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Mietvertragskündigung wegen nicht genehmigter gewerblicher Nutzung von Wohnraum

AG München – Az.: 423 C 8953/17 – Urteil vom 14.12.2017

1. Die Beklagten werden verurteilt, die komplette Doppelhaushälfte in der … Unterschleißheim bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Kammer, 2 WC’s, Bad mit WC, Dachgeschoss, Balkon und Terrasse nebst Keller, Garage, Garagenzufahrt und Garten, zu räumen und zusammen mit allen Schlüsseln an die Klägerin zurück zu geben.

2. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.05.2018 gewährt.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Der Streitwert wird auf 18.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte. Der Mietvertrag wurde im Juni 2016 geschlossen, wobei zwischen den Parteien streitig, allerdings nicht streitgegenständlich ist, welcher Mietzins vereinbart wurde. In § 1 des Mietvertrages ist geregelt, dass das Mietobjekt zur Benutzung als Wohnung vermietet ist.

Im November 2016 brachten die Beklagten am Balkon des ersten Stockwerks von der Straße aus gut sichtbar ein Plakat mit folgendem Text an: S M N – Montag – Freitag 16:00 – 19:30 Uhr – Ski- und Snowboard-Service wachsen, schleifen und mehr. Dieses Plakat befand sich auch am 30.01.2017 noch am Balkon. Am 12. und 19.11.2016 erschienen im … und … Anzeigen des „S M N“, eine davon mit folgendem Inhalt: „S M N – ab jetzt in Unterschleißheim/…– Damit Ihr optimal in die kommende Wintersaison starten könnt, bieten wir unseren klassischen Skiservice für Euch an. (…) Wir bieten vom kleinen Skiservice, Breit-/Rockerskiservice alles an. Preise auf Anfrage! Jeden Donnerstag ab 17 Uhr, An- und Verkauf von gebrauchten Ski und Skischuhen. Öffnungszeiten: Mo. – Fr., 16:00 – 19:30 Uhr Adresse: … Unterschleißheim, Telefon (…) …“.

Mit Einschreiben vom 28.11.2016 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die gewerbliche Tätigkeit aufzugeben und zukünftig zu unterlassen. Dieses Einschreiben kam wegen „Nichtabholung“ zurück. Mit E-Mail vom 05.12.2016 übersandte die Klägerin das Schreiben nochmals. Mit E-Mail vom 06.12.2016 wiesen die Beklagten die Abmahnung zurück und verwiesen darauf, dass die Einrichtung der Skiwerkstatt abgesprochen sei und es keinen Ärger mit der Gemeinde geben werde, das Gewerbe sei seit einigen Jahren gemeldet und auch die Betriebsstätte sei gemeldet sei. Mit E-Mail vom 18.12.2017 teilte die Beklagte mit, dass die Abmahnung weiter gelte. Mit weiterem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20.01.2017 erfolgte eine weitere Abmahnung wegen gewerblicher Nutzung des Mietobjekts. Im Antwortschreiben vom 23.01.2017 verwiesen die Beklagten erneut darauf, dass eine gewerbliche Nutzung vereinbart worden sei. Mit weiterem Schreiben vom 27.01.2017 erklärten die Beklagten, mit den Behörden wegen einer Nutzungsänderung im Gespräch zu sein.

Mit Schreiben vom 03.02.2017 erklärte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten die fristlose und hilfsweise auch ordentliche Kündigung.

Die Klägerin trägt vor, der Betrieb eines Skiservice in dem Mietobjekt stelle eine gewerbliche Nutzung dar, die mietvertraglich nicht erlaubt sei. Eine solche Erlaubnis sei auch nicht mündlich erteilt worden. Im Falle einer Fortführung müsse sie befürchten, wegen weiterer Kosten für Genehmigungen, Gutachten oder Umbaumaßnahmen in Anspruch genommen zu werden, auch in Hinblick auf öffentlich-rechtliche Vorschriften.

Sie beantragt:

Die Beklagten werden verurteilt, die (komplette) Doppelhaushälfte in der … Unterschleißheim bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Kammer, 2 WC’s, Bad mit WC, Dachgeschoss, Balkon und Terrasse nebst Keller, Garage, Garagenzufahrt und Garten, zu räumen und zusammen mit allen Schlüsseln an die Klägerin zurück zu geben.

Die Beklagten beantragen, Klageabweisung, hilfsweise Einräumung einer angemessenen Räumungsfrist.

Sie tragen vor, in der Garage sei nach vorheriger Inkenntnissetzung und Zustimmung durch die Klägerin ein gemeinnützig tätiger Skiverein untergebracht, der nur für wenige Stunden in der Woche und nur während der Skisaison Skiservice für Vereinsmitglieder anbiete. Die Klägerin habe sogar vorgeschlagen, den Skiservice in der Garage zu machen.

Eine zweckwidrige gewerbliche Nutzung sei auch vom zweiten Bürgermeister der Stadt Unterschleißheim in einer unverbindlich ausgesprochenen rechtlichen Einschätzung nicht gesehen worden.

Die Klägerin habe bei einer gemeinnützigen Vereinstätigkeit keine Kostenrisiken.

Auch sei nicht das Wohnhaus selbst, sondern nur die räumlich untergeordnete Garage, welche schon früher als Werkstatt verwendet worden war, nun auch wieder als Werkstatt genutzt worden. Eine übermäßige Abnutzung habe dies nicht zur Folge.

Das Gericht hat mit den Parteien die von der Klägerin als Anlagen K 14 bis K24 in Augenschein genommen. Die Beklagten erklärten zu dem auf den Lichtbildern zu sehenden Werbebanner, dies sei als Sichtschutz für das Zimmer der Tochter angebracht worden. Zu den Anzeigen wurde angegeben, der Text sei ohne Zutun der Beklagten von einem Betriebsmitarbeiter erstellt worden. Die Klägerin bestreitet diesen Vortrag.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 26.10. und 30.11.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, da die Kündigung vom 03.02.2017 das Mietverhältnis beendet hat.

1. Gewerbliche Nutzung

Bei der Nutzung des Mietobjekts, wie von den Beklagten betrieben, handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit:

Die Beklagten erbringen mit dem „S M N“ über mehrere Monate im Jahr, also nicht nur vorübergehend, Service- und Reparaturleistungen für einen unbestimmten Kreis von Kunden mit der Absicht, Gewinn zu erzielen.

Dies ergibt sich aus dem gesamten Auftreten der Beklagten nach außen – mit Bannerwerbung und Anzeigen im Anzeigenblatt, wie auch aus den Angaben der Beklagten selbst. Weder auf dem Werbebanner noch in den Anzeigen gibt es irgendwelche Hinweise, dass die Leistungen nur für Mitglieder des Skivereins erbracht werden. Die Beklagten selbst schreiben in der Mail vom 06.12.2016, das Gewerbe sei seit Jahren gemeldet, ebenso die Betriebsstätte.

Nicht entscheidend bei der Einordnung ist, ob und in welchem Umfang (bereits) tatsächlich Gewinn erzielt wurde – für die gewerbliche Tätigkeit ist die Absicht der Gewinnerzielung maßgeblich.

Die sinngemäße Behauptung der Beklagten, gar nicht beabsichtigt zu haben, Werbung für den Skiservice zu machen – das Plakat sei nur als Sichtschutz aufgehängt, die Zeitungsanzeigen seien quasi unbeabsichtigt erfolgt – sind bereits wenig glaubhaft. Im Übrigen können diese von der Klägerin bestrittenen und von den Beklagten nicht unter Beweis gestellten Behauptungen diese nicht entlasten, da es sich jedenfalls um ein den Beklagten zuzurechnendes Werben nach außen handeln.

Aufgrund der allem äußeren Anschein nach Gewerblichkeit wäre es bei den Beklagten gewesen, substantiiert darzulegen, dass eine Gewinnerzielung ausgeschlossen ist. Der Verweis auf einen geringen Kundenkreis ist hierfür nicht ausreichend.

2. Vertragsverletzung

Diese gewerbliche Nutzung war nicht von der Klägerin gestattet. Aus dem Mietvertrag ergibt sich zunächst, dass lediglich eine Wohnnutzung gestattet war. Sofern die Beklagten vortragen, dass mündlich die betriebene Nutzung erlaubt worden war, ist der Vortrag bereits unklar: So wird in erster Linie behauptet, die Nutzung für den gemeinnützigen Skiservice für den Verein sei genehmigt worden, eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit liege nicht vor (Schriftsatz vom 21.07.2017). Hieraus ergibt sich, dass also eine gemeinnützige Tätigkeit nach Vortrag der Beklagten genehmigt worden sein soll – nicht aber die gewerbliche Tätigkeit, auf die sich die Kündigung stützt.

Aber auch wenn der Beklagtenvortrag so zu verstehen sein soll, dass abweichend vom schriftlichen Mietvertrag eine gewerbliche Nutzung (und nicht nur für Vereinszwecke) gestattet war, tragen für diese Behauptung die Beklagten die Beweislast. Der von den Beklagten zum Beweis angebotenen Parteieinvernahme hat die Klägerin nicht zugestimmt, was aber gem. § 447 ZPO erforderlich gewesen wäre. Die von den Beklagten zum Beweis angebotene E-Mail vom 06.12.2016 stammt von diesen selbst und beweist daher nicht, dass die Klägerin eine gewerbliche Nutzung genehmigt hat.

Das Gericht kann sich nach persönlicher Anhörung der Parteien durchaus vorstellen, dass bei Besichtigung des Mietobjekts über eine Nutzung der Garage als Skiwerkstatt, vielleicht sogar für Vereinsmitglieder, gesprochen wurde. Dass ausdrücklich vereinbart wurde, dass ein gewerblicher Skiservice mit Publikumsverkehr stattfindet, erscheint nicht ohne weiteres lebensnah. Einen Beweis hierfür konnten die Beklagten jedenfalls nicht erbringen.

3. Kündigungsgrund

Eine Kündigung kann dann nicht auf eine Verletzung der vertraglichen Pflichten gestützt werden, wenn der Vermieter nach Treu und Glauben verpflichtet wäre, eine Genehmigung für eine teilgewerbliche Nutzung zu erteilen (BGH 10.04.2013, VIII ZR 231/12). Dies wäre der Fall, wenn durch die Nutzung der Wohnzweck nicht verändert wird, Mitmieter nicht beeinträchtigt werden, sich nach außen keine wahrnehmbaren Störungen einstellen und sich keine Gefahr der Beschädigung oder übermäßige Abnutzung ergibt.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Beklagten keinen Anspruch auf Genehmigung der gewerblichen Nutzung:

Der Skiservice ist, insbesondere aufgrund der Werbung nach außen, geeignet, eine unbestimmte Zahl an Kunden anzulocken, auf deren Zahl die Beklagten keinen Einfluss haben. Aus der Werbung ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer Terminvereinbarung, sodass auch Laufkundschaft zu erwarten ist. Welchen Umfang der Kundenverkehr nach Einführung des Skiservice z. B: Durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder weitere Werbung erreicht hätte, ist nicht einschätzbar. Es handelt sich jedenfalls nicht um einen nicht ins Gewicht fallenden Kundenverkehr. Dieser ist vielmehr mit jedem einzelnen Serviceauftrag fast zwingend verbunden.

Hierdurch werden zwar keine Mitmieter beeinträchtigt, da es sich um eine Doppelhaushälfte handelt. Wohl aber können Nachbarn erheblich gestört werden und ggf. ihrerseits die Klägerin auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Skier und Snowboards werden üblicherweise mit dem Auto gebracht, sodass ein erhöhter Verkehr im Wohngebiet mit erhöhter Parkplatzauslastung zu erwarten ist.

Dies muss die Vermieterin nicht dulden und konnte sowohl die Abmahnung als auch die Kündigung hierauf stützen.

Auf die Frage, ob die Beklagten eine öffentlich-rechtliche Genehmigung für eine gewerbliche Nutzung im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise erhalten hätten, kommt es nicht an, da dies nicht das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien betrifft.

4. Räumungsfrist

Den Beklagten war gem. § 721 ZPO eine Räumungsfrist wie im Tenor genannt einzuräumen. Dabei war einerseits zu berücksichtigen, dass das Mietverhältnis bereits vor über zehn Monaten geendet hat. Andererseits ist es aufgrund des angespannten Mietmarkts in und um München für eine Familie mit Kindern schwierig, kurzfristig geeigneten Wohnraum zu finden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsverletzung nicht mehr besteht. Eine Räumungsfrist von rund fünf Monaten erscheint daher angemessen.

5. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde gem. § 41 Abs. 1 GKG mit dem Jahresbetrag der Nettomiete festgesetzt.

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