KG Berlin – Az.: 8 U 83/11 – Urteil vom 23.01.2012
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4. April 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 12 O 160/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 04. April 2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagten tragen zur Begründung der Berufung vor:
1.
Die vereinbarte Umsatzmiete sei auch in dem streitgegenständlichen Zeitraum auf die herabgesetzte Mindestmiete von 1.500,00 EUR zzgl. Nebenkosten und Umsatzsteuer reduziert worden. Die Beklagten hätten niemals eine höhere Mindestmiete als 1.500,00 EUR geschuldet und gezahlt. Zuletzt sei die Miete schriftlich für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 auf die Mindestmiete herabgesetzt worden. In dem Schreiben vom 20.09.2004 hätten die Beklagten die Klägerin darum gebeten, von der sich anschließenden Mieterhöhung abzusehen und zum anderen eine weitere Reduzierung der Mindestmiete um 10 % ab 01.01.2004 zu genehmigen. In diesem Schreiben habe ein Angebot auf weitere Absenkung der Miete um 10 % ab 01.12.2004 (richtig: 01.10.2004) sowie Verzicht auf die Mieterhöhung durch den Wegfall der Mietreduzierung ab 01.01.2005 gelegen. Dieses Angebot sei von der Klägerin teilweise abgelehnt worden, soweit es um die zusätzliche Absenkung der Miete um 10 % gegangen sei. Allerdings habe die Klägerin das Angebot des Verzichts auf die Mieterhöhung ab 01.01.2005 angenommen. Der Vertreter der Klägerin, Herr H, habe noch im September 2004 bei einem Gespräch mit dem Beklagten zu 1) in den Räumen der Klägerin am Ostbahnhof erklärt, dass weitere Anträge auf Mietreduzierung nicht nötig seien, da die Umsatzmiete insoweit bereits auf die Mindestmiete reduziert sei. Die Beklagten hätten diesen Vortrag auch unter Beweis durch Zeugnis H gestellt.
Jedenfalls habe die Klägerin das Angebot der Beklagten auf Beibehaltung der Mindestmiete (Verzicht auf Mieterhöhung) stillschweigend angenommen. Denn eine weitere Reaktion auf das Schreiben der Beklagten vom 20.09.2004 sei nicht erfolgt. Die Beklagten hätten ab Januar 2005 weiter die Miete wie bisher bezahlt, ohne dass die Klägerin dies auch im Geringsten gerügt hätte. Vielmehr habe die Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2005 die fälligen und zukünftig fällig werdenden Mieten mitgeteilt, wobei dem Schreiben eine Forderungsaufstellung beigefügt gewesen sei. Hieraus habe sich ergeben, dass die Klägerin auch im Jahre 2005 von einer Umsatzmiete von 1.500,00 EUR zzgl. Nebenkosten und Umsatzsteuer ausgegangen sei. Spätestens seit diesem Schreiben hätten die Beklagten davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin das Angebot auf Beibehaltung der Mindestmiete angenommen habe und es bei dieser Mindestmiete sowohl rückwirkend als auch für die Zukunft verbleiben werde.
Die Klägerin habe in insgesamt zehn Schreiben in den folgenden Jahren erklärt, dass die Miete nur 1.500,00 EUR betrage (vgl. Anlagen B 6 bis B10, B12 bis B 15 und B 21). Die Jahresspitzabrechnungen hätten dazu gedient, den Mieter zu informieren, welche Umsatzmiete er für ein Geschäftsjahr schulde. Für die Jahre 2005, 2006 und 2007 habe die Klägerin in die Abrechnung stets nur die Mindestmiete von 1.500,00 EUR eingestellt. Die Vertragsänderung werde besonders klar in dem Schreiben der Klägerin vom 06.12.2006 (Anlage B 21), in dem die Klägerin bestätige, dass die herabgesetzte Miete der “vertraglich vereinbarten Zahlweise” entspreche.
2.
Die Nachforderung einer erhöhten Miete sei jedenfalls verwirkt. Denn der Vermieter habe jahrelang die Zahlung der herabgesetzten Miete durch den Mieter rügelos hingenommen. Infolge des Gesprächs zwischen dem Beklagten zu 1) und Herrn H im September 2004 und der nachfolgenden rügelosen Hinnahme der reduzierten Mietzahlung von Januar 2005 bis Oktober 2008 und den wiederholten Erklärungen der Klägerin über die Mindestmiete hätte sich bei den Beklagten ein entsprechendes Vertrauen in den geringeren Mietzins entwickelt. Sie, die Beklagten, hätten sich auch darauf eingerichtet, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Denn als Geschäftsleute hätten sie jeden Monat neu rechnen müssen. Kein Geschäftsmann lasse über 4 Jahre Mietrückstände auflaufen, ohne entsprechende Rückstände zu bilden. Die Beklagten hätten knapp kalkuliert und jeweils gerade so die (reduzierte) Miete aufgebracht.
3.
Danach stehe der Klägerin rückständige Miete nicht mehr zu. Vielmehr hätten die Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von 3.657,03 EUR. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 07. Juli 2011 (dort auf Seite 4/5) verwiesen.
4.
Der Klägerin stehe Nutzungsentschädigung für Mai 2009 (anteilig) nicht zu. Die Übergabe der Mietsache sei dem Vertreter der Klägerin, Herrn B, am 30. April 2009 an Ort und Stelle angeboten worden. Die noch in den Räumen befindlichen Sachen hätten in zwei Minuten aus dem Laden entfernt werden können. Wenn die Klägerin die angebotene Sache nicht entgegen nehme, liege kein Fall der Vorenthaltung vor.
Der Klägerin sei zudem kein Schaden entstanden, weil die Beklagten der Klägerin bereits Nachmieter angeboten hätten, die diese aber abgelehnt habe.
Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des am 04.04.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin – AZ: 12 O 160/09 – die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert:
1.
Zwischen den Parteien sei keine Vereinbarung über eine fortgesetzt reduzierte Miete getroffen worden. Zwar habe es Mahnschreiben der Klägerin gegeben, die als Nettomiete 1.500,00 EUR auswiesen. Eine Bezugnahme auf ein diesbezügliches Angebot der Beklagten, etwa gerichtet auf den Abschluss eines 6. Nachtrags zum Mietvertrag liege indes nicht vor und werde von den Beklagten auch nicht konkret behauptet. Einen 6. Nachtrag gebe es unstreitig nicht. Weiterhin gebe es auch kein Antwortschreiben auf das Schreiben der Beklagten vom 20. September 2004. Erstinstanzlich sei bereits bestritten worden, dass Herr H in einem Gespräch die behaupteten Erklärungen abgegeben habe. Herr H sei für solche Zusagen auch nicht bevollmächtigt gewesen. Soweit die Beklagten auf die nahezu ein Jahr später seitens der Klägerin gefertigten Schreiben verweise, könnten diese nicht als Antwort auf das Ansinnen der Beklagten zur Mietreduzierung konstruiert werden. Das Schreiben vom 20. September 2004 sei auch nicht in dem von den Beklagten genannten Sinne zu verstehen. Das Schreiben enthalte zwei Alternativvorschläge: nämlich einerseits, ob ab 01. Oktober 2004 die Miete um 10 % gesenkt werden könne oder andererseits von der Mieterhöhung abgesehen werden könne. Aus dem Schweigen der Klägerin könne nichts hergeleitet werden.
2.
Die Beklagten könnten sich auch auf Verwirkung nicht berufen. Aus den Schreiben der Klägerin ergebe sich nichts dazu, dass Nachzahlungsansprüche bezüglich der ursprünglich vereinbarten Miete nicht mehr geltend gemacht würden.
Auch das Vorliegen des Zeitmoments sei fraglich, da ein Teil der geltend gemachten Ansprüche keineswegs so lange zurücklägen, dass längere Zeit im Sinne dieses Tatbestandsmerkmals bereits verstrichen sei, bevor die Ansprüche geltend gemacht würden. Dies betreffe den Zeitraum ab 2007 bis 2009. Die bloße Untätigkeit der Klägerin reiche für die Annahme der Verwirkung nicht aus.
Die Beklagten hätten auch nichts Konkretes dazu vorgetragen, dass sie im Vertrauen auf die unterbliebene Geltendmachung der Forderungen Vermögensdispositionen getroffen hätten.
3.
Der Klägerin stünden Ansprüche bis zum 07. Mai 2009 zu. Denn am Übergabetermin am 30. April 2009 habe sich noch ein Großteil des Warenbestandes im Geschäft befunden, so dass von einer Räumung nicht die Rede gewesen sein könne. Vor diesem Hintergrund sei die Räumung am 30. April 2009 gescheitert.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisanordnung vom 27.10.2011 durch Vernehmung des Zeugen H zum Inhalt eines Gesprächs des Zeugen mit den Beklagten im September 2004 über die Fortgeltung eines reduzierten Mindestmietzinses sowie die Zuständigkeit des Zeugen für Vereinbarungen über die Senkung der Mindestmiete. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 23. 01.2012 verwiesen (Bl.II/53-55).
II.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 16.271,64 EUR für 2006 und in Höhe von 16.692,46 EUR für 2007 sowie Nutzungsentschädigung für April und anteilig Mai 2009 in Höhe von 2.221,24 EUR (§ 535 Abs. 1, § 546 a Abs. 1 BGB).
1.
a)
Die Vereinbarung zur Miethöhe ergibt sich aus dem ursprünglichen Mietvertrag vom 04.04./24.06.1996 in Verbindung mit Teil II der Allgemeinen Vertragsbedingungen (Ziff.5.1). Nach Ziff. 5.1.1 vereinbarten die Parteien eine Umsatzmiete; mindestens ist jedoch die in Teil I für die Ladenflächen bezeichnete monatliche Miete zu zahlen. In Teil I Ziff. 4.2 ist die monatliche Miete für die Ladenfläche mit 5.220,00 DM (= 2.668,94 EUR) angegeben.
Die Mietvertragsparteien haben nachfolgend die Nachträge Nr. 1 bis 5 abgeschlossen. Hierin war bezüglich der Miethöhe eine Mindestmiete von 2.900,00 DM (1. Nachtrag) und ab dem 2. Nachtrag von 1.500,00 EUR jeweils befristet vereinbart. Im letzten Nachtrag Nr. 5 vereinbarten die Parteien, dass die Mindestmiete für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 1.500,00 EUR beträgt. Danach schuldeten die Beklagten wieder die vertraglich vereinbarte Miete von 2.668,94 EUR.
Nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme konnten die Beklagten ihre Behauptung, wonach sich die Parteien im September 2004 auf eine fortgesetzte Mietreduzierung ab dem 01. Januar 2005 geeinigt hätten und die Beklagten weiterhin wie bisher entsprechend des Nachtrags Nr. 5 (Anlage K 6) nur eine monatliche Nettomiete von 1.500,00 EUR schuldeten, nicht beweisen. Der Zeuge H hat diese Behauptung der Beklagten in seiner glaubhaften und überzeugenden Aussage nicht bestätigt. Der Zeuge H hat ausgesagt, dass er für die Werbegemeinschaft der Mieter am Bahnhof Berlin- Alexanderplatz zuständig war und, dass er mit den Mietern auch Vorverhandlungen über die Miethöhe geführt hat. Er hat weiter bekundet, dass er aber nicht unterschriftsberechtigt war und keine Zusagen gegenüber Mietern gemacht hat. Danach ist schon nicht erwiesen, dass der Zeuge H bevollmächtigt war, für die Klägerin die behauptete Mietreduzierung zu gewähren. Weiter hat der Zeuge zwar eingeräumt, dass er vielleicht auch mit den Beklagten über die Miethöhe gesprochen hat. Er hat aber glaubhaft bekundet, dass er keinesfalls Zusagen hinsichtlich einer Mietanpassung gegenüber den Beklagten gemacht hat. Der Senat hat keinerlei Veranlassung an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.
Da den Beklagten der Beweis einer mündlichen Vereinbarung nicht gelungen ist, kann für die Entscheidung auch dahin gestellt bleiben, ob die in Ziff. 23.2 (Seite 18) der Allgemeinen Vertragsbedingungen (Teil lI) vereinbarte sogenannte doppelte Schriftformklausel einer den Mietvertrag abändernden mündlichen Vereinbarung entgegenstünde.
b)
Das im Schreiben der Beklagten vom 20. September 2004 enthaltene Angebot auf Mietreduzierung ist nicht stillschweigend durch die Klägerin angenommen worden. Die Beklagten konnten das Schweigen der Klägerin nicht dahin deuten, dass die Klägerin fortgesetzt mit einer Mietreduzierung einverstanden ist. Die Zurechnung von Schweigen als Zustimmung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Umstände, insbesondere ein zugunsten des anderen Teils entstandener Vertrauenstatbestand, dies rechtfertigt (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Auflage, Einf. § 116 BGB, Rdnr. 10). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Seinem Wortlaut nach ist das Schreiben dahin zu verstehen, dass die Beklagten die Klägerin einerseits um eine Mietreduzierung um 10 % ab dem 01. Oktober 2004 ersuchten oder (alternativ) andererseits darum baten, von der vertraglich vereinbarten Mieterhöhung abzusehen. Das Schreiben enthält danach zwei Alternativen. Sofern eine stillschweigende Annahme des in dem Schreiben enthaltenen Angebots durch die Klägerin angenommen würde, bliebe offen, mit welchem Inhalt eine Einigung der Parteien erzielt worden wäre. Hinzu kommt, dass die Parteien in der Vergangenheit wegen der Vereinbarung der Mindestmiete schriftliche Nachträge abschlossen. So vereinbarten sie in dem Nachtrag Nr. 1 vom 16.03/24.03.2000, Nachtrag Nr. 2 vom 12.12. 2001, Nachtrag Nr. 3 vom 04.09/05.09.2002, Nachtrag Nr. 4 vom 13.01.2003 und letztmalig mit Nachtrag Nr. 5 vom 17.12.2003 jeweils befristet eine Mietzinsreduzierung. Im Vorfeld des 5. Nachtrags hatten die Beklagten ein Schreiben vom 20. Oktober 2003 (Anlage B 16, Bl. 100) mit genau dem gleichen Wortlaut wie das Schreiben vom 20. September 2004 an die Klägerin gerichtet. Daraufhin hatten die Parteien den 5. Nachtrag schriftlich geschlossen. Da aber aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 20. September 2004 seitens der Klägerin keine Reaktion erfolgte, konnten die Beklagten im Hinblick auf die bisherige Übung nicht davon ausgehen, dass die Klägerin hiermit einverstanden war. Im Übrigen hat der Beklagte zu 2) das Schreiben vom 20.09.2004 bei seiner Anhörung vor dem Senat im Termin der mündlichen Verhandlung in den Händen gehalten und hierzu erklärt, dass er das Schreiben Herrn H aushändigen wollte, dieser dies aber nicht entgegen genommen habe. Danach ist dieses Schreiben der Klägerin sogar zu keiner Zeit übermittelt worden. Soweit die Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 15. August 2005 (Anlage B 6) verweisen, in dem die Klägerin Rückstände für November 2004 bis August 2005 in Höhe von 7.092,07 EUR anmahnte und den Mietzins ab 01. September 2005 mit 1.500,00 EUR angab, kann dies nicht als Annahme angesehen werden. Ungeachtet dessen, dass das Schreiben bereits dem Wortlaut nach nur als Mahnschreiben anzusehen ist und keinen Bezug zum Schreiben vom 20. September 2004 herstellt, ist dieses auch nicht binnen der Frist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt.
Den verschiedenen Schreiben der Klägerin, mit denen den Beklagten die “Jahresspitzabrechnungen” unter Zugrundelegung des Mindestmietzinses übermittelt worden sind, kann auch nicht der von den Beklagten gewünschte Erklärungswert – nämlich eine Änderung des mietvertraglich vereinbarten Mietzinses – beigemessen werden. Denn hieraus lässt sich in keiner Weise entnehmen, dass die Klägerin eine Änderung des ursprünglichen Mietvertrages und des 5. Nachtrages, der eine Befristung der Mietzinsreduzierung bis zum 31. Dezember 2004 enthält, vornehmen oder bestätigen wollte.
Auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 06. Dezember 2006 (Anlage B 21, Bl. 110) lässt sich nichts anderes herleiten. Im Betreff des Schreibens heißt es “Mehrwertsteuererhöhung, Anpassung Mietzahlung”. Danach ging es offenbar nur um die Anpassung aufgrund der erhöhten Mehrwertsteuer. Dass die Klägerin damit eine – im Übrigen streitige – Vereinbarung über die Mietzinsreduzierung bestätigen wollte, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen.
Die Jahresspitzabrechnungen für die Geschäftsjahre 2005 und 2006 sowie die Forderungsaufstellung vom 04.03.2008 (Anlage B 9), in der als monatlich geschuldete Miete nur 1.500,00 EUR eingestellt ist, können auch nicht als Erlass weiterer Forderungen gewertet werden. Einen einseitigen Verzicht auf schuldrechtliche Forderungen sieht das Gesetz nicht vor (BGH NJW 1987,3203). Erforderlich ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner über den Erlass der Forderung. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen (Palandt/Grüneberg,a.a.O., § 397 BGB, Rdnr. 4,5). Zwar kann der Verzicht auch stillschweigend erklärt werden. Voraussetzung ist aber, dass das Verhalten des Berechtigten als rechtsgeschäftliche Willensäußerung gewertet werden kann, der ein Verzichtswille zugrunde liegt (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 BGB, Rdnr. 91). Für einen solchen Erklärungsinhalt ist hier nichts ersichtlich. Denn aus den Abrechnungen lässt sich nichts dafür entnehmen, dass der Klägerin weitere Forderungen bewusst gewesen wären und sie diese nicht mehr beanspruchen würde.
c)
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt (§ 242 BGB).
Die Verwirkung einer Forderung setzt voraus, dass zum Ablauf einer gewissen Zeit (Zeitmoment) besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2003, 727; BGH WuM 2004,198).
Hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen der Verwirkung gilt allgemein der Grundsatz, dass umso seltener Raum für eine Verwirkung sein wird, je kürzer die Verjährungsfrist ist. Kurze Verjährungsfristen rechtfertigen, wenn überhaupt nur ausnahmsweise die Bejahung der Verwirkung (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 BGB, Rdnr. 92,93; BGHZ 84,280; NJW-RR 1989,818 zu § 196 BGB a.F.; BGH NJW 1992,1755 zu § 852 BGB a.F.; Senatsurteil vom 19.12.2005 – 8 U 163/05 – OLGR 2006,286; KG, 12. ZS GE 2007,591 = NZM 2008,129). Die Regelverjährungsfrist muss dem Gläubiger grundsätzlich ungekürzt zur Verfügung stehen. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahekommt, mindert die erforderliche Zeitdauer, so etwa die Nichtgeltendmachung des Anspruchs bei einer Abrechnung oder bei Verhandlungen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 BGB, Rdnr. 93; BGH WM 79,647). Die hier streitgegenständlichen Mietzinsansprüche verjähren gemäß § 195 BGB binnen drei Jahren, so dass eine Verwirkung grundsätzlich nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden kann. Diese besonderen Gründe liegen hier nicht vor.
Zwar ist das Zeitmoment vorliegend erfüllt, denn die Klägerin hat die Ansprüche seit 2005 nicht geltend gemacht. Es fehlt aber an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Das Umstandsmoment ist gegeben, wenn neben dem Zeitmoment besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 2003,824; BGH Urteil vom 26.02.2003 – XII ZR 66/01 – NJW-RR 2003,727; BGH Urteil vom 04.02.2004 – VIII ZR 171/03 – WuM 2004,198). Der Verstoß gegen Treu und Glauben besteht nämlich in der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, dass eine Forderung verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, dass keine Forderungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hat (BGH Urteil vom 26.02.2003 – XII ZR 66/01- a.a.O., Tz. 15).
Zwar konnten die Beklagten im Hinblick auf die Vielzahl der Schreiben der Klägerin seit dem Jahre 2005 darauf vertrauen, dass die Klägerin einen über 1.500,00 EUR hinausgehenden Nettomietbetrag nicht mehr verlangen würde. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sich die Beklagten darauf eingerichtet haben, dass die Klägerin den Anspruch nicht mehr geltend machen werde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten Vermögensdispositionen getroffen haben, die diesen Schluss zulassen (Palandt/ Grüneberg, a.a.O., § 242 BGB, Rdnr. 95; vgl. BGHZ 67,68 ; BGH NJW 2003,824; vgl. auch 12. ZS GE 2007,591, Juris Tz. 44.f ). Die Beklagten haben nur vorgetragen, dass sie knapp kalkuliert haben und jeweils gerade so die (reduzierte) Miete aufgebracht haben, aber keine Rücklagen bilden konnten. Dieser Vortrag reicht insoweit nicht aus. Vielmehr ergibt sich daraus, dass die Beklagten eher aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sind, Rücklagen zu bilden. Die Nichtbildung von Rücklagen stellt keine Vermögensdisposition dar, die zwingend erkennen lässt, dass sich die Beklagten darauf eingerichtet haben, dass die Klägerin den Anspruch nicht mehr geltend machen wird (vgl. Senatsurteil vom 19.12.2005 – 8 U 163/05 – OLG Report 2006,286). Soweit die Beklagten erstinstanzlich im Schriftsatz vom 17.01.2011 (Bl. I/123) behauptet haben, dass sie ihr Geschäft viel eher hätten schließen können und sie es zu dieser Forderung gar nicht erst hätten kommen lassen, bleibt ihr Vortrag ohne Substanz. Sie behaupten zudem selbst nicht, dass sie eine Kündigung des Mietverhältnisses, welche aufgrund der vereinbarten festen Mietzeit ohnehin erst zum 30. Juni 2007 möglich gewesen wäre, erklärt hätten. In der Berufungsinstanz haben sie dieses Argument auch nicht mehr aufgegriffen.
2.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht auch den Anspruch auf anteilige Nutzungsentschädigung für Mai 2009 bejaht.
Voraussetzung für die Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB ist, dass der Mieter die Mietsache vorenthält, indem er sie nach Beendigung nicht zurückgibt. Vorenthalten der Mietsache liegt vor, wenn sie gegen den Willen des Vermieters nicht zurückgegeben wird. Die Mietsache wird nicht vorenthalten, wenn im Mietobjekt nur einzelne geringwertige Gegenstände zurückbleiben, an denen der Mieter erkennbar keinen Eigenbesitz mehr äußert (vgl. OLG Köln DWW 1987,129). Dasselbe gilt, wenn er Räume zurückgibt, aber seine weiteren Pflichten nicht erfüllt, die im Rahmen der Rückgabepflicht bestehen. Dies trifft insbesondere für unterbliebene Schönheitsreparaturen, die Wegnahme von Einrichtungen und die Beseitigung von Schäden zu. Bietet der Mieter die Sache im veränderten oder verschlechterten Zustand an, so hat dies kein Vorenthalten zur Folge (Schmidt- Futterer/Streyl, Mietrecht, 10. Auflage, § 546 a BGB, Rdnr. 47). Rückgabe ist deshalb anzunehmen und der Vermieter kommt bei Ablehnung in Annahmeverzug, wenn die Mietsache sich in verschlechtertem oder beschädigtem Zustand befindet oder nicht vollständig geräumt ist, weil einzelne Gegenstände nicht entfernt sind (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 546 BGB, Rdnr. 5; vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2004,27; OLG Hamm NZM 2003,26). Die Beklagten haben der Klägerin am 30. April 2009 die Rückgabe der Mietsache angeboten, indem sie die Schlüssel an den Vertreter der Klägerin aushändigen wollten. Dieser hat aber die Annahme des Schlüssels verweigert, weil – so nach der Darstellung der Klägerin – die Mietsache noch nicht vollständig geräumt war. Die Beklagten haben zwar unstreitig den von der Vormieterin eingebrachten Bodenbelag nicht entfernt. Dies ist nur eine zum Schadensersatz verpflichtenden Schlechterfüllung der Räumungspflicht (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 545 BGB, Rdnr. 5; BGH ZMR 2010,431; vgl. Senatsurteil vom 10. März 2011- 8 U 187/10 – für Zurücklassen von verklebtem Teppichboden).
Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten ihre Räumungspflicht erfüllt hätten. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Objekt bei dem vereinbarten Rückgabetermin am 30. April 2009 nicht vollständig geräumt war; sämtliche Waren hätten sich auf den Warenträgern in und vor dem Geschäft befunden haben (vgl. Schriftsatz vom 11.09.2009, Bl. I/65). Dem sind die Beklagten nur insoweit entgegen getreten als sie vorgetragen haben, dass die in der Mietsache noch verbliebenen Warenständer in zwei Minuten aus dem Laden und zu dem vor dem Laden geparkten Lieferwagen hätten gerollt werden können. Die Beklagten sind darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie vollständig geräumt haben bzw. der Umfang der verbliebenen Sachen der Erfüllung der Räumungsverpflichtung nicht entgegensteht (vgl. Schmidt- Futterer/Streyl, a.a.O., § 546 a BGB, Rdnr. 106). Insoweit reicht ihr Vortrag nicht aus. Sie behaupten auch nicht konkret, dass sie die Vornahme der ihrer Darstellung nach noch notwendigen Arbeiten der Klägerin vor Ort angeboten hätten. Die Klägerin hat dies jedenfalls in Abrede gestellt (vgl. Berufungserwiderung vom 12.September 2011, dort Seite 5, Bl. II/18).
Soweit die Beklagten weiter geltend machen, dass der Klägerin ein Schaden nicht entstanden sei, weil es einen neuen Mieter ohnehin nicht gegeben habe und die Klägerin den von ihnen benannten Nachmieter abgelehnt habe, ist dies unerheblich. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB ist ein vom Schadensersatzrecht unabhängiger Entschädigungsanspruch (vgl. Schmidt- Futterer/Gather, a.a.O., § 546 a BGB, Rdnr. 4).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288,291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).