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Unberechtigte Mieterhöhung – Schadensersatzpflicht

AG Berlin-Wedding – Az.: 22c C 233/19 –  Urteil vom 08.01.2020

1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Klägerin im Termin am 21. Oktober 2019 entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Der Einspruch der Klägerin vom 5. November 2019, der am 7. November 2019 bei Gericht eingegangen ist, gegen das am 28. Oktober 2019 zugestellte Versäumnisurteil vom 22. Oktober 2019 ist zulässig, insbesondere fristgerecht erfolgt, und hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat einen Anspruch aus abgetretenem Recht aus §§ 280 Abs. 1, 250 Satz 2, 398 BGB auf Zahlung von 48,23 €.

Die Beklagte hatte durch Mieterhöhungsverlangen vom 23. März 2018 gegen ihren Mieter Mi. Er. in Bezug auf das Mietverhältnis betreffend die Wohnung T. straße 15,1. B., Seitenflügel, 3. OG links eine Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von zurzeit 327,17 € um 18,47 € auf 345,64 € ab dem 1.6.2018 gerichtlich verfolgt, die durch das Urteil des Amtsgerichts Wedding in dem Verfahren 8 C 49/18 abgewiesen wurde.

Die Verfolgung einer unberechtigten Mieterhöhung stellt dann eine sorgfaltswidrige Pflichtverletzung des Mietverhältnisses dar, wenn diese unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt begründet gewesen wäre und für den Vermieter im Rahmen einer sachgerechten Prüfung auch erkennbar gewesen wäre, dass ein solcher Anspruch nicht bestand (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 08. Januar 2008 – 5 C 287/07 -, Rn. 4, juris). Dass dem hier so war, ergibt sich inhaltlich aus dem Urteil des Amtsgerichts Wedding vom 21. Dezember 2018 zu dem Aktenzeichen 8 C 49/18, wonach die Unbegründetheit des Mieterhöhungsverlangens bereits auf unstreitigem Sachvortrag bzw. wegen nicht ausreichendem Bestreiten der maßgeblichen Merkmalgruppen des Berliner Mietspiegels 2017 beruhte.

Der Mieter durfte sich daher veranlasst sehen, die Leistungen der Klägerin oder eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, um seine Rechte zu verfolgen.

Die Bevollmächtigung der Klägerin, in seinem Namen einen Vertragsanwalt der Klägerin mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen und diesem Prozessvollmacht zu erteilen, sowie die Bestätigung der Abtretung der sich aus der Mieterhöhung ergebenden Schadensersatz oder Herausgabeansprüchen gegen den Vermieter ergibt sich aus der dem Gericht in Kopie vorliegenden Urkunde vom 15. Mai 2018 (Blatt 11 GA). Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Die Abtretung der Ansprüche des Mieters … gegen die Beklagte an die Klägerin ist wirksam, stellt insbesondere keinen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB dar.

Denn die Leistung der Klägerin stellt keine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 3 RDG dar, da sie lediglich eine Prozessfinanzierung anbietet, nicht aber eigene Rechtsdienstleistungen. Unstreitig firmierte die Klägerin mit Wirkung zum 15. Februar 2019 unter dem Namen „… GmbH“ und bot Mietern einen „Schutzbrief gegen Mieterhöhung“ an, indem sie diese von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus der Mandatierung eines Vertragsanwalts der Klägerin sowie im Falle einer Klage des Vermieters auf Zustimmung zur Mieterhöhung von Prozesskosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) gegen Erfolgshonorar freistellte. Das ist ein klassischer Fall von Prozessfinanzierung.

Dass sie in diesem Zusammenhang die Mieterhöhung der Mieter prüft und den Schutzbrief nach dem Ergebnis dieser Prüfung erteilt, ist zulässig, da dies lediglich dem eigenen Interesse zur Einschätzung des übernehmenden Prozesskostenrisikos dient. Das Ergebnis der Prüfung darf sie im Übrigen auch, wie ein Rechtsschutzversicherer, ihren Kunden mitteilen (LG Berlin, Urteil vom 15. Januar 2019 -15 O 60/18 Rn. 56-57, juris).

Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB ergibt sich nicht daraus, dass die rechtliche Einschätzung durch einen Vertragsanwalt der Klägerin, die. soweit erkennbar, nicht über eigene juristische Prüfungsmöglichkeiten verfügt, erfolgte.

Die außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts ist aus der exante Sicht einer vernünftigen wirtschaftlich denkenden Person regelmäßig erforderlich, da der rechtsunkundige Gläubiger nicht absehen kann, wie sich der Schuldner weiterhin verhalten wird. Darf der Gläubiger einer Entgeltforderung die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten, muss er einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung in der Regel nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2301 VV RVG beschränken (BGH. Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14-, Rn. 10, juris).

Die Rechtmäßigkeitsprüfung eines Mieterhöhungsveriangens ist komplex und erfordert einzelfallbezogen juristische Kenntnisse. Von daher war der Kostenansatz für die vorgerichtliche Prüfung des Mieterhöhungsverlangens unter Zugrundelegung des Gegenstandswertes von 221,64 € und einer sich daraus ergebenden Geschäftsgebühr von 1.3. sowie dieser mit vorgerichtlichen Schreiben vom 8. Februar 2019 gegenüber der Beklagten mit 83,54 € berechnet wurde, weder in der Sache noch in der Höhe zu beanstanden. Abzüglich des aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Wedding vom 5. Juni 2019 zu dem Verfahren 8 C 49/18 von der Beklagten erstatteten 34,81 € verbleibt ein Restbetrag von 48,23 €.

Es kommt nicht darauf an, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Betrag von 83,54 € dieser in Rechnung gestellt haben und diese den Betrag auch gezahlt hat. Sie kann wegen des Anspruchs auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit nach erfolglosem Ablauf der mit Schreiben vom 8. Februar 2019 bis zum 22. Februar 2019 gesetzten Frist zur Naturalrestitution dieser Gebühren von der Beklagten Entschädigung in Geld verlangen (§ 250 Satz 2 BGB).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 344, 269. 91 ZPO. Da die Kostenerstattung hinsichtlich der Forderung in Höhe von 34,81 € durch den Kostenfestsetzungsbescheid vom 5, Juni 2019 in dem Verfahren 8 C 49/18 zwischen der Einreichung der Klageschrift vom 21. Mai 2019 im hiesigen Verfahren bei Gericht am 23. Mai 2019 und Rechtshängigkeit der Klage, die mit Zustellung der Klageschrift an den Beklagtenvertreter am 24. Juni 2019 eintrat, erfolgte, ist § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO anwendbar und führt insoweit zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte. Die Kosten der Säumnis im Termin am 21, Oktober 2019 fallen dagegen der Klägerin zur Last.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11. 711. 713 ZPO.

Streitwert: bis 500,00 €

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