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Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltens der Mietzahlung nach § 546a Abs. 1 BGB

Das Landgericht Hanau urteilte, dass ein Mieter nach Beendigung des Mietvertrags eine Nutzungsentschädigung für die Wohnung zahlen muss, wenn er noch persönliche Gegenstände darin lagert. Die Höhe der Nutzungsentschädigung wird auf monatlich 120 € geschätzt, vergleichbar mit den Kosten für ein Lager.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 35/22

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Mieter hat keinen Anspruch auf Vorenthaltung der Mietzahlung gem. § 546a Abs. 1 BGB, da der Vermieter keinen Rücknahmewillen bezüglich der Wohnung geäußert hat.
  • Der Vermieter kann die unter Vorbehalt der Rückforderbarkeit gezahlte Miete für den Zeitraum Februar bis August 2018 zurückfordern, da das Mietverhältnis zum 31.08.2017 endete.
  • Für die in der Wohnung verbliebenen Möbel/Gegenstände muss der Mieter jedoch eine Nutzungsentschädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung leisten.
  • Das Gericht schätzt die Nutzungsentschädigung sachgerecht auf monatlich 120 € für die gelagertenMöbel/Gegenstände.
  • Ein Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung des Parkettbodens besteht nicht, da keine Pflichtverletzung des Mieters nachgewiesen wurde.
  • Für die Garage besteht kein Nutzungswert, da auch dieser Mietvertrag gekündigt worden war.
  • Die Berufung wird zurückgewiesen, die Revision aber aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zur Nutzungsentschädigung zugelassen.

Nutzungsentschädigung nach Mietvertragsende: Wenn der Mieter nicht auszieht

Wenn ein Mietvertrag endet, stellt sich häufig die Frage, wie mit der Nutzung der Mieträume umgegangen wird. Während der Auszug des Mieters oft reibungslos verläuft, kann es in manchen Fällen zu Unstimmigkeiten kommen, wenn eine Partei die Rückgabe der Mietsache verweigert. Das Gesetz sieht hier eine sogenannte Nutzungsentschädigung vor, die der Mieter an den Vermieter zahlen muss.

Grundsätzlich hat der Vermieter nach Beendigung des Mietvertrags Anspruch darauf, die Mietsache wieder in Besitz zu nehmen. Verweigert der Mieter jedoch die Rückgabe, obwohl der Vertrag beendet ist, kann der Vermieter vom Mieter eine Entschädigung für die Nutzung verlangen. Diese Regelung dient dem Interessenausgleich zwischen den Parteien und soll den Vermieter vor Rechtsverletzungen schützen.

Die konkrete Ausgestaltung und Berechnung der Nutzungsentschädigung kann im Einzelfall jedoch komplex sein und zu Streitigkeiten führen. In der Rechtsprechung haben sich hierzu verschiedene Grundsätze entwickelt, die im Folgenden anhand eines aktuellen Gerichtsurteils näher beleuchtet werden.

Der Fall vor dem Landgericht Hanau im Detail

Rechtsstreit um Nutzungsentschädigung nach Beendigung eines Mietvertrags

In einem kürzlich vor dem Landgericht Hanau verhandelten Fall (Az.: 2 S 35/22) stritten die Parteien um die Rückzahlung von Mietzins und Kaution sowie um Schadensersatz und Betriebskosten. Der Kern der Auseinandersetzung lag in der Frage, ob der Mieter nach Beendigung des Mietvertrags eine Nutzungsentschädigung für die Wohnung zahlen muss, obwohl er diese nicht mehr aktiv bewohnte, aber noch persönliche Gegenstände darin lagerte.

Der Kläger hatte dem Beklagten, seinem ehemaligen Mieter, die Wohnung zum 31.08.2017 gekündigt. Der Beklagte bestritt jedoch die Rechtmäßigkeit der Kündigung und weigerte sich auszuziehen. Trotz des laufenden Rechtsstreits zahlte er die Miete unter Vorbehalt weiter. Erst im August 2018 räumte er die Wohnung schließlich vollständig, ließ aber bis dahin einige Möbelstücke und eine Einbauküche in der Wohnung zurück.

Kein Anspruch auf Mietzahlung, aber Nutzungsentschädigung

Das Landgericht Hanau entschied, dass der Beklagte aufgrund der rechtskräftig erfolgten Kündigung keinen Anspruch auf die Wohnung hatte und somit auch keine Mietzahlung für den Zeitraum von Februar bis August 2018 schuldete. Der Kläger konnte die unter Vorbehalt gezahlte Miete folglich zurückfordern.

Allerdings stellte das Gericht fest, dass der Beklagte durch das Belassen der Möbel in der Wohnung eine Nutzungsentschädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung zu leisten habe. Da die Wohnung in diesem Zeitraum nicht aktiv bewohnt wurde, schätzte das Gericht den Wert der Nutzung auf monatlich 120 €, vergleichbar mit den Kosten für ein Lager.

Anforderungen an den Rücknahmewillen des Vermieters

Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob der Kläger als Vermieter einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 BGB hat. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter die Zahlung einer Entschädigung verlangen, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt. Das Gericht berief sich jedoch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 12.07.2017, Az. VIII ZR 214/16), wonach ein solcher Anspruch einen Rücknahmewillen des Vermieters voraussetzt. Dieser Wille konnte im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, da der Kläger durch die Kündigung des Mietvertrags und die Klage auf Räumung der Wohnung deutlich gemacht hatte, dass er die Wohnung nicht mehr an den Beklagten vermieten wollte.

Revision zum BGH zugelassen

Das Landgericht Hanau ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu, da die Frage nach den Anforderungen an den Rücknahmewillen des Vermieters und die Berechnung der Nutzungsentschädigung grundsätzliche Bedeutung hat. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die Entscheidung des Landgerichts bestätigt und damit die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzungsentschädigung nach Beendigung des Mietverhältnisses präzisiert.

✔ FAQ zum Thema: Nutzungsentschädigung nach Mietvertragsende


Wann hat der Vermieter Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach Beendigung des Mietvertrags?

Der Vermieter hat nach Beendigung des Mietvertrags Anspruch auf Nutzungsentschädigung, wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und somit eine Vorenthaltung vorliegt. Dies ist in § 546a Abs. 1 BGB geregelt. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung setzt voraus, dass der Mieter die Mietsache dem Vermieter vorenthält, was bedeutet, dass der Mieter trotz bestehender Rückgabepflicht die Mietsache nicht zurückgibt und dies gegen den erklärten Willen des Vermieters geschieht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Rücknahmewille des Vermieters. Der Vermieter muss die Rücknahme der Mietsache tatsächlich wünschen. Fehlt dieser Rücknahmewille, weil der Vermieter beispielsweise die Rücknahme der Mietsache ablehnt oder von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht, kann er keine Nutzungsentschädigung verlangen.

Die Höhe der Nutzungsentschädigung richtet sich nach der vereinbarten Miete oder der ortsüblichen Miete, falls diese höher ist. Der Vermieter kann zwischen der bisher vereinbarten Miete und der ortsüblichen Miete wählen. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache durch den Mieter.

Zusammengefasst besteht der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt und der Vermieter einen Rücknahmewillen hat. Die Höhe der Nutzungsentschädigung orientiert sich an der vereinbarten oder ortsüblichen Miete.


Welche Bedeutung hat der Rücknahmewille des Vermieters für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung?

Der Rücknahmewille des Vermieters spielt eine entscheidende Rolle für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach Beendigung des Mietverhältnisses. Gemäß der Rechtsprechung kann der Vermieter nur dann eine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn er tatsächlich die Rückgabe der Mietsache wünscht. Dieser Wille muss auf die Rücknahme der Mietsache gerichtet sein, was bedeutet, dass der Vermieter das Mietverhältnis als beendet ansieht und die Räumung der Mietsache verlangt.

Wenn der Vermieter von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht, etwa weil er eine Kündigung des Mieters für unwirksam hält, fehlt es an einem Rücknahmewillen. In solchen Fällen kann der Vermieter keine Nutzungsentschädigung fordern, selbst wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgeben kann. Auch wenn der Vermieter eine Rücknahme der Mietsache grundlos verzögert oder ein Angebot des Mieters auf Übergabe der Mietsache ablehnt, kann dies als Annahmeverzug gewertet werden, was ebenfalls darauf hindeutet, dass kein Rücknahmewille vorliegt.

Zusammengefasst ist der Rücknahmewille des Vermieters eine grundlegende Voraussetzung für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Ohne diesen klaren Willen zur Rücknahme des Mietobjekts entfällt die Pflicht des Mieters zur Zahlung einer Entschädigung für die Nutzungsdauer.


Wie wird die Höhe der Nutzungsentschädigung berechnet, wenn die Mietsache nicht aktiv genutzt wird?

Die Höhe der Nutzungsentschädigung, wenn die Mietsache nach Vertragsende nicht aktiv genutzt wird, aber noch Gegenstände des Mieters dort lagern, wird in der Rechtsprechung individuell bemessen. In einem solchen Fall kann die Wohnung vergleichbar mit einem Lagerraum betrachtet werden, und die Nutzungsentschädigung wird entsprechend der Nutzung als Lagerfläche geschätzt. Ein konkretes Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt, dass ein Gericht in einem solchen Fall einen monatlichen Betrag von 120 € als angemessene Nutzungsentschädigung festgesetzt hat, da die Wohnung in dieser Zeit vergleichbar mit einem Lagerraum genutzt wurde.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass die Höhe der Nutzungsentschädigung in Fällen, in denen die Mietsache nicht aktiv genutzt wird, von den Gerichten auf Basis einer Schätzung festgelegt wird. Dabei wird berücksichtigt, inwieweit die Mietsache einer alternativen Nutzung, wie beispielsweise der Lagerung von Gegenständen, zugeführt wird. Die Festlegung der Höhe der Nutzungsentschädigung erfolgt somit unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und der Art der Nutzung der Mietsache nach Vertragsende.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 546a BGB – Nutzungsentschädigung: Gemäß § 546a BGB kann der Vermieter vom Mieter eine Entschädigung verlangen, wenn dieser die Mietsache nach Beendigung des Mietvertrags nicht zurückgibt.
  • Rücknahmewille des Vermieters: Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) setzt der Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusätzlich einen Rücknahmewillen des Vermieters voraus, der im Einzelfall zu prüfen ist.
  • Bemessung des Nutzungswerts: Da der Mieter die Wohnung nach Vertragsende nicht mehr aktiv nutzte, aber dort noch Gegenstände lagerte, schätzte das Gericht den monatlichen Nutzungswert auf 120 €, vergleichbar mit einem Lagerraum.
  • Keine Mietzahlung, aber Nutzungsentschädigung: Der Beklagte hatte aufgrund der rechtskräftigen Kündigung keinen Anspruch mehr auf die Wohnung und musste daher keine Miete zahlen. Stattdessen war er zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet.

LG Hanau – Az.: 2 S 35/22 – Urteil vom 22.11.2023

Die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers gegen das am 17.01.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hanau (34 C 35/21) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte und Berufungskläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte und Berufungskläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.721,29 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückzahlung unter Vorbehalt gezahlten Mietzinses, die Rückzahlung einer Kaution sowie widerklagend um Schadensersatz sowie Betriebskosten.

Wegen des genauen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Hanau vom 17.01.2022 – Az.: 34 C 35/21 (14) – (Blatt 59 ff. der Akte) verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Vorenthaltung der Mietsache nach § 546a Abs.1 BGB geltend machen könne, da er keinen Rücknahmewillen hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung geäußert habe. Dieser mangelnde Rücknahmewille zeige sich durch die Führung des Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Klägers durch zwei Instanzen. Der Kläger schulde jedoch die Herausgabe des tatsächlich gezogenen Nutzungswertes aus ungerechtfertigter Bereicherung, welchen das Gericht gemäß § 287 ZPO aufgrund der in der Wohnung verbliebenen Gegenstände mit 120 € monatlich für den Zeitraum Februar bis August 2018 schätze. Dazu müsse der Kläger Nutzungsentschädigung für Oktober 2018 leisten. Hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung 2018 bestehe kein Anspruch mangels wirksamen Mietverhältnisses. Schadensersatz für das beschädige Parkett müsse nicht geleistet werden, da dieser durch bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgetreten sei, für den ein Mieter aber nicht haftbar gemacht werden könne.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte und Berufungskläger. Zur Begründung trägt er vor, dass aus seiner Sicht die für das erstinstanzliche Urteil angeführte Rechtsprechung des BGH gegen den Wortlaut des § 546a BGB verstoße, da es dem Mieter obliege, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung zurückzugeben. Es sei nicht plausibel, dass der Vermieter keinen Rücknahmewillen habe. Der Kläger habe darüber hinaus Möbel in der Wohnung belassen, welche er erst bei Auszug am 15.08.2018 komplett aus der Wohnung entfernt habe. Dazu habe er am Klingelschild einen Hinweis auf seine Massagepraxis belassen, wodurch eine weitere Nutzung im hier streitgegenständlichen Zeitraum erwiesen sei. Für einen Vermieter sei eine unterbliebene Nutzung durch einen Mieter auch nicht nachweisbar. Miete für die Garage müsse im vollem Umfang Berücksichtigung finden. Einen Nutzungswert müsse man bei der Wohnung mit mindestens mit 6 € pro Quadratmeter ansetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 14.11.2022 (Blatt 134 ff. der Akte) und den Schriftsatz vom 29.06.2022 (Blatt 93 ff. der Akte) verwiesen.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Hanau vom 17. Januar 2022 Az. 34 C 35/21, die Klage abzuweisen und den Kläger und Berufungsbeklagten auf die Widerklage zu verurteilen, an den Beklagten/Berufungskläger 2.455,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 60 € seit dem 04.06.2018, aus 1.150,00 € seit dem 05.09.2018, aus 575,00 € seit dem 04.10.2018 und aus 670,29 € seit dem 26.10.2018 zu zahlen.

Der Beklagte zu beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Er verweist insbesondere darauf, dass ein Nutzwert für die Wohnung nicht bestand. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 15.08.2022 (Blatt 106 ff. der Akte) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Das angegriffene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) noch rechtfertigen die zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO).

Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1 BGB zu.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Die Angriffe der Berufung greifen nicht durch.

Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage an und macht sich diese zu eigen.

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger und Berufungsbeklagte Anspruch auf Rückzahlung der unter dem Vorbehalt der Rückforderbarkeit geleisteten Zahlungen für den Zeitraum Februar bis August 2018 in Höhe von 8.430,00 € gegenüber dem Beklagten und Berufungskläger geltend machen kann.

Der Beklagte hat für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung von Mietzins, da das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis rechtskräftig zum 31.08.2017 endete.

Eine Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltens der Mietzahlung nach § 546a Abs. 1 BGB besteht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 12.07.2017, Az. VIII ZR 214/16 nicht, wenn kein Rückerlangungswille des Vermieters besteht. Dieser Rückerlangungswille kann vorliegend nicht angenommen werden, da der Beklagte trotz Kündigung durch den Kläger von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht was er durch das Führen eines Prozesses über zwei Instanzen dokumentiert. Eines konkreten Rückgabeangebots des Mieters bedarf es in einem solchen Falle nicht.

Daher beschränkt sich im vorliegenden Fall die Frage darauf, welcher gezogene Nutzwert wegen ungerechtfertigter Bereicherung seitens des Mieters gegenüber dem Vermieter geschuldet wird. Alleine die Tatsache, dass der Mieter den Besitz an der Wohnung im hier einschlägigen Zeitraum innehatte, begründet noch nicht alleine einen Nutzwert an sich. Allerdings hat der Beklagte eine Einbauküche und weitere Möbelstücke in der Wohnung belassen. Die Berufungskammer hält die amtsgerichtliche Schätzung hinsichtlich des Nutzwertes einer Wohnung für diese Möbelstücke nach § 287 ZPO mit 120,00 € pro Monat für sachgerecht. Der Bundesgerichtshof hat in dem hier zitierten entscheidenden Urteil darauf abgestellt, dass es maßgeblich auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommt. Der Zweck des Bereicherungsrechtes sei lediglich darauf gerichtet, eine tatsächlich erlangte rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen und sie demjenigen zuzuführen, dem sie nach der Rechtsordnung gebührt. Dies setzt daher eine Vermögensmehrung voraus.

Daher kann das Gericht der Argumentation in der Berufungsbegründung nicht folgen, wonach pauschal eine reduzierte „Miete“ von 6,00 € pro Quadratmeter bei der 180 qm großen Wohnung hinsichtlich eines Nutzungswertes angenommen werden kann. Diesen Wert hatte die Wohnung für den Kläger sicherlich nicht, da er dort nur einige Möbelstücke abstellte. Andererseits ist es für das Gericht kaum möglich, eine Schätzung nach § 287 ZPO hinsichtlich einer Einbauküche vorzunehmen, da eine solche für den Kläger gar keinen Nutzwert im streitgegenständlichen Zeitraum dargestellt haben dürfte, wenn er die Wohnung eben nicht als eine solche nutzt. Übrig bleibt eine Einschätzung, dass diese Wohnung gewissermaßen als Lagermöglichkeit genutzt wurde und daher eine Schätzung im Hinblick auf den Nutzwert eines Lagers angenommen werden kann. Die hier gefundenen 120,00 € pro Monat erscheinen auch der Berufungskammer hierfür realistisch. Das hier zitierte und auch einschlägige Urteil des Bundesgerichtshofs behandelt nicht diese hier konkrete Frage, welche Anforderungen an eine Nutzung durch einen Mieter gestellt werden müssen, damit überhaupt ein Nutzwert für eine Wohnung besteht, wenn diese nicht genutzt wird. Dass die Interessen eines Vermieters auch nach Kündigung eines Mietverhältnisses auf die Erlangung eines Mietzinses oder zumindest einer Nutzungsentschädigung gerichtet sein dürften, ist bei einem Mietverhältnis immanent. Wenn dagegen ein Mieter eine Wohnung vollständig räumt, ist klar, dass er keinen Nutzwert mehr aus einer solchen Wohnung zieht. Wenn jedoch Gegenstände in der Wohnung verbleiben und somit eine Rückgabe oder auch eine Rücknahme faktisch nicht gegeben ist, dann stellt sich die Frage, wie ein Nutzwert dieses Objektes bestimmt werden kann. Hierüber ist bisher keine einschlägige Rechtsprechung ergangen.

Die übrigen geltend gemachten Ansprüche erachtet die Berufungskammer für korrekt entschieden. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger wegen Beschädigung des Parkettbodens besteht nicht, da nicht nachgewiesen ist, dass hier der bestimmungsgemäße Betrieb nicht erfolgte. Wenn ein Parkettboden durch eine Heizung auf höchster Stufe beschädigt wird, dann ist die Heizeinstellung nicht ordnungsgemäß, welches in die Aufgabensphäre eines Vermieters gehört. Der Garagenmietvertrag war ausweislich der Akte durch den Kläger ebenfalls gekündigt worden, so dass diese Garage im hier einschlägigen Zeitraum jedenfalls keinen Nutzwert für den Kläger hatte. Jedenfalls, auch wenn hier durch eine Anschlussberufung nicht angefochten, erachtet die Berufungskammer die Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung für den hälftigen Oktober für angezeigt, da insoweit ein Rückerlangungsinteresse des Beklagten deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO vorliegen. Die Frage der Auslegung von § 546a BGB, bzw. den Anforderungen an einen Nutzungswillen eines Vermieters hat über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung. Auch ist hier zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Soweit ersichtlich existieren keine weitere ober- oder höchstrichterlichen Entscheidungen zur Frage, welche Voraussetzungen für ein festgestelltes Nutzungsinteresse eines Mieters an einer Wohnung bestehen und welche Schätzgrundlagen zur Beurteilung eines solchen greifen.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 GKG.

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