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Mietminderungsanspruch: Kein Anspruch bei Verhinderung der Mängelbeseitigung

AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Az.: 2 C 876/06, Urteil vom 01.07.2008

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen gemietete 3-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss links des Hauses … zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.069,47 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.06.2007 zu bezahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 9/10.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent vorläufig abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

6. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bewilligt bis zum 31.10.08.

Streitwert: 9.202,89 EUR

Tatbestand

Mietminderungsanspruch: Kein Anspruch bei Verhinderung der Mängelbeseitigung
Symbolfoto: Mazirama/Bigstock

Die Klägerin macht gegen die Beklagten einen Räumungs- und Zahlungsanspruch aus einem Mietverhältnis geltend. Zwischen den Parteien besteht gemäß dem Mietvertrag vom 25.08.2003 ein Mietverhältnis über die streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung im Gebäude … Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin des früheren Vermieters … in Folge Erbfolge in den Mietvertrag eingetreten.

Aufgrund von Rückständen bezüglich Nebenkosten und Miete wurden Beklagten mit Schreiben des Stuttgarter Haus- und Besitzervereins e. V. vom 25.04.2007 fristlos gekündigt. Mit Anwaltsschriftsatz vom 26.10.2007 wurde wegen weiterer Mietrückstände nochmals die Kündigung ausgesprochen.

Am 29.06.2006 wurden die von den Beklagten monierten Wasseruhren ausgewechselt.

Der von den Beklagten monierte Parkettboden wurde von der Vermieterseite ebenfalls repariert. Bezüglich monierter Fenster wurde von der Vermieterseite der Fensterbaufirma … der Auftrag erteilt, die Fenster bzw. die Balkontüre zu erneuern. Bezüglich einer Sanierung des Balkons ist von Seiten der Eigentümergemeinschaft bereits beschlossen worden, dass Maßnahmen durchgeführt werden. Bezüglich des Garagendaches wurde von der Hausverwaltung … eine Abdichtung der Fuge des Garagendaches mit witterungsbeständigen Allwetter-Acry-Silikon vorgenommen.

Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagten bezüglich der Nebenkostenabrechnungen der Jahre 2003 bis 2004 in Höhe von 271,09 EUR und bezüglich 2004 bis 2005 in Höhe von 50,32 EUR in Rückstand seien. Die Nebenkostenabrechnungen seien ordnungsgemäß erstellt. Seit Oktober 2005 würden die Beklagten zu Unrecht eine monatliche Mietminderung in Höhe von 63,– EUR geltend machen. Die von der Beklagtenseite monierten Mängel am Mietobjekt seien nach Anzeige durch die Beklagten entweder unverzüglich beseitigt worden die Beseitigung ist nicht möglich, da die Beklagten eine Reparatur nicht zulassen bzw. Maßnahmen treffen, dass die zuständigen Handwerker die Reparaturen nicht durchführen können.

Aufgrund des erheblichen Mietrückstandes sei daher die fristlose Kündigung ausgesprochen worden und die Beklagten seien verpflichtet, die streitgegenständliche Wohnung zu räumen.

Die Klägerin stellt daher folgende Klaganträge:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 762,64 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 699,42 EUR seit dem 04.04.2006 und aus weiteren 63,– EUR seit dem 05.04.2006 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 880,47 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu bezahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen gemietete 3-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss links des Hauses … sofort zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen Klagabweisung.

Die Beklagten tragen vor, dass die von der Klägerin geltend gemachten Nebenkostenabrechnungen bisher nicht fällig seien. Die Nebenkostenabrechnung entspreche nicht dem formalen Mindestanforderungen, welche an Abrechnungen von Nebenkosten zu stellen seien. Zum einem fehle es an der Mitteilung des Gesamtbetrages der angefallenen Nebenkosten und des Verteilerschlüssels.

Hilfsweise werde die Aufrechnung erklärt mit einem Betrag von 270,56 EUR. Die Beklagten hätten auf die nicht fällige Nebenkostenabrechnung 2003/2004 einen Betrag von 270,56 EUR bezahlt. Dieser Rückzahlungsanspruch werde im Wege der Aufrechnung von den Beklagten nunmehr geltend gemacht.

Bezüglich der eingewandten Mängel erklären die Beklagten, dass zu Recht ein monatlicher Betrag von 63,– EUR gemindert werde. Im Wohnzimmer der Wohnung seien die Wände feucht, so dass die Gefahr der Schimmelbildung bestehe. Die Fenster seien nach alter Bauart aus Holz, so dass bei kühlen Temperaturen keine Luft in die Wohnung kommt. Neben einer absinkenden Temperatur sei ein permanenter unangenehmer Durchzug in der Wohnung vorhanden. Die Parkettplatten im Wohnzimmer hätten sich aufgrund permanenter Feuchtigkeitseinwirkung gehoben. Zwischenzeitlich sei der Mangel von der Vermieterseite beseitigt worden. Das Garagendach sei undicht und es regne insbesondere in den Wintermonaten sehr stark in die Garage hinein. Die Nässe setze sich an den Wänden ab, was zur Folge habe, dass der Putz von den Wänden/der Decke abbreche und auf das Auto des Beklagten Ziffer 2 herunterfalle. Der Bezüglich des Wasseranschluss der Waschmaschine der Beklagten gerügte Mangel der Mitbenutzung durch den Bewohner … sei zwischenseitlich von der Vermieterseite beseitigt worden. Auch bezüglich des Balkons werde ein Mangel geltend gemacht. Insgesamt sei der vorgenommene Minderungsbetrag berechtigt erfolgt. Aufgrund der berechtigten Minderung sei auch die Kündigung der Klägerseite zurück zu weisen.

Wegen des weiteren Parteienvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten gemäß § 546 Abs. 1 BGB einen Räumungsanspruch. Das Mietverhältnis wurde durch die ausgesprochene fristlose Kündigung rechtswirksam beendet.

Ferner hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.069,47 EUR.

Bezüglich des Anspruchs auf Zahlung eines Rückstandes betreffend der Nebenkostenabrechnungen 2003/2004 und 2004/2005 ist auszuführen, dass diese Nebenkostenabrechnung nicht fällig sind. Ein Anspruch auf Zahlung ist derzeit zu verneinen. Als Mindestvoraussetzung für die Nebenkostenabrechnungen ist aufzuführen, dass diese u. a. den angewandten Verteilerschlüssel und die angefallenen Gesamtkosten betreffend der geltend gemachten Nebenkosten aufweisen. Bei beiden Nebenkostenabrechnungen mangelt es an der Offenlegung des Verteilerschlüssels und der angefallenen Gesamtkosten. Die Nebenkostenabrechnungen können daher von der Mieterseite nicht nachvollzogen werden. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist daher in Höhe von 271,09 EUR und 50,33 EUR abzuweisen.

Bezüglich der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Rückforderungsbetrags in Höhe von 270,56 EUR bezüglich einer Zahlung auf die Nebenkostenabrechnung 2003/2004 ist auszuführen, dass ein solcher bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch nicht besteht. Dies deshalb, da gemäß § 814 BGB ein zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistete Betrag nicht zurück gefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Im vorliegenden Fall geht das Gericht davon aus, dass unschwer für die Mieterseite erkennbar war, dass die Nebenkostenabrechnungen in dieser Form nicht vollständig sind. Wenn die Mieterseite dennoch eine Zahlung vornimmt, kann sie nachträglich diese nicht mehr zurück fordern, außer die Zahlung erfolgte unter Vorbehalt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Bezüglich der von der Beklagtenseite seit Oktober 2005 vorgenommenen Mietminderungen ist das Gericht der Rechtsauffassung, dass ein Recht zur Mietminderung den Beklagten nicht zusteht. Grundsätzlich besteht ein Mietminderungsanspruch gemäß § 536 BGB, wenn sich während des Laufs des Mietverhältnisses ein Mangel am Mietobjekt einstellt. Im vorliegenden Fall wurde von der Vermieterseite nicht in Abrede gestellt, dass Mängel am Mietobjekt vorhanden sind. Aus diesem Grund war es auch nicht erforderlich, im Rahmen einer Beweisaufnahme den Beweisbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 15.01.2008 in Vollzug zu setzen. Die Mängel wurden entweder von der Vermieterseite entweder bereits fachgerecht beseitigt oder es waren Maßnahmen getroffen um eine Beseitigung durchführen zu lassen. Im Rahmen des Mietverhältnisses und des gerichtlichen Verfahrens hat sich jedoch herausgestellt, dass ein Hauptproblem der Beseitigung der Mängel die nicht vorhandene Mitwirkungsbereitschaft der Mieterseite ist. Obwohl die Vermieterseite die Fenster bereits herstellen ließ und diese Rechnung auch bezahlt hat, sind die Beklagten als Mieter nicht bereit, konstruktiv beim Einbau der Fenster mitzuwirken. Dies obwohl sie hierzu nach § 554 Abs. 1 BGB verpflichtet wären. Bereits mit Schreiben vom 02.02.2007 haben die Beklagten anwaltlich mitteilen lassen, dass mit dem Wechsel der Fenster kein Einverständnis bestehe. Von Seiten der Fensterbaufirma … wurde mit Schreiben vom 08.05.2008 der Vermieterseite mitgeteilt, dass die Fenster nicht montiert werden könnten, so lange die Beklagten anwesend seien. Bei der Begutachtung hätten die Mieter … Herrn … nicht in die Wohnung lassen wollen. Beim Aufmessen der Fenster sei Herr … von den Beklagten schikaniert worden, weswegen ein Austausch der Fenster erst vorgenommen werde, wenn sich die Mieter im Urlaub befänden oder ausgezogen seien. Auch von der Hausverwaltung … wird mitgeteilt, dass eine Besichtigung des Mangels am Garagendach nicht möglich ist, da mit den Beklagten kein Termin vereinbart werden könnte.

Auch aus dem handschriftlichen Schreiben der Beklagten selbst vom 14.06.2008 entnimmt das Gericht, dass die Beklagten zwar Miete mindern, jedoch eine Mangelbeseitigungsmaßnahme der Vermieterseite entweder ablehnen oder nicht bereit sind hierbei konstruktiv mitzuwirken. Dem Gericht hat sich der Eindruck aufgedrängt, dass grundsätzlich nicht die Bereitschaft der Mieter besteht, Sanierungsmaßnahmen zu dulden. Dies deshalb, da die Mieter eine evtl. Mieterhöhung gemäß § 559 BGB verhindern wollen.

Aufgrund des dargestellten Mieterverhaltens ist diesen ein Minderungsrecht abzusprechen. Dem Mieter ist ein Minderungsrecht zu verwehren, wenn er die Mangelbeseitigung verhindert oder mutwillig erschwert (vgl. hierzu Schmitt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage, § 536, Randnummer 573).

Es ist nach Ansicht des Gerichts rechtsmissbräuchlich zum einen Miete fortlaufend zu mindern, der Vermieterseite sämtliche Mangelbeseitigungsmaßnahmen entweder zu boykottieren oder zu erschweren.

Die vorgenommene Mietminderung ist daher zu Unrecht vorgenommen. Die Klägerin hat daher gegen die Beklagten für den Zeitraum ab Oktober 2005 einen streitgegenständlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 1069,47 EUR. Rechtsfolge des Zahlungsanspruchs der Klägerin ist, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis durch die ausgesprochene fristlose Kündigung gemäß §§ 543 Abs. 2, Ziff. 3 a, 569 Abs. 3 Ziff. 1 BGB rechtswirksam beendet worden ist. Die Beklagten sind mit der Entrichtung der Miete eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug. Der Rückstand übersteigt eine Monatsmiete. Die Beklagten sind daher verpflichtet die streitgegenständliche Wohnung zu räumen.

Obwohl das Gericht davon überzeugt ist, dass die Beklagten vorsätzlich Erhaltungsmaßnahmen der Vermieterin verhindern oder behindern, wird unter Zurückstellung von Bedenken den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.10.2008 bewilligt. Gemäß 721 ZPO wird die Räumungsfrist von Amts wegen festgesetzt.

Die Kostenfolge folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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