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WEG – Verwendung der Instandhaltungsrücklage zur Zwischenfinanzierung

AG Pinneberg – Az.: 60 C 3/18 – Urteil vom 25.09.2018

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 18.12.2017 zu TOP 4 (vorübergehende Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage) und zu TOP 8 (Neu- bzw. Wiederwahl des Beirates) werden für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 54.533,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft.

Mit Schreiben vom 30.11.2017 lud die Verwaltung zu einer Eigentümerversammlung am 18.12.2017 ein, wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Anlage K2, Bl. 23 ff. der Akte verwiesen. Ausweislich des Schreibens wurde zusammen mit der Einladung „die Jahresabrechnung 2016 nebst Anlagen, der Wirtschaftsplan 2017, die Darstellung der Instandhaltungsrücklagen 2013, 2014, 2015 und 2016 in Vorbereitung auf Tagesordnungspunkt 3 das Urteil der letzten Klage nochmals zur Kenntnis“ übersandt.

Die Einladungen wurden an die ihr Wohnungseigentum selbst nutzenden Eigentümer in der Weise verteilt, dass sie durch den Hausmeister und den Verwalter in die Briefkästen eingeworfen wurden, wobei dies im Haus … in dem auch die Kläger wohnen, der Verwalter übernahm. Zwischen den Parteien streitig, ob mit diesen Unterlagen zusammen das Abmahnungsschreiben der Verwaltung vom 30.11.2017, vergleiche Anlage B2, Bl. 89 der Akte, übermittelt wurde. Bezüglich der Jahresabrechnung nebst Anlagen wird auf die mit der Anlage K5 vorgelegten Unterlagen, vergleiche Bl. 54 ff. der Akte, verwiesen.

Bei dem in der Einladung erwähnten Urteil handelt es sich um das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg am Verfahren 60 C 71/16 in diesem Verfahren war die Genehmigung der Jahresabrechnung insoweit für ungültig erklärt worden, als die Darstellung der Instandhaltungsrücklage betroffen ist. Hintergrund war, dass die Instandhaltungsrücklage über mehrere Jahre nicht ordnungsgemäß dargestellt wurde, der Wert der Instandhaltungsrücklage war jeweils höher angegeben als dies den Kontoständen entsprach, ohne dass dies erläutert wurde. Das Gericht hatte darauf hingewiesen, dass bei Unmöglichkeit der historischen Fortschreibung der Instandhaltungsrücklage eine ordnungsgemäße Abrechnung in der Weise erfolgen kann, dass die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss einen Näherungswert festlegen, der für den Bestand der Instandhaltungsrücklage zugrunde gelegt wird.

Die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft sieht unter § 11 Abs. 3 vor, dass jeder Wohnungseigentümer mit dem Lieferanten der Fernwärme einen Wärmelieferungsvertrag abschließe, die laufenden Heizungskosten jedoch zur Vereinfachung des Zahlungsverkehrs an den Verwalter entrichtet werden und der Verwalter die Höhe der monatlichen Zuschüsse festsetzt, ein Überschuss bei Abrechnung über ein Wirtschaftsjahr nicht zurückgezahlt werden braucht, sondern als Vorschuss auf das nächste Heizjahr verrechnet werden kann, vgl. Anlage K4, Bl. 48 der Akte.

Auf der Eigentümerversammlung vom 18.12.2017 wurden unter anderem die von den Klägern angefochtenen Beschlüsse zu TOP 3, 4, 5b, 6, 7, 8, 12, 14 und 15 beschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung Anlage B1, Bl. 82 ff. der Akte, verwiesen.

Im Einzelnen:

Zu TOP 3 wurde beschlossen: „Der Verwalter wird angewiesen, bei seinen Jahresabrechnungen hinsichtlich der Höhe der Instandhaltungsrücklage von dem Annäherungswert per 01.01.2013 in Höhe von 190.215,97 auszugehen.

Der Beschluss zu TOP 4 sieht vor, dass die Instandhaltungsrücklage vorübergehend zur Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen verwendet werden kann, wenn eine solche Inanspruchnahme ein Betrag von einem Viertel der Plansumme des aktuellen Jahreswirtschaftsplans nicht übersteigt und eine eiserne Reserve in Höhe von 50.000 € jederzeit zwingend erhalten bleibt sowie zudem 50 % des Beirates schriftlich zustimmen.

Mit Beschluss zu TOP 5b wurde die Genehmigung der Jahresabrechnung 2016 und der daraus resultierenden Einzelabrechnungen und zu TOP 6 und 7 die Entlastung des Beirates und der Verwaltung beschlossen.

Zu TOP 8 wurden vier Wohnungseigentümer in den Verwaltungsbeirat gewählt. In einer weiteren Eigentümerversammlung vom 29.06.2018 sind 3 Verwaltungsbeiräte gewählt worden, ein Protokoll hierüber war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung jedoch nicht erstellt bzw. nicht den Eigentümern übersandt worden.

Zu TOP 12 wurde beschlossen, dass von den Klägern die Veräußerung ihres Wohnungseigentums verlangt wird sowie eine Ermächtigung des Verwalters zur Beauftragung einer Anwaltskanzlei mit der Entziehungsklage und gegebenenfalls mit der Durchführung des Versteigerungsverfahrens.

Zu TOP 14 heißt es im Protokoll unter der Überschrift „Neuvergabe der Wartung für die Fahrstuhlanlagen“, dass Angebote verschiedener Fachfirmen auf der Versammlung näher vorgestellt wurden. Es wurde dann beschlossen, die erforderlichen Wartungsarbeiten an ein Unternehmen zu vergeben unter Angabe der Laufzeit, Angebotsnummer und der jährlichen Kosten.

Zu TOP 15 erging folgender Beschluss: „Die Gemeinschaft beschließt den amtierenden Wirtschaftsplan vorerst weiter fortzuführen. Zur nächsten Versammlung in 2018 soll ein neuer Wirtschaftsplan erarbeitet und vorgelegt werden, welcher dem aktuellen Finanzbedarf der WEG entspricht.“

Die Kläger bestreiten, dass die Einladung zur Eigentümerversammlung ordnungsgemäß durch einen Berechtigten erfolgt sei und die Beschlussfähigkeit der Versammlung vorgelegen habe und festgestellt worden sei sowie dass Beschlüsse ordnungsgemäß verkündet wurden.

Der Beschluss zu TOP 3 sei inhaltlich unbestimmt, denn weder aus der Formulierung des Beschlusses noch unter Einbeziehung der Tagesordnung aus dem Einladungsschreiben gehe hervor, aufgrund welchen Sachverhalts die Regelung getroffen werden solle. Ein Dritter habe bei diesem Beschluss keine Möglichkeit zu erkennen, was hier eigentlich geregelt werden solle.

Auch der Beschluss zu TOP 4 sei inhaltlich unbestimmt. Es fehle insgesamt an den erforderlichen Modalitäten, um den Zugriff für den Verwalter auf die Instandhaltungsrücklage zu regeln. Es gehe auch nicht aus dem Beschluss hervor, ob diese auf einen konkreten Sachverhalt bezogen ist oder ob es sich um einen reinen Vorratsbeschluss handele. Der Betrag von 50.000,00 € als Reserve sei angesichts der konkreten Umstände zu gering.

Der Genehmigung der Jahresabrechnung zu TOP 5b stehe entgegen, dass aus dem Beschlusstext nicht ersichtlich sei, welche konkrete Jahresabrechnung beschlossen werden solle. Zudem widerspreche die Abrechnung der Teilungserklärung, aus deren Regelungen in § 11 folge, dass eine getrennte Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung zu erfolgen habe. Der mitgeteilte Abgang auf dem „Bestandskonto Heizkosten“ in Höhe von 56.283,38 € (Blatt 61 der Akte) lasse sich nicht in den von dem Dienstleister mitgeteilten Gesamtkosten in Höhe von 62.078,66 € in Einklang bringen.

Der Beirat sei nicht durch Beschluss zu TOP 6 zu entlasten gewesen, da mangels ordnungsgemäßer Prüfung der Abrechnung Schadensersatzansprüche in Betracht kämen.

Gegen die dem Verwalter durch Beschluss zu TOP 7 erteilte Entlastung spreche zudem, dass der Verwalter ein gegen die Kläger eingeleitetes Mahnverfahren bislang nicht fortsetze und die Vorgehensweise hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 3 und TOP 14 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.

Der Verwaltungsbeirat könne nicht wie zu TOP 8 beschlossen aus 4 Mitgliedern bestehen.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 12 gelte, dass er nicht aufgrund zutreffender Information durch die Verwaltung zustande gekommen sei. Es sei lediglich pauschal behauptet worden, dass seit mehr als einem Jahr das zu entrichtende Wohngeld fehlen würde. Die Nichtzahlung der Hausgelder sei keinesfalls aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, sondern um eine Klärung von aus Sicht der Kläger unberechtigten Abbuchungen durch den vor Verwalter im Wirtschaftsjahr 2012 zu erreichen. Auch weitere Rügen der Kläger betreffend Vertragsabschlüsse mit Dritten seien unbeantwortet geblieben. Es fehle an einer nach § 18 Abs. 2 WEG notwendigen Abmahnung.

Der Beschluss zu TOP 14 betreffend die Vergabe von Wartungsarbeiten sei nicht hinreichend bestimmt, zudem sei weder aus dem Beschlusstext noch aus der Einladung ersichtlich, ob entsprechende Alternativangebote vorgelegt wurden.

Auch der Beschluss zu TOP 15 hinsichtlich der Fortführung des amtierenden Wirtschaftsplans sei unbestimmt. Aus dem Beschluss gehe nicht hervor, um welchen Wirtschaftsplan es sich überhaupt handele. Der Beschluss stehe auch im Widerspruch zum Text der Einladung, die von dem Wirtschaftsplan 2017 spreche.

Die Kläger beantragen, die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.12.2017 zu TOP 3, TOP 4, TOP 5B, TOP 6, TOP 7, TOP 8, TOP 12, TOP 14 und TOP 15 für unwirksam zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Formelle Fehler hätten bei den Beschlussfassungen nicht vorgelegen. Das Vorbringen der Kläger sei insofern pauschal und unsubstantiiert.

Der Beschluss zu TOP 3 sei nicht unbestimmt. In den Beschluss müssten keine Gründe aufgenommen werden, es handele sich jedoch bei der Bildung eines Annäherungswertes hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage um eine Umsetzung des Urteils des Amtsgerichts Pinneberg zum Aktenzeichen 60 C 71/16.

Auch der Beschluss zur Liquiditätssicherung zu TOP 4 sei inhaltlich bestimmt. Es seien klare Grenzen bestimmt worden, sodass keinesfalls der Verwaltung freie Hand gegeben werde.

Zu TOP 5b sei selbst verständlich die Jahresabrechnung für 2016 beschlossen worden. Die in der Teilungserklärung vorgesehenen Vertragsabschlüsse des Fernwärmelieferanten mit den einzelnen Wohnungseigentümern sei nicht praktikabel gewesen, da der Fernwärmelieferanten sich hiermit nicht einverstanden erklärt habe. Eine Verpflichtung, sonstige Betriebskosten getrennt von Heiz- und Warmwasserkosten abzurechnen, findet sich in der Teilungserklärung jedoch nicht.

Die Entlastungen von Beirat und Verwaltung zu TOP 6 und TOP 7 seien nicht zu beanstanden.

Die Anzahl der Beiratsmitglieder in dem Beschluss zu TOP 8 habe der ständig gelebten Praxis innerhalb der Gemeinschaft entsprochen.

Der Beschluss zu TOP 12 über die Einleitung eines Entziehungsverfahrens sei ordnungsgemäß ergangen. Selbst wenn es im Jahr 2012 Fehlbuchungen gegeben haben sollte, berechtige dies nicht zur Einstellung von Wohngeldzahlungen. Eine Abmahnung sei den Klägern gemeinsam mit den Einladungsunterlagen zur Eigentümerversammlung vom 18.12.2017 zugegangen. Sie sei in Anwesenheit des Wohnungseigentümers … zusammen mit der Einladung für die Wohnungseigentümerversammlung in einen Briefumschlag gesteckt worden und dann von dem Verwalter in den Briefkasten der Kläger eingeworfen worden.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 14 gelte, dass der Umstand, dass alternative Angebote vorlagen, nicht Teil des Beschlusstextes sein müsse. Durch Bezugnahme auf das beschlossene Angebot sei der Beschluss auch hinreichend bestimmt.

Auch der Beschluss betreffend die Fortführung des Wirtschaftsplanes sei eindeutig.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise, nämlich betreffend die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 4 und zu TOP 8, begründet.

Der Beschluss zu TOP 4 ist für ungültig zu erklären, da er eine allgemeine Regelung über eine zweckwidrige Verwendung eines Teils der Instandhaltungsrücklage enthält, die nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.

Eine vorübergehende Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage zur Absicherung von Liquiditätsengpässen stellt grundsätzlich eine Verwendung entgegen ihrer Zweckbestimmung dar und bewegt sich damit nicht mehr im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung. In engen Grenzen lässt die Rechtsprechung zwar Ausnahmen zu, dies jedoch nur betreffend den Einzelfall, nicht hingegen im Rahmen einer abstrakt-generellen Regelung, vergleiche Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 128. Gegen eine solche spricht, dass die Zulässigkeit einer zweckwidrigen Verwendung jeweils unter Berücksichtigung der Höhe der seinerzeit vorhandenen Instandhaltungsrücklage, der absehbaren Instandsetzungsmaßnahmen und der Aussichten, einerseits die Rückstände doch noch einzutreiben und andererseits die Rücklage wieder aufzufüllen, zu beurteilen ist, vgl. OLG München, ZMR 2008, 410. Eine solche Beurteilung anhand der konkreten Umstände ist bei einer abstrakt-generellen Regelung gerade nicht möglich. Der vorliegende Beschluss begrenzt die Entnahme nicht auf einen Einzelfall und ist auch nicht auf das laufende Wirtschaftsjahr beschränkt.

Weiter war der Beschluss zu TOP 8 für ungültig zu erklären, da der Verwaltungsbeirat gemäß § 29 WEG aus 3 Wohnungseigentümern zu bestehen hat, sodass die Wahl von 4 Wohnungseigentümern nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, vergleiche BGH V ZR 126/09, ZMR 2010, 545. Abweichende Bestimmungen der Teilungserklärung liegen hier nicht vor.

Soweit in der mündlichen Verhandlung berichtet wurde, dass zwischenzeitlich ein ersetzender Zweitbeschluss gefasst wurde, mussten die Kläger die Klage dennoch insoweit nicht für erledigt erklären, da ein entsprechendes Versammlungsprotokoll unstreitig noch nicht vorlag.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Soweit die Kläger die Beschlussfähigkeit der Versammlung und ordnungsgemäße Verkündung der Beschlussergebnisse beanstanden, gibt es für entsprechende formelle Fehler keine Anhaltspunkte. Vielmehr dokumentiert das nunmehr vorliegende Versammlungsprotokoll, dass diese Formerfordernisse gewahrt wurden.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP 3 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Zwar ist das erwähnte Urteil, dessen Anforderungen durch Festlegung eines Annäherungswertes für die Instandhaltungsrücklage zum 01.01.2013 umgesetzt werden, nicht durch ein Aktenzeichen näher bestimmt und auch der Grund für die entsprechende Beschlussfassung wird durch den Beschlusstext selber nicht deutlich. Durch weitere, für alle Wohnungseigentümer erkennbare Umstände ergeben sich die entsprechenden Informationen aber im Wege der Auslegung.

Für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen gelten die §§ 133, 157 BGB. Die Beschlüsse sind wegen der Wirkung gegenüber Sondernachfolgern wie im Grundbuch eingetragene Erklärungen aus sich heraus – objektiv und normativ – auszulegen, vergleiche BGH V ZB 11/98, NJW 1998, 3713. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. In Vergangenheit wurden, wie aus dem entsprechenden Versammlungsprotokoll und der Beschlusssammlung ersichtlich, Beschlüsse betreffend die Genehmigung der Jahresabrechnung insoweit aufgehoben, als es die Darstellung der Instandhaltungsrücklage betraf. Entsprechend war der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung am 18.12.2017 ausweislich des Anschreibens (Anlage K2, Blatt 23 der Akte) „eine Darstellung der Instandhaltungsrücklagen 2013, 2014, 2015, 2016 in Vorbereitung auf Tagesordnungspunkt 3“ beigefügt sowie „das Urteil der letzten Klage nochmals zur Kenntnis“. Der Grund für die Bildung eines Annäherungswertes, nämlich dass sich der tatsächliche buchhalterische Bestand der Instandhaltungsrücklage, wie er sich in den letzten Jahren unter der Vorverwaltung entwickelt hat, nicht ermittelbar ist, ergibt sich daher aus weiteren, für jeden Wohnungseigentümer erkennbaren Umständen.

Auch der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2016 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Nach ständiger Rechtsprechung muss die Jahresabrechnung eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Kalenderjahr enthalten. Soweit die Kläger die Berechtigung von Ausgaben bezüglich der Verwaltergebühr, der unvorhersehbaren Ausgaben und der Rechtsverfolgungskosten und – in unsubstantiierter Form – die Möglichkeit der Belegeinsicht bestreiten, kommt es hierauf nicht an.

Bereits aus der der Einladung und der Beschlussüberschrift ergibt sich, dass es sich um die Jahresabrechnung 2016 handelt. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf Anlagen ist insofern weder notwendig noch üblich. Der Umstand, dass sich in der Teilungserklärung – aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse ins Leere laufende – Bestimmungen betreffend eine getrennte Abrechnung der Heizkosten befinden mit der dem Verwalter eingeräumten Befugnis, Überschüsse nicht auszukehren („ein … Überschuss braucht nicht zurückgezahlt zu werden“), macht die Art und Weise der Jahresabrechnung nebst Einstellung der durch einen Dienstleister ermittelten Heiz- und Warmwasserkosten nicht falsch. Es wurde auch entsprechend der Vorgaben der Heizkostenverordnung teilweise nach Verbrauch abgerechnet. Der bei den Kontoständen in der Jahresabrechnung mitgeteilte Abgang muss nicht mit den von dem Dienstleister mitgeteilten Gesamtkosten im Abrechnungszeitraum übereinstimmen, insofern können sich durchaus Verschiebungen ergeben, beispielsweise wenn Rechnungen für Energielieferungen erst im Folgejahr bezahlt werden.

Da der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung nicht für ungültig zu erklären war, spricht auch insoweit nichts gegen die Beschlüsse betreffend die Entlastung von Verwaltungsbeirat und Verwaltung (TOP 6 und TOP 7). Anhaltspunkte für Schadensersatzansprüche gegen die beiden Verwaltungsorgane bestehen nicht. Insbesondere kann in dem Umstand, dass die Verwaltung ein Mahnverfahren gegen die Kläger wegen ausstehender Wohngelder nicht weiterbetrieben hat, kein Grund zur Versagung der Entlastung gesehen werden.

Der Beschluss betreffend die Entziehung des Wohnungseigentums der Kläger zu TOP entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Im Rahmen der vorliegenden Beschlussanfechtung erfolgt nur eine Prüfung der formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung, während die materiellen Gründe dem Verfahren der Entziehungsklage vorbehalten sind, vergleiche BGH V ZR 2/11, NJW 2011, 3026. Zu prüfen ist daher lediglich die Frage, ob eine Abmahnung erfolgt ist, während die inhaltliche Richtigkeit der Abmahnung nicht zu prüfen ist. Die Kläger haben das Vorliegen einer Abmahnung bestritten, während die Beklagten ein Abmahnungsschreiben mit der Anlage B2, datiert auf den 30.11.2017, mithin das gleiche Datum wie das Einladungsschreiben Anlage K2, vorgelegt haben und hierzu vorgetragen haben, dass dieses Schreiben von dem Verwalter in Anwesenheit des Wohnungseigentümers … gemeinsam mit den Unterlagen der Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung in einen Briefumschlag gesteckt und anschließend von dem Verwalter in den Briefkasten der Kläger eingeworfen worden sei. Das Bestreiten der Kläger stellt sich vor diesem Hintergrund als unsubstantiiert dar. Der Umstand, dass das als Anlage B2 eingereichte Schreiben nicht unterschrieben ist, ist dabei unerheblich, da es sich lediglich um eine Abschrift handelt, während das Original nach dem Vortrag der Beklagten den Klägern bestimmungsgemäß übermittelt wurde.

Im Falle des Entziehungsgrundes Zahlungsverzug gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist eine Abmahnung zudem nach zutreffende Ansicht nicht erforderlich. Ein der Abnahme entsprechender Effekt wird dadurch erreicht, dass die Entziehung nach § 19 Abs. 2 WEG entfällt, wenn die Rückstände bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung ausgeglichen werden, vergleiche Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 18 Rn.

Eine nähere Aufschlüsselung des Rückstandes sowie Ausführungen zur Begründung der Kläger hinsichtlich der unterbliebenen Zahlungen waren weder auf der Eigentümerversammlung noch im Abmahnungsschreiben erforderlich, letztere verbieten sie schon aufgrund des Umstandes, dass ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Wohngeldzahlungen (mit Ausnahme von hier nicht vorliegenden Ausnahmen) grundsätzlich nicht gegeben ist.

Der zu TOP 14 gefasste Beschluss betreffend die Vergabe von Wartungsarbeiten an ein Unternehmen unter Bezugnahme auf ein schriftliches Angebot war ebenfalls nicht für ungültig zu erklären. Der Umstand, dass regelmäßig mehrere Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, führt nicht dazu, dass auch die Vergleichsangebote mit in dem Beschlusstext genannt werden müssten. Bereits die Einladung enthält den Hinweis, dass Angebote verschiedener Fachfirmen auf der Versammlung näher vorgestellt würden. Dass dies nicht erfolgt sei, haben auch die Kläger nicht behauptet.

Schließlich ist auch der Beschluss zu TOP 15 betreffend die Fortführung des amtierenden Wirtschaftsplans nicht für ungültig zu erklären. Der Beschluss ist ohne weiteres einer Auslegung dahingehend zugänglich, dass für das Wirtschaftsjahr 2017 bestimmt werden soll, dass der zuletzt gültige Wirtschaftsplan fortgesetzt wird. Anders als eine generelle Regelung über die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplans bis zur Verabschiedung eines neuen ist ein Beschluss über die Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über den nächsten wirksam, vergleiche Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl. § 23 Rn. 24. Aus welchem Jahr der „amtierende“, also derzeit gültige Wirtschaftsplan stammt, lässt sich wiederum aus den vergangenen Versammlungsprotokollen bzw. der Beschlusssammlung erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO. Das Obsiegen der Kläger betreffend die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 4 und zu TOP 8 ist bezogen auf den übrigen Streitgegenstand und die den einzelnen Beschlussanfechtungen beizumessende Streitwerte verhältnismäßig geringfügig.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 49a GKG festgesetzt. Dabei ist das Gericht von folgenden Teilstreitwerten ausgegangen:

Summe:

  • € 54.533,00 TOP 3
  • € 1000,00 TOP 4
  • € 1000,00 TOP 5b
  • € 15.425,00 TOP 6
  • € 1000,00 TOP 7
  • € 500,00 TOP 8
  • € 500,00 TOP 12
  • € 16.000,00 TOP 14
  • € 3689,00 TOP 15
  • € 15.425,00

Steht die gesamte Jahresabrechnung im Streit, bestimmt sich das Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung grundsätzlich nicht nach dem Nennbetrag der in der Jahresabrechnung eingestellten Kosten. Das Interesse der Wohnungseigentümer an der gerichtlichen Entscheidung kann nicht mit deren Gesamtvolumen gleichgesetzt werden, denn auch bei durchgreifenden Beanstandungen bleiben stets erhebliche Ausgaben bestehen. Nachdem es gemäß § 49a GKG auf 50 % des Gesamtinteresses der Parteien ankommt, werden diese 50 % für Anfechtungen von Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen mit 10 % des Nennbetrags aller ausgewiesenen Kosten veranschlagt. Dieser Betrag ist gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 WEG begrenzt durch das fünffache, ebenfalls mit 20 % zu bemessenden Einzelinteresse der Kläger, also im Ergebnis ihrem Kostenanteil an den Gesamtkosten. Das sind hier 5 × 3085,06 € = 15.425,00 €.

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