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Bestimmtheit des Räumungstitels bei Gewerberäumen: wann vollstreckbar?

Die notwendige Bestimmtheit des Räumungstitels bei Gewerberäumen in Bremen sollte einen Gläubiger trotz eines gerichtlichen Vergleichs die gesamte Zwangsvollstreckung kosten. Der Gerichtsvollzieher verweigerte die Räumung, weil die Beschreibung der Räumlichkeiten und eine unklare Zinsabrede formell fehlerhaft blieben.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 22 M 2963/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: amtsgericht-bremen-blumenthal-155823″ target=“_blank“>Amtsgericht Bremen-Blumenthal
  • Datum: 03.04.2025
  • Aktenzeichen: 22 M 2963/24
  • Verfahren: Erinnerungsverfahren gegen Gerichtsvollzieher
  • Rechtsbereiche: Zwangsvollstreckung, Gewerbemietrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Ein Gläubiger wollte aus einem gerichtlichen Vergleich die Räumung von Gewerberäumen und ausstehende Zinszahlungen vollstrecken lassen. Der zuständige Gerichtsvollzieher weigerte sich, die Vollstreckung durchzuführen. Der Gläubiger legte daraufhin Beschwerde gegen diese Verweigerung ein.
  • Die Rechtsfrage: Darf der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung ablehnen, wenn die Beschreibung der zu räumenden „Gewerberäume“ zu unbestimmt ist und die geltend gemachten Zinsforderungen nicht klar aus dem gerichtlichen Vergleich hervorgehen?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht wies die Beschwerde des Gläubigers zurück. Der Räumungstitel war nicht präzise genug, und die geforderten Zinsen waren nicht eindeutig im Vergleich vereinbart.
  • Die Bedeutung: Vollstreckungstitel müssen den Vollstreckungsgegenstand genau bezeichnen, damit der Gerichtsvollzieher keine externen Fakten prüfen muss. Nur Forderungen, die sich direkt und klar aus dem Titel ergeben, sind zwangsweise durchsetzbar.

Der Fall vor Gericht


Was passiert, wenn ein Räumungsbefehl zu ungenau ist?

Ein Gerichtsvollzieher steht vor einem mehrstöckigen Gebäude in Bremen, in der Hand einen Räumungsbefehl. Der Befehl ist Teil eines gerichtlichen Vergleichs und lautet: „Die Gewerberäume in der R…-B…-Straße 43 sind zu räumen.“ Eine scheinbar klare Anweisung.

Wegen des unbestimmten Räumungstitels verweigert der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung der Gewerberäume.
Unpräziser Räumungstitel stoppte Vollstreckung: Gerichtsvollzieher verweigerte Ausführung wegen unklarer Raumbezeichnung. | Symbolbild: KI

Doch der Gerichtsvollzieher zögert. Welche Gewerberäume? Das Büro im Erdgeschoss? Die Lagerräume im ersten Stock? Das gesamte Gebäude? Der Text des Vergleichs, aus dem er vollstrecken soll, schweigt dazu. Diesen Befehl auszuführen, wäre ein juristisches Glücksspiel. Er weigert sich – und löst damit einen Rechtsstreit aus, der eine fundamentale Frage der Zwangsvollstreckung beleuchtet: Wie präzise muss ein Urteil sein, damit es nicht nur Tinte auf Papier bleibt?

Warum war der Räumungstitel für den Gerichtsvollzieher unbrauchbar?

Der Knackpunkt war das Wort „Gewerberäume“. Ein Vollstreckungstitel muss so konkret sein, dass der Gerichtsvollzieher vor Ort keine Sekunde zweifeln muss, was zu tun ist. Er darf nicht interpretieren oder ermitteln müssen. Seine Aufgabe ist die reine Umsetzung eines Befehls. Der Vergleich beschrieb die zu räumenden Objekte nur mit dem Gattungsbegriff „Gewerberäume“ an einer bestimmten Adresse.

Das Amtsgericht Bremen-Blumenthal stellte fest, dass diese Formulierung nicht ausreicht. In einem Gebäude mit mehreren Etagen muss ein Räumungstitel die genaue Lage und Bezeichnung aller betroffenen Räume enthalten. Der Gläubiger argumentierte, es sei doch klar, dass das gesamte Gebäude gemeint sei, da es nur an einen Mieter vermietet wäre. Dieses Argument ließ das Gericht nicht gelten. Informationen, die außerhalb des Titels selbst liegen, sind für den Gerichtsvollzieher tabu. Er kann nicht wissen und darf nicht prüfen, was die Parteien vielleicht gemeint haben oder wie die tatsächlichen Mietverhältnisse sind. Sein Handeln stützt sich allein auf den Wortlaut des Dokuments. Weil der Titel hier Raum für Zweifel ließ, war er unbestimmt. Die Weigerung des Gerichtsvollziehers, auf dieser vagen Grundlage zu handeln, war korrekt.

Weshalb scheiterte auch die Vollstreckung der Zinsforderungen?

Der Gläubiger wollte nicht nur die Räumung, sondern auch offene Geldbeträge samt Zinsen eintreiben. Seine Forderungsaufstellung listete diverse Zinspositionen auf. Auch hier blockte der Gerichtsvollzieher ab. Er fand in dem gerichtlichen Vergleich keine Grundlage für diese Zinsberechnungen.

Das Gericht bestätigte diese Einschätzung. Im Vergleich war zwar eine Zinsregelung enthalten – aber nur für einen ganz bestimmten Fall. Sollte der Schuldner mit mehr als einer Rate in Verzug geraten, würde die gesamte Restschuld sofort fällig und DANN mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst. Der Gläubiger berechnete aber Zinsen auf einzelne verspätete Monatsmieten oder Raten, für die es im Vergleich keine explizite Zinsvereinbarung gab. Die Zwangsvollstreckung ist kein Wunschkonzert. Es kann nur das durchgesetzt werden, was unmissverständlich im Titel steht. Eine Zinsregelung für einen Spezialfall begründet keinen allgemeinen Zinsanspruch für jeden Verzug. Dem Gerichtsvollzieher fehlte die Legitimation, diese nicht titulierten Zinsen beizutreiben.

Auf welchem Prinzip beruht die Entscheidung des Gerichts?

Die gesamte Entscheidung des Gerichts fußt auf dem strengen Formalisierungsprinzip der Zwangsvollstreckung. Im Klartext bedeutet das: Nur was exakt und zweifelsfrei in einem vollstreckbaren Titel – wie einem Urteil oder einem gerichtlichen Vergleich – geschrieben steht, kann mit staatlicher Gewalt durchgesetzt werden. Es gibt keinen Spielraum für Auslegung, für mündliche Nebenabreden oder für Tatsachen, die nicht für jedermann offenkundig sind.

Der Gläubiger reichte gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers eine sogenannte Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung (ZPO) ein. Das Gericht prüfte diese Erinnerung und wies sie als unbegründet zurück. Die Richter machten klar, dass die Präzision eines Titels kein Selbstzweck ist. Sie schützt den Schuldner vor unberechtigten Vollstreckungsmaßnahmen und den Gerichtsvollzieher vor Haftungsrisiken. Ein unklarer Räumungstitel birgt die Gefahr, dass falsche Räume versiegelt werden. Eine unklare Geldforderung birgt die Gefahr, dass mehr Geld eingetrieben wird, als dem Gläubiger zusteht. Beide Fehlerquellen hatte der Vergleich in diesem Fall. Die Konsequenz war hart, aber juristisch folgerichtig: Der Gläubiger hatte zwar einen Titel, aber keinen vollstreckbaren Anspruch.

Die Urteilslogik

Die staatliche Durchsetzung von Forderungen akzeptiert keine Unklarheit, da die Zwangsvollstreckung dem strengen Formalisierungsprinzip folgt.

  • Die Anforderung der zweifelsfreien Bestimmtheit: Ein Vollstreckungstitel muss die zu räumenden Objekte oder Flächen so präzise bezeichnen (etwa durch Stockwerk und Nummer), dass dem Gerichtsvollzieher jede Interpretation oder Ermittlung vor Ort erspart bleibt.
  • Keine Vollstreckung außerhalb des Titels: Der Gerichtsvollzieher darf zur Ausführung seines Auftrags ausschließlich den Wortlaut des vollstreckbaren Dokuments heranziehen und muss alle außerhalb liegenden Tatsachen oder mutmaßlichen Parteiabsichten ignorieren.
  • Zinsansprüche erfordern eine explizite Titulierung: Nur die konkret im Vergleich oder Urteil festgelegten Zinsregelungen legitimieren die Zwangsvollstreckung, wobei eine Spezialregelung für einen Ausnahmefall keinen generellen Anspruch auf Zinsen bei jedem Verzug begründet.

Die strikte Einhaltung der Form schützt den Schuldner vor unberechtigten Eingriffen und gewährleistet die Rechtssicherheit im staatlichen Vollzug.


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Experten Kommentar

Einen gerichtlichen Vergleich zu schließen, ist oft schon schwer genug. Dieses Urteil macht aber unmissverständlich klar: Selbst der beste Kompromiss ist nur so viel wert wie seine juristische Präzision. Der Gerichtsvollzieher ist keine Ermittlungsbehörde; er darf nicht interpretieren, was die Parteien vielleicht gemeint haben, sondern setzt nur um, was wortwörtlich im Titel steht. Gläubiger, die sich beim Räumungstitel oder der Zinsabrede auf grobe Angaben verlassen, zahlen den Preis – denn ein unbestimmter Titel blockiert die Vollstreckung komplett. Wer wirklich durchsetzen will, muss die Details des Was und Wo knallhart festzurren.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie genau muss mein Räumungstitel sein, damit die Zwangsvollstreckung funktioniert?

Ein Räumungstitel muss absolut zweifelsfrei und unmissverständlich formuliert sein, damit die Zwangsvollstreckung gelingt. Der Gerichtsvollzieher (GV) ist zur reinen Umsetzung verpflichtet; er darf keine Interpretationen vornehmen oder eigene Ermittlungen anstellen. Enthält der Titel nur vage Angaben zur Räumungsfläche, muss der GV die Vollstreckung ablehnen, auch wenn Sie hart auf dieses Dokument hingearbeitet haben.

Dieses strenge Formalisierungsprinzip schützt den Schuldner vor unberechtigten Eingriffen und den Vollstreckungsbeamten vor Haftungsrisiken. Die Angabe der bloßen Straßenadresse reicht fast nie aus, besonders wenn sich in dem Gebäude mehrere Einheiten oder Etagen befinden. Bei einem mehrstöckigen Objekt muss ein Räumungstitel die genaue Lage und Bezeichnung aller betroffenen Räume enthalten, da Gattungsbegriffe unzulässig sind.

Der GV darf Informationen, die außerhalb des Titels selbst liegen, rechtlich nicht berücksichtigen. Er kann nicht prüfen, welche tatsächlichen Mietverhältnisse bestehen oder welche Räume die Parteien im Vergleich meinten. Fehlt die präzise Kennzeichnung von Etage, Raumnummer oder Quadratmeterangabe, ist der Titel unbestimmt und damit nicht vollstreckbar. Die Konsequenz ist eine erhebliche Verzögerung des Räumungsverfahrens.

Überprüfen Sie Ihren vorliegenden oder geplanten Titel sofort auf die konkrete Nennung von Etage, Raumnummer oder der genauen Quadratmeterangabe der zu räumenden Einheit.


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Muss ich die genaue Lage von Gewerberäumen im Räumungstitel explizit nennen?

Ja, die genaue Lage von Gewerberäumen im Räumungstitel ist zwingend erforderlich. Auch wenn Sie der Überzeugung sind, das gesamte Objekt sei eindeutig gemeint, muss der Titel maximal präzise sein. Gerichtsvollzieher dürfen die tatsächlichen Mietverhältnisse oder die Absichten der Parteien nicht überprüfen. Das strenge Formalisierungsprinzip verbietet jede Interpretation und stellt sicher, dass die Räumung der Gewerberäume fehlerfrei abläuft.

Die Verwendung eines Gattungsbegriffs wie „die Gewerberäume“ an einer bestimmten Adresse genügt nicht, sobald das Objekt mehrteilig ist. Ein Räumungstitel muss die zu räumende Einheit unzweifelhaft abgrenzen. Gerichte lehnen Argumente ab, die auf Tatsachen außerhalb des Titels beruhen – wie die Behauptung, das gesamte Gebäude sei nur an einen einzigen Mieter vermietet. Solche externen Informationen sind für den Gerichtsvollzieher tabu, denn er handelt ausschließlich nach dem Wortlaut des ihm vorliegenden Dokuments.

Der Titel muss die exakte, geometrisch definierte Einheit beschreiben, damit der Vollstreckungsbeamte den Befehl ohne jegliche eigene Ermittlung umsetzen kann. Nennen Sie daher unbedingt die Etage, die spezifische Raumnummer oder die genaue Quadratmeterangabe der Einheit. Wenn Sie einen gerichtlichen Vergleich schließen, hilft die Einbindung eines detaillierten und bemaßten Grundrisses als Anlage.

Stellen Sie sicher, dass Ihr Räumungstitel durch exakte Anlagen die betroffenen Räume unmissverständlich kennzeichnet, um spätere Vollstreckungsprobleme zu vermeiden.


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Was kann ich tun, wenn der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung meines Titels ablehnt?

Wenn der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung trotz eines vorliegenden Titels ablehnt, müssen Sie schnell handeln. Das korrekte Rechtsmittel gegen seine Entscheidung ist die sogenannte Erinnerung gemäß § 766 der Zivilprozessordnung (ZPO). Reichen Sie diese sofort beim zuständigen Amtsgericht ein, welches die Rechtmäßigkeit der Ablehnung überprüfen wird. Diese Maßnahme dient dazu, die Vollstreckung auf den Weg zu bringen und die Weigerung eines Staatsorgans juristisch zu korrigieren.

Der Gerichtsvollzieher ist zur reinen Umsetzung verpflichtet; er darf den Inhalt des Titels nicht interpretieren oder externe Informationen berücksichtigen. Er weigert sich, wenn der Titel dem strengen Formalisierungsprinzip nicht genügt, weil er beispielsweise die zu räumenden Objekte nur vage beschreibt. Das Gericht prüft im Rahmen der Erinnerung, ob der vorliegende Titel unmissverständlich und zweifelsfrei formuliert wurde. Die Weigerung des Gerichtsvollziehers dient dem Schutz des Schuldners vor unberechtigten Vollstreckungsmaßnahmen und schützt ihn selbst vor Haftungsrisiken.

Versuchen Sie nicht, den Gerichtsvollzieher persönlich unter Druck zu setzen oder ihm Dokumente zu übergeben, die nicht Teil des Originaltitels sind. Das ist rechtlich irrelevant und führt nur zu wertvollem Zeitverlust. Wird Ihre Erinnerung vom Amtsgericht als unbegründet abgewiesen, müssen Sie akzeptieren, dass Ihr Titel aufgrund formaler Mängel nicht vollstreckbar ist. In diesem Fall müssen Sie den Mangel zivilrechtlich beheben, etwa durch eine Ergänzungsklage zur Nachbesserung des Titels.

Erstellen Sie umgehend ein detailliertes Protokoll der Ablehnung und notieren Sie die genaue Begründung für die Unbestimmtheit des Titels, bevor Sie die § 766 ZPO Erinnerung einreichen.


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Kann ich Zinsforderungen vollstrecken lassen, die im Vergleich nicht klar geregelt sind?

Nein, in der Zwangsvollstreckung gibt es keinen Interpretationsspielraum für Geldforderungen. Nur Zinsen, deren Höhe, Basis und Beginn unmissverständlich im Vollstreckungstitel genannt sind, können beigetrieben werden. Das gilt auch dann, wenn Sie glauben, dass Ihnen diese Verzugszinsen nach dem Gesetz zustehen. Das Rechtsempfinden des Gläubigers zählt nicht; entscheidend ist allein der explizite Wortlaut des Titels.

Der Gerichtsvollzieher agiert nicht als Rechner oder Ermittler von Ansprüchen. Er ist streng an das Formalisierungsprinzip gebunden und muss den Anspruch ohne jegliche Herleitung umsetzen. Fehlt eine konkrete Regelung zur Verzinsung einzelner verspäteter Raten, darf der Gerichtsvollzieher die Zinsen nicht eigenständig ableiten oder berechnen. Er besitzt keine Legitimation, Forderungen aus nicht titulierten Anspruchsgrundlagen heranzuziehen.

Die Titulierung einer Zinsregelung für einen Spezialfall ist nicht auf andere Fälle übertragbar. Nehmen wir an, der Vergleich enthält eine Zinsvereinbarung nur für den Fall der sofortigen Fälligkeit der gesamten Restschuld. Diese Regelung begründet keinen allgemeinen Zinsanspruch für jeden kleineren Verzug. Der Gläubiger kann in diesem Fall keine Zinsen auf einzelne verspätete Monatsraten berechnen, für die keine explizite Vereinbarung im Titel getroffen wurde.

Überprüfen Sie Ihre Forderungsaufstellung kritisch und entfernen Sie alle Zinspositionen, die nicht wörtlich oder rechnerisch exakt im zugrundeliegenden Vergleich gedeckt sind, bevor Sie die Vollstreckung beauftragen.


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Wie formuliere ich gerichtliche Vergleiche, um spätere Vollstreckungsprobleme zu vermeiden?

Um eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung sicherzustellen, muss Ihr Gerichtlicher Vergleich dem strengen Formalisierungsprinzip genügen. Dies bedeutet, Sie dürfen keinen Interpretationsspielraum für den Gerichtsvollzieher lassen. Sie müssen allgemeine Gattungsbegriffe durch exakte, geometrische Spezifikationen ersetzen und Geldforderungen lückenlos definieren, um jeden Zweifel auszuschließen. Nur was absolut unmissverständlich im Titel steht, kann später mit staatlicher Gewalt durchgesetzt werden.

Die Regel: Bei Räumungsvergleichen bezeichnen Sie die betroffenen Objekte nicht nur durch die Straßenadresse. Nennen Sie zwingend die Etage, die genaue Lage, die Raumnummer oder die Bezeichnung der Einheit. Hier ist es oft sinnvoll, einen detaillierten Grundriss als Anlage einzubinden und im Titel ausdrücklich darauf zu verweisen. Diese Präzision schützt nicht nur den Schuldner vor unberechtigter Vollstreckung, sondern auch den Gerichtsvollzieher vor Haftungsrisiken. Verwenden Sie klare Formulierungen wie: „Das Büro, 2. OG, rechte Seite, gekennzeichnet auf Anlage A, ca. 50 qm.“

Besondere Sorgfalt benötigen Sie bei der Titulierung von Geldansprüchen, insbesondere bei Ratenplänen. Jede Zinsregelung muss für jeden denkbaren Verzugsfall explizit verankert werden – inklusive Höhe, Basis und Zeitpunkt. Eine Zinsregelung, die nur für den Fall der sofortigen Fälligkeit der gesamten Restschuld gilt, kann nicht auf einzelne verspätete Monatsraten übertragen werden. Achten Sie darauf, dass alle Forderungen rechnerisch exakt aus dem Wortlaut des Titels hervorgehen.

Lassen Sie einen unabhängigen Dritten den Vergleichsentwurf nur anhand seines Wortlauts lesen und prüfen, ob er daraus die exakte Räumungsfläche oder Zinsberechnung ableiten kann.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erinnerung nach § 766 ZPO

Eine Erinnerung nach § 766 ZPO ist das spezielle Rechtsmittel, mit dem ein Schuldner oder Gläubiger die Art und Weise der Zwangsvollstreckung überprüfen lässt, wenn er Fehler im Verfahren des Gerichtsvollziehers beanstandet. Dieses Verfahren erlaubt dem zuständigen Amtsgericht, die Rechtmäßigkeit einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme oder deren Ablehnung durch den Vollstreckungsbeamten zu prüfen. Das Gesetz schützt so die Parteien davor, dass der Gerichtsvollzieher eigenmächtig oder fehlerhaft handelt.

Beispiel: Nachdem der Gerichtsvollzieher die Räumung ablehnte, reichte der Gläubiger eine Erinnerung gemäß § 766 ZPO ein, um die Weigerung des Staatsorgans juristisch korrigieren zu lassen.

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Formalisierungsprinzip

Das Formalisierungsprinzip ist die zwingende juristische Regel, die besagt, dass die Zwangsvollstreckung nur aufgrund eines Titels erfolgen darf, dessen Inhalt absolut exakt und unzweifelhaft ist. Dieses strenge Prinzip verhindert Willkür und schützt den Schuldner vor ungerechtfertigten Eingriffen, da der Gerichtsvollzieher keinerlei Interpretationsspielraum für externe oder mündliche Informationen hat. Die staatliche Gewalt wird nur für das eingesetzt, was wortwörtlich im Dokument steht.

Beispiel: Die gesamte Entscheidung des Amtsgerichts fußte auf dem strengen Formalisierungsprinzip, welches die Ablehnung des unbestimmten Räumungstitels durch den Gerichtsvollzieher als juristisch folgerichtig bestätigte.

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Gattungsbegriff

Juristen verstehen unter einem Gattungsbegriff eine zu allgemeine, nicht spezifizierte Bezeichnung von Gegenständen oder Räumen, die im Vollstreckungstitel keine ausreichende Klarheit bietet. Weil der Gerichtsvollzieher nicht ermitteln darf, was konkret gemeint ist, sind Gattungsbegriffe in Räumungstiteln unzulässig, sobald ein Objekt mehrteilig oder vielschichtig ist. Das Gesetz fordert die exakte, geometrisch definierte Kennzeichnung der zu räumenden Einheit.

Beispiel: Im vorliegenden Fall reichte die Formulierung „die Gewerberäume“ nicht aus, da dieser Gattungsbegriff in einem mehrstöckigen Gebäude keine unzweifelhafte Bestimmung der zu räumenden Fläche ermöglichte.

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Gerichtlicher Vergleich

Ein gerichtlicher Vergleich ist eine vor Gericht geschlossene Einigung zwischen Streitparteien, die den Rechtsstreit beendet und, wenn er protokolliert wurde, gleichzeitig die Funktion eines vollstreckbaren Titels erfüllt. Dieses Dokument hat den Vorteil, dass es schnell Rechtssicherheit schafft und den Parteien die langwierige Urteilsfindung erspart. Er ist jedoch an dieselben strengen Formvorschriften für die Zwangsvollstreckung gebunden wie ein reguläres Urteil.

Beispiel: Der Gläubiger versuchte, sowohl die Räumung als auch offene Geldbeträge aus einem unpräzise formulierten gerichtlichen Vergleich zwangsvollstrecken zu lassen.

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Titulieren

Titulieren bedeutet, einen Anspruch, wie eine Geldforderung oder einen Räumungsanspruch, rechtswirksam in einem Vollstreckungstitel wie einem Urteil oder einem gerichtlichen Vergleich festzuhalten. Nur Ansprüche, die rechtlich tituliert wurden, können später durch staatliche Organe wie den Gerichtsvollzieher zwangsweise durchgesetzt werden. Ansprüche, die lediglich mündlich vereinbart oder stillschweigend angenommen wurden, sind grundsätzlich nicht vollstreckbar.

Beispiel: Da die Zinsen für einzelne verspätete Monatsraten nicht explizit im Vergleich tituliert waren, fehlte dem Gerichtsvollzieher die Legitimation, diese Forderungen beizutreiben und in die Forderungsaufstellung aufzunehmen.

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Vollstreckungstitel

Ein Vollstreckungstitel ist ein formalisiertes, amtliches Dokument (wie ein Urteil, ein Beschluss oder ein Vergleich), das einem Gläubiger das Recht gibt, eine bestimmte Forderung mit staatlicher Hilfe zwangsweise durchzusetzen. Das Vorliegen eines gültigen, unzweideutigen Titels ist die unabdingbare Voraussetzung für jede Zwangsvollstreckung. Der Titel muss lückenlos festlegen, welche Pflicht der Schuldner genau zu erfüllen hat.

Beispiel: Weil der Räumungsbefehl die betroffenen Räume nur als „Gewerberäume“ bezeichnete, war der Vollstreckungstitel hinsichtlich der zu räumenden Objekte zu unbestimmt, um vollstreckt werden zu können.

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Das vorliegende Urteil


AG Bremen-Blumenthal – Az.: 22 M 2963/24 – Beschluss vom 03.04.2025


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