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Fristlose Kündigung wegen Verweigerung des Besichtigungsrechts des Vermieters

LG Karlsruhe – Az.: 9 S 194/17 – Beschluss vom 28.05.2020

1. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten der Berufung zu tragen.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hinsichtlich der Klage bleibt der erstinstanzlichen Schlussentscheidung vorbehalten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in erster Instanz durch die Klage angefallenen Kosten den Beklagten als Gesamtschuldner aufzuerlegen sein werden.

3. Das Teilurteil des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 07.07.2017 – 1 C 66/16 – ist wegen übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien wirkungslos.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird bis 24.01.2018 auf 36.000,00 EUR und ab 25.01.2018 auf die Gebührenstufe bis 9.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Zwischen den Parteien besteht Streit hinsichtlich wechselseitiger Ansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Wohnraummietverhältnis.

Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Kläger als Vermieter gegen die Beklagten als Mieter auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Anwesens und auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten geklagt. Die Beklagten ihrerseits haben im Wege der Widerklage gegen die Kläger Schadensersatzansprüche und Mietminderung wegen behaupteter Mängel der Mietsache geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat durch Teilurteil vom 07.07.2017 lediglich über die Klage entschieden und die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Mietsache verurteilt; bezüglich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist die Klage abgewiesen worden. Eine Kostenentscheidung ist in diesem Teilurteil nicht ergangen; diese wurde der Schlussentscheidung vorbehalten.

Die Beklagten haben gegen das Teilurteil Berufung eingelegt und ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Im Laufe des Berufungsverfahrens haben die Beklagten das Mietobjekt geräumt und an die Kläger herausgegeben. Daraufhin haben die Parteien den Räumungs- und Herausgabeanspruch – Klageantrag Ziffer 1 – übereinstimmend für erledigt erklärt und jeweils beantragt, der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen.

II. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien bezüglich des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe (Gegenstand der Klage) hatte das Berufungsgericht gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten der Berufung zu entscheiden. Diese waren den Beklagten als Gesamtschuldner aufzuerlegen.

A.

1. Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache lediglich bezüglich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs für erledigt erklärt. Das Amtsgericht hat bisher auch nur über diesen Anspruch (Klageforderung) durch Teil-Urteil entschieden; eine Entscheidung über die Widerklage der Beklagten ist (noch) nicht erfolgt. Insofern war auch lediglich die im Wege der Klage geltend gemachte Forderung auf Räumung und Herausgabe Gegenstand der Berufung; dem Berufungsgericht war trotz der Erledigung diesbezüglich nur möglich, über die Kosten der Berufung zu entscheiden. Das Amtsgericht hat in seinem Teil-Urteil die Kostenentscheidung ausdrücklich der Schlussentscheidung vorbehalten. Diese steht derzeit noch aus.

2. Allerdings konnte das Berufungsgericht wegen der Klageforderung aussprechen, mit welcher Maßgabe seine Teilkostenentscheidung bei der abschließenden Kostenentscheidung des Amtsgerichts (Kosten erster Instanz) zu berücksichtigen ist. Ist nämlich eine Kostenentscheidung betreffend den nicht in die höhere Instanz gelangten Teil der Klage noch nicht getroffen bzw. nicht möglich, kann das Rechtsmittelgericht nur aussprechen, mit welcher Maßgabe seine Teilkostenentscheidung bei der abschließenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist (s. hierzu BeckOK ZPO/Jaspersen, 27. Ed., § 91 a Rn. 32 m.w.N.). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Kostenverteilung betreffend den nicht in die höhere Instanz gelangten Teil feststehen würde; in einem solchen Fall kann das Rechtsmittelgericht aus prozessökonomischen Gründen die Befugnis zur Gesamtkostenentscheidung an sich ziehen und eine abschließende Gesamtkostenentscheidung treffen (BeckOK ZPO/Jaspersen a.a.O.; s.a. BGH, Beschluss vom 8.4.2015 – VII ZR 254/14 -). Eine solche Konstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben; die erstinstanzliche Entscheidung über die Widerklage steht noch aus, sodass eine abschließende Gesamtkostenentscheidung durch das Berufungsgericht ausgeschlossen ist.

B. Ohne die Erledigung des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Anwesens wäre im Fall einer streitigen Entscheidung die Berufung der Beklagten erfolglos gewesen, so dass das erstinstanzliche Teilurteil Bestand gehabt hätte.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite konnte das Amtsgericht über die Klage auf Räumung und Herausgabe durch Teilurteil entscheiden, da die entsprechenden Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.

a) Gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann bei erhobener Widerklage durch Teilurteil über Klage oder Widerklage entschieden werden, wenn nur eine davon zur Endentscheidung reif ist. Zusätzliche Voraussetzung ist jeweils, dass der Gegenstand des Teilurteils vom Schlussurteil unabhängig ist. Nach diesem Grundsatz muss die Entscheidung über den Teil unabhängig davon sein, wie der Streit über den Rest ausgehen wird, so dass die (auch nur theoretische Gefahr) sich widersprechender Teilurteile ausgeschlossen ist. Jedes nach § 301 Abs. 1 ZPO im Übrigen an sich zulässige Teilurteil ist somit grundsätzlich unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren noch einmal stellt oder stellen kann, weil dann die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht (st. Rspr., s. statt vieler BGH NJW 2015, 2429; NJW 2016, 2662, jew. m.w.N.). Die Gefahr der Widersprüchlichkeit ist bereits dann gegeben, wenn durch das Teilurteil eine Vorfrage entschieden wird, die sowohl für den entschiedenen Teil als auch für den nicht erledigten Teil tatsächlich oder rechtlich erheblich ist. Ein Teilurteil darf somit nur ergehen, wenn die Beurteilung des durch das Teilurteil entschiedenen Anspruchs, auch unter Berücksichtigung einer abweichenden Beurteilung durch ein Rechtsmittelgericht im Instanzenzug, vom Ausgang des Streits über die weiteren Ansprüche vollständig unabhängig ist (BeckOK ZPO/Elzer, 31. Ed., § 301 Rn. 8 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch im Hinblick auf Klage und Widerklage.

b) Das vorliegende Teilurteil ist unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes erlassen worden: Der die Räumung und Herausgabe und somit alleine die Klage betreffende Teil steht außerhalb jedes Zusammenhangs mit der Widerklage, die sich auf Ansprüche der Beklagten wegen behaupteter Mängel der Mietsache beziehen. Die Klage betrifft einen anderen Sachverhalt als die erhobene Widerklage. Wie bereits durch das Amtsgericht ausgeführt, betrifft die Klage lediglich die auf die Verweigerung des Besichtigungsrechts gestützten Kündigungen, während durch die Widerklage Zahlungsansprüche wegen behaupteter Mietmängel und Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung geltend gemacht werden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts wird Bezug genommen. Insofern war die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bezüglich Klage und Widerklage zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Soweit die Beklagtenseite in diesem Zusammenhang ausführt, die angefochtene Entscheidung habe nicht das sich aus dem Sachverhaltsvortrag der Widerklage ergebende vertragswidrige Verhalten des Vermieters berücksichtigt, ändert dieser Vortrag nichts an der rechtlichen Beurteilung. Das Amtsgericht hat sich mit der fristlosen Kündigung im Zusammenhang mit dem titulierten Anspruch der Kläger auf Gewährung eines Besichtigungsrechts auseinandergesetzt und geprüft, ob die in diesem Duldungstitel festgehaltenen Voraussetzungen gegeben sind.

2. In der Sache selbst hat das Amtsgericht zu Recht den Anspruch der Kläger auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Mietobjekts als begründet angesehen, da jedenfalls bezüglich der in der Klageschrift vom 14.04.2016 ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigung die Voraussetzungen des § 543 BGB – Kündigung aus wichtigem Grund – erfüllt sind.

Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein solcher Kündigungsgrund kann im Einzelfall auch in der Verletzung von Duldungspflichten des Mieters liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine fristlose Kündigung u.a. auf eine Verletzung von Duldungspflichten des Mieters gestützt werden, wenn der Mieter einen rechtskräftigen Duldungstitel missachtet (BGH, Versäumnisurteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 281/13 -, juris; s.a. BGH, Beschluss vom 05.10.2010 – VIII ZR 221/09 -, juris).

a) Vorliegend besteht ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.06.2015 – Az. 9 S 256/13 -, wonach die Beklagten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen den Klägern Zutritt zu dem streitgegenständlichen Anwesen zu gewähren haben und verpflichtet sind, das Betreten der Räumlichkeiten durch die Kläger zusammen mit Kaufinteressenten zwecks Besichtigung zu dulden. Konkret sind die Beklagten verurteilt worden, „den Klägern gemeinsam mit Kaufinteressenten bzw. namentlich bekannt gemachten Interessenten – deren Anschrift mitgeteilt wird – den Zutritt zum Anwesen in einem Umfang von 3 mal je Kalendermonat werktags (Montag bis Freitag zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr oder samstags zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr), davon jedoch nur einmal je Kalendermonat am Samstag, nach vorausgegangener Ankündigung, die mindestens eine Woche im Voraus zu erfolgen hat, unter Eröffnung sämtlicher Räume des Anwesens zu gewähren.“

Durch ihr Verhalten haben sich die Beklagten über diesen rechtskräftigen Duldungstitel eigenmächtig hinweggesetzt. Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass das Ausmaß dieses Missachtens zumindest nach dem Schreiben der Klägerseite vom 26.02.2016 (Anlage K1) einen wichtigen Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung in der Klageschrift darstellt:

aa) Durch Schreiben vom 02.03.2016 wurde den Beklagten ein Besichtigungstermin für Freitag, den 11.03.2016, ab 18 Uhr angekündigt, durch Schreiben vom 04.03.2016 ein weiterer Besichtigungstermin für Samstag, 12.03.2016, ab 11 Uhr. Auf diese Ankündigungen reagierten die Beklagten durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2016 (Anlage B 20b). In diesem Schreiben wurde den Klägern mitgeteilt, dass aufgrund der jüdischen Religionszugehörigkeit des Beklagten Ziffer 1 Besuchswünsche nur für die Wochentage Montag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag akzeptiert würden; die von den Klägern für Freitag und Samstag angekündigten Besuchstermine würden aus Schikaneabsicht erfolgen. Besichtigungsbesuche am Samstag seien unzumutbar.

Diese Ablehnung der Beklagten steht allerdings im Widerspruch zu der rechtskräftigen Verurteilung, die ein Besichtigungsrecht auch freitags – zwischen 18 und 19 Uhr – und einmal pro Kalendermonat samstags – zwischen 11 und 12 Uhr – beinhaltet. Insofern stellt die Verweigerung der Beklagten eine Missachtung des rechtskräftigen Titels dar. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Beklagten ausweislich des rechtskräftigen Duldungstitels dazu verpflichtet waren, (nur) einmal im Kalendermonat eine Besichtigung am Samstag – und dies auch nur für eine Stunde – hinzunehmen. Wie sich aus dem Urteil des Landgerichts vom 27.03.2015 ergibt, wurde hier ausdrücklich auf den jüdischen Glauben des Beklagten Ziffer 1 Rücksicht genommen. Insofern hat das Berufungsgericht in diesem Urteil auch darauf hingewiesen, dass es dem Beklagten möglich gewesen wäre, die Besichtigung an dem einen – möglichen -Samstagstermin im Monat durch eine weitere Person durchführen zu lassen, ohne selbst hierbei anwesend zu sein. Keinesfalls kann eine Schikane darin gesehen werden, wenn die Kläger dieses ihnen zustehende Recht in Anspruch nehmen.

bb) Mit Schreiben vom 16.03.2016 wurde den Beklagten Besichtigungstermine für Donnerstag, den 24.03.2016, ab 18 Uhr, Samstag, den 26.03.2016, ab 11 Uhr und Dienstag, den 29.03.2016, ab 18 Uhr ordnungsgemäß angekündigt. Mit Schreiben vom 29.03.2016 ließen die Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass sie in Urlaub gewesen seien.

Auch durch dieses Verhalten haben die Beklagten gegen die rechtskräftige Entscheidung verstoßen, da sie gemäß Verurteilung den Klägern mindestens 2 Monate im Voraus den besichtigungsfreien Zeitraum hätten mitteilen müssen.

cc) Des Weiteren wurde den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 06.04.2016 Besichtigungstermine für Samstag, den 16.04.2016, Freitag, den 22.04.2016, und Montag, den 25.04.2016, angekündigt. Auch diese Termine wurden von Beklagtenseite nicht bestätigt. Vielmehr ließen die Beklagten mit Schreiben vom 07.04.2016 – wegen des Freitags- und des Samstagstermins unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 07.03.2016 – sämtliche genannten Termine zurückweisen. Hier ist ein weiteres Mal darauf hinzuweisen, dass die Kläger lediglich ihnen das aufgrund des rechtskräftigen Titels zustehende Recht der Durchführung von Besichtigungen in Anspruch genommen haben, da ihnen pro Kalendermonat drei Termine, einer davon auch an einem Samstag, zugestanden haben.

Insgesamt stellt das Verhalten der Beklagten nach dem klägerischen Schreiben vom 26.02.2016 eine völlige Missachtung des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Karlsruhe dar. Die Beklagten haben sich trotz rechtskräftiger Verurteilung in den Monaten März und April 2016 dem klägerischen Besichtigungsrecht verweigert.

b) Im Übrigen ist der außerordentlichen fristlosen Kündigung eine berechtigte Abmahnung i.S. des § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB vorausgegangen. Allerdings wäre eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen, § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB.

Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das klägerische Kündigungsschreiben vom 26.02.2016 zwar keine wirksame Kündigung begründet, allerdings hinsichtlich der Missachtung des Berufungsurteils vom 10.06.2015 als Abmahnung i.S.des § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB anzusehen ist.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite waren die Besichtigungstermine für den Monat Dezember 2015, auf die sich dieses Schreiben bezieht, sämtlich ordnungsgemäß angekündigt worden und wurden diese unberechtigterweise von den Beklagten zurückgewiesen.

(1) Soweit durch die Beklagtenseite behauptet wird, wegen fehlenden Nachweises der Legitimation bezüglich des Klägers Ziffer 1 könne von einer ordnungsgemäßen Ankündigung durch Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 04.12.2015 (Anlage B2a) zu dem Besichtigungstermin am 12.12.2015 nicht ausgegangen werden, kann dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt werden, dies auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.06.2015, Az. 9 S 256/13. Wie bereits durch das Amtsgericht ausgeführt, wird die Ankündigung bereits nicht von der Regelung des § 174 BGB umfasst, so dass sich die Beklagten nicht auf diese Vorschrift berufen können. Unabhängig hiervon geht die Beklagtenseite selbst von einer ordnungsgemäßen Legitimation bezüglich der Klägerin Ziffer 2 aus. Insofern hätten die Beklagten – ausgehend von ihrer Sichtweise bzw. rechtlichen Beurteilung (die vom Berufungsgericht nicht geteilt wird) – zumindest der Klägerin Ziffer 2 die Wahrnehmung des mitgeteilten Besichtigungstermins ermöglichen müssen. Auch dies ist jedoch nicht geschehen.

(2) Des Weiteren hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass erst recht die für 18.12.2015 und 19.12.2015 angekündigten Besichtigungstermine nicht wegen fehlenden Legitimationsnachweises hätten abgesagt werden dürfen. Zum einen gelten auch hier die obigen Ausführungen. Zum anderen wurden diese Besichtigungstermine bereits mit Schreiben vom 04.12.2015 angekündigt, sodass sich die Beklagtenseite nicht auf nicht rechtzeitige Mitteilung berufen kann, weil der Legitimationsnachweis – ohnehin nur bezüglich des Prozessbevollmächtigten des Klägers – erst am 14.12.2015 beim Beklagtenvertreter eingegangen ist. Auch aus Sicht der Klägerseite wäre nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Ankündigungsfrist erst ab Eingang des Legitimationsnachweises berechnen sollte.

(3) Wie ebenfalls durch das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, war die Zurückweisung der für den 29. und 30.12.2015 angekündigten Besichtigungstermine auch nicht deshalb zulässig, weil der Vater des Klägers hier anwesend sein sollte. Aus der Formulierung des rechtskräftigen Urteils ergibt sich keinesfalls, dass eine Vertretung der Kläger beim Besichtigungstermin selbst ausgeschlossen war und somit jeweils die Kläger höchstpersönlich hätten anwesend sein müssen. Völlig zu Recht weist das Amtsgericht deshalb in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die Auffassung der Beklagtenseite weder vom Wortlaut noch vom Sinngehalt der rechtskräftigen Verurteilung gedeckt ist. Ergänzend wird auf die weiteren zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen; eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerseite im Berufungsverfahren.

(4) Des Weiteren war der Auffassung der Beklagten, sie hätten ihre Urlaubsabwesenheit vom 18.12.2015 bis 07.01.2016 den Klägern nicht mitteilen müssen, insofern nicht zu folgen, als die Beklagten laut Urteil zumindest 2 Monate zuvor den Klägern hätten mitteilen müssen, dass in diesem Zeitraum Besichtigungen nicht möglich seien. Der Wortlaut der Entscheidung ist insofern unmissverständlich formuliert und es bestand keine Veranlassung, den Beklagten über diesen Wortlaut hinweg weitere Rechte einzuräumen oder von dieser rechtskräftigen Verurteilung zu Gunsten der Beklagten abzuweichen. Diesbezüglich hat das Amtsgericht auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagten nicht verpflichtet waren, den geplanten Urlaub als solchen anzukündigen, sondern, wie bereits ausgeführt, lediglich den besichtigungsfreien Zeitraum mitzuteilen.

bb) Wegen der weiteren Zurückweisungen von Besichtigungsterminen im Februar 2016 wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Im Übrigen wären für die Berechtigung der Abmahnung auch bereits die im Dezember 2015 nicht gewährten Besichtigungstermine ausreichend.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass aufgrund des Schreibens vom 26.02.2016 – ebenso wie bereits durch die Abmahnung vom 16.12.2015 – den Beklagten deutlich gemacht worden ist, dass bei weiterer Missachtung des rechtskräftigen Urteils und des sich daraus ergebenden Besichtigungsrechts die fristlose Kündigung drohe.

c) Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass eine Abmahnung vorliegend entbehrlich und die außerordentliche fristlose Kündigung in der Klageschrift auch ohne eine solche wirksam gewesen wäre, da zumindest die Ausnahmeregelung des § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB vorläge. Nach dieser Regelung ist eine der Kündigung vorausgehende Abmahnung entbehrlich, wenn diese offensichtlich keinen Erfolg verspricht.

Eine Abmahnung verspricht offensichtlich keinen Erfolg, wenn die andere Vertragspartei ausdrücklich oder eindeutig durch schlüssiges Verhalten es ernsthaft und endgültig abgelehnt hat, eine noch andauernde Pflichtverletzung einzustellen oder eine künftige zu unterlassen (MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl. 2020, BGB § 543 Rn. 67; BeckOGK/Mehle, 1.10.2019, BGB § 543 Rn. 239). Dies ist vorliegend der Fall.

Ausschlaggebend ist hierbei, dass die Beklagten trotz Vorliegens eines titulierten Duldungsanspruchs ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind. Wenn aber selbst eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung keinen Einfluss auf das Verhalten der Beklagten hatte, diese sich vielmehr ganz bewusst darüber hinweggesetzt haben, würde es eine reine Förmelei darstellen, eine Abmahnung der Kläger zu verlangen.

3. Soweit sich die Beklagtenseite in der Berufungsbegründung mit behaupteten Baumängeln des streitgegenständlichen Anwesens und mit dem Umgang der Kläger nach deren Anzeige auseinandersetzt, betrifft dieser Sachverhalt nicht die streitgegenständliche Kündigung. Ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt sich somit im vorliegenden Berufungsverfahren. Ausschlaggebend ist vorliegend lediglich die Frage, ob die Beklagten durch ihr Verhalten der rechtskräftigen Verurteilung zuwidergehandelt haben. Dies ist der Fall. Die Beklagtenseite verkennt, dass es nicht in der Entscheidungsfreiheit der Beklagten lag, ob sie dem rechtskräftigen Duldungstitel gemäß die Besichtigung durchführen lassen oder diese verweigern wollten.

Ebenso ist für die vorliegende Entscheidung irrelevant, ob das streitgegenständliche Anwesen letztendlich tatsächlich verkauft oder lediglich einer neuen Vermietung zugeführt worden ist. Ein weiteres Eingehen auf den diesbezüglich erfolgten Vortrag der Beklagtenseite im Berufungsverfahren erübrigt sich, da dies für die Feststellung, dass sich die Beklagten durch ihr Verhalten eigenmächtig über ein rechtskräftiges Urteil hinweggesetzt haben, ohne Belang ist.

Nach alledem war der ursprüngliche Klageantrag auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Anwesens gemäß § 546 Abs. 1 BGB aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung in der Klageschrift vom 14.04.2016 begründet, so dass nach Erledigung der Hauptsache der Beklagtenseite gemäß § 91a ZPO die Kosten der Berufung aufzuerlegen waren.

Wie bereits oben ausgeführt, wird das Amtsgericht in seiner Schlussentscheidung noch über die Kosten der 1. Instanz bezüglich der Klage zu entscheiden haben, dies allerdings mit der Maßgabe, dass die aufgrund der Klage erstinstanzlich entstandenen Kosten den Beklagten aufzuerlegen sein werden.

Diese Kostenentscheidung ist als Entscheidung im Berufungsverfahren unanfechtbar

III. Zwar hätte es im Tenor dieses Beschlusses nicht ausdrücklich des Ausspruchs bedurft, dass das angefochtene Teilurteil des Amtsgerichts wirkungslos ist, da dieser Feststellung lediglich eine Klarstellungsfunktion zukommt. Da jedoch dieser Ausspruch durch die Beklagtenseite beantragt worden ist, war dieser Zusatz (entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 ZPO) aufzunehmen.

 

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