LG Koblenz – Az.: 2 S 74/12 – Urteil vom 16.12.2013
1.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. und auf die Berufung der Beklagten zu 3. wird das Teilversäumnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts Andernach vom 28.11.2012, Az: 60 C 598/10, WEG wie folgt abgeändert:
Die Klage wird bezüglich der Klageanträge der Klägerin,
1. die Beklagten zu 1. bis 3. werden verurteilt zuzustimmen, dass die Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung von den Wohnungseigentümern nach Maßgabe ihrer Miteigentumsanteile anteilig getragen werden und hierfür eine Sonderumlage in Höhe von 54.400,25 € gebildet wird,
2. die Beklagten zu 1. bis 3. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 8.153,60 € nebst Zinsen – gemäß der im Urteil im Einzelnen titulierten Zinsstaffelung – zu zahlen und
3. es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. bis 3. verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Verzögerung der Renovierung der Kellergeschosswohnung im Anwesen … seit dem 01.01.2012 entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird,
abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Amtsgericht nach Entscheidung/Erledigung des Einspruchs gegen den das Versäumnisurteil betreffenden Teil insgesamt zu entscheiden.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagten zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin und die Beklagten zu 1. bis 3. sind die Wohnungseigentümer der WEG … Straße …, die wiederum die Beklagte zu 4. ist. Das Objekt war ursprünglich als ein Zweifamilienhaus einschließlich Keller geplant und errichtet worden mit einer Wohnung im Erdgeschoss und einer Wohnung im Dachgeschoss. Es wurde im Jahr 1995 in 2 Wohnungen und 1996 in 3 Wohnungen geteilt (vgl. Teilungserklärung vom 06.02.1995, GA Bl. 530 ff und Teilungserklärung vom 12.09.1996, GA 540 ff). Die durch die spätere Teilung geschaffene Wohnung im Kellergeschoss (MEA von 24,19/100) steht im Sondereigentum der Klägerin, die sie im März 2002 kaufte und im Juli 2002 dort einzog. Die Wohnung im Erdgeschoss steht im Sondereigentum der Beklagten zu 1. und 2. (MEA 32,05/100) und die Wohnung im Dachgeschoss im Sondereigentum der Beklagte zu 3 (MEA 43,90/100).
Da seit Herbst des Jahres 2008 in der Kellergeschosswohnung ein Feuchtigkeitsschaden besteht, begehrte die Klägerin erstinstanzlich die Sanierung des Kellergeschosses auf Kosten der WEG unter anteiliger Kostentragung der Eigentümer nach ihren Miteigentumsanteilen und eine entsprechende Vorbereitung der Sanierungsarbeiten durch Einholung von Gutachten, Beauftragung der Erstellung eines Sanierungskonzeptes, Vergabe der Sanierungsarbeiten an eine Baufirma und Zustimmung zur Bildung einer Sonderumlage, Zahlung von Schadensersatz bzw. die Feststellung, dass die Beklagten ihr zum Schadensersatz verpflichtet sind.
Im Verfahren ergingen bereits das Teilversäumnisurteil vom 11.10.2010 (GA Bl. 54 f) und das Teilurteil vom 20.10.2011 (GA Bl. 234 ff). Im zuvor vor dem Amtsgericht Andernach geführten selbständigen Beweisverfahren 60 H 18/09 WEG war auf Antrag der Klägerin das Gutachten des Sachverständigen … vom 05.02.2010 in Verbindung mit dem Ergänzungsgutachten vom 12.05.2010 (dort Bl. 59 ff bzw. Bl. 109 ff) zur Ursache der Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung der Klägerin, zu den Maßnahmen der Beseitigung des Schadens am Gemeinschaftseigentum und zu den hierbei erforderlichen Eingriffen in das Sondereigentum der Klägerin sowie zu den hierfür erforderlichen Kosten eingeholt worden. Im hiesigen Verfahren hatte das Amtsgericht zudem ein Bodengutachten des Sachverständigen … vom 30.05.2011 (GA Bl. 170 ff) eingeholt.
Durch Teil-Versäumnis und Schlussurteil vom 28.11.2012 (GA Bl. 394 ff) wurden, soweit es hier interessiert,
1.
die Beklagten zu 1. bis 3. verurteilt zuzustimmen, dass die Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung von den Wohnungseigentümern nach Maßgabe ihrer Miteigentumsanteile anteilig getragen werden und hierfür eine Sonderumlage in Höhe von 54.400,25 € gebildet wird,
2.
die Beklagten zu 1. bis 3. verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 8.153,60 € nebst Zinsen gemäß der dort im einzelnen titulierten Zinsstaffelung zu zahlen und
3.
es wurde festgestellt, dass die Beklagten zu 1. bis 3. verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Verzögerung der Renovierung der Kellergeschosswohnung im Anwesen … nach seit dem 01.01.2012 entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird,
Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Gutachten …) feststehe, dass die Feuchtigkeitsschäden ihre Ursache in einer fehlerhaften Planung und in Baumängeln haben. Die Sanierung des Gemeinschaftseigentums sei nur durch Eingriffe in das Sondereigentum der Klägerin möglich. Die Klägerin habe deshalb gegen die Beklagten zu 1. bis 3. einen Anspruch auf Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung und in der Folge auf Zustimmung zur Erhebung der Kosten für die Sanierungsmaßnahme über eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen sowie wegen der von den Beklagten zu 1. bis 3. verursachten Sanierungsverzögerungen einen Anspruch auf Schadensersatz in Form entgangener Mieten und einen Anspruch auf Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung in Bezug auf die weiteren hieraus entstandenen und entstehenden Schäden.
Dagegen richtet sich einerseits die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. sowie andererseits diejenige der Beklagten zu. 3. Sie rügen jeweils fehlerhafte Rechtsanwendung. Sie bestreiten ihre Einstands- und Schadensersatzverpflichtung insbesondere mit der Begründung, dass die Klägerin nicht zu Wohnzwecken geeignetes Wohnungseigentum gekauft habe, was von Voreigentümern nicht fachgerecht von Kellerräumen in Wohnräume umgebaut worden sei und wenden Überschreitung der sog. „Opfergrenze“ ein.
Die Beklagten zu 1. und 2. vertreten die Ansicht, ein Planungsfehler und damit verbundener Planungsschaden liege nicht vor. Mängel am Gemeinschaftseigentum seien erst durch die Umbaumaßnahmen eines Voreigentümers der Klägerin zur Kellerwohnung geschaffen worden. Da die Sanierung vollumfänglich der Herstellung der Bewohnbarkeit der Kellerräume als Wohnräume diene, gingen diese Kosten nicht zu Lasten der Gemeinschaft. Das Amtsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt, dass die Sanierungskosten (über 50.000 €) den Wert der Wohnung, mithin die Opfergrenze der anderen Wohnungseigentümer, übersteigen, d. h. für die Beklagten zu hoch seien.
Die Beklagte zu 3., die erstinstanzlich keinen Sachvortrag gehalten hat, vertritt (ebenfalls) die Ansicht, ursächlich für die Schäden und Mängel an der Wohnung seien nicht Planungsmängel am Gemeinschaftseigentum sondern die Umwandlung der Kellerräume in eine zu Wohnzwecken dienende Wohnung. Zum Zeitpunkt der Planung und Errichtung des Gebäudes seien die Kellerräume für die Nutzung als Keller geeignet, aber nicht für Wohnzwecke bestimmt und nicht für die Nutzung zu Wohnzwecken geeignet gewesen. Die vom Sachverständigen … festgestellten Planungsfehler und Baumängel hätten nicht primär zu den Schäden an der Wohneinheit der Klägerin geführt. Die Kellerwohnung sei schon bei Erwerb durch die Klägerin mit Mängeln behaftet gewesen, so dass es keinen Zeitpunkt gegeben habe, in welchem das Sondereigentum der Klägerin durch Einwirkungen des Gemeinschaftseigentums beschädigt worden sei. Erst durch die Umwandlung der Kellerräume in eine Wohneinheit hätten sich die Planungsfehler und Mängel der Kellerräume realisiert. Die unterschiedlichen Anforderungen an Wohnungen und Kellerräume – letztere würden nur gelegentlich betreten, erhöhte Feuchtigkeit dort sei der Normalfall – habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt. Ebenfalls nicht berücksichtigt habe es, dass zwischen den Planungsfehlern und den Mängeln an der Wohnung kein Ursachenzusammenhang bestehe. Da die Klägerin bereits mangelhaftes (feuchtes) Sondereigentum erworben habe, habe sie keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 3., allenfalls gegen den Veräußerer und müsse sich ein diesbezügliches Unterlassen bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen als Mitverschulden anspruchsmindernd zurechnen lassen. Die Feuchtigkeit sei ihr von Anfang an bekannt gewesen. Ihr Zuwarten habe zu einer Verschlechterung der Situation geführt, so dass sie ein Mitverschulden treffe. Bei Bejahung der Renovierungspflicht der Beklagten wäre die Klägerin besser gestellt als bei Erwerb des Sondereigentums, was nicht gerechtfertigt sei. Die Sanierung des Sondereigentums sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, weil die Kosten den Wert der Wohnung überstiegen. Im amtsgerichtlichen Urteil fehlten zudem Feststellungen zum Verschulden der Beklagten als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch und Feststellungen zur Vorteilsausgleichung.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen. Sie rügt den Sachvortrag der Beklagten zu 3. wegen ihres fehlenden erstinstanzlichen Vortrages als verspätet, er sei zudem unerheblich, und sie bestreitet ihn insbesondere nach Maßgabe ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 08.05.2013 S. 4. und 5.
Wegen der Einzelheiten des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 25.11.2013 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. und 2. einerseits und die zulässige Berufung der Beklagten zu 3. andererseits gegen Ziffer 1. bis 3. des Urteils des Amtsgerichts Andernach vom 28.11.2012 sind begründet. Sie führen zur Abänderung des angefochtenen Urteils bezüglich der dort titulierten Klageanträge zu 1. bis 3. durch Klageabweisung.
Zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass ihr als Wohnungseigentümerin gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Sanierung der Nässeschäden im Kellerbereich des Gebäudes zustehen könnte. Denn jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 21 Abs. 4 WEG eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG gehört zu einer ordnungsgemäßen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung insbesondere die ordnungsgemäße Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Grundmauern des Gebäudes gehören zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum, § 1Abs. 5, § 5 Abs. 2 WEG. Nach den nicht angegriffenen amtsgerichtlichen Feststellungen sind die Grundmauern im Kellerbereich des Gebäudes durchfeuchtet mit der Folge, dass die Feuchtigkeit in die im Sondereigentum der Klägerin stehende Kellerwohnung eintritt, was inzwischen zu ihrer Unbewohnbarkeit führte. Da die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum im Kellerbereich nicht ohne Eingriff in das Sondereigentum der Klägerin erfolgen können, hätte sie gegen die beklagten Miteigentümer auch einen Anspruch auf anteilige Kostentragung im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile betreffend die eingriffsbedingten Sondereigentumssanierungsmaßnahmen.
Die Ursachen für den Feuchtigkeitseintritt sieht der Sachverständige … nach seinen von den Parteien nicht angegriffenen Ausführungen im Gutachten vom 05.02.2010, denen die Kammer folgt, in folgenden vier Planungsfehlern bzw. Baumängeln:
1. der erforderlichen, aber nicht errichteten Stauschwelle vor der Wohnungseingangstür der Kellerwohnung, so dass bei Verstopfung des dortigen Bodenablaufs durch Laub u. a. das Oberflächenwasser nicht abfließen kann und das sich stauende Wasser im Bereich der Tür in die Wohnung sowie unterhalb des Estrichs fließt,
2. der erforderlichen, aber fehlenden horizontale Abdichtung auf dem Betonrohboden für Kellerräume, die zu Wohnzwecken dienen (nach DIN 18 195, Teil 4), und der erforderlichen, aber fehlenden Dränung nach DIN 4095,
3. der erforderlichen, aber fehlenden Stauschwelle oder ersatzweise Regenrinne vor den Terrassentüren der Kellerwohnung, so dass Schneeschmelz- und Oberflächenwasser oberirdisch und unterhalb der Terrasse nach innen eindringen kann und
4. den mit hohem Maß an Sicherheit vorhandenen Fehlstellen in der Vertikalabdichtung, wobei dies erst nach dem bisher nicht erfolgten Freilegen der Kelleraußenwände exakt beschrieben werden kann.
Mit den Beklagten stimmt die Kammer darin überein, dass mindestens die ersten drei Planungsfehler/Baumängel im Zeitraum der Errichtung des Gebäudes (1994) bis nach dem Abschluss der Teilungserklärung vom 06.02.1995 nicht vorhanden waren, weil der Kellerbereich damals nur als Keller geplant, gebaut und benutzt wurde und auch anlässlich des Abschlusses der Teilungserklärung vom 06.02.1995 die Kellerräume den beiden zunächst geschaffenen Eigentumswohnungen nur zur Nutzung als Keller zugewiesen wurden. Allerdings war es nach Ziffer III. 4 a) der Gemeinschaftsordnung vom 06.02.1995 dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung I bereits gestattet, die zu seinem Sondereigentum gehörenden Kellerräume auf seine Kosten auszubauen, und er war berechtigt, sein Wohnungseigentum in ein weiteres Wohnungseigentum ohne Zustimmung des jeweils anderen Wohnungseigentümers zu unterteilen. Nachdem ein Voreigentümer der Wohnung I. von seinem Ausbaurecht Gebrauch gemacht und durch Umbaumaßnahmen auch Zugänge und Eingangsbereiche zur späteren Kellerwohnung geschaffen hatte, kam es auf der Grundlage der Änderung der Teilungserklärung vom 12.09.1996 zur Schaffung des Sondereigentums an der Kellerwohnung.
Anlässlich der Um- und Ausbaumaßnahmen des Voreigentümers im Kellerbereich zur Schaffung einer Kellerwohnung wurden mindestens die v. g. drei Planungs- und Baumängel begangen, die letztlich zu dem Feuchtigkeitsschaden am Gemeinschaftseigentum im Form der Durchfeuchtung von Betonboden und Wänden bis hin zu den Schäden am Sondereigentum in der Kellerwohnung führten. Ob dies auch bei der vom Sachverständigen aufgezeigten vierten Schadensursache so ist, oder die Vertikalabdichtung des Hauses von Anfang an mängelbehaftet war oder erst danach undicht wurde, lässt sich wegen einer aus Kostengründen bisher unterlassenen weiteren Untersuchung derzeit nicht abschließend beurteilen. Mit anderen Worten: Die vom Voreigentümer erfolgte Planung und Durchführung der Aus- und Umbaumaßnahmen im Kellerbereich entsprach damals nicht den anerkannten Regeln der Technik, war vielmehr mängelbehaftet und setzte die wesentlichen Ursachen für den Feuchtigkeitseintritt in den im Gemeinschaftseigentum stehenden Kellergrundmauern und in. der jetzt im Sondereigentum der Klägerin stehenden Kellerwohnung. Er unterließ es einerseits, die Isolierung des Betonrohbodens bei dem auf seine Kosten vorzunehmenden Ausbau der Kellerräume zur Kellerwohnung einzubringen und andererseits beim Eingriff in die Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums die erforderlichen Schwellen bzw. Rinnen zu errichten.
Grundsätzlich hat der um- und ausbauende Voreigentümer, der eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum vornimmt, gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern dafür einzustehen, dass die Veränderung bautechnisch ordnungsgemäß durchgeführt wird und keine Schäden an weiteren im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bauteilen entstehen (OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2001, 16 Wx 153/01, Rn 20 – zitiert nach juris). Dies hilft in der vorliegenden Sache aber nicht weiter, weil Ansprüche wegen der mängelbehafteten Um- und Ausbaumaßnahmen gegen ihn weder von der Gemeinschaft noch von der Klägerin durchgesetzt werden können. Damit ergibt sich folgendes Zwischenergebnis.
Das zum Zeitpunkt der Änderung der Teilungserklärung vom 12.09.1996 geschaffene Sondereigentum im Kellerbereich war nach den vorstehenden Ausführungen von Anfang an mit im Gemeinschaftseigentum angelegten Mängeln aus den v. g. Um- und Ausbaumaßnahmen behaftet, die im Laufe der Zeit zu den Durchfeuchtungsschäden führten. Einerseits verfügte das Sondereigentum-/Gemeinschaftseigentum nach der Änderung des Zwecks der Kellerräume von der Nutzung als Keller in die Nutzung zu Wohnzwecken nicht über die nunmehr erforderliche Isolierung gegen stauende Nässe. Andererseits hatten die Umbaumaßnahmen zu einem solchen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum geführt, dass nunmehr der Eintritt von Oberflächenwasser in den Kellerbereich durch die fehlenden Schwellen bzw. Rinne begünstigt wurde. Die Klägerin hat mithin nicht zu Wohnzwecken geeignetes Sondereigentum erworben. Denn Folge der v. g. Planungs- und Baumängel aus der Aus- und Umbauphase sind inzwischen die massiven Durchfeuchtungen der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Kellerwände und des Bodens im Bereich des Sondereigentums der Klägerin und ihrer im Sondereigentum stehenden Kellerwohnung, die damit zu Wohnzwecken nicht geeignet ist.
Dass die klägerseitig geforderte Instandsetzung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen muss (§ 21 Abs. 4 WEG), bedeutet, dass die Instandsetzungsmaßnahmen technisch so gewählt werden müssen, dass sie einerseits eine dauerhafte Beseitigung der Mängel und Schäden versprechen, dass andererseits aber auch auf die Wirtschaftlichkeit geachtet werden muss (BayObLG Beschluss vom 27.07.1989, a.a.O.) und das Verlangen der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich, d. h. wegen Unverhältnismäßigkeit unzumutbar und deshalb nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein darf (vgl. hierzu BayObLG, Beschluss vom 14.05.1990, BReg 1 b Z 27/89: hier Beseitigungsverlangen bezüglich einer baulichen Veränderung). Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalles mit zu beachten. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der von den Beklagten erhobene Einwand des Überschreitens der Opfergrenze, die sich aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander ergibt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschuss vom 12.112001, 3 Wx 256/01 und Beschluss vom 04.07.2001, 3 Wx 120/01) und ihren gesetzlichen Anhaltspunkt früher in den §§ 633Abs. 2 Satz 2, 251 Abs. 2 BGB a.F., jetzt §§ 635Abs. 3, 251 Abs. 2 BGB finden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 14.05.1990, BReg 1 b Z 27/89) zu sehen.
Dem dem Grunde nach bestehenden Anspruch der Klägerin auf ordnungsgemäße Verwaltung in der Form der Durchführung und Finanzierung der streitgegenständlichen Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden am Gemeinschaftseigentum im Kellerbereich einschließlich der eingriffsbedingten Mitsanierung ihres Sondereigentums aus § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG steht in der hiesigen Sache entgegen, dass damit die Opfergrenze der in Anspruch genommenen Beklagten überschritten ist, so dass die Klägerin die Durchführung der Maßnahmen wegen der damit für die Beklagten verbundenen Kostentragungslast nicht verlangen kann. Dieser Einwand ist auch zu berücksichtigten, weil er bereits erstinstanzlich erhoben wurde.
Eine festgeschriebene Opfergrenze der Wohnungseigentümer, die sich z. B auf den Wert der von der Sanierung mit betroffenen Sondereigentumseinheit beläuft, gibt es nicht. Deshalb ist die Überschreitung des in § 21 Abs. 4 WEG bezeichneten billigen Ermessens stets anhand des Einzelfalls zu beurteilen. In der vorliegenden Sache war keine der Prozessparteien an den mangelhaften Planungs- und Umbaumaßnahmen oder dem Abschluss der Teilungserklärung und ihrer Änderung beteiligt, weil sich diese Ereignisse in der Sphäre der jeweiligen Voreigentümer abspielten. Es waren der umbauende Voreigentümer der Klägerin bzw. die von ihm mit der Planung und Durchführung der Umbaumaßnahme Beauftragten, die durch Nichtbeachtung der Regel der Technik mindestens die drei vorgenannten Ursachen für den späteren Feuchtigkeitsschaden im Kellerbereich setzten, nämlich die Anforderungen an die Isolierung einer Kellerwohnung gegen stauende Nässe und von außen einfließendes Wasser nicht beachteten, d. h. billig um- und ausbauten und damit vom Ergebnis her keine zu Wohnzecken geeigneten Kellerräume schafften. Soweit ersichtlich war dies zum Zeitpunkt des Erwerbs der Kellerwohnung durch die Klägerin weder ihr noch den Beklagten bekannt, sondern standen die Mängelursachen erst eindeutig auf der Grundlage des Gutachtens … fest. Letztlich erwarb die Klägerin vom Veräußerer, der nicht mit dem umbauenden Voreigentümer identisch ist, – unter Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen wegen Sachmängeln – Sondereigentum, das mit im Gemeinschaftseigentum angelegten Mängeln belastet und so auf Dauer nicht zu Wohnzwecken geeignet war. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ohne den vereinbarten Ausschluss der Gewährleistungsansprüche Schadensersatzansprüche gegen den Veräußerer hätte durchsetzen können, hat die Kammer nicht. Ihr Vortrag, dass sie das Sondereigentum im Jahr 2002 zu einem vertraglich ausgehandelten Preis von 85.000 € erwarb, ohne dass ihr Feuchtigkeitsschäden bekannt gewesen seien, lässt sich nicht widerlegen und ist angesichts der Höhe des gezahlten Preises plausibel. Bei rückwirkender Betrachtung war dieser Preis wegen des Erwerbs einer tatsächlich nicht zu Wohnzecken geeigneten Wohneinheit viel zu hoch. Denn die Klägerin konnte die Wohnung wegen der fortschreitenden Durchfeuchtung des Kellerbereichs nur bis zu ihrem Auszug im Juli 2009 nutzen, inzwischen ist wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten. Hätte die Klägerin die Wohnung von ihrem Einzug im Juni 2002 bis zu ihrem der Wohnungsfeuchtigkeit und auftretendem Schimmel geschuldeten Auszug im Juli 2009 für den vom Sachverständigen … im Gutachten von 21.07.2012 (GA Bl. 330 ff) ermittelten derzeit erzielbaren Nettokaltmietzins ohne Nässeschäden in Höhe von 400 € monatlich angemietet, hätte sie hierfür lediglich 44.000 € für den v. g. Zeitraum gezahlt.
Dass alle betroffenen Wohnungseigentümer bei Durchführung der Sanierung wegen dem nur aus 3 Parteien bestehenden Wohnungseigentumsobjekt wirtschaftlich schwer belastet würden, ist offensichtlich. Ausgehend von den sich auf derzeit 54.400,25 € belaufenden Sanierungskosten entfielen unter Berücksichtigung der Kostentragungslast nach Miteigentumsanteilen auf die Klägerin 13.083,26 €, auf die Beklagten zu 1. und 2. 17.435,28 € und auf die Beklagte zu 3. 23.881,71 €. Die Auswirkungen dieser Belastungen sind mit den Vorteilen gegeneinander abzuwägen.
Würde der Kellerbereich mit den vom Sachverständigen … vorgeschlagenen Maßnahmen und den derzeit abschätzbaren Kosten (abzüglich der Kosten für die Planung und Bauüberwachung) in Höhe von 54.400,25 €, die über eine Sonderumlage finanziert werden müssen (§ 16 Abs. 2 WEG) saniert werden, würden die an sich nach der Gemeinschaftsordnung vom Voreigentümer der Klägerin beim fachmännischem Ausbau der Kellerwohnung zu tragenden Kosten für die Aus- (und Umbau-) Maßnahmen im Kellerbereich auf alle Wohnungseigentümer abgewälzt. Dies widerspräche der Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung.
Zuzüglich der im Rahmen der Sanierung erforderlichen weitergehenden Kosten entfallen auf die Beklagten derzeit 41.316,99 € (17.435,28 € + 23.881,71 €) und damit eine Sanierungssumme, die über den Preis der Wohnung der Klägerin liegt, den sie, wäre ihr der gesamte Sachverhalt bekannt gewesen und hätte sie die Wohnung dennoch gekauft, für den Kauf einer nicht zu Wohnzwecken geeigneten Kellerwohnung als reellen Marktpreis gezahlt hätte. Außerdem würde sie im Falle der Komplettsanierung eine höherwertige, nämlich nicht mehr mit Planungs- und Baumängeln im Gemeinschaftseigentum belastete Sondereigentumseinheit erhalten. Die betagten finanzschwachen Beklagten, eine Partei kann bereits das Wohngeld nicht zahlen, müssten nach ihren Miteigentumsanteilen mit für vom Voreigentümer der Klägerin verursachte Planungs- und Baumängel einstehen, die sie aus ihren laufenden Einkünften nicht stemmen können, und zumindest eine beklagte Partei würde letztlich die Zwangsversteigerung ihrer eigenen Wohnung riskieren.
Die Kammer verkennt nicht, dass im Falle der Nichtsanierung des Kellerbereichs die Klägerin ihr Wohnungseigentum auf Dauer nicht nutzen kann. Sie kann wegen der Nässeschäden einschließlich Schimmelbildung weder selbst dort wohnen geschweige denn die Wohneinheit vermieten, noch können die Räume wirtschaftlich sinnvoll anders (z. B. als Lager etc.) genutzt werden. Hinzu kommt, dass die Gefahr besteht, dass sich die Nässeschäden im Gemeinschaftseigentum im Kellerbereich weiter ausbreiten, was einen weiteren wirtschaftlichen Wertverlust für das Objekt bedeuten würde, von dem alle Wohnungseigentümer betroffen sind. Im Falle einer ordnungsgemäßen Sanierung ist hingegen zu erwarten, dass ein mangelfreier Zustand des Gemeinschaftseigentum im jetzt schadhaften Kellerbereich hergestellt wird, dass der Gefahr der weiteren Ausbreitung des Schadens und des weiteren Wertverlustes des Objekts entgegengewirkt und die Nutzung des Sondereigentums der Klägerin wieder ermöglicht wird. Die Klägerin könnte die Kosten des auf sie entfallenden Instandsetzungsanteiles im Falle einer wieder möglichen Vermietung (mit Einnahmen von ca. 400 € Kaltmiete) innerhalb eines Jahrzehnts realisieren, was sie derzeit favorisiert, oder den Kostenanteil „selbst abwohnen“ bzw. die Wohnung gegebenenfalls verkaufen.
Dem steht gegenüber, dass die betagten, finanzschwachen Beklagten den zuvor beschriebenen Vorteil der Klägerin in Bezug auf die Mietziehung bzw. Abwohnen der Sanierungskosten nicht haben. Ihnen würde nur der Vorteil an der Werterhaltung oder dem Wertzuwachs wegen eines sanierten Kellerbereichs verbleiben, der sich wegen des derzeit nicht geplanten Verkaufs ihrer Wohnung aber wirtschaftlich nicht realisieren würde. Die Nutzung ihrer Kellerräume ist ihnen derzeit und bis auf weiteres noch möglich, ein Übergriff der Nässeschäden in die Erdgeschosswohnung wegen der eingebauten Sperre nach ihrem unbestritten gebliebenen Vorbringen nicht zu erwarten. D. h. sie können im Falle des Unterbleibens der Sanierung ihr Wohnungseigentum wie gewohnt weiter nutzen, wären mit den hohen Sanierungskosten nicht belastet und mindestens eine Partei würde deshalb auch nicht den finanziellen Verlust ihrer Eigentumswohnung zur Begleichung der Sanierungskosten riskieren. Ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (hier: Nichtleistungsfähigkeit) ist im Rahmen einer den Bestimmungen des § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG unterfallenden Entscheidung über die Durchführung einer teuren Sanierungsmaßnahme – entgegen der Argumentation der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer – mit zu berücksichtigen (vgl. LG Köln, Beschluss vom 12.04.2010, 29 T 72/09, Rn13 – zitiert nach juris). Hinzu kommt, dass die Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Möglichkeit hatten, auf das Entstehen der wirtschaftlichen Belastung der Klägerin durch den Erwerb der Eigentumswohnung Einfluss zu nehmen. Die Klägerin hätte hingegen vor dem Kauf der Kellerwohnung bei Einbeziehung eines kompetenten Sachverständigen und Überprüfung des Objekts auf Geeignetheit zu Wohnzwecken mindestens den überwiegenden Teil der Planungs- und Baumängel aufdecken und in ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen können.
Da die Klägerin von den Beklagten zu 1. bis 3. nach vorstehenden Ausführungen zur Überzeugung der Kammer nicht die Sanierung des Gemeinschaftseigentums im Kellerbereich des Gebäudes verlangen kann, hat sie gegen diese nicht die vom Amtsgericht titulierten und mit den Berufungen angegriffenen Ansprüche.
Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Klägerin einerseits und der der Beklagten zu 1. bis 3. andererseits im hiesigen Einzelfall ist die Kammer der Überzeugung, dass hier der nach § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG eröffnete Anspruch der Klägerin an der v. g. Opfergrenze scheitert. Mit anderen Worten: Die Klägerin hat die vertretbare Mehrheitsentscheidung der Beklagten gegen die Kellersanierung In der hiesigen Sache hinzunehmen. Dass sie dabei auch die in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.12.2013 problematisierten bereits bezahlten und bei Prozessverlust auf sie zukommenden Kosten zu tragen hat, wurde und wird von der Kammer nicht verkannt, ist vielmehr die Folge der getroffenen Entscheidung.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren bleibt dem Amtsgericht vorbehalten, weil es wegen der noch offenen Entscheidung über den Einspruch gegen das gegen die Beklagte zu 4. erlassene Versäumnisurteil über die erstinstanzlichen Kosten einheitlich zu befinden hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf §§ 807Ziffer 10, 711 ZPO.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Soweit ersichtlich, gibt es noch keine Entscheidung des BGH dazu, wann die Opfergrenze der beklagten Wohnungseigentümer bei Erwerb von nicht zu Wohnzwecken geeignetem Wohnungseigentum und dem Erfordernis einer deshalb kostenaufwändigen Sanierung des Gemeinschaftseigentums überschritten ist.
Die Kammer hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren endgültig auf 52.470,59 € festzusetzen (41.316,99 € + 8.153,60 € + 3.000,00 €).