AG Iserlohn – Az.: 41 C 127/19 – Urteil vom 13.10.2020
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.403,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2019 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird auf 1.403,86 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Forderungen aus einer Betriebskostenabrechnung aus einem Wohnraummietverhältnis.
Der Kläger vermietete an die Beklagte eine Wohnung im Dachgeschoss des Hauses V. 2 in H.. Die Kaltmiete beträgt ausweislich des Mietvertrages 410,00 Euro. Hinzu kommen Vorauszahlungen in Höhe von 70,00 Euro für die Heizkosten und 75,00 Euro für die sonstigen Betriebskosten. Nach Buchstabe E Ziff. 11 des Mietvertrages werden die Betriebskosten mit Ausnahme der Heizkosten nach dem Anteil der Wohnfläche umgelegt. Abweichend hiervon ist weiter vereinbart, dass die Positionen „Wasser“ und „Müll“ nach Kopfzahl umgelegt werden.
Für das Jahr 2016 zahlte die Beklagte eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 97,00 Euro und für das Jahr 2017 in Höhe von 365,00 Euro.
Mit Schreiben vom 18.03.2019, welches der Beklagten am 25.03.2019 zuging, übersandte die ##### für den Kläger die Betriebskostenabrechnung einschließlich der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2018. Hinsichtlich der Betriebskosten ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 83,41 Euro, hinsichtlich der Heizkosten in Höhe von 1.320,45 Euro. Die Beklagte wurde aufgefordert, den Nachzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.403,86 Euro bis zum 01.04.2019 zu zahlen. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Die Beklagte begehrte Einsicht in die Belege zur Betriebskostenabrechnung. Die von ihr unterbreiteten Terminvorschläge lehnte die Hausverwaltung mit Verweis auf ihre Bürozeiten ab. Die Hausverwaltung des Klägers erklärte gegenüber der Beklagten wiederholt, dass Belegeinsicht innerhalb ihrer Öffnungszeiten möglich sei und unterbreitete entsprechende Terminvorschläge, welche die Beklagte nicht wahrnahm. Am 29.04.2020 erfolgte eine Überprüfung der Heizkostenverteilergeräte in der Wohnung der Beklagten. Die Fa. T. teilte der Hausverwaltung mit Schreiben vom 06.05.2020 mit, dass die Überprüfung ergeben habe, dass die Heizkostenverteiler keinen Defekt aufweisen und dass die Verbräuche der Heizkosten der Beklagten in den Jahren 2017 bis 2019 nicht deutlich voneinander abweichen (2017 = 17729 Einheiten; 2018 = 18316 Einheiten; 2019 = 18038 Einheiten).
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.403,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Betriebskostenabrechnung nicht formell ordnungsgemäß sei. In diesem Zusammenhang bestreitet sie, dass die Wohnung eine Fläche von 64 m² habe und die Gesamtwohnfläche 237,10 m² betrage. Ebenfalls bestreitet sie den Gesamtverbrauch, die Gesamtkosten sowie den Einzelverbrauch.
Des Weiteren ist die Beklagte der Ansicht, dass die Kanalgebühren nicht nach Personen × Tage umgelegt werden dürften. Auch ergebe sich aus der Abrechnung nicht, wie sich die Einheit Personen × Tage in Höhe von 1.185 zusammensetze.
Zudem sei der Nachzahlungsbetrag für das Jahr 2018 im Vergleich zu den Vorjahren auffallend hoch, was aufgrund der Hitze und Dürre in 2018 einen materiell falschen Nebenkostenabrechnungsbetrag indiziere. Auch erscheine die Heizkostenabrechnung vor dem Hintergrund, dass in der darunter liegenden Wohnung die Heizkörper abmontiert gewesen seien, als nicht zutreffend.
Die Beklagte behauptet, dass der Mitarbeiter von T. am 29.04.2020 erklärt habe, es müsse ein Defekt der Therme vorliegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.403,86 Euro aus §§ 535, 556 BGB.
Die Beklagte ist verpflichtet, den Nachzahlungsbetrag in vorgenannter Höhe aus der Betriebskostenabrechnung einschließlich der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2018 zu zahlen.
Die Betriebs- und Heizkostenabrechnung ist zunächst formell ordnungsgemäß. Für die formelle Ordnungsgemäßheit muss die Abrechnung eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, den Umlageschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und die Vorauszahlungen des Mieters enthalten und muss gedanklich und rechnerisch verständlich sein (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage, § 556, Rz. 333 m.w.N. auf die ständige BGH-Rechtsprechung).
Diesen Anforderungen wird die vorliegend Betriebskostenabrechnung gerecht. Es sind alle vorgenannten Punkte enthalten und sie ist rechnerisch nachvollziehbar. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sich aus der Abrechnung nicht ergebe, wie sich die Einheit Personen × Tage zusammensetze, ist dies keine Frage der formellen Ordnungsgemäßheit, sondern der materiellen. Ausreichend ist, dass in der Abrechnung angegeben ist, welcher Umlageschlüssel verwandt wird (nämlich Personen × Tage) und welche Werte diesbezüglich für das gesamte Objekt und für die Beklagte zugrunde gelegt werden. Ob diese dann Werte richtig sind, ist eine Frage der materiellen Richtigkeit der Abrechnung.
Die Abrechnung ist aber auch materiell ordnungsgemäß und nicht zu beanstanden.
Soweit die Beklagte die Werte in der Abrechnung pauschal bestreitet bzw. darauf verweist, dass nicht ersichtlich sei, wie diese sich zusammensetzen, greift dies nicht durch. Denn der Mieter ist verpflichtet, konkrete Beanstandungen gegen die Abrechnung vorzubringen. Ein pauschales Bestreiten genügt nicht (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14 Auflage, § 556, Rz. 501). Hierfür muss der Mieter die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege einsehen und dann konkrete Einwendungen erheben.
Soweit es vorliegend zu keiner Belegeinsicht gekommen ist, führt dies nicht dazu, dass das pauschale Bestreiten der Beklagten ausreichend ist. Denn der Kläger hat die Belegeinsicht nicht verweigert. Die Hausverwaltung des Klägers hat der Beklagten mehrfach angeboten, die Belege in ihrem Büro zu den Bürozeiten einzusehen. Soweit die Beklagte die reine Übersendung von Kopien begehrt hat, hat sie hierauf keinen Anspruch (BGH, Urt. v. 08.03.2006, Az. VIII ZR 78/05, NZM 2006, 340). Auch der Umstand, dass die Beklagte während der Öffnungszeiten grundsätzlich arbeiten muss, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, warum es der Beklagten nicht während eines Jahres ab dem 25.03.2019 möglich gewesen sein soll, zu den Bürozeiten bei der Hausverwaltung zu erscheinen. Auch hätte sie ihren Prozessbevollmächtigten mit einer Belegeinsicht beauftragen können. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht die inzwischen seit März 2020 aufgetretene Corona-Pandemie, zumal die Hausverwaltung auch diesbezüglich der Beklagten mitgeteilt hat, dass eine Belegeinsicht trotzdem möglich ist.
Auch das einfache Bestreiten der Wohnflächen ist nicht ausreichend, § 138 Abs. 3 ZPO. Es erschließt sich nicht, warum die Beklagte Zweifel an den Angaben in der Abrechnung hat, zumal sie jedenfalls die Größe ihrer Mietwohnung überprüfen und insoweit dann substantiiert vortragen könnte.
Ebenfalls ist nicht zu beanstanden, dass die Kanalgebühren nach Personen umgelegt worden ist. Eine Umlage nach Wohnfläche ist insoweit nicht veranlasst. Im Mietvertrag haben die Parteien eine Umlage von „Wasser“ nach Personen vereinbart. Zu den Wasserkosten gehören aber nicht nur die Kosten für Frischwasser, sondern auch die Kosten für das Abwasser, was hier mit den Kanalgebühren offensichtlich gemeint ist.
Auch die Einwendungen gegen die Heizkosten greifen nicht durch. Auch diese erfolgen ins Blaue hinein ohne jede Substanz. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass sie in den Vorjahren geringere Nachzahlungsbeträge in den Betriebskostenabrechnungen hatte, trägt sie nicht vor, worauf diese beruhen. Bei diesem pauschalen Vortrag ist nicht auszuschließen, dass die geringeren Nachzahlungsbeträge auf Änderungen in den Kosten für andere Betriebsarten als die Heizkosten oder auf reinen Preissteigerungen z.B. für den Brennstoff beruhen. Die Beklagte hätte diesbezüglich die den Heizkosten zugrunde liegenden Belege einsehen und konkret, ggf. unter Vergleich mit den Abrechnungen der Vorjahre vortragen müssen, was sich geändert hat. Ob es sich daher bei den Heizkosten für 2018 um einen unerklärlichen Ausreißer handelt, ist daher nicht ersichtlich.
Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der lapidare Vortrag, ein Mitarbeiter der Fa. T. habe im Rahmen der Überprüfung der Heizkostenverteiler erklärt, dass der zentrale Heizkessel im Keller defekt sein müsse, so dass die Heizkosten wegen eines Defekts der Heiztherme exorbitant hoch seien. Dies steht bereits im Widerspruch zum Vortrag des Klägers, dass die Verbräuche der Heizkosten für 2017 bis 2019 nicht wesentlich voneinander abweichen würden. Dies deckt sich im Übrigen auch mit dem Schreiben der Fa. T. vom 06.05.2020, welches der Kläger vorgelegt hat. Danach hat die Überprüfung der Heizkostenverteiler ergeben, dass diese nicht defekt seien. Zudem hat die Fa. T. die in der Wohnung der Beklagten gemessenen Verbrauchseinheiten der Jahre 2017 bis 2019 benannt, welche nicht deutlich voneinander abweichen. Hiermit hat sich die Beklagte aber überhaupt nicht auseinandergesetzt.
Darüber hinaus sind konkrete Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB geltend zu machen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage, § 556, Rz. 501 m.w.N.). Konkrete Einwendungen hätten daher vorliegend bis zum Ablauf des 25.03.2020 erhoben werden müssen. Selbst wenn man die Einwendungen der Beklagten aus den Schriftsätzen vom 21.04.2020 und 15.05.2020 für ausreichend halten würde, erfolgen diese nach Fristablauf. Zwar erfolgte die Überprüfung durch die Fa. T. erst nach Fristablauf. Da diese aber auf Initiierung der Beklagten erfolgte, erschließt sich nicht, warum sie dies nicht bereits früher beauftragt hat.
Eine erneute Schriftsatzfrist für die Beklagte war nicht zu gewähren. Bereits im Termin vom 27.02.2020 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass substantiierter Vortrag erforderlich ist. Dass der danach erfolgende Vortrag immer noch nicht ausreicht, veranlasst nicht die erneute Gewährung einer Schriftsatzfrist. Der Beklagten muss nicht so lange die Möglichkeit gegeben werden vorzutragen, bis ihr substantiierter Vortrag gelingt, zumal zukünftige substantiierte Einwendungen außerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 5 BGB erfolgen würden.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.