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Mietminderungsanspruch wegen Verklebung von Fenstern im Rahmen einer Sanierungsmaßnahme

AG Wedding – Az.: 22d C 147/18 – Urteil vom 26.11.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 388,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.07.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner 69 % und die Beklagte 31 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind mietvertraglich für die Wohnung im … 1. OG links bestehend aus zweieinhalb Zimmerküche Bad Gäste-WC, Flur, Loggia und Abstellraum miteinander verbunden. Die monatliche Miete beträgt € 641,00.

Die Beklagte begann im Juni 2016 eine energetische Sanierung des Objektes, in welchem sich die Wohnung der Kläger befindet. In dem Zeitraum vom 12. Juli 2016 bis zum 12. Juni 2017 befand sich ein Gerüst vor diesem Objekt. Vier Fenster der Wohnung sind zum Parkplatz, das Fenster des Wohnzimmers ist zur anderen Seite des Gebäudes gerichtet.

Die Kläger teilten der Beklagten mit Schreiben vom 27. November 2017 mit, dass durch die im Juni 2016 begonnenen aber noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen, aufgrund des Baulärms, der Verschmutzungen und der Sichtbehinderungen wegen der abgehängten Fenster mit Plastikplanen, für das von ihnen bewohnte Haus … die Wohnqualität sehr gelitten habe. Sie forderten eine Mietminderung von 20 % der Grundmiete. Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 der geforderten Mietminderung insbesondere der Höhe nach und kündigte an, nach Erhalt aller erforderlichen Unterlagen, den Mietminderungsanspruch der Kläger zu prüfen. Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 gewährte die Beklagte den Klägern eine Entschädigung in Höhe von € 85,44 wegen der energetischen Sanierung.

Die Kläger behaupten, dass in der Zeit von März bis Oktober 2017 sämtliche zur Wohnung gehörende Fenster verklebt waren, sodass die Wohnung nicht belüftet und auch nur stark eingeschränkt Tages- und Sonnenlicht in die Wohnung gelangen konnte. Die Kläger behaupten, dass in der Zeit von 6:30 Uhr bis ca. 18:00 Uhr montags bis freitags aber auch teilweise an Wochenendtagen, es zu weiteren Beeinträchtigungen durch Lärm aufgrund von Bohrhämmern, Sägen und Meißeln sowie durch Bildung von erheblichen Mengen an Staub kam. Normale Gespräche in der Wohnung seien aufgrund des Lärms nicht möglich gewesen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass ihnen ein Minderungsrecht von 10 % der Bruttowarmmiete seit September 2016 bis einschließlich Februar 2018 zustehe und somit berechtigt seien, von der Beklagten einen Betrag in Höhe von 1.089,70 € abzüglich der erhaltenen Entschädigung in Höhe von 85,44 € zurückzuverlangen.

Die Kläger haben ursprünglich auch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die nachfolgenden Mängel in der Wohnung der Kläger im … 1. OG links bestehend aus zweieinhalb Zimmer, Küche, Bad, Gäste-WC, Flur, Loggia und Abstellraum zu beseitigen: an der Außenwand, welche an das Kinderzimmer angrenzt, fehlt eine Dämmung. Die Kläger haben diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2018 zurückgenommen. Die Beklagte hat der Klagerücknahme anschließend zugestimmt.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.004,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass soweit Lärm durch die Baumaßnahmen entstanden sei, dieser nur die eine zum Parkplatz gerichtete Seite der Wohnung der Kläger erreicht habe. Die Kläger behaupten, dass lediglich ein Großteil der Beeinträchtigung von dieser Seite der Wohnung gekommen sei.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst den eingereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von € 388,10 gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Kläger leisteten Mietzahlungen in vorgenannter Höhe an die Beklagte ohne rechtlichen Grund.

a) Ein Rechtsgrund lag deswegen nicht vor, weil die Kläger gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB zur Minderung der an die Beklagte geschuldeten Miete ab September 2016 bis einschließlich zum 12. Juli 2017 – wie folgt – berechtigt waren: zwischen September 2017 und Februar 2017 in Höhe von 5 % und von März 2017 bis zum 12. Juli 2017 in Höhe von 10 % der geschuldeten Bruttowarmmiete von € 641,00. Daraus ergibt sich – auch nach anteiliger Berechnung eines Minderungsbetrages von € 24,84 für Juli 2017 – ein Gesamtbetrag von € 473,54, aus welchem der bereits von der Beklagten gezahlte Betrag in Höhe von 85,44 € in Abzug zu bringen ist, in Höhe dessen die der Zahlungsanspruch der Kläger gemäß § 362 BGB erloschen ist.

aa) Ein Sachmangel, also eine die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindernde Beeinträchtigung der Mietsache, lag in dem gesamten vorgenannten Zeitraum, d.h. zwischen September 2016 bis zum 12. Juli 2017, dadurch vor, dass sich ein Gerüst vor dem streitgegenständlichen Objekt befand und dass von den von der Beklagten durchgeführten Sanierungsmaßnahmen Baulärm und Staub ausging.

Aufstellung und Zeitraum des Vorhandenseins des Gerüsts sind zwischen den Parteien unstreitig geworden. Soweit die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 17. September 2018 vorgetragen haben, dass sich ein Baugerüst vor ihrer Wohnung in dem Zeitraum von März bis Oktober 2017 aufgestellt gewesen sein soll, haben sie dem nach nochmaliger Klarstellung der Beklagten, dass sich ein Baugerüst vor dem streitgegenständlichen Objekt in der Zeit vom 12. Juni 2016 bis zum 12. Juli 2017 befunden habe, in ihrem weiteren Schriftsatz vom 20. November 2018 weder ausdrücklich noch implizit widersprochen, so dass der diesbezügliche Vortrag der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen war.

Dem Vortrag der Kläger zu dem Vorhandensein von Baulärm und Staub zu den angegebenen Zeiten werktags und teilweise auch an Wochenenden – jedenfalls in den mit einer Baustelle üblicherweise einhergehenden Mengen – ist einerseits die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat die Vornahme der mit einer einjährigen Einrüstung des streitgegenständlichen Objekts verbundenen Vornahme einer energetischen Sanierung vielmehr ausdrücklich bestätigt. Andererseits war der weitere Vortrag der Kläger, wonach es zu einer derart hohen Lärmbelastung, dass normale Gespräche in der streitgegenständlichen Wohnung nicht möglich gewesen sein sollen und es zu erheblichen Mengen an Staub gekommen sein soll, auch vor dem Hintergrund des weiteren Vortrages zu der Verklebung aller Wohnungsfenster derart unsubstantiiert, dass er nicht weiter Berücksichtigung finden konnte. Die Kläger sind dabei ihrer Darlegungslast hinsichtlich Dauer und Umfang der Beeinträchtigungen insoweit nicht nachgekommen. Die Beklagte hat dagegen ausreichend dargelegt, dass es hinsichtlich der Beeinträchtigungen durch die durchgeführten Baumaßnahmen zu Schwankungen wegen arbeitsintensiveren und weniger arbeitsintensiven Phasen gekommen ist.

Den obengenannten Beeinträchtigungen kam in der Zeit von März 2017 bis zum 12. Juli 2017 die Verklebung der Wohnungsfenster der Kläger hinzu. Die Beklagte hat den Vortrag der Kläger, wonach alle Fenster der streitgegenständlichen Wohnung ab März bis Oktober 2017 verklebt gewesen sein sollen, für die Zeit, in der sich vor der Wohnung ein Gerüst befand, lediglich pauschal und somit nicht ausreichend substantiiert bestritten. Soweit die Verklebung der Fenster nach dem Abbau des Gerüsts am 12. Juli 2017 vorgetragen wurde, war der Vortrag der Kläger schon selbst widersprüchlich und somit nicht berücksichtigungsfähig, weil von einer Verklebung der Fenster nach Abbau eines Gerüsts und somit nach Abschluss von Arbeiten an der Fassade eines mehrstöckigen Gebäudes nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen nicht ausgegangen werden kann.

Für die Zeit ab dem 13. Juli 2017, d.h. nach Abbau des Gerüstes, sind dem Vortrag der Kläger keine näheren und nicht einmal ungefähre Angaben zu Art, Dauer und Umfang der Beeinträchtigungen zu entnehmen (vgl. Palandt/Weidenkaff, 2019, § 536, Rn. 5). Auch dem Schreiben der Kläger an die Beklagte vom 27. November 2017 ist zu entnehmen, dass die wesentlichen Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen damals in der Vergangenheit lagen. Inwieweit die Kläger relevanten Beeinträchtigungen wegen der noch andauernden Sanierungsmaßnahmen ausgesetzt waren, ist auch diesem Schreiben nicht zu entnehmen.

bb) Für die Zeit zwischen September 2016 bis Februar 2017 stand den Klägern aufgrund der vorgenannten Sachmängel lediglich eine Minderungsquote von 5 % zu.

Für die Zeit zwischen September März 2017 bis zum 12. Juli 2017 stand den Kläger wegen der hinzutretenden Verklebung der Wohnungsfenster eine höhere Minderungsquote von 10 % zu. Die Verklebung der Fenster bringt sowohl erhebliche Einschränkungen hinsichtlich der Lüftung, der Helligkeit der Wohnung und der Sicht aus der Wohnung mit sich, welche die sonstigen mit einer Baustelle verbundenen Beeinträchtigungen deutlich übersteigen.

b) Eine Rückzahlung der obengenannten Minderungsbeträge ist auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. § 814 BGB schließt eine Kondiktion erst dann aus, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Zweifel daran, dass diese Voraussetzungen vorliegen, gehen zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Leistungsempfängers, hier also der Beklagten (AG Hamburg, Urteil vom 02. März 2016 – 49 C 91/13 –, zitiert nach juris). Zwar hat sich die Beklagte hier auf § 814 BGB ausdrücklich berufen, aber nichts Weiteres zu etwaigen Kenntnissen der Kläger über deren Rechten in Verbindung mit den streitgegenständlichen Baumaßnahmen vorgetragen. Das Schreiben der Kläger vom 27. November 2017 lässt auf eine dahingehende Kenntnis schließen, ist aber für den Zeitraum von September 2016 bis zum 12. Juli 2017 nicht relevant.

c) Die Zinsforderung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO zugrunde.

 

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