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Störung des Hausfriedens als Kündigungsgrund für einen Wohnungsmietvertrag

AG München – Az.: 453 C 16524/18 – Urteil vom 30.10.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung der Kläger im 4. OG links des Hauses S.straße …, … München (Wohnung Nr. …), bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad/WC, 1 Diele/Flur, 1 Kellerabteil Nr. 36 sowie den Tiefgaragenstellplatz Nr. 34 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

2. Die Klagepartei trägt die Gerichtskosten zur Hälfte. Die Beklagte zu 1) trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klagepartei jeweils zur Hälfte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Klägerinnen hinsichtlich der Ziffer 1. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 €, hinsichtlich der Ziffer 2 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

4. Der Beklagten zu 1. wird eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2020 gewährt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 9.504,36 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren von der Beklagten zu 1) die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach erfolgter Kündigung vom 12.07.2018. Die gegen den Beklagten zu 2), den Lebensgefährten der Beklagten zu 1) gerichtete Klage auf Räumung und Herausgabe wurde mit Schriftsatz vom 23.05.2019 zurückgenommen.

Die Klägerinnen und die Beklagte zu 1) schlossen unter dem 27.03.2006 einen Mietvertrag über eine 2-Zimmer-Wohnung samt Kellerabteil im 4. Obergeschoss des Anwesens S.straße … in München. Die monatliche Grundmiete beträgt derzeit 792,03 €. Der Beklagte zu 2) ist der Lebensgefährte der Beklagten zu 1) und ist regelmäßig in der streitgegenständlichen Wohnung zu Besuch.

Mit Schreiben vom 12.07.2018, zugestellt per Einwurf-Einschreiben, erklärte die Bevollmächtigte der Klägerinnen die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.04.2019. Die Kündigung ist gestützt auf eine nachhaltige Störung des Hausfriedens im Sinne der §§ 543 Abs. 3, 569 Abs. 2 BGB, insbesondere aufgrund fortwährender Auseinandersetzungen der beiden Beklagten mit den Mietern R., J. und St. Hinsichtlich des Inhalts im Einzelnen wird auf das Kündigungsschreiben in Anlage K3 Bezug genommen.

Bereits mit Schreiben datiert auf den 14.07.2015, der Beklagten zu 1) zugegangen am 27.06.2018, mahnten die Klägerinnen die Beklagte zu 1) aufgrund von Vorfällen zwischen den Beklagten und dem Ehepaar R. vom 19.06.2018 ab. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Abmahnung in Anlage K4 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.03.2019 übersandte die Hausverwaltung der Klägerinnen der Beklagten zu 1) ein Schreiben zur Mietneuberechnung ab 01.05.2019 aufgrund vereinbarter Indexmiete. Bezüglich des Inhalts wird auf das Schreiben in Anlage B4 Bezug genommen.

Die Klagepartei trägt vor, der Beklagte zu 2) hätte am 19.06.2018 den Hausmeister und Mieter R. angegriffen und ihm vorgeworfen, die Luft aus den Fahrradreifen herausgelassen zu haben. Kurz Zeit später hätten die Beklagten an der Haustüre der Familie R. geklingelt und die Mieterin R. bedroht. Kurz danach habe der Beklagte zu 2) zur auf ihrem Balkon befindlichen Mieterin R. hochgeschrieen: „Ich zerschlage ihre Wohnung!“.

Am 21.06.2018 gegen 17:00 Uhr habe die Beklagte zu 1) den Mitmieter R. als „blöde Sau“ betitelt und sodann mit dem Fuß gegen den Mitmieter R. getreten. Die zu dem Vorfall hinzueilende Zeugin J. sei durch die Beklagte zu 1) mit den Worten „Oh, die Schlampe jetzt auch noch“ beleidigt worden.

Störung des Hausfriedens als Kündigungsgrund für einen Wohnungsmietvertrag
(Symbolfoto: Von Evtushkova Olga/Shutterstock.com)

Am selben Tag gegen 17:40 Uhr hätten sich die Beklagten nebeneinander in den Rahmen der Eingangstür der im Rückgebäude befindlichen Galerie St. gestellt und der Beklagte zu 2) habe die Frau des Inhabers der Galerie, die Zeugin J., laut angeschrien: „Sie haben meine Frau als Schlampe bezeichnet“. Nachdem es der Zeugin J. gelungen sei, die Galerietür abzuschließen, hätten sich die Beklagten auf die Stufen des Hinterhauses gesetzt und weiter laut geredet. Als die Zeugin J. gegen 18:30 Uhr mit einer herbeigerufenen Bekannten, die Galerie verlassen wollte, hätten ihr die weiterhin auf den Stufen sitzenden Beklagten etwas entgegengerufen, was die Zeugin J. nicht verstanden habe.

Am 22.06.2018 habe der Beklagte zu 2) dem Ehemann der Zeugin J. und Inhaber der Galerie Herrn St. zugeschrien: „Ihre Frau hat meine Frau beleidigt“. Der Beklagte zu 2) sei an diesem Tag permanent im Hof herumgelaufen und habe geschrien.

Am 23.06.2018 habe sich der Beklagte zu 2) während des Aufbaus eines Hinterhofflohmarkts an die Zeugin J. herangeschlichen und dieser ins Ohr geflüstert: „Na, du Lügnerin“.

Am 25.06.2018 gegen 13:00 Uhr hätten die Beklagten in Richtung Galerietür geschrien: „Oh, die Lügnerin ist wieder da“.

Am 02.07.2018 gegen 18:00 Uhr seien die Beklagten auf den Mitmieter R. zugestürmt, der sich gerade mit einem Nachbarn unterhielt.

Am 05.07.2018 gegen 11:30 Uhr habe der Beklagte zu 2) den Zeugen St. als „Arschloch“ bezeichnet.

Die Hausbewohner würden sich durch das Verhalten der Beklagten extrem bedroht fühlen und fürchten, körperlich angegriffen zu werden.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei aufgrund dieser massiven Störungen nicht mehr zumutbar.

Die Klägerinnen beantragten daher zuletzt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung der Kläger im 4. OG links des Hauses S.straße …, … München (Wohnung Nr. …), bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad/WC, 1 Diele/Flur, 1 Kellerabteil Nr. 36 sowie den Tiefgaragenstellplatz Nr. 34 zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragte zuletzt, die Klage abzuweisen, hilfsweise eine Räumungsfrist von 12 Monaten zu gewähren.

Die Beklagte ist der Auffassung, es lägen keine Kündigungsgründe vor und die Kündigung erfolge zum Zwecke der Mieteinnahmenoptimierung. Vielmehr sei es so, dass der Hausmeister R. sich ständig an, der Beklagten zu 1) gehörenden, Gegenständen, insbesondere ihrem Fahrrad zu schaffen mache und das Ehepaar R. die Beklagten seit 2016 fortwährend beleidige. Die im Kündigungsschreiben und der Klageschrift beschriebenen Vorfälle hätten so nicht stattgefunden. Insbesondere seien keinerlei Beleidigungen oder Bedrohungen erfolgt. Bei dem Aufeinandertreffen der Beklagten zu 1) und dem Zeugen R. am 21.06.2018 habe die Beklagte zu 1) lediglich ihr Bein gehoben, um sich eines tätlichen Angriffs des Zeugen R. zu erwehren. Zu einem körperlichen Kontakt sei es nicht gekommen. Bereits die in der Abmahnung geschilderten Vorfälle seien so nicht vorgefallen, so dass eine Kündigung auf diese Abmahnung nicht gestützt werden könne.

Der Beklagte zu 2) wohne in seiner eigenen Wohnung, was der Klagepartei auch bekannt sei.

Sie beruft sich zudem auf Härtegründe, namentlich die Aussichtslosigkeit der Wohnungssuche aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse.

Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, die Klägerinnen hätten zudem durch eine Aufforderung zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung mit Schreiben vom 26.03.2019 konkludent auf ihre Räumungsansprüche verzichtet.

Das Gericht hat in der öffentlichen Sitzung am 13.03.2019 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R., P., J. und St. Hinsichtlich des Inhalts der Vernehmungen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 verwiesen. In der öffentlichen Sitzung am 27.09.2019 hat das Gericht die Beklagte zu 1) ausführlich zu den kündigungsrelevanten Vorfällen angehört und gegenbeweislich den ehemals Beklagten zu 2) und jetzigen Zeugen S. zeugenschaftlich vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Anhörung sowie der Vernehmung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2019 verwiesen.

Zum näheren Inhalt des Vorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2019, 13.03.2019, 07.06.2019 und 27.09.2019 verwiesen.

Die Beklagte zu 1) hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung unter den Daten 01.10.2019 und 17.10.2019 nicht nachgelassene Schriftsätze übersandt, die bei der Entscheidung Berücksichtigung fanden.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig, das Amtsgericht München ist örtlich sowie sachlich zuständig, §§ 29a Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2a GVG.

B.

Die Klage ist auch begründet, weil das zu Grunde liegende Mietverhältnis durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 12.07.2018 beendet wurde und der Klagepartei daher ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mieträume aus § 546 Abs. 1, Abs. 2 BGB zusteht.

I. Fristlose Kündigung vom 12.07.2018

Das Mietverhältnis wurde nicht durch die fristlose Kündigung vom 12.07.2018 beendet.

I. Zwar ist die seitens der Kläger mit Schreiben vom 12.07.2018 gegenüber der Beklagten zu 1) erklärte fristlose Kündigung formell wirksam, §§ 568 Abs. 1, 569 Abs. 4 BGB. Das Kündigungsschreiben enthält den angeblich zur fristlosen Kündigung berechtigenden Grund, nämlich die provozierenden und beleidigenden Verhaltensweisen der Beklagten zu 1) sowie des sich regelmäßig bei ihr aufhaltenden Beklagten zu 2) gegenüber den Mitmietern R. und St. sowie dessen Ehefrau J. Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Kündigungserklärung bestehen nicht.

I. Die Beklagte zu 1) war auch bereits mit dem am 27.06.2018 zugegangenen Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen aufgrund der Störung des Hausfriedens durch die Beklagte zu 1) sowie den Beklagten zu 2) mittels bedrohender Äußerungen gegenüber dem Ehepaar R. abgemahnt worden.

Voraussetzung für die außerordentliche Kündigungsbefugnis ist allerdings eine neuerliche gleichartige Vertragsverletzung nach Zugang der Kündigung (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Auflage, § 543 Rz. 63 sowie § 569 Rz. 29).

Der Beklagten zu 1) ging die Abmahnung unstreitig am 27.06.2018 zu. Nach dem Zugang der Abmahnung werden in der Klage sowie der erklärten Kündigung noch zwei weitere mögliche Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1) aufgeführt.

So soll diese gemeinsam mit dem Beklagten zu 2) am 02.07.2018 auf den Zeugen R. zugestürmt sein als sich dieser mit einem Anwohner unterhielt. Zudem soll der Beklagte zu 2) am 05.07.2018 den Mietmieter St. als „Arschloch“ bezeichnet haben.

a)

Hinsichtlich des Vorfalls am 02.07.2018 hat die durchgeführte Beweisaufnahme eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht ergeben.

Der hierzu durch die Klagepartei benannte und in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019 vernommene Zeuge R. schildert den Sachverhalt so, dass er die beiden Beklagten zufällig im Hof getroffen habe. Frau W. sei hierbei auf ihn zugekommen und er habe ihr aufgrund eines vorangegangenen Vorfalls den Arm entgegengestreckt und gesagt, sie solle 2 Meter auf Abstand bleiben. Besonders aggressiv sei sie nicht auf ihn zugekommen. Herr S. sei bei diesem Vorfall lediglich danebengestanden und habe selbst nicht agiert. Er könne sich auch nicht mehr erinnern, was die beiden von ihm wollten.

Eine wie auch immer geartete Pflichtverletzung, insbesondere im Sinne einer Störung des Hausfriedens liegt in der durch den Zeugen R. geschilderten Situation offensichtlich nicht.

b)

Hinsichtlich des Vorfalls am 05.07.2018 ist das Gericht zwar nach der Einvernahme des Zeugen St. zur Überzeugung gelangt, dass sich der Vorfall wie von der Klagepartei geschildert zugetragen hat. Insbesondere schilderte der in keiner Weise belastungseifrige und aus Sicht des Gerichts überzeugende Zeuge St., dass ihm der Beklagte zu 2) im Vorbeigehen im Hof ohne jeglichen Anlass zugeflüstert habe: „Du Arschloch“. Er sei, ob dieses Verhaltens völlig perplex gewesen und habe auch einer Mitarbeiterin hiervon berichtet.

Die Angaben des Zeugen St. erschienen dem Gericht insgesamt sehr glaubhaft und beruhten ersichtlich auf seiner Erinnerung. Obwohl er ausführlich berichtete, wie er durch das herrische Auftreten des Beklagten zu 2) und dessen vielfache (behördlichen) Beschwerden und Belästigungen bereits seit längerer Zeit im Betrieb seiner Galerie im Haus beeinträchtigt werde, neigte er nicht zu Übertreibungen und war ersichtlich um eine sachliche und erkennbar erinnerungsbasierte Darstellung bemüht. Ein Belastungseifer war nicht zu erkennen. Nicht zuletzt waren die Schilderungen des Zeugen St. auch deshalb glaubhaft, weil die durch ihn geschilderten Verhaltensweisen des Beklagten zu 2) sich völlig zwanglos mit dem im Laufe des Prozesses gewonnen Eindruck des Gerichts von dessen Persönlichkeit und Auftreten deckten.

Auch der ehemals Beklagte zu 2) und nach Klagerücknahme ihm gegenüber gegenbeweislich vernommene Zeuge S. leugnet in seiner Vernehmung ein Zusammentreffen mit dem Zeugen St. am fraglichen Tag. Der Zeuge S. schilderte, dass er und der Zeuge St. sich sonst nicht grüßten, dieser ihn an diesem Tag aber süffisant lächelnd mit „Grüß Gott“ begrüßte. Dieses Verhalten habe er als „pharisäerhaft“ empfunden und ihn daher einen „Heuchler“ genannt.

Dies zum einen deswegen, da der Zeuge St. aus seiner Sicht häufig gegen das Sonntagarbeitsverbot verstoße und sich daher – entgegen seines Grußes – gänzlich unchristlich verhalte. Zum anderen habe er sich durch den zwischen ihm und dem Zeugen St. unüblichen Gruß und dessen Gesichtsausdruck herablassend und demütigend behandelt gefühlt, weil er davon ausgegangen sei, dass der Zeuge St. von der Abmahnung und der geplanten Kündigung wisse.

Die Angaben des Zeugen S., insbesondere die Erklärungen, warum er diesen einen Heuchler genannt habe, hält das Gericht für gänzlich unglaubwürdig und offensichtlich nachträglich konstruiert.

Der Zeuge St. war an den zu der vorherigen Abmahnung führenden Vorfällen persönlich in keiner Weise beteiligt, weder der Zeuge S. noch die Beklagte zu 1) schilderten, dass sich der Zeuge St. hinsichtlich dieser Vorfälle irgendwie zum Nachteil der Beklagten engagiert oder sich diesen gegenüber unkorrekt verhalten habe. Die – angebliche – Reaktion des Zeugen S. auf eine alltägliche und allgemein gebräuchliche Grußformel hält das Gericht für in keiner Weise nachvollziehbar.

Das Gericht hält es für ausgeschlossen, dass der insoweit überaus sichere und erkennbar über die ihn völlig überraschend treffende Beleidigung konsternierte Zeuge St. das Wort „Heuchler“ mit dem Wort „Arschloch“ verwechselt oder sich insoweit verhört haben könnte. Das Gericht ist vielmehr nach dem persönlichen Eindruck der beiden Zeugen und der in keiner Weise belastungseifrigen Aussage des Zeugen St. davon überzeugt, dass dieser den Vorfall zutreffend und wahrheitsgemäß schilderte und der Zeuge S. die Beleidigung aus der Verärgerung über die Zeugin J., die Ehefrau des Zeugen St., heraus aufgrund der erteilten Abmahnung, welche auch auf deren Angaben beruhte, äußerte.

Gleichwohl lässt sich aus Sicht des Gerichts aus dem geschilderten Vorfall vorliegend keine die fristlose Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) herleiten. Unstreitig war die Beklagte zu 1) bei dem Vorfall am 05.07.2018 selbst nicht anwesend.

Zwar ist anerkannt, dass die Vertragspartei grundsätzlich auch für entsprechendes Fehlverhalten von Gästen oder Besuchern einzustehen hat, jedenfalls soweit sie deren Anwesenheit im Mietobjekt billigt. Es ist insoweit unbestritten und entspricht auch dem Vortrag der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass sich der Beklagte zu 2) häufig und mit Willen der Beklagten zu 1) im Mietobjekt aufhält, so dass eine Zurechnung des Verhaltens des vormals Beklagten zu 2) vorzunehmen ist.

Allerdings ist jedenfalls im Rahmen der Gesamtabwägung der Interessen der Mietvertragsparteien die vorliegende Beleidigung eines gewerblichen und nicht im Mietobjekt wohnenden Mieters mit einer einzigen, provozierend im Vorbeigehen geäußerten Formalbeleidigung ohne konkreten ehrverletzenden Bezug zur Person oder dessen Verhalten durch einen – wenn auch häufigen – Gast der Mieterin nicht ausreichend um die Vertragsfortsetzung bis zum Ende der Kündigungsfrist unzumutbar erscheinen zu lassen.

II. Hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12.07.2018

Das Mietverhältnis wurde allerdings durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 12.07.2018 wirksam beendet.

II. Auch die seitens der Kläger mit Schreiben vom 12.07.2018 gegenüber der Beklagten zu 1) hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist zunächst formell wirksam, §§ 573 Abs. 3 BGB. Das Kündigungsschreiben enthält den insoweit zur ordentlichen Kündigung berechtigenden Grund, nämlich die provozierenden und beleidigenden Verhaltensweisen der Beklagten zu 1) sowie des sich regelmäßig bei ihr aufhaltenden Beklagten zu 2) gegenüber den Mitmietern R. und St. sowie dessen Ehefrau J. Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Kündigungserklärung bestehen nicht.

II. Die Klägerinnen haben auf ihren verfolgten Räumungsanspruch auch nicht verzichtet. Aus dem Schreiben zur Mietneuberechnung ab 01.05.2019 aufgrund vereinbarter Indexmiete ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für einen Verzichtswillen der Klägerinnen hinsichtlich des verfolgten Räumungsanspruchs. Anders als ein Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558 ff. kann die Forderung einer höheren Mietzahlung aufgrund einer Indexmietvereinbarung nach dem objektiven Empfängerhorizont auch nicht als Angebot auf Fortsetzung des Mietverhältnisses durch die Klägerinnen zu verstehen sein, da die Erhöhung zum einen einer Zustimmung der Mieterin nicht bedarf, zum anderen sich aber auch die nach Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 546a Abs. 1 BGB zu bezahlende Nutzungsentschädigung nach der vereinbarten Indexmiete richtet (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Auflage, § 546a, Rz. 55). In der Weiterverfolgung des Räumungsanspruchs liegt somit auch keine nach § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung.

II. Die ordentliche Kündigung ist schließlich auch materiell wirksam, da sie nach Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der konkret geschilderten Einzelfallsituationen geeignet ist, das zugrundeliegende Mietverhältnis zu beenden.

Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme insbesondere davon überzeugt, dass den Klägerinnen die weitere Vertragsfortsetzung aufgrund der jedenfalls auch durch die Beklagte zu 1) und den vormals Beklagten zu 2) mitverschuldeten Zerrüttung des Verhältnisses zwischen ihnen und der Familie R., welche ebenfalls in dem Anwesen wohnt und der auch Hausmeistertätigkeiten übertragen sind sowie dem gewerblichen Mieter St. sowie dessen Ehefrau, welche in dem Anwesen eine Galerie betreiben, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beklagten zu 1) nicht mehr zugemutet werden kann.

a)

Insbesondere ist der Hausfrieden im streitgegenständlichen Anwesen nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme aufgrund des Verhaltens der Beklagten zu 1) als Mieterin sowie insbesondere auch des Beklagten zu 2) als Lebensgefährten der Beklagten zu 1) empfindlich gestört.

Unter einer Störung des Hausfriedens ist zu verstehen, dass Verhaltensweisen einer Mietvertragspartei vorliegen, die zu einer Beeinträchtigung des Vermieters oder einer anderen Mietpartei geführt haben, so dass der einen Partei ein Festhalten an der mietvertraglichen Grundlage nicht mehr länger zugemutet werden kann.

Eine Hausfriedensstörung ist hierbei bereits nach den eigenen Ausführungen der Beklagten zu 1) und des von ihr gegenbeweislich benannten Zeugen S., dem vormals Beklagten zu 2) gegeben, wobei hier hinsichtlich der Einzelheiten auf die Angaben im Protokoll vom 27.09.2019 verwiesen wird.

Insbesondere berichtet der Zeuge S. zum Vorfall am 19.06.2018, dass bereits ein „alter Streit“ mit Hr. R. bestehe, da dieser im Rahmen seiner Hausmeistertätigkeiten die Fahrräder im Innenhof verstelle und ihm der Zeuge S. untersagt habe, am Fahrrad der Beklagten zu 1) herumzuhantieren. Nachdem es hierüber am Vortag zu einem Streit gekommen sei, sei das Ventil im Fahrradreifen der Beklagten zu 1) gelockert und die Luft daher entwichen gewesen. Der Zeuge S. habe daraufhin den Zeugen R. des Herausdrehens des Ventils verdächtigt und ihn darauf angesprochen, wobei es bei diesem Gespräch durchaus etwas lauter geworden sein könnte.

Die Beklagte zu 1) berichtet, dass der Zeuge R. dann später am Tag im Hof laut über den Zeugen S. geschimpft habe und unter anderem behauptet habe, dass dieser faul sei und nichts arbeite.

Diese habe sie dann wiederum dem Zeugen berichtet, welcher den Zeugen R. dann zur Rede stellen wollte und an die Tür der Familie R. geklopft habe. Es sei aber nicht geöffnet worden, vielmehr sei durch Frau R. die Polizei gerufen worden, da sie sich angeblich bedroht gefühlt habe.

Die Beklagte zu 1) berichtet weiter, sie habe am 21.06.2018 den Zeugen R. auf den Vorfall am 19.06.2018 ansprechen wollen, insbesondere warum er immer über Herrn S. derartige Dinge herumschreie.

Der Zeuge R. schnitt zu diesem Zeitpunkt wilden Wein im Hof des Anwesens und wedelte bereits als sie auf ihn zukam mit den Zweigen vor ihrer Brust herum. Sie habe ihn dann mit den Arbeitgebern des Herrn S. konfrontiert und gesagt, die kenne er wohl nicht, er habe ja nicht einmal einen Hauptschulabschluss. Nachdem der Zeuge R. sie dann auch verbal provoziert habe, habe sie ihm dann die Zweige, welche er in der Hand hielt und mit denen er vor ihrer Brust herumwedelte aus der Hand geschlagen und Herr R. habe daraufhin nach ihrem Arm gegriffen und diesen fixiert. Sie habe versucht, sich loszureißen und sei etwas nach hinten gestolpert. In dieser Stolperbewegung habe sie dann mit dem Fuß in Richtung des Herrn R. getreten, um diesen von sich fernzuhalten, ihn hierbei aber nicht getroffen.

In diesen Streit habe sich dann die Zeugin J. aus der Galerie heraus eingemischt und sie unter anderem eine Schlampe genannt. Anschließend habe die Zeugin J. behauptet, sie sei von der Beklagten zu 1) eine Schlampe genannt worden und habe hiervon auch eine Aufzeichnung mit dem Mobiltelefon getätigt.

Sowohl die Beklagte zu 1) als auch der Zeuge S. berichten sodann, dass die Beklagte zu 1) dem Zeugen S. in dessen Wohnung von dieser Situation berichtet habe und sie sodann wieder zurück in das streitgegenständliche Anwesen gegangen, weil sie die Zeugen R. und J. mit der vorherigen Situation konfrontieren wollten. Herr R. sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu sehen gewesen, so dass sie zur Galerie gegangen und von Fr. J. verlangt hätten, dass sie die Aufnahme zeigen solle, auf welcher zu hören sein soll, dass die Beklagte zu 1) die Zeugin J. als Schlampe bezeichnet habe. Welchen Sinn diese Konfrontation angesichts dessen hätte haben sollen, dass die Beklagte zu 1) nach eigener Aussage eine derartige Aussage nie getätigt habe und der Zeuge S. ihr dies auch uneingeschränkt glaubte, vermochte weder die Beklagte zu 1) noch der Zeuge S. zu erklären. Der Zeuge S. äußerte hierzu, er wollte die Zeugin J. der Lüge überführen. Auch den Zeugen St. habe er in der Folge noch erfolglos aufgefordert, er solle ihm dieses Video zeigen.

Die Beklagte zu 1) bestätigt weiter, sie habe am 25.06.2018 in die Galerie etwas hineingerufen, etwa dass die Zeugin J. eine Lügnerin sei. Auch der Zeuge S. bestätigt, dass er die Zeugin J. aufgrund des vorangegangenen Vorfalls am 23.06.2019 anlässlich eines Hofflohmarkts eine Lügnerin genannt habe.

Bereits aus den Ausführungen der Beklagten zu 1) selbst und des von ihr benannten Zeugen S. ergibt sich eine erhebliche Störung des Hausfriedens, die jedenfalls auch – und nach Überzeugung des Gerichts auch vorwiegend – von der Beklagten zu 1) und insbesondere dem Zeugen S. verursacht wird.

Schon aus den Ausführungen der Beklagten zu 1) und des Zeugen S. ergibt sich, dass diese jedenfalls in den genannten kündigungsgegenständlichen Vorfällen immer wieder die Konfrontation und die Auseinandersetzung mit den Zeugen R. und J. gesucht haben, wobei auch nach ihren eigenen Schilderungen nie eine konstruktive Aufarbeitung bestehender Konflikte im Vordergrund stand, sondern es jeweils darum ging, den jeweiligen Kontrahenten zur Rede zu stellen, gar der Lüge zu überführen oder sie schlicht mit der Bezeichnung als Lügnerin immer wieder zu provozieren.

Nachdem die Beklagte zu 1) alleine wegen des Vorfalls am 19.06.2018 mit Schreiben vom 26.06.2018 abgemahnt worden war, kam es sodann nach Überzeugung des Gerichts am 05.07.2018 zu der Beleidigung des Zeugen St. durch den Zeugen S., wobei hinsichtlich der Würdigung der Aussagen der Beteiligten und der Zurechnung des Fehlverhaltens des Zeugen S. zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter B. I 2b) verwiesen wird.

Eine Störung des Hausfriedens liegt somit nach der Überzeugung des Gerichts schon nach den Ausführungen der Beklagten zu 1) und ihres Lebensgefährten, des Zeugen S., vor.

Die Abmahnung vom 26.06.2018 bezog sich lediglich auf den Vorfall vom 19.06.2018, so dass die Klagepartei auch nur insoweit zum Ausdruck gebracht hat, dass dieser Vorfall alleine noch nicht für kündigungsrelevant gehalten wird.

b)

Die Störung des Hausfriedens ist vorliegend auch nachhaltig. Die Störung ist (erst) dann nachhaltig, wenn sie zu einem Dauerzustand wird. Hierfür ist es ausreichend, wenn sie häufiger vorkommt.

Dies lässt sich ebenfalls bereits aus der Wortwahl des Zeugen S. entnehmen, der unter anderem aussagte mit dem Zeugen R. bestehe hinsichtlich des Umstellens von Fahrrädern der Mieter ein „alter Streit“ und in der Vergangenheit habe mit den Zeugen St. und J. eine „alte Feindschaft“ bestanden, die allerdings lediglich auf dem Rechtsweg ausgetragen wurde.

Schon diesen Äußerungen ist eine tief sitzende Abneigung insbesondere seitens des Zeugen S. gegenüber den Zeugen zu entnehmen, die die Angaben der Zeugen R., der Zeuge S. schreie ihm aus der Entfernung hin und wieder weniger freundliche Dinge zu, und der Zeugin J., das ihr ein Zusammentreffen mit dem Zeugen S. immer äußerst unangenehm sei, da aus dessen Beschwerden eine sehr deutlich Abneigung ihr und ihrem Mann gegenüber zu erkennen sei und dieser auch eine als aggressiv empfundenen Körpersprache zeige, aus Sicht des Gerichts vollumfänglich nachvollziehbar machen. Auch der persönliche Eindruck des Gerichts vom Zeugen S., der selbst in der Atmosphäre eines Gerichtssaals einen vergleichsweise provokanten und rechthaberischen Gestus pflegt, lässt den von der Zeugin J. geschilderten latent aggressiven Eindruck durchaus nachvollziehbar erscheinen.

Die den Auseinandersetzungen zu Grunde liegenden Konfliktfelder, insbesondere das Wirken des Hausmeisterehepaars R. und die von der Galerie des Zeugen St etwa bei Vernissagen ausgehenden Beeinträchtigungen sind auch weiterhin nicht beseitigt, waren bereits in der Vergangenheit Auslöser von Konflikten und werden auch künftig angesichts der insbesondere beim Zeugen S. nach Überzeugung des Gerichts fehlenden Kompromissfähigkeit und Bereitschaft zur Nachsicht im Sinne einer gegenseitigen Rücksichtnahme zu erheblichen Störungen des Hausfriedens führen.

c)

Eine Abmahnung ist zwar im Rahmen der verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend erforderlich, hier aber mit Schreiben vom 26.06.2019 sogar erfolgt, wobei es auch nach Zugang der Abmahnung und in deren Kenntnis zu einer erneuten Störung des Hausfriedens durch den Zeugen S. in Form der Beleidigung des Zeugen St. kam, der der Beklagten zu 1) als Lebensgefährtin des Zeugen S. auch ausdrücklich zuzurechnen ist, zumal ihr die Konflikte ebenfalls bekannt sind und sie an diesen auch nicht unwesentlich beteiligt war.

In den geschilderten Verhaltensweisen sowohl der Beklagten zu 1) selbst als auch in dem Verhalten des Zeugen S., welches der Beklagten zu 1) zuzurechnen ist, liegen erhebliche Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1) gegenüber den Klägerinnen als ihren Vermieterinnen, die auch schuldhaft von der Beklagten zu 1) und dem Zeugen S. verursacht wurden. Die Beklagte zu 1) und der Zeuge S. haben durch wiederholte Provokationen und Beleidigungen und hierdurch verursachte Auseinandersetzungen bestehende Konflikte mit dem Ehepaar R. und den Zeugen St. und J. immer wieder angeheizt und hiermit den Hausfrieden empfindlich gestört. Besonders schwer fällt hierbei ins Gewicht, dass die Beklagte zu 1) am 21.06.2018 eine Auseinandersetzung mit dem Zeugen R. provoziert hat, die sogar in – wenngleich leichteren – gegenseitigen Tätlichkeiten endete. Auf eine Verwertung der in Augenschein genommenen Videoaufzeichnung der Zeugin J. hat das Gericht insoweit verzichtet. Es kann aus Sicht des Gerichts auch dahinstehen, ob in dem von der Beklagten zu 1) geschilderten Herumwedeln mit den in der Hand des Zeugen R. befindlichen Zweigen – der Zeuge R. schilderte überaus glaubhaft, er wollte mit diesen die wie eine Furie auf ihn zustürmende Beklagte zu 1) auf Abstand halten – selbst als Angriff zu qualifizieren ist. Jedenfalls hat die Beklagte zu 1) diese Situation und die folgende tätliche Auseinandersetzung durch ihren – von ihr selbst geschilderten – verbalen Angriff auf den Zeugen R. und das Herantreten an diesen in so kurzen Abstand, dass dieser sie mit den Zweigen erreichen konnte, selbst hervorgerufen und ausgelöst.

Auch wenn man im Rahmen einer Gesamtabwägung zu Gunsten der Beklagten zu 1) berücksichtigt, dass sie und der Zeuge S. persönlich davon überzeugt sein mögen, dass der Zeuge R. die Luft aus dem Fahrradreifen der Beklagten zu 1) gelassen hat und auch die anderen Streitparteien an der Entstehung der Auseinandersetzungen einen Anteil haben, so überwiegt hier das berechtigte Beendigungsinteresse der Klagepartei das Bestandsinteresse der Beklagten zu 1) an der Fortgeltung des Mietvertrags deutlich.

Es kann insoweit dahinstehen, ob auch durch andere Streitbeteiligte grundsätzlich ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten vorlag, da der Vermieter, wenn mehrere Mieter in ihrer Person den Kündigungstatbestand der Störung des Hausfriedens verwirklicht haben, grundsätzlich ein Auswahlrecht hat (zur fristlosen Kündigung Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 14. Auflage, § 569 Rz. 28). Voraussetzung für eine Kündigung ist auch nicht, dass die gekündigte Partei alleine oder weit überwiegend die Schuld an der entstandenen Störung des Hausfriedens trägt. Die Klagepartei hat hier an der Auflösung der bestehenden tiefen Konflikte in der Hausgemeinschaft durch Ausspruch einer Kündigung, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es bereits zu einer auch körperlichen Auseinandersetzung kam, ein erhebliches Interesse um weitere Störungen der Mietverhältnisse zu vermeiden. Dies gilt umso mehr als der Zeuge S., der nicht Partei des Mietverhältnisses ist und durch die Zeugen R., J. und St. als treibende Kraft der Konflikte eingeschätzt wird, auch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens keinerlei Wille und Mitwirkungsbereitschaft dahingehend gezeigt, sich künftig freiwillig seltener im Anwesen aufzuhalten.

Da die Beklagte zu 1) und der Zeuge S. hier Konflikte mit zwei unterschiedlichen anderen Mietparteien austragen, erscheint es auch naheliegend und nachvollziehbar, dass eine Kündigung der Beklagten zu 1) erfolgte. Dies gilt umso mehr als die geschilderten Situationen jeweils durch die Beklagte zu 1) und/oder den Zeugen S. provoziert und herbeigeführt wurden.

Auch wenn zu Gunsten der Beklagten zu 1) zu berücksichtigen ist, dass das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fast 13 Jahre währte und sie aufgrund ihrer angespannten finanziellen Verhältnisse auf dem freien Wohnungsmarkt unterprivilegiert erscheint, überwiegt das Beendigungsinteresse der Klagepartei zur Wiederherstellung des Hausfriedens das berechtigte Bestandsinteresse der Beklagten zu 1).

I. Die Beklagte zu 1) kann vorliegend auch nicht nach § 574 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Nach Überzeugung des Gerichts stellt die Beendigung des verfahrensgegenständlichen Mietverhältnisses für die Beklagte zu 1) keine Härte dar, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Vermieter nicht zu rechtfertigen ist.

Persönliche Umstände in der Person der Mieterin und ihrer Familienangehörigen, die eine ungerechtfertigte Härte nach § 574 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen, liegen nach Überzeugung des Gerichts nicht vor. Insoweit stellt die Rechtsprechung grundsätzlich auf Umstände wie Krankheit, Gebrechen, Pflegebedürftigkeit, finanzielle Not und Verwurzelung in der Umgebung aufgrund langer Mietdauer ab.

Derartige Umstände sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit die Beklagte pauschal vorträgt, dass sie aufgrund schlechter Einkommenssituation auf dem Münchner Wohnungsmarkt keine Chance habe, genügt dies nicht, um eine unbillige Härte zu begründen. Insbesondere hat die Beklagte zu 1) weder vorgetragen, dass sie sich um Wohnraum bemühe noch wurden konkrete Bemühungen der Wohnraumsuche dargestellt.

Die Schutzbestimmung des § 574 BGB steht daher im Ergebnis der wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses nicht entgegen. Eine Verlängerung des Mietverhältnisses kommt weder dauerhaft noch zeitlich eingeschränkt in Frage.

I. Der Beklagten konnte aber nach Überzeugung des Gerichts eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2020 gewährt werden, § 721 Abs. 1 ZPO.

Hierbei konnte insbesondere die lange Dauer des Mietverhältnisses und die Tatsache berücksichtigt werden, dass die Beklagte zu 1) nach den im PKH-Verfahren dargelegten finanziellen Verhältnissen lediglich über äußerst eingeschränkte finanzielle Mittel verfügt.

Angesichts der Tatsache, dass die Kündigung vor mittlerweile über 15 Monaten erfolgte und die Kündigungsfrist seit knapp 6 Monaten abgelaufen ist, war eine längere Räumungsfrist dagegen nicht mehr zu gewähren.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wurde zurückgenommen, so dass insoweit die Kosten durch die Klagepartei zu tragen waren, § 269 Abs. 3 Satz 1 BGB. Über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) wurde bereits mit Beschluss vom 13.09.2019 (Bl. 142/143 d.A.) entschieden.

Die Klagepartei hat, da sie gegenüber der Beklagten zu 1) voll obsiegte und die Klage gegen den Beklagten zu 2) zurücknahm die Hälfte der Gerichtskosten sowie die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die andere Hälfte der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Klagepartei hat die Beklagte zu 2) zu tragen.

D.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

E.

Der Streitwert ist vorliegend mit 9504,36 € festzusetzen und errechnet sich aus der verfahrensgegenständlichen Nettojahresmiete.

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