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Gewerberaummietvertrag – Vermieter muss Mietobjekt in genehmigungsfähigem Zustand übergeben

Rechtliche Auseinandersetzung um Mietvertrag und behördliche Genehmigungen

Die rechtliche Kontroverse, die im Mittelpunkt dieses Falles steht, betrifft einen Mietvertrag und die damit verbundenen behördlichen Genehmigungen für einen Kitabetrieb. Die Klägerin und die Beklagte sind sich uneinig über die Bedingungen und Vereinbarungen des Mietvertrages, insbesondere im Hinblick auf die behördliche Nutzungsgenehmigung und die baulichen Anforderungen, die für den Betrieb einer Kita notwendig sind. Dieser Fall wirft wichtige Fragen über die Verbindlichkeit von Mietverträgen, die Bedeutung von behördlichen Genehmigungen und die Verantwortlichkeiten von Vermietern und Mietern in Bezug auf bauliche Anforderungen auf.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 U 172/21 >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. September 2021 geändert und die Klage abgewiesen.
  • Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen.
  • Die Beklagte argumentiert, dass die Klägerin den Umbau so hätte durchführen müssen, dass eine behördliche Nutzungsgenehmigung für einen Kitabetrieb erteilt wird. Diese Genehmigung wurde jedoch nie erteilt.
  • Es gab Uneinigkeiten über den Originalmietvertrag und dessen Regelungen, insbesondere bezüglich der aufschiebenden Bedingung in § 16.
  • Das Hauptproblem war die Treppensituation im Gebäude, die nicht den behördlichen Anforderungen für einen Kitabetrieb entsprach. Die Klägerin war verantwortlich für die Schaffung eines zweiten Fluchtwegs.
  • Es gab mehrere rechtliche Auseinandersetzungen über die Verantwortlichkeiten und die Einhaltung des Mietvertrags, insbesondere in Bezug auf die Umbauverpflichtungen und die Genehmigungsfähigkeit des Mietobjekts.
  • Das Berufungsgericht entschied, dass die Mietsache mangelhaft war und die Miete daher gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert werden konnte.

Kern des Disputs: Der Mietvertrag und seine Bedingungen

behördlichen Nutzungsgenehmigung bei Kita
(Symbolfoto: jantsarik /Shutterstock.com)

Die Beklagte argumentiert, dass die Parteien im Mietvertrag vereinbart hätten, dass die Klägerin den Umbau der Räumlichkeiten so hätte durchführen müssen, dass die Beklagte die notwendige behördliche Nutzungsgenehmigung für einen Kitabetrieb erhalten würde. Behördliche Nutzungsgenehmigung und Mietzweck sind hierbei zentrale Elemente. Die Erteilung dieser Genehmigung wurde nach § 16 des Vertrages als aufschiebende Bedingung für die Gültigkeit des Mietvertrages festgelegt. Diese Genehmigung wurde jedoch nie erteilt.

Ein weiterer strittiger Punkt ist die Authentizität des vorgelegten Mietvertrages. Die Klägerin behauptete zunächst, dass der von ihr vorgelegte Mietvertrag der Originalvertrag sei. Dieser enthielt jedoch nicht die maßgebliche Regelung des § 16. In der mündlichen Verhandlung stellte sich heraus, dass es sich lediglich um eine Kopie handelte.

Bauliche Anforderungen und Verantwortlichkeiten

Ein zentrales Element des Falles sind die baulichen Anforderungen, die für den Betrieb einer Kita notwendig sind. Die Klägerin, als Vermieterin, hätte den Mietgegenstand in einen Zustand versetzen müssen, der genehmigungsfähig gewesen wäre. Dies ergibt sich aus § 3 Satz 2 des Mietvertrages und der beigefügten Ausstattungsverordnung. Insbesondere war der Vermieter verpflichtet, nach Erteilung der Baugenehmigung einen Durchbruch im Obergeschoss des Hauses durchzuführen, um einen zweiten Fluchtweg zu schaffen. Dies war notwendig, da es nach den Vorgaben der Bau- und Ausstattungsverordnung zwei unabhängige Flucht- und Rettungswege geben musste. Die vorhandenen Wendeltreppen in beiden Doppelhaushälften des Gebäudes genügten nicht den Sicherheitsanforderungen.

Urteilsentscheidung und ihre Tragweite

Das Kammergericht entschied zugunsten der Beklagten und änderte das ursprüngliche Urteil des Landgerichts Berlin ab. Die Klage wurde abgewiesen, und die Klägerin wurde verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Klägerin die Möglichkeit hat, die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen und die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass alle Parteien ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Es hebt auch die Wichtigkeit von behördlichen Genehmigungen und baulichen Anforderungen in Mietverträgen hervor, insbesondere wenn es um spezifische Nutzungszwecke wie den Betrieb einer Kita geht.

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Behördlichen Nutzungsgenehmigung bei Kita – kurz erklärt


Wenn eine Wohnung zu anderen als zu Wohnzwecken genutzt wird, wie beispielsweise für eine Kindertagesstätte (Kita), kann eine unzulässige Zweckentfremdung vorliegen. Eine Nutzungsänderung, wie die Umwandlung einer Wohnung in eine Kita, kann unter bestimmten Voraussetzungen verfahrensfrei sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn für die neue Nutzung keine neuen Anforderungen an das Gebäude gestellt werden oder wenn durch die neue Nutzung zusätzlicher Wohnraum in Wohngebäuden entsteht. Voraussetzung für eine solche Nutzungsänderung ist, dass die künftige Nutzung mit dem Bebauungsplan übereinstimmt. Bei kleineren Vorhaben kann die Baubehörde eine verfahrensfreie Nutzungsänderung zulassen. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Nutzungsänderung ohne vorherigen Antrag bei der Baubehörde zu einer Nutzungsuntersagung führen kann. Zudem kann dieBaubehörde als Strafe für die antragslose Nutzungsänderung ein Bußgeld verhängen.


Das vorliegende Urteil

KG – Az.: 8 U 172/21 – Urteil vom 23.03.2023

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. September 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 3 des Landgerichts Berlin – 3 O 187/21 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 17. September 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 3 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Nach dem Mietvertrag seien die Parteien übereingekommen, dass die Klägerin den Umbau der Räumlichkeiten so hätte vornehmen sollen, dass die Beklagte die behördliche Nutzungsgenehmigung für einen Kitabetrieb erhalten würde. Da mit dieser Genehmigung der Mietzweck stehe und falle, hätten die Parteien den Erhalt dieser Genehmigung nach § 16 des Vertrages zur aufschiebenden Bedingung für die Gültigkeit des Mietvertrages vom 11.01.2020 gemacht. Diese Genehmigung sei – unstreitig – nie erteilt worden. Der von der Klägerin vorgelegte Mietvertrag sei nicht der Originalmietvertrag – wie von der Klägerin zunächst behauptet – und enthalte die maßgebliche Regelung in § 16 nicht. In der mündlichen Verhandlung habe sich herausgestellt, dass es sich lediglich um eine Kopie handele, so dass die Klägerin auch von der Klage im Urkundenprozess Abstand genommen habe.

Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der von der Beklagten im Original vorgelegte Mietvertrag die maßgebliche Regelung des § 16 enthalte, und auch, dass der Mietgegenstand zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin als Vermieterin in einen baulichen Zustand versetzt worden sei, der genehmigungsfähig gewesen sei. Dass die Klägerin die Genehmigungsfähigkeit hätte herbeiführen müssen, ergebe sich aus der Generalklausel in § 3 Satz 2 des Mietvertrages, wobei die Ausstattungsverordnung dem Mietvertrag beigefügt gewesen sei. Des Weiteren sei in § 3 Satz 3 des Mietvertrages vereinbart, dass der Vermieter sich zu den aus der Anlage zum Mietvertrag ersichtlichen Arbeiten verpflichtet. Unter Ziffer 4 der Anlage sei der Vermieter verpflichtet, „nach Baugenehmigung den Durchbruch im Obergeschoss des Hauses durchzuführen, so dass beidseitig ein zweiter Fluchtweg entsteht“.

Demgegenüber habe der Mieter sich nur zur Einholung der notwendigen Genehmigungen bezüglich des Durchbruchs verpflichtet.

Hintergrund für den Durchbruch sei gewesen, dass es nach den Vorgaben der Bau- und Ausstattungsverordnung der Senatsverwaltung zwei voneinander unabhängige Flucht- und Rettungswege hätte geben müssen. Beide Doppelhaushälften des Gebäudes seien mit einer Wendeltreppe vom Obergeschoss zum Untergeschoss ausgestattet (B 5 und B 6). Die beiden Wendeltreppen hätten den Sicherheitsanforderungen der Senatsverwaltung nicht genügt, was den Parteien – unstreitig – bei Abschluss des Mietvertrages nicht bekannt gewesen sei. In der Folgezeit nach Abschluss des Mietvertrages habe sich herausgestellt, welche Arbeiten notwendig sein würden. Die Beklagte habe die Klägerin mit E-Mail vom 04.06.2020 (Anlage B 14) auf die erforderlichen Arbeiten hingewiesen. Die Beklagte habe die Mietzahlung ab Juni 2020 auf Druck der Klägerin aufgenommen, obwohl der Umbau von der Klägerin nicht fertiggestellt gewesen sei. Nachdem die Klägerin wegen des erforderlichen Umbaus der den Fluchtweg bildenden Treppen keinerlei Kooperation mehr gezeigt habe, hätte die Beklagte die Zahlungen im Dezember 2020 unter Berufung auf die aufschiebende Bedingung und die Einrede des nichterfüllten Vertrages eingestellt.

Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht der Auffassung, die Beklagte habe den Eintritt der aufschiebenden Bedingung treuwidrig verhindert. Das Landgericht habe den Mietvertrag fehlerhaft dahin ausgelegt, dass die Beklagte für die Treppenproblematik hätte Sorge tragen müssen. Das Landgericht verletze hierbei die Auslegungsregel, dass bei einer Vertragsauslegung zunächst vom Wortlaut auszugehen sei. Der Wortlaut des Mietvertrages spreche nur von Umbauverpflichtungen der Klägerin, Umbauverpflichtungen der Beklagten sehe der Mietvertrag nicht vor, sondern lediglich Kooperationsleistungen. Zu Unrecht stütze das Landgericht seine Argumentation darauf, dass in der Anlage zum Mietvertrag, in der konkrete Umbauarbeiten aufgeführt seien, nicht das Wort „insbesondere“ verwendet worden sei. Aus der Formulierung in der Anlage zum Mietvertrag ergebe sich nicht, wie das Landgericht meine, dass die Anlage eine Konkretisierung der Generalklausel sei. Das Landgericht lasse weiter unberücksichtigt, dass die Treppenthematik in den Verpflichtungen des Vermieters in Ziffer 4 der Anlage nicht gänzlich unerwähnt bleibe, sondern indirekt enthalten sei. Denn hierin wird angesprochen, dass der Vermieter einen zweiten Fluchtweg zu schaffen habe. Die Treppen seien Teil dieses zweiten Fluchtweges. Es gäbe im Mietvertrag keinen Hinweis darauf, dass die Beklagte zur Schaffung des zweiten Fluchtweges verpflichtet wäre. Dies könne aus der vom Landgericht angesprochenen Erfahrung der Beklagten nicht hergeleitet werden.

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit vereitelt habe. Hier sei auch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte für die Monate Juni bis November 2020 Mietzahlungen vorgenommen habe. Letztlich habe die Klägerin den Eintritt der Bedingung verhindert.

Rechtsfehlerhaft seien die Ausführungen des Landgerichts zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Das Landgericht habe übersehen, dass es in den Verhandlungen nach Ausspruch der Kündigung darum gegangen sei, dass die Parteien das Mietverhältnis fortsetzen, wenn sich der Treppenumbau preislich so gestalten ließe, dass die Finanzierung für die Klägerin annehmbar wäre. Hiernach habe sich die Klägerin selbst in der Umbauverpflichtung gesehen und zudem einen Rücknahmewillen gerade nicht gehabt.

Das Landgericht habe zudem nicht geprüft, inwiefern die außerordentliche Kündigung der Klägerin überhaupt wirksam sei. Der Klägerin hätte ein Anspruch auf Miete wegen des Zustandes der Mieträume nicht zugestanden.

Rechtsfehlerhaft sei weiter die Auffassung des Landgerichts, die im Schriftsatz vom 08.09.2021 erklärten Hilfsaufrechnungen nicht zuzulassen. Das Landgericht habe die mündliche Verhandlung geschlossen, ohne dass die Parteien nach Beendigung des Urkundenprozesses Anträge gestellt hätten. Die Möglichkeit zur Aufrechnung hätte sich erst nach Abstandnahme vom Urkundenprozess ergeben. Das Landgericht habe gegen seine Hinweispflicht verstoßen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 17.09.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin mit dem AZ 3 O 187/21 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert:

Zutreffend habe das Landgericht ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob der Mietvertrag eine aufschiebende Bedingung enthalte. Selbst wenn eine solche Bedingung in § 16 des Mietvertrags geregelt sei, würde diese als eingetreten gelten, weil die Beklagte den Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben verhindert habe.

Nach der Anlage zum Mietvertrag schuldete die Klägerin als Vermieterin vier konkrete Umbaumaßnahmen, wozu der Einbau einer neuen oder der Umbau vorhandener Treppen nicht gehöre. Die Senatsverwaltung habe die Betriebsgenehmigung nicht erteilt, da die bei der Ortsbesichtigung im November 2020 vorhandenen Treppen den Anforderungen an zwei voneinander unabhängigen Fluchtwegen nicht genügt hätten. Aufgrund der vertraglichen Gestaltung hätte die Beklagte die Treppenproblematik selbst lösen müssen. Stattdessen hätte die Beklagte den Umbau von der Klägerin verlangt und keine Miete mehr gezahlt. Das Mietverhältnis sei daher durch fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges beendet worden und Nutzungsausfall in Höhe der vertraglich vereinbarten Miete geltend gemacht worden.

Für die Bauplanung und das Baugenehmigungsverfahren sei allein die Beklagte zuständig gewesen.

Die Klägerin als Vermieterin hafte – neben den ausdrücklich zugesicherten Baupflichten – nicht dafür, dass für den Kita-Betrieb aus anderen (baulichen) Gründen keine öffentlich- rechtliche Betriebsgenehmigung erteilt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des in der Berufungsinstanz gehaltenen Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Miete bzw. Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vom 01. Dezember 2020 bis zum 15. April 2021 nicht zu (§§ 535 Abs. 2, 546a BGB).

Es kann für die Entscheidung dahin gestellt bleiben, ob der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag vom 11. Januar 2020 die Regelung des § 16 enthält, wonach „Die Gültigkeit des Vertrages (…) abhängig (ist), von der Betriebsgenehmigung der Senatsverwaltung zur Eröffnung einer Kindertagesstätte“. Die Parteien haben hierzu zwei unterschiedliche Versionen des Mietvertrages vorgelegt. Nach dem von der Klägerin mit Anlage K 1 – teilweise in Kopie – vorgelegten Mietvertrag ist diese Regelung aus dem Mietvertrag „rausgenommen“ worden; demgegenüber enthält der vom Beklagten im Original vorgelegte Mietvertrag die vorgenannte Regelung in § 16.

Für den vorliegenden Rechtsstreit ist dies nicht streitentscheidend.

Die Mietsache war wegen der vorhandenen Treppen, die den für den Betrieb einer Kindertagesstätte gestellten behördlichen Anforderungen an zwei voneinander unabhängige Flucht- und Rettungswege nicht genügten, gemäß § 536 Abs. 1 BGB mangelhaft. Für die Lösung der „Treppenproblematik“ war – entgegen der Ansicht des Landgerichts – nicht die Beklagte, sondern die Klägerin verantwortlich.

Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während dieser Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.

Zu dem vom Vermieter nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB geschuldeten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen können. Werden Mieträume zu einem konkreten Betriebszweck überlassen, müssen sich deshalb die Räume in einem Zustand befinden, der die Aufnahme des Betriebes in rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt zulässt. Hierzu gehört, dass das Mietobjekt die in öffentlich-rechtlichen Bestimmungen enthaltenen Anforderungen, die für eine entsprechende Betriebserlaubnis notwendig sind, erfüllt (Günter in: Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Auflage, § 536 BGB, Rn 175 ff. mit Rechtsprechungsnachweisen; s. OLG Saarbrücken BeckRS 2003, 18156 für Arztpraxis). Der Vermieter schuldet nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB mangels abweichender Vereinbarungen die Überlassung in einem genehmigungsfähigen Zustand und hat etwaige Baumaßnahmen, welche zu dessen Erreichung erforderlich sind, auf eigene Kosten zu veranlassen (BGH Urteil vom 24.10.2007 – XII ZR 24/06, Grundeigentum 2008, 14; Senatsurteil vom 23.05. 2016 – 8 U 10/15, ZMR 2016,685, Rn 43 m.w.N.; Kraemer/Ehlert/Schindler in; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III, Rn 3213 m.w.N.).

Die Klägerin war verpflichtet, das Mietobjekt in den Zustand zu versetzen, dass es für den nach § 2 des Mietvertrages vereinbarten Mietzweck „zur Nutzung als Einrichtung der Freien Kinder- und Jugendhilfe“ geeignet war. Abweichende vertragliche Vereinbarungen lassen sich dem schriftlichen Mietvertrag nicht entnehmen.

In § 3 ist unter der Überschrift „Ausstattung der Mieträume/Rückbauverpflichtung“ geregelt, dass der Mieter die Räume in renoviertem Zustand übernimmt.

Weiter heißt es hier wörtlich:

„Die Räume werden durch den Vermieter nach der Bau- und Ausstattungsverordnung der Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Familie umgebaut (Anlage ist beigefügt). Der Vermieter verpflichtet sich folgende Umbauten zu übernehmen: Siehe Anlage zum Mietvertrag“ [Hervorhebg.d.d.Senat).

In der Anlage zum Mietvertrag sind unter Ziffer 1 bis 4 vom Vermieter vorzunehmende Arbeiten aufgeführt, wobei der Vermieter nach Ziffer 4 verpflichtet war, nach Baugenehmigung den Durchbruch im Obergeschoss des Hauses durchzuführen, so dass beidseitig ein zweiter Fluchtweg entsteht.

Nach Ziffer 5 war der Mieter (nur) verpflichtet, die notwendigen Genehmigungen bezüglich des Durchbruchs einzuholen (Hervorhebg.d.d. Senat). Weitere Verpflichtungen in Zusammenhang mit dem Durchbruch hat der Mieter nicht übernommen.

Bei der Auslegung von Willenserklärung gemäß §§ 133, 157 ist in erster Linie vom buchstäblichen Wortlaut und dessen Sinn auszugehen (BGHZ 121,13; BGH NJW-RR 2007,976; Grüneberg/ Ellenberger, BGB, 82. Auflage, § 133 BGB, Rn 14 mwN).

Nach dem Wortlaut der Regelungen in § 3 Satz 2 des Mietvertrages hat es der Vermieter – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die dem Mietvertrag beigefügte Ausstattungsverordnung der Senatsverwaltung für Bildung Jugend und Familie – übernommen, die notwendigen Umbauarbeiten zur Erreichung des Mietzweckes vorzunehmen. Dies ist als eine allgemeine Umbauverpflichtung zu verstehen.

Sie entspricht der dargestellten Rechtslage, wonach der Vermieter grundsätzlich für die Überlassung bzw. Herstellung der Mietsache im zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand – hier für den Betrieb einer Kindertagesstätte – verantwortlich zeichnet.

Es mag zwar sein, dass die in § 3 Satz 2 des Mietvertrages allgemein formulierte Umbauverpflichtung des Vermieters durch die in Ziffer 1 bis 4 der Anlage zum Mietvertrag genannten Arbeiten konkretisiert wird.

Die hierin formulierten Vermieterpflichten sind aber nicht bzw. nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf die dort aufgeführten Arbeiten begrenzt. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Regelung selbst noch aus dem Gesamtzusammenhang der in Bezug auf die Umbauarbeiten getroffenen Vereinbarungen.

Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass eine allgemeine Umbauverpflichtung der Klägerin deswegen nicht angenommen werden könne, weil die enumerative Aufzählung in der Anlage ohne den Zusatz wie etwa „insbesondere“ keinen greifbaren Gehalt habe, ist dies nicht überzeugend. Dies lässt außer Acht, dass § 3 Satz 2 des Mietvertrages eine ausnahmslose – insoweit eindeutige – Verpflichtung des Vermieters zum Umbau „nach der Bau- und Ausstattungsverordnung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie“ festlegt.

Gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung spricht auch, dass die Beklagte nach dem schriftlichen Mietvertrag zur Ausführung von Umbauarbeiten bzw. konkreten Ausbauleistungen überhaupt nicht verpflichtet war. Die Beklagte hatte nur für die Genehmigungen zu sorgen (Ziffer 5 der Anlage). Dies ist ein entscheidender Aspekt im Rahmen der Auslegung der mietvertraglichen Regelungen.

Hinzu kommt, dass in der Anlage zum Mietvertrag die vom Vermieter vorzunehmenden Arbeiten offensichtlich nur grob umrissen worden waren, ohne dass hierin alle Arbeiten genannt worden wären. So ist z.B. in Ziffer 1 vereinbart, dass der Vermieter verpflichtet ist, sämtliche im Objekt befindlichen Bäder nach den Vorgaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie herzurichten. Hiermit ist auf eine konkrete Beschreibung der Ausführung verzichtet worden.

Im Übrigen ergibt sich aus der Formulierung in Ziffer 4 der Anlage zum Mietvertrag, dass der Vermieter für die Schaffung des zweiten Fluchtweges zu sorgen hat. Hierin verpflichtet sich der Vermieter, „nach Baugenehmigung, den Durchbruch im Obergeschoss des Hauses durchzuführen, so dass beidseitig ein 2.ter Fluchtweg entsteht“.

Die Treppen sind – wie die Beklagte zutreffend geltend macht – Teil des zweiten Fluchtweges. Dass die vorhandenen (Wendel-) Treppen ins Obergeschoss (in dem der Durchbruch hergestellt worden ist) nicht den Vorgaben der Behörde entsprachen, war beiden Parteien vorher nicht bekannt. Wenn es aber der Vermieter übernommen hat, den Durchbruch (zum Zwecke der Erstellung eines zweiten Fluchtweges) vorzunehmen, geht dies zu seinen Lasten. Aus dem Mietvertrag ergibt sich nichts dafür, dass der Mieter diesen Fluchtweg auf seine Kosten hätte herstellen müssen.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Mieträume nach dem Übergabeprotokoll vom 03. April 2020 (Anlage K 2) mängelfrei übergeben worden seien, steht dies der Annahme eines Sachmangels gemäß § 536 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Das Übergabeprotokoll vom 03. April 2020 dokumentiert nur den Zustand der Mietsache zum damaligen Zeitpunkt und trifft keine Aussage zu den vorhandenen Treppen. Zum Zeitpunkt der Übergabe haben die Parteien keine Mängel an den Treppen gesehen. Die „Treppenproblematik“ mit dem fehlenden zweiten Fluchtweg ist erst im November 2020 (so im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, Seite 3 unten) oder im Oktober 2020 (s. E-Mail der Beklagten vom 08.07.2021, Anlage B 28) von der Mitarbeiterin der Kita- Aufsicht, Frau Sxxx, problematisiert worden.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit dem Verweis auf die Vereinbarung vom 16.06.2020 (Anlage B 27) entlasten. Hierin haben die Parteien vereinbart, dass die Vermieterin der Mieterin einen mietfreien Zeitraum bis einschließlich 31.05.2020 gewährt und die Mieterin (Beklagte) „im Gegenzug die Kosten für die Durchbrüche und Umbauten laut Angebot 0135 der Mxxx GmbH“ übernimmt. Diese Vereinbarung stand jedoch nicht im Zusammenhang mit dem erforderlichen Umbau der Treppen. Das Angebot der Firma Mxxx GmbH (Anlage zur Vereinbarung B 27) beinhaltet derartige Arbeiten nicht.

Im Übrigen sind die Treppen – wie ausgeführt – auch erst im November 2020 (oder Oktober 2020) beanstandet worden und konnten daher von der Vereinbarung der Parteien im Juni 2020 schon wegen des zeitlichen Verlaufs nicht erfasst worden sein.

Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe die Baugenehmigung nicht eingeholt, ist unbehelflich und führt nicht dazu, dass die Beklagte sich wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten auf einen Mietmangel nicht berufen könnte.

Die Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 19.11.2020 (Anlage B 16) mitgeteilt, dass bei der Begehung mit der zuständigen Behörde der Kita-Aufsicht mehrere Probleme aufgezeigt worden seien, und wies darauf hin, dass die aktuelle Treppensituation ein Hindernis für die Betriebsgenehmigung sei. Sie bat die Klägerin unter Bezugnahme auf § 3 Satz 2 des Mietvertrages, die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten, und setzte eine Frist bis zum 31.01.2021. Mit Antwortschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02.12.2020 (Anlage B 17) vertrat die Klägerin die (unzutreffende) Auffassung, dass sie ihre Umbauverpflichtungen in vollem Umfange erfüllt habe und weitere Anforderungen nicht die Vermieterseite betreffen würden. Nachdem die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.12.2020 (Anlage B 18) an ihrem Standpunkt weiter festhielt, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2021 (Anlage B 19) die außerordentliche Kündigung. Nachfolgend versuchten die Parteien, eine Verständigung hinsichtlich der „Treppenproblematik“ herbeizuführen. Nachdem die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 19.02.2021 (Anlage B 21) die Kostenschätzung über 95.785,20 Euro für die notwendigen Umbauarbeiten übermittelt hatte, teilte die Klägerin mit E-Mail vom 19.02.2021 (Anlage B 22) mit, dass sie zur Übernahme von Kosten nicht bereit sei, und forderte die Beklagte – sofern diese die Umbaukosten nicht übernehme – auf, die Mieträume zu räumen. Zu der von den Parteien angestrebten Einigung ist es schließlich nicht gekommen. Die Beklagte war daher auch nicht mehr verpflichtet, für den vorzunehmenden Umbau der Treppen eine Baugenehmigung einzuholen.

Da nach den vorstehenden Ausführungen davon auszugehen ist, dass es Sache der Klägerin war, die Umbauarbeiten und die Schaffung des zweiten Fluchtweges in den Mieträumen herzustellen, welcher nach den behördlichen Anforderungen für die Erteilung der Betriebserlaubnis der Beklagten gefordert wurde, ist die Mietsache mangelhaft. Die Miete war daher gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB um 100 % reduziert.

Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstehen, stellen grundsätzlich einen Sachmangel i.S. von § 536 BGB dar, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (BGH WM 1994,1136; NJW-RR 2014,264, Tz. 20).

Zwar führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein das Fehlen einer für die gewerbliche Nutzung an sich erforderlichen behördlichen Nutzungsgenehmigung zur Annahme eines Sachmangels. Denn solange die Behörde trotz Verstoßes gegen öffentlich- rechtliche Bestimmungen die (formell) illegale Nutzung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch duldet, liegt keine Beeinträchtigung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs vor. Ein Sachmangel liegt erst dann vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten ernstlich zu erwarten ist (Günter in: Guhling/Günter, aaO, § 536 BGB, Rn 180 ff. mNW; BGH NJW-RR 2014, 264, Rn 20; NJW 2009, 3421, Rn 6).

Daraus folgt jedoch nicht etwa, dass im vorliegenden Fall erst dann ein zur Minderung berechtigender Mangel gegeben wäre, wenn die Behörde eine förmliche Untersagungsverfügung ausgesprochen hätte. Es reicht aus, wenn – wie hier – gegenwärtige Interessen des Mieters in erheblichem Maße betroffen sind, wenn er sogar (positiv) weiß, dass eine zur Versagung der Genehmigung führende Baurechtwidrigkeit der Räume vorliegt und er daher mit einer Untersagungsverfügung im Fall der Betriebsaufnahme rechnen muss (s. Senatsurteil vom 23.06.2016 – 8 U 62/15, ZMR 2016,855, Rn 76).

Die für die Annahme eines zur Minderung führenden Sachmangels erforderliche Nutzungsbeeinträchtigung liegt (spätestens) ab November 2020 vor.

Nach den vom Senat zugrunde zu legenden Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (§ 314 ZPO) teilte die zuständige Sachbearbeiterin der Kita-Aufsicht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Frau Sxxx teilte, der Beklagten bei einem Ortstermin im November 2020 mit, dass die Treppen vom Obergeschoss ins Erdgeschoss als Wendeltreppen in derzeitigem Zustand den Anforderungen an zwei voneinander unabhängige Flucht- und Rettungswege nicht genügten, und eine Betriebserlaubnis insbesondere davon ab hänge, dass die Treppenproblematik gelöst werde, und zeigte Treppenlösungen auf.

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass die Behörde „überzogene“ Anforderungen gestellt habe und die Beklagte sich gegen die (drohende) Versagung der Betriebserlaubnis hätte wenden müssen. Dieser pauschale Einwand der Klägerin ist unsubstantiiert.

In der E-Mail der Mitarbeiterin der Kita-Aufsicht, Frau Sxxx, vom 08. Juli 2021 (Anlage B 28) an die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Unfallkasse Berlin als zuständiger Versicherungsträger in ihren DGUV-Regeln Anforderungen an Treppen formuliert. Treppen und Rampen müssen so beschaffen sein, dass sie entsprechend ihrem Bestimmungszweck von Kindern sicher benutzt werden können. Voraussetzung sind ausreichend große und rutschhemmende Trittflächen mit gleichmäßigen Treppensteigungen, die mit dem üblichen Schrittmaß übereinstimmen (DIN 18965). An den Treppen und Rampen sind auf beiden Seiten Handläufe anzubringen, die den Kindern im gesamten Verlauf sicheren Halt bieten und so beschaffen sind, dass ein Hängenbleiben vermieden wird. Weiter stellt die Mitarbeiterin Sxxx fest, dass diese Vorgaben an den innen liegenden Treppen in den streitgegenständlichen Räumen nicht gegeben sind.

Mit diesen Anforderungen und Feststellungen setzt sich die Klägerin nicht hinreichend auseinander und lässt sich in keiner Weise dazu ein, dass und inwiefern dies unzutreffend sein soll.

Auf die Wirksamkeit der Kündigung durch die Klägerin gemäß Schreiben vom 08.01.2021 (B 19) und die im Schriftsatz der Beklagten vom 08.09.2021 (Bd.I, Bl. 74ff.) erklärte Hilfsaufrechnung, kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

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