Az.: 713 C 270/18 – AG Hamburg-Wandsbek – Urteil vom 14.03.2019
In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek – Abteilung 713 – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2019 für Recht:
Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltene Wohnung im, 1. Obergeschoss vorne rechts, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC und einem Kellerraum, mit Ablauf des 28.2.2019 zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 41,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Räumungsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1000 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.4.2019 bewilligt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte ist Mieter der im Tenor bezeichneten Wohnung. Hinsichtlich der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Vertragsurkunde (Anlage K1) verwiesen.
Die Klägerin sprach wegen einer angeblichen Drogenparty in der Wohnung des Beklagten am 11.7.2018 mit Anwaltsschreiben vom 2.8.2018 die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses aus (Anlage K2). Mit Schriftsatz vom 6.11.2018 erklärte die Klägerin die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines erneuten Polizeieinsatzes vom 4.11.2018, weil von dem Balkon des Beklagten Möbel und Gegenstände heruntergeworfen worden seien. Mit Schriftsatz vom 8.1.2019 erklärte die Klägerin erneut die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses wegen ungenehmigter Untervermietung.
Die Klägerin verlangt ferner die Leistung der Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2017 (Anlage K8).
Die Klägerin hält an den Vorwürfen in den Kündigungsschreiben fest.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
1. die Wohnräume in dem Objekt, 1. Obergeschoss vorne rechts, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC und einem Kellerraum, zu räumen und in vertragsgerechtem Zustand an sie herauszugeben,
2. an sie 564,66 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. an sie 54,47 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, mit dem Vorfall am 11.7.2018 habe er nichts zu tun. Er sei im Krankenhaus stationär untergebracht gewesen und habe einer Bekannten lediglich zum Gießen von Blumen die Wohnungsschlüssel überlassen; diese habe sein Vertrauen missbraucht. Die Möbel habe er nicht vom Balkon geworfen, sondern neben den Müllcontainern abgestellt, um sie in den nächsten Tagen anderweitig zu entsorgen. Die Wohnung werde nicht untervermietet. Allenfalls habe er kurzfristige Besuche empfangen.
Für die Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen M., S. und R.. Auf die Protokolle vom 10.1.2019 und 21.2.2019 wird Bezug genommen. Das Gericht hat ferner den Inhalt der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Hamburg (6104 Js 790/18) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Räumungsklage ist künftig (§ 259 ZPO) im Hauptanspruch aus § 546 I BGB begründet.
Die im Schriftsatz vom 6.11.2018 ausgesprochene ordentliche Kündigung hat das Mietverhältnis zum Ablauf des 28.2.2019 beendet.
Die Klägerin hat an der Beendigung des Mietverhältnisses ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 I BGB, weil der Beklagte den Hausfrieden schuldhaft in nicht unerheblicher Weise gestört hat.
Allerdings ist die Kündigung vom 2.8.2018 unwirksam gewesen, weil dem Beklagten nicht nachgewiesen werden kann, schuldhaft am 11.7.2018 eine laute Drogenparty in der Wohnung veranstaltet oder zumindest geduldet zu haben. Nach dem Inhalt der Ermittlungsakte wurde der Beklagte selbst nicht in der Wohnung angetroffen. Die aufgefundenen Betäubungsmittel können ihm nicht sicher zugeordnet werden, weshalb die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 II StPO einstellte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Bekundungen der Zeuginnen M. und R.
Diese erste Kündigung hatte indes abmahnungsgleiche Wirkung, vor allem im Hinblick auf die Beanstandung nächtlicher Ruhestörungen, die insbesondere vom Balkon der Wohnung des Beklagten ausgegangen sein sollen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte am 3./4.11.2018 eine Party in seiner Wohnung feierte, die mit lauter, für die Nachbarn störender Musik und dem Hinunterwerfen von Gegenständen über dem Balkon in der Nacht einherging. Aus den glaubhaften Bekundungen der Zeuginnen M. und S. folgt, dass sich an jenem Samstagabend und Sonntagmorgen mehrere Personen mit dem Beklagten selbst in der Wohnung befanden, laute Musik hörten und diskutierten. Vor allem aber warfen sie Gegenstände vom Balkon herunter, darunter jedenfalls einen Wäscheständer und mehrere Stühle. So etwas verbietet sich aus mehreren Gründen. Zum einen hat der Mieter kein Recht, Gemeinschaftsflächen zu vermüllen und eine problematische Wohnlage noch weiter herunterzuwirtschaften. Zum anderen ist das Werfen von Gegenständen über den Balkon potentiell gefährlich für die Bausubstanz und die Mitbewohner. Die Zeugin M. hat beschrieben, dass die Wäschestange sich nur etwa 5 cm von ihrer Wohnfensterscheibe entfernt befunden hat. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Beklagte bei den ungünstigen Sichtverhältnissen, die im November zur Abendzeit geherrscht haben müssen, und bei seiner aggressiven Grundstimmung, die die Zeugin S. in ihrer E-Mail vom nächsten Tage schilderte, eine Gefährdung anderer hinreichend ausschloss oder dies auch nur in Erwägung zog. Mit wem der Beklagte dort feierte, vermag er offenbar selbst nicht genau zu sagen, denn anders ist es nicht zu erklären, dass er die von ihm angekündigten Gegenzeugen für den besagten Tag nicht namhaft machen kann. Nachdem es bereits am 11.7.2018 zu einem Polizeieinsatz in seiner Wohnung wegen ihm unbekannter Dritter, die sich in der Wohnung aufgehalten hatten, kam, musste dem Beklagten klar sein, dass er solche Leute nicht wieder zu sich einladen kann, zumal während eines laufenden Räumungsrechtsstreits vor Gericht. Die Klägerin stellt sich mit ihrer Kündigung zu Recht auf den Standpunkt, dass von dem Beklagten, wenn er in Feierlaune ist, auch künftig nicht zu erwarten ist, dass er das Recht der übrigen Hausbewohner, in Ruhe gelassen zu werden, in der gebotenen Weise respektieren werde.
Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten für die Kündigung vom 2.8.2018 kann die Klägerin nicht verlangen, weil diese Kündigung wie oben ausgeführt unwirksam gewesen ist.
Die Klägerin kann nach § 9 des Mietvertrages den Ausgleich des Saldos der Nebenkostenabrechnung für 2017 verlangen. Aus dieser ergibt sich allerdings nur eine Nachzahlung in Höhe von 41,50 Euro. Soweit die Klägerin ein Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung 2015 und einen Nachzahlungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung 2016 verrechnet, fehlt es an näherem Vortrag, insbesondere an der Vorlage jener Abrechnungen. Der Umstand, dass das Jobcenter für den Beklagten möglicherweise insoweit zur Leistung verpflichtet ist, betrifft nicht das Rechtsverhältnis des Beklagten zur Klägerin.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II Nr. 1, 708 Nr. 7 und 11, 711 ZPO.
Der Streitwert beträgt 4230,47 Euro.