach der Energieeinsparungsverordnung 2001 nach dem Ausbau des Dachgeschosses eine Dämmung der Dachebenen und eine zweite wasserabweisende Ebene auf der Dachunterseite etwa in Form einer Unterspannbahn habe hergestellt werden müssen. Diese Anforderungen richteten sich an den Grundstücks- bzw. Gebäudeeigentümer, verpflichte also die Klägerin selbst. Im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagten seien indes die vertraglichen Vereinbarungen maßgebend, aus denen gerade ein Anspruch auf Herstellung eines neuen Daches nicht folge.

Das Landgericht hat einen Vorschussanspruch im Hinblick auf die Durchfeuchtungen im Treppenhaus ebenfalls abgewiesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 303 ff) Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren selbständigen Berufungen.

Die Beklagten begehren die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin sei nicht aktiv- sie selbst nicht passiv legitimiert. Sie müsse zunächst die Werkunternehmer in Anspruch nehmen.  Die Klägerin habe ihnen im Übrigen keine angemessene Frist zur Nachbesserung eingeräumt und eine Reihe von Mangelbeseitigungskosten seien zu Unrecht bzw. zu hoch angesetzt.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts H., Aktenzeichen 16 O 19/11, vom 20. Januar 2012 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der selbständigen Berufung, das Urteil des Landgerichts H. (16 O 19/11) vom 20. Januar 2012 wird mit der Maßgabe abgeändert, das über den ausgeurteilten Betrag und die ausgeurteilte Feststellung hinausgehend die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, weitere 44.899,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Februar 2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin verfolgt – nunmehr statt der Vorschuss- im Wege der Leistungsklage – Schadensersatz wegen der Dachsanierung mit der Behauptung, diese sei zwischenzeitlich mit einem Kostenaufwand von 52.685,23 € ausgeführt.

Die Klägerin hat diesen Rechnungsbetrag um 15 % mit Rücksicht darauf gekürzt, dass nunmehr die strengeren Vorschriften der Energieeinsparverordnung 2009 einzuhalten gewesen seien. Hinzu kämen zwei Notreparaturen aus dem Jahr 2011 mit 809,80 € und 615,77 €.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten gerade nicht dargetan, dass mit einem Kostenaufwand von 20.000 € im Jahr 2007 die beschädigten Balken und Dachziegel erneuert worden seien. Der Dachdeckerunternehmer K. habe in einer Eigentümerversammlung (Protokoll vom 25. Februar 2008, Bl. 228 f) demgemäß auch gesagt, seine Aufgabe sei es lediglich gewesen, erkennbar fehlerhafte Dach- und Trägerbalken auszuwechseln und Undichtigkeiten zu entfernen. Dieses habe er auch, so gut es ihm möglich gewesen ist, getan. Alle vorhandenen Trägerbalken im oberen Bereich der Eigentumswohnung Nr. 5 seien entfernt worden, das Dach sei partiell in mehreren Flächen neu verstrichen worden. Es empfehle sich die Umdeckung bzw. Neueindeckung des Daches, da es altersbedingt immer wieder zu Reparaturen kommen werde.

Die 20.000 € seien zudem nicht für eine Dachreparatur aufgewandt worden, sondern seien für die neugeschaffene Loggia und die Einbringung der Dachfenster aufgewandt worden. Das Dach sei daher nicht – wie in den Baubeschreibungen ausgeführt – „instand gesetzt“.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze und Anlagen der Parteien Bezug genommen.

II.

Beide Berufungen sind zulässig, die der Beklagten ist unbegründet, die der Klägerin begründet.

1. Berufung der Beklagten

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft können aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Gemeinschaft Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung und des Schadensersatzes für Mangelfolgeschäden an alle Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1996, Aktenzeichen VII ZR 233/95, BGH, Urteil vom 12. April 2007, Aktenzeichen VII ZR 236/05, zitiert nach juris). Es schadet nicht, dass die verschiedenen Baubeschreibungen nicht wortgleich sind. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Ausübung der auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus den Verträgen mit dem Veräußerer im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen (BGH, a.a.O.). Wird ein solcher Beschluss gefasst, ist der einzelne Erwerber von der Verfolgung seiner Rechte ausgeschlossen, soweit die ordnungsgemäße Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordert, was regelmäßig der Fall ist. Das gilt für den Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruch und auch den Anspruch auf Vorschuss oder Aufwendungsersatz, die davon abhängen, wie die Selbstvornahme ausgeführt wird. Auch für den Veräußerer ist dies vorteilhaft, weil er nicht mehr inhaltlich verschiedenartigen Ansprüchen ausgesetzt wird (BGH, a.a.O., mit Anmerkung Zepp, zitiert nach juris).

b) Die Beklagten sind passivlegitimiert. Sie können die Klägerin nicht auf den Haftungsausschluss und die Abtretung von Ansprüchen, die den Beklagten gegen die Handwerker zustehen, verweisen. Hinsichtlich der Arbeiten, um die es im vorliegenden Fall geht, haften die Verkäufer ausdrücklich; die Ansprüche der Käufer wegen eines Sachmangels sind diesbezüglich gerade nicht ausgeschlossen. Es kann daher dahinstehen, ob der (vollständige) Haftungsausschluss unter Abtretung der Ansprüche gegen die Handwerker überhaupt hinreichend bestimmt und wirksam ist.

c) Die Verpflichtung zur Zahlung von 23.205 € brutto und die Feststellung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei zuerkannt. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen; der Senat tritt ihnen bei.

aa) Die Beklagten schuldeten eine Dreifach-Verglasung. Die Erwerber haben damit einen Anspruch, dass die vorhandene Zweifachverglasung entsprechend angepasst wird. Ein „unverhältnismäßiger Aufwand“ ist damit nicht verbunden. Die Erwerber haben einen Anspruch auf vertragsgerechte Leistung. Dass derzeit die bessere Isolierung nicht (erheblich) zum Tragen kommt, weil es sich um ein unbeheiztes Treppenhaus handele, steht dem nicht entgegen. Diese Gegebenheiten, sowie ggf. Anforderungen an die Energieeinsparung, können sich ändern. Die Erwerber haben einen Anspruch, das zu erhalten, was vertraglich vereinbart war.

bb) Das Landgericht hat fehlerfrei festgestellt, dass die Beklagten für das Wiederanbringen des Vordachs über dem Kellerabgang und des Treppengeländers verpflichtet sind. Die Beklagten sind dem Vortrag der Klägerin nicht hinreichend entgegengetreten, dass beides im Zuge der Renovierungsarbeiten nach Abschluss der Kaufverträge entfernt wurde. Demgemäß gehört es zur Vervollständigung der Reparaturarbeiten, Vordach und Treppengeländer wieder anzubringen. Dass sich hierzu nichts in der Baubeschreibung findet, steht dem nicht entgegen, weil zu diesem Zeitpunkt beides noch angebracht war.

Die Beklagten haben sich zudem jedenfalls dem Eigentümer S. gegenüber verpflichtet, das Vordach unterhalb des Balkons aufzuarbeiten und mit Ziegeln zu belegen (Bl. 227). Dass sich diese Verpflichtung unter der Überschrift „Baumaßnahmen am Sondereigentum“ findet, ändert daran nichts, denn bei dem Vordach handelt es sich ersichtlich um Gemeinschaftseigentum.

cc) Der Sachverständige hat zutreffend und plausibel festgestellt, dass das Streichen des Treppengeländers unter die Formulierung „das Treppenhaus wird anschließend renoviert“ fällt.

2. Berufung der Klägerin

Der Klägerin steht gegen die Beklagten der geltend Anspruch auf Zahlung weiterer 44.899,95 € wegen der inzwischen erfolgten Sanierung des Daches aus der Rechnung der Fa. K. über brutto 52.685,23 € (Bl. 365 ff.) zu.

a) Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts nicht an, aus der Baubeschreibung S. („die Dacheindeckung wird instand gesetzt“) ergebe sich nicht, dass die Beklagten eine komplette Neueindeckung schuldeten. Die Beklagten sind nach den Kaufverträgen, insbesondere nach der Formulierung in dem Kaufvertrag S. verpflichtet, das Dach komplett zu sanieren, weil nur so ein vertragsgemäßer Zustand zu erreichen ist.

Nach den plausiblen und gut nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen B. war das streitgegenständliche Dach lediglich dadurch „instand zu setzen“, dass es komplett neu eingedeckt wurde. Es war schon vor und erst recht nach dem Umbau des Dachgeschosses in eine Wohnung nicht mehr funktionsfähig und war mit lediglich ausbessernden Arbeiten nicht sach- und fachgerecht herzustellen. Es ergibt sich deutlich aus dem Gutachten des Sachverständigen, dass dieses Dach insbesondere nicht einmal regendicht ist und die unfachmännisch durchgeführte Vermörtelung eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Auch ohne den Umbau in eine Wohnung hätte es komplett neu eingedeckt werden müssen, nach dem Umbau des Dachgeschosses in eine Wohnung ist eine Komplettsanierung erforderlich, um den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Dach zu genügen. Da das vorhandene Dach derart marode war, dass ein solcher Zustand nur durch eine umfassende Sanierung zu erreichen war, schulden die Beklagten eine solche.

Den Verträgen und den Baubeschreibungen ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagten nur einen bestimmten, engumrissenen Renovierungsaufwand schuldeten, etwa eine lediglich behelfsmäßige oder provisorische Abdichtung. Mit dem Sinn des Ausdrucks „instand gesetzt“ sind solche Maßnahmen, wie sie auch der Dachdeckermeister K. in der Eigentümerversammlung beschrieben hat, nicht gleichzusetzen. Dementsprechend hat der beauftragte Dachdecker K. auch ausgeführt, zur kompletten Instandsetzung sei eine Neueindeckung erforderlich.

Weiterer Beweis war nicht zu erheben und den Beklagten keine Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu gewähren. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 12. September 2012 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, §§ 156, 296 a, 283 ZPO. Die Frage, welchen Inhalt die Kaufverträge hatten, ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden, auch der Vortrag im Schriftsatz vom 20. April 2011 (Bl. 209 ff), es sei vor Abschluss der Kaufverträge besprochen worden, dass die Käufer die kostenaufwendige Maßnahme der vollständigen Dacherneuerung zunächst aus Kostengründen zurückstellten. Der Vortrag, es sei klar gewesen, dass die Instandsetzungsmaßnahme nur eine vorübergehende Maßnahme sei und die Käufer später im Rahmen der WEG ein neues Dach würden einbauen lassen müssen, reicht nicht aus, um darzutun, die Beklagten wären sich mit sämtlichen Erwerbern entgegen der Formulierung im notariellen Kaufvertrag dahin einig gewesen, nicht der Wortlaut in dem notariellen Vertrag solle maßgeblich sein, sondern es sei lediglich eine engumrissene provisorische Reparatur gemeint. Eine solche Einschränkung findet in dem Wortlaut der notariellen Verträge und der Baubeschreibungen keinen Ansatz.

Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen gibt es im vorliegenden Fall nur eine Form der „Instandsetzung“ und das ist eine Komplettsanierung. Selbst eine „provisorische Reparatur“ reicht gerade nicht aus, um das Dach wenigstens regen- und winddicht zu machen und die Gefährdung der Fußgänger durch herabfallende Mörtelbrocken zu verhindern.

Die Beklagten haben im Termin im Übrigen keine Stellungnahmefrist zu diesem Punkt erbeten.

b) Die Beklagten befanden sich mit den Nachbesserungsarbeiten in Verzug. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Beklagten jedenfalls mit der Leistungsverweigerung vom 6. Oktober 2010 (Anlage K 14, Bl. 167 f) mit der Nachbesserung des Daches in Verzug befanden. Ein Anspruch auf weitere Gelegenheit zur Nachbesserung stand ihnen nicht zu. Die Beklagten verhalten sich widersprüchlich: Sie haben sich seit 2008 in den Eigentümerversammlungen, in der Beschlussanfechtung (483 C 8834/08 AG Hannover, Urteil Bl. 85 ff.), im selbständigen Beweisverfahren und im vorliegenden Rechtsstreit nachdrücklich jeder Mangelbeseitigung zu der sie – auch unter Fristsetzung – aufgefordert wurden, insbesondere hinsichtlich des Daches, widersetzt.

c) Die Klagforderung in Bezug auf das Dach ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet. Die Beklagten haben erhebliche Einwendungen gegen die vorgelegten Rechnungen nicht erhoben. Ob eine andere Firma die Arbeiten kostengünstiger hätte ausführen können, ist irrelevant. Ein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht, § 254 BGB, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die Kosten halten sich auch in dem Rahmen, den bereits der Sachverständige in seinem Gutachten vom 14. März 2010 genannt hatte (rund 41.000 € netto, Bl. 109)

Auf die Höhe von Abzügen kommt es im Übrigen nicht an. Da die Beklagten es zu verantworten haben, dass das Dach nicht früher instand gesetzt wurde, können sie sich auf die erhöhten Anforderungen, die die Energieeinsparverordnung 2009 stellt, nicht berufen.

d) Die Beklagten sind den Rechnungen wegen der Notreparaturen (herabfallende Mörtelbrocken) nicht hinreichend entgegengetreten.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen und auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil teilweise zu ändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.

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