LG Köln – Az.: 29 S 163/16 – Urteil vom 25.01.2018
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 12.7.2016 – 215 C 9/16 – teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 14.12.2015 unter TOP 3 gefasste Beschluss über die Genehmigung der Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 2014 wird für unwirksam erklärt, soweit die Kosten der Versorgung mit Heizung und Warmwasser gemäß der Abrechnung der Fa. Q für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum 31.12.2014 enthalten und zu verteilen sind.
Der in der Wohnungseigentümerversammlung zu TOP 7 gefasste Beschluss über die Entlastung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats wird für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin ficht die Beschlussfassungen zur Jahresabrechnung 2014 sowie zum Wirtschaftsplan 2016 jeweils in Bezug auf die Kostenpositionen Heizung und Warmwasser an. Des Weiteren ficht sie die Beschlussfassung zur Entlastung des Verwalters und des Beirats an.
In der Liegenschaft wurden 2014 elektronische Heizkostenverteiler installiert. Die Heizkostenabrechnung für 2014 wurde von der Fa. Q GmbH & Co. KG unter Anwendung des Korrekturverfahrens entsprechend der Richtlinie VDI 2077 Beiblatt erstellt. Für die tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat der Anfechtungsklage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Verteilung der Heizkosten ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche. Es habe eine Schätzung des Verbrauchs stattgefunden. Angaben zur Schätzgrundlage und zum Schätzverfahren seien in der Abrechnung nicht getroffen worden, was jedoch erforderlich sei.
Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen nach der VDI 2077 erfüllt seien, jedenfalls seien die Voraussetzungen nach § 7 Abs.1 Satz 3 HeizkostenV, wonach freiliegende Leitungen überwiegend ungedämmt sein müssten, nach den unbestrittenen Behauptungen der Klägerin nicht gegeben.
Zwar entspreche die Verteilung der Warmwasserkosten auf der Grundlage der Wohnfläche ordnungsgemäßer Verwaltung, da es sich um einen einheitlichen Abrechnungsposten handele, erstrecke sich die Fehlerhaftigkeit der Heizkostenermittlung aber auch auf die Abrechnung der Warmwasserkosten.
Der Wirtschaftsplan sei von diesem Fehler ebenfalls betroffen.
Die Beschlussfassung zur Entlastung des Verwalters und des Beirats sei ebenfalls zu beanstanden, da die Genehmigung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätten.
Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung eingelegt. Sie führen zur Begründung aus, dass das Amtsgericht in seiner Entscheidung zu Unrecht, davon ausgehe, dass erstinstanzlich nicht bestritten worden sei, dass freiliegende Leitungen überwiegend gedämmt seien. Es sei erstinstanzlich ausgeführt worden, dass die Vorgaben des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV bzw. der VDI 2077 erfüllt seien; dafür sei auch Beweis angetreten worden. Der Vortrag werde nochmals dahingehend konkretisiert, dass die freiliegenden Leitungen überwiegend ungedämmt seien.
Des Weiteren sei nicht anzunehmen, dass sich ein Fehler in der Heizkostenabrechnung 2014 auf den Wirtschaftsplan 2016 auswirke. Ein Mangel in der Ermittlung der Heizkosten wirke sich nicht auf die Gesamtkosten, die dem Wirtschaftsplan 2016 zugrunde zu legen seien, aus.
Die Beschlussfassungen zur Entlastung der Verwaltung und des Beirates hätten daher ebenfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen.
Die Beklagten beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 12.7.2016 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 2.3.2017 (Bl.105f GA) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof.Dr.Ing. P. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 28.9.2017 (Bl.122-141 GA).
Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, das den Beschluss über die Jahresabrechnung 2014 betreffend die Kostenposition Warmwasser für ungültig erklärt hat, haben die Beklagten in der Berufungsbegründung keine Einwände erhoben. Die Berufung ist nicht begründet worden, so dass sie insoweit bereits unzulässig ist.
Im Übrigen ist die Berufung zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Die Beschlussfassung zur Jahresabrechnung 2014 betreffend die Kostenposition -Heizkosten – widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist zutreffend.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV kann in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Solche Regeln enthält das Beiblatt „Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe“ der VDI-Richtlinie 2077.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. P sind die dort genannten Kriterien
- Verbrauchswärmeanteil > 0,34
- Standardabweichung der normierten Verbrauchswert >0,85
- Anteil der Niedrigverbraucher < 15%
erfüllt.
Jedoch sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV, die für eine Heranziehung der allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich sind, im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Rohrleitungen der Wärmeverteilung in dem Gebäude, in dem sich die Wohnung der Klägerin befindet, sind nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. P, denen die Kammer folgt und gegen die Parteien nichts eingewandt haben – anders als von § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV gefordert – nicht freiliegend. Die Ringleitungen verlaufen innerhalb der Wohnung im Estrich. „Freiliegend“ sind nach den Verordnungsmaterialien auf der Wand verlaufende und damit sichtbare Wärmeleitungen (Verordnung zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung).
Der BGH lehnt in seiner Entscheidung vom 15.3.2017 – VIII ZR 5/16 – die in der Rechtsprechung (vgl. LG Dresden MDR 2016,454; LG Ellwangen, WuM 2016, 497; LG Landau, WuM 2015, 432; AG Emmendingen, WuM 2014, 727) vertretene Ansicht, dass eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV in Betracht komme, wenn überwiegend ungedämmte Leitungen der Wärmeverteilung unter Putz beziehungsweise im Estrich verlegt sind, ab. Die Kammer folgt den überzeugenden Ausführungen des BGH, wonach eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht in Betracht kommt, weil es bereits an einer planwidrigen Reglungslücke fehlt, die überhaupt erst die Möglichkeit einer solchen Ausdehnung über den Wortlaut hinaus im Wege eines Analogieschlusses eröffnen könnte. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass nach den Verordnungsmaterialien § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV die Möglichkeit, Kostenverschiebungen nach anerkannten Regeln der Technik auszugleichen, nur bei „auf der Wand verlaufenden Rohrleitungen“ eröffnen sollte. Der in der Verordnungsbegründung gegebene Hinweis auf das Beiblatt „Rohrwärme“ der VDI-Richtlinie 2077, in dem darauf hingewiesen werde, dass es technisch unerheblich sei, ob Rohrleitungen freiliegend oder nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführt werden, stehe der Annahme entgegen, dass der Verordnungsgeber es übersehen habe, dass es nicht nur freiliegende, sondern auch nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführte Rohrleitungen gibt und deren Wärmeabgabe ebenfalls technisch ermittelt werden könne.
Im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Jahresabrechnung 2014 in Bezug auf die Kostenposition – Heizung – widersprechen die Beschlussfassungen zur Entlastung der Verwalterin und des Beirates ordnungsgemäßer Verwaltung.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts erstreckt sich die Fehlerhaftigkeit der Jahresabrechnung 2014 in Bezug auf die Positionen Heizkosten und Warmwasser nicht auf den Wirtschaftsplan 2014.
Die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2016 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, denn der Wirtschaftsplan hat im Wesentlichen nur das Ziel, die voraussichtlichen Kosten der Eigentümergemeinschaft im Kalenderjahr zu schätzen und hiermit korrespondierend die Beiträge der Wohnungseigentümer zur Deckung dieser Kosten festzulegen (vgl. Jennißen-Jennißen, WEG, § 28 Rn.37a). Die fehlerhafte Abrechnung der Heizkosten und Warmwasserkosten in der Jahresabrechnung 2014 hat keinen Einfluss auf den Verbrauch insgesamt und die zu verteilenden Kosten. Die endgültige Zuordnung der Kosten erfolgt in der Jahresabrechnung, so dass die Klägerin durch den Verteilungsmaßstab – Festbetrag 1.084,27 €- , der sich an den tatsächlichen Kosten orientiert, nicht beschwert ist. Dass die Kostenschätzung der Gesamtkosten für Heizung/Warmwasser mit 100.000.00 € deutlich zu niedrig oder zu hoch ist, hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 14.151,50 € (entsprechend der nicht angegriffenen Festsetzung durch das Amtsgericht).