AG Garmisch-Partenkirchen – Az.: 6 C 281/19 – Urteil vom 29.07.2020
In dem Rechtsstreit erlässt das Amtsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2020 folgendes Endurteil:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 4 Etage rechts, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur, 1 Keller und 2 Balkonen zu räumen und zusammen mit 2 Haustür-, 2 Keller-, 2 Briefkasten und 1 Stromkastenschlüssel – Waschküche an die Kläger zurückzugeben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.463,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 513,50 Euro seit 06.08.2019,
aus 730,- Euro seit 05.09.2019,
aus 220,- Euro seit 04.10.2019
sowie weitere 650,34 Euro zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
5. Der Streitwert wird auf 7.278,75 Euro, seit dem 11.09.2019 auf 8.848,75 Euro und seit dem 07.10.2019 auf 8.063,50 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Kläger vermieteten mit Mietvertrag vom 30.11.2015 die Wohnung im ### 1. Etage rechts, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur, 1 Keller und 2 Balkonen zusammen mit 2 Haustür-, 2 Keller-, 2 Briefkasten- und 1 Stromkastenschlüssel – Waschküche an die Beklagte. Die monatliche Nettomiete beträgt 550,- Euro, mit Vorauszahlungen auf die Heiz- und übrigen Betriebskosten insgesamt 730,00 Euro. Die Miete ist jeweils zum 03. Werktag eines Monats fällig.
Die Beklagte weist andere Hausbewohner zu bestimmten Tun und Unterlassen an. Die Beklagte rief über einen Zeitraum von mehreren Monaten nahezu täglich bei den Klägern an, um sich zu beschweren. Zum Teil handelte es sich um mehrere Telefonate an einem Tag. Sie rief auch zu Nachtzeiten und an Wochenenden an. Auch an den Weihnachtsfeiertagen 2018 erfolgten mehrere Anrufe. Die Beklagte trägt selbst vor, dass sie täglich bei den Klägern anrufe, wenn etwas los sei.
Die Beklagte hängt an Gemeinschaftswänden des Anwesens handschriftliche Zettel auf, mit zum Teil sexuellem Inhalt und Vorwürfen gegenüber anderen Hausbewohnern. Sie unterstellt Hausbewohnern „kranke Psychopathen“ zu sein, ständig ihre Wohnungstüre mit Duftstoffen zu besprühen, ihre Wäsche anzugrapschen und Waschpulver in ihre Waschmaschine zu füllen. Sie droht mit Strafanzeigen und Strafanträgen. Auf die Anlagen K2-K6 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte verteilt Rundschreiben, in denen sie der WEG-Verwaltung, den Eigentümern und anderen Hausbewohnern Straftaten unterstellt. Sie erteilt in einem 41-Punkte-Katalog Anweisungen, welchen sie an die Hausbewohner und Eigentümer mit Einschreiben/Rückschein versendet. Auf die Anlagen K7-K10 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 11.02.2019 übersandte die Beklagte an die WEG-Verwaltung und die Kläger eine Email, in der sie sich wegen einer angeblichen Benachteiligung durch den Hausmeister beschwert. Auf die Anlage K11 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 12.02.2019 versandte die Beklagte an die Kläger, die WEG-Verwaltung, die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### und an die Polizeiinspektion ### eine Email, in der sie nicht nachvollziehbare Vorwürfe gegen Dritte erhebt, die WEG-Verwaltung mit „Heigl“ anspricht und mit Mietminderung droht, falls bis 13:00 Uhr hinter ihrem Auto nicht Schnee geräumt sei. Zudem beschwert die Beklagte sich über andere Hausbewohner, über Manipulationen in der Waschküche und Kontamination ihrer Waschmaschine sowie massiven Rauchgeruch im Hausflur und in ihrer Wohnung. Auf die Anlage K12 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte stellte ihr Fahrzeug regelmäßig auf dem Hof ab. Einen diesbezüglichen Stellplatz hat die Beklagte nicht gemietet. Die Beklagte stellte ihr Fahrzeug auf einen schmalen Streifen des Gemeinschaftsgrundes neben den Garagen zur Straße hin ab. Dabei handelt es sich nicht um einen Parkplatz, sie nutzt Gemeinschaftsgrund.
Die Beklagte beschädigte ihren Briefkasten. Dieser ist verkratzt und mit Klebebändern verklebt. Auf die Anlage K13 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte teilte den Klägern mit, dass sie beziehungsweise ihre minderjährige Tochter in der Wohnung eine Glastüre beschädigt habe. Eine Reparatur durch die Beklagte erfolgte nicht.
Am 19.02.2019 sandte die Beklagte wiederum eine Email an die Polizeiinspektion ### die WEG-Verwaltung, die Kläger und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht und behauptete Manipulationen in der Waschküche und an ihrer Waschmaschine. Außerdem gebe es gegen sie Psychoterror und der gesamte Hausgang sei mit Duftstoffen voll. Auf die Anlage K14 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Aufgrund des Verhaltens der Beklagten wurde diese mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2019, der Beklagten per Email zugegangen am 27.02.2019 und zugestellt am 04.03.2019, abgemahnt und die Kündigung angedroht.
Am 13.03.2019 sandte die Beklagte eine Email an die Polizeiinspektion und die Unterfertigte mit dem wahrheitswidrigen Vorwurf, die Heizung sei ausgefallen. Am Abend des gleichen Tages wurde der Vorwurf wiederholt, auf die Anlagen K24-K25 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen. Die Beklagte räumte in der mündlichen Verhandlung ein, dass es Probleme beim Ventil gegeben habe.
Am 17.03.2019 beschwerte sich die Beklagte per Email an die Polizeiinspektion ### die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### sowie der Rechtsanwältin der Kläger wiederum über angebliche Manipulationen an ihrer Waschmaschine, jemand habe seine „Drecksgriffel“ an ihrer Waschmaschine gehabt. Außerdem teilte sie mit, dass sie alles mit Video beweisen könne. Auf die Anlage K26 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 19.03.2019 beschwerte sich die Beklagte per Email an die gleichen Empfänger über eine „massive Duftstoffattacke“. Auf die Anlage K27 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2019 kündigten die Kläger das Mietverhältnis aufgrund des Verhaltens der Beklagten. Auf die Anlage K28 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen. Das Kündigungsschreiben wurde der Beklagten am 25.03.2019 durch Gerichtsvollzieher zugestellt. Hierdurch entstanden den Klägern Kosten in Höhe von 18,75 Euro.
Am 24.03.2019 beklagte sich die Beklagte in einer Email an die Polizeiinspektion ###, die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### sowie der Rechtsanwältin der Kläger über Versprühung von Duftstoffen im Gang. Auf die Anlage K31 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte widersprach der Kündigung am 18.04.2019 mit der Behauptung, das ihr nachgestellt und sie sexuell belästigt werde und außerdem Sachbeschädigung und körperlichen Attacken ausgesetzt sei. Die Beklagte behauptet weiter, dass mehrfach die Heizung ausgefallen sei, Gegenstände vom Hausmeister entfernt und ihre Gegenstände vom Hausmeister berührt seien. Außerdem sei sie dem Psychoterror des Hausmeisterehepaares und deren Bande ausgesetzt. Es werden Dinge auf sie versprüht und sie könne sich aufgrund von Musik nicht auf dem Balkon aufhalten. Sie beschwert sich weiter, dass der Hausmeister wie ein Schwein grunze und sich eine weitere Hausbewohnerin im Garten so hinsetze, dass sie alles beobachten könne. Sie beschwert sich wahrheitswidrig über Gestank im Hausflur und eine Diskriminierung ihrer Person. Auf die Anlage K32 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Auch in den sozialen Medien behauptet die Beklagte wahrheitswidrig, dass sie sexuell belästigt werde, von einer Mobbingbande verfolgt und im Haus Psychoterror sei. Auf die Anlage K33 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 16.05.2019 beklagte sich die Beklagte in einer Email an die Rechtsanwältin der Kläger, das Amtsgericht ###, R###, R###, die Polizeiinspektion ### und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### über eine mangelhafte Wasserversorgung. Sie behauptet, die Hausverwaltung mache ihren Job nicht, und beschwert sich über das angeblich rechtswidrige Verhalten des Hausmeisters. Auf die Anlage K34 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 20.05.2019 behauptete die Beklagte in einer Email an die Rechtsanwältin der Kläger, die Polizeiinspektion ### und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht es würden Gefahrenstoffe versprüht. Auf die Anlage K35 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am gleichen Tag versendete die Beklagte eine weitere Email an die gleichen Empfänger und behauptete eine Gitarrenattacke und unterlassene Hilfeleistung. Auf die Anlage K36 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Nach eigenen Angaben führt die Beklagte Klage gegen die WEG-Verwaltung.
Die Beklagte fotografierte weitere Hausbewohner und machte Videos von ihnen ohne deren Zustimmung und gegen deren ausdrücklichen Willen.
Am 24.05.2019 beklagte sich die Beklagte in einer Email an die Rechtsanwältin der Kläger, das Amtsgericht ###, R###, F### über Baulärm, Unsicherheit in der Wohnung, Grillen anderer Hausbewohner und wilden Parken im Hof. Es herrsche „absolute Anarchy“. Auf die Anlage K37 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Zwei Tage später kam eine neue Beschwerde wegen angeblich handwarmer Heizung und Grillen anderer Hausbewohner. Auf die Anlage K38 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 29.05.2019 ging ein Schreiben vom 28.05.2019 der Beklagten mit 53 Beschwerden über andere Hausbewohner ein. Auf die Anlage K39 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 30.05.2019 übersendete die Beklagte an die Rechtsanwältin der Kläger, das Amtsgericht ###, die Polizeiinspektion und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### 4 Emails mit Fotos und den Vorwurf von Körperverletzung und „Grillorgien.“ Außerdem werde ihr Auto ständig manipuliert. Auf die Anlagen K40-K43 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 02.06.2019 beklagte sich die Beklagte in einer Email an die Rechtsanwältin der Kläger, das Amtsgericht ###, R###, F###, die Polizeiinspektion und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ### über Partys und „Kampfgrillen“. Auf die Anlage K44 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am nächsten Tag erfolgte eine weitere Email an die gleichen Empfänger über angeblich unzulässigen Baulärm. Auf die Anlage K45 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 03.06.2019 ging bei der Rechtsanwältin der Kläger ein für diese nicht nachvollziehbares Schreiben ein. Auf die Anlage K46 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte filmt und fotografiert weiterhin die anderen Hausbewohner. Am 20.06.2019 wurde die Familie ### sowohl mittags als auch abends gefilmt. Auf den Einwand des Herrn ###, dass sie dies unterlassen möge, streckte sie ihm die Zunge raus.
Am 07.06.2019 beklagte sich die Beklagte in einer Email an die Rechtsanwältin der Kläger, das Amtsgericht ###, die Polizeiinspektion ### und die Staatsanwaltschaft beim Landgericht ###, dass Mitbewohner auf der Terrasse sitzen und sich unterhalten. Auf die Anlage K47 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 09.06.2019 beschwerte sich die Beklagte bei den gleichen Empfängern über Grillen anderer Hausbewohner und machte der Rechtsanwältin der Kläger Vorwürfe. Auf die Anlage K48 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Am 10.06.2019 beschwerte sich die Beklagte bei den gleichen Empfängern über Grillen anderer Hausbewohner und übersendete Fotos dieser Hausbewohner. Auf die Anlage K49 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Seit Januar 2019 zahlt die Beklagte statt der vereinbarten Miete von 730,- Euro einen monatlichen Betrag in Höhe von 620,- Euro.
Im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung sind den Klägern Kosten in Höhe von 650,34 Euro entstanden.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte den Hausfrieden in dem Anwesen erheblich stört. Sie sind der Ansicht, dass die Beklagte die streitgegenständliche Wohnung vertragswidrig gebraucht und die Vermieter, andere Hausbewohner sowie die WEG-Verwaltung belästigt.
Am 11.09.2019 haben die Kläger die Klage wegen nichtbezahlter Mieten für August 2019 sowie September 2019 sowie einen Minderungsbetrag für Juli 2019 in Höhe von 110,- Euro erweitert und das Mietverhältnis wegen eines Zahlungsrückstandes in Höhe von 2.248,75 Euro fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.
Mit Schriftsatz vom 07.10.2019 haben die Kläger den Rechtsstreit in Höhe von 1.020,- Euro mit Wirkung ab 26.09.2019 für erledigt erklärt und die Klage um einen Restbetrag in Höhe von 220,- Euro für die restliche Oktobermiete erweitert. Auf den Schriftsatz vom 07.10.2019 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen. Die Beklagte hat der Erledigung nicht widersprochen.
Mit Schriftsatz vom 29.10.2019 haben die Kläger das Mietverhältnis ein weiteres Mal fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Auf den Schriftsatz vom 29.10.2019 wird verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Die Kläger beantragen nunmehr,
1. die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im ###, 1. Etage rechts, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur, 1 Keller und 2 Balkonen zu räumen und zusammen mit 2 Haustür-, 2 Keller-, 2 Briefkasten und 1 Stromkastenschlüssel – Waschküche an die Kläger zurückzugeben.
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.463,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 513,50 Euro seit 06.08.2019,
aus 730,- Euro seit 05.09.2019,
aus 220,- Euro seit 04.10.2019
zu zahlen.
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihr ein Minderungsrecht zustehe.
Die Klage ist am 12.06.2019 bei Gericht eingegangen.
Auf die umfangreichen Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen und Bezug genommen.
Das Gericht hat die Akten des Amtsgerichts ###, Aktenzeichen 6 C 270/19, 6 C 220/19, 7 C 329/19 sowie 5 C 649/18 beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht ### sachlich und örtlich zuständig gemäß §§ 23, 71 GVG sowie § 29a ZPO.
Die Klage ist auch begründet.
Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu, aufgrund der am 20.03.2019 erklärten Kündigung. Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Kündigungsrecht zu.
Ein Kündigungsrecht ergibt sich aus § 573 BGB, denn die Kläger haben ein berechtigtes Interesse nachgewiesen, insbesondere ist eine nicht unerhebliche schuldhafte vertragliche Pflichtverletzung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erkennbar. Der Begriff der vertraglichen Pflichten im Sinne des Kündigungstatbestandes wird weit verstanden. Erfasst ist unter anderem auch der Hausfrieden.
Unter dem Begriff des Hausfriedens wird das Erfordernis der gegenseitigen Rücksichtnahme verstanden, die das Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus erst ermöglicht und voraussetzt. Pflichten zur Rücksichtnahme ergeben sich dabei nicht nur im Verhältnis der Vertragsparteien, sondern insbesondere auch zwischen dem Mieter und den Mitbewohnern des Hauses. Eine Störung des Hausfriedens liegt vor, wenn die Vertragspartei nachhaltig gegen die Pflichten zur Rücksichtnahme verstößt. Das auch im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit Blick auf die Erheblichkeit der Pflichtverletzung zu fordernde Kriterium der Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn die Störung des Hausfriedens entweder dauerhaft oder jedenfalls häufiger vorkommt (AG Berlin-Charlottenburg GE 2014, 1011). Eine Störung ist auch bei Belästigungen und Bedrohungen anderer Mieter (LG Berlin WuM 2010, 755; zuvor AG Berlin-Pankow/Weißensee WuM 2010, 755) gegeben. Das störende Verhalten muss sich dabei gegen die Bewohner des Miethauses richten.
So ist es hier. Unstreitig wendet sich die Beklagte an die anderen Bewohner des Miethauses und versucht ihnen umfangreiche Verhaltensregeln aufzuerlegen. Dies nicht nur durch Aushänge im Hausflur, sondern auch durch Zustellung per Einschreiben. Zudem bezeichnet sie die Mitbewohner in direkter Ansprache als „kranke Psychopathen“ und veröffentlicht öffentlich im Internet über die anderen Hausbewohner, dass sie von einer „Mobbingbande verfolgt“ werde und „hier im Haus Psychoterror“ sei. Dies wird von der Beklagten gegenüber öffentlichen Stellen wie der Polizeiinspektion ###, dem Amtsgericht ### aber auch der Staatsanwaltschaft beim Landgericht mehrfach wiederholt. Zudem stellte die Beklagte ausweislich der Gerichtsakte, Strafanzeigen und Strafanträge gegen andere Bewohner des Hauses, die von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden oder strengt Zivilverfahren gegen andere Hausbewohner an, ohne hierbei schlüssig vorzutragen. Die Beklagte stört den Hausfrieden zudem, indem sie die anderen Hausbewohner regelmäßig in privaten Situationen fotografiert, von diesen gegen deren Willen Videos erstellt und diese dann wiederum öffentlich verbreitet.
Aufgrund der Vielzahl der Pflichtverletzungen, die im Übrigen nach wie vor andauern, ist auch die erforderliche Erheblichkeit gegeben.
Den Klägern ist das Festhalten am Mietvertrag auch nicht zuzumuten, weil die Beklagte das Mietobjekt beschädigt. So ist eine Beschädigung am Briefkasten sowie an der Glastür unstreitig gegeben. Darüber hinaus rief die Beklagte über einen Zeitraum von mehreren Monaten nahezu täglich bei den Klägern an, um sich zu beschweren. Zum Teil handelte es sich um mehrere Telefonate an einem Tag. Sie rief auch zu Nachtzeiten und an Wochenenden an. Auch an den Weihnachtsfeiertagen 2018 erfolgten mehrere Anrufe. Die Beklagte trägt in der mündlichen Verhandlung selbst vor, dass sie täglich bei den Klägern anrufe, wenn etwas los sei. In anderen Fällen habe sie Forderungen an die Hausverwaltung gestellt, von der sie aber nicht ernst genommen worden sei.
Aufgrund der ordentlichen Kündigungsfrist endete das Mietverhältnis zum 30.06.2019.
Den Klägern steht gegen die Beklagte auch ein Zahlungsanspruch hinsichtlich offener Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 BGB in Höhe von 513,50 Euro für August 2019, in Höhe von 730,- Euro für September 2019 sowie in Höhe von 220,- Euro für Oktober 2019 zu. Unstreitig hat die Beklagte die Mietsache bislang nicht zurückgegeben. Das Mietverhältnis wurde jedoch durch die Kündigung vom 20.03.2019 zum 30.06.2019 beendet, so dass die Kläger bis zur Rückgabe eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete verlangen können. Dieser Anspruch ist auch nicht durch die erklärte Minderung der Beklagten ausgeschlossen. So erfolgt der Vortrag zur behaupteten Minderung bereits unschlüssig (Bl. 28 d.A.).
Die Klage haben gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, die im Rahmen der Kündigung entstanden sind in Höhe von 650,34 Euro, denn das Verhalten der Beklagten gegenüber den Klägern als Vermietern, der Hausverwaltung aber auch den Mitbewohnern ist in vielfacher Hinsicht extrem und rechtswidrig. Es ist einem juristisch nicht geschulten Vermieter nicht möglich, eine ordnungsgemäße Kündigung auufgrund des umfangreichen rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten auszusprechen. Die Kläger als Vermieter sind auf juristische Beratung und Vertretung angewiesen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Entgegen dem Wortlaut der Anträge hat die Beklagte vorliegend auch keine streitwerterhöhende Widerklage erhoben. So hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung wiederholt klargestellt, dass es sich bei den Anträgen um Beweisanträge handeln soll. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der in der mündlichen Verhandlung überreichten Überschrift der Zusammenfassung.
Eine Räumungsfrist gemäß § 721 Abs. 1 S. 1 ZPO ist der Beklagten vorliegend nicht zu gewähren. Das Gericht hat dabei die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen. Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie der Akte eine Krankschreibung mit der Diagnose F43.9 G (mithin Reaktionen auf schwere Belastungsstörungen und Anpassungsstörung, gesicherte Diagnose) beiliegt und sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, verzweifelt zu sein. Auf Seiten der Klägerin ist hingegen zu berücksichtigen, dass das Mietverhältnis nunmehr seit über einem Jahr beendet ist und die Beklagte die Störung des Hausfriedens aber das weitere pflichtwidrige Verhalten ausweislich der Gerichtsakte unvermindert fortsetzt. Zudem bestehen Zahlungsrückstände, in Höhe von mehr als 2 Monatsmieten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a ZPO.
Die Beklagtenpartei hat der Teilerledigterklärung der Klagepartei nicht widersprochen.
Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.
Vorliegend waren deshalb der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Denn die beklagte Partei hat zwischenzeitlich die strittige Forderung ohne Einwendungen bezahlen lassen und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung der Klägerseite berechtigt war.
Die beklagte Partei war ferner, da sie trotz Mahnung nicht geleistet hat, bei Klageerhebung in Verzug und hat dadurch zur Klage Veranlassung gegeben. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO kommt deshalb vorliegend nicht zur Anwendung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Der Streitwert des Räumungsantrages bemisst sich nach § 41 Abs. 2 GKG. Der Streitwert des Zahlungsantrages bemisst sich nach § 3 GKG unter Berücksichtigung des § 43 GKG. Gemäß § 39 GKG werden die verschiedenen Streitwerte zusammengerechnet.