Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gericht entscheidet über Vertretungsmacht von Wohnungseigentumsverwaltern
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Vertretungsmacht hat der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Außenverhältnis?
- In welchen Fällen benötigt der Verwalter die Zustimmung der Eigentümerversammlung?
- Kann das Grundbuchamt die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung prüfen?
- Welche formalen Anforderungen gelten für Beschlüsse der Eigentümerversammlung?
- Was bedeutet die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die Eigentümergemeinschaft?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann im Außenverhältnis weitgehend uneingeschränkt handeln.
- Ein Beschluss der Eigentümerversammlung ist nötig, wenn es um den Abschluss von Grundstückskaufverträgen geht.
- Das Grundbuchamt muss die Vertretungsmacht des Verwalters nicht überprüfen, wenn die Auflassung ordnungsgemäß erklärt wurde.
- Die Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG war durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung ermächtigt, den Kaufvertrag abzuschließen.
- Für die Bestellung der Hausverwaltung genügt ein Protokoll der Eigentümerversammlung mit beglaubigten Unterschriften.
- Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, die Unterschriften unter dem Beschluss öffentlich zu beglaubigen.
- Das Grundbuchamt darf nicht prüfen, ob die Eigentümerversammlung wirksam beschlussgefasst hat.
- Die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters schließt dingliche Geschäfte wie die Auflassung ein.
- Das Gericht entschied, dass die fehlende Beglaubigung der Unterschriften kein Hindernis für die Eintragung im Grundbuch darstellt.
- Durch das Urteil wird die Stellung des Verwalters gestärkt und die Anforderungen an die Nachweise im Grundbuchverfahren gelockert.
Gericht entscheidet über Vertretungsmacht von Wohnungseigentumsverwaltern
Die Verwaltung eines Mehrfamilienhauses ist eine komplexe Angelegenheit, die viel Organisation und Koordination erfordert. Im deutschen Recht ist die Wohnungseigentumsverwaltung im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Gemäß § 9b Abs. 1 WEG verfügt der Verwalter über eine weitreichende Vertretungsmacht, die ihm die Wahrnehmung zahlreicher Aufgaben im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft ermöglicht. Diese Vertretungsmacht umfasst insbesondere die Vertretung der Gemeinschaft im Rechtsverkehr und die Durchführung von Maßnahmen, die für die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich sind. Der Verwalter ist dabei an die Vorgaben der Gemeinschaftsordnung, des Wohnungseigentumsgesetzes und der Weisungen der Wohnungseigentümerversammlung gebunden.
Die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters gem. § 9b Abs. 1 WEG ist jedoch nicht uneingeschränkt. So kann die Wohnungseigentümerversammlung im Rahmen ihrer Aufgaben die Vertretungsmacht des Verwalters beschränken. Außerdem muss der Verwalter bei bestimmten Maßnahmen, wie beispielsweise der Veräußerung von Gemeinschaftseigentum, die Zustimmung der Wohnungseigentümerversammlung einholen. Der Umfang der Vertretungsmacht des Verwalters kann je nach den individuellen Regelungen der Gemeinschaftsordnung und den Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung variieren. In einem aktuellen Fall ging es um die Frage, ob der Verwalter im Rahmen seiner Vertretungsmacht berechtigt war, einen bestimmten Vertrag abzuschließen. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob der Verwalter in diesem Fall ausreichend bevollmächtigt war.
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Der Fall vor Gericht
Verwalter einer WEG darf Grundstück ohne Eigentümerbeschluss erwerben
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist berechtigt, für die Gemeinschaft ein Grundstück zu erwerben und die dafür notwendige Auflassungserklärung abzugeben, ohne dass dafür ein gesonderter Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich ist. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) München in einem aktuellen Beschluss entschieden.
Umfassende Vertretungsmacht des WEG-Verwalters seit Gesetzesreform
Im konkreten Fall hatte eine Hausverwaltung für eine WEG ein Grundstück von Nachbarn erworben. Als die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch beantragt wurde, verlangte das Grundbuchamt einen beglaubigten Beschluss der Eigentümerversammlung, der den Verwalter zum Grundstückserwerb ermächtigt.
Das OLG München hat diese Forderung nun für unbegründet erklärt. Es verweist dabei auf die seit Dezember 2020 geltende Neuregelung im Wohnungseigentumsgesetz. Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) wurde in § 9b WEG eine umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die WEG eingeführt.
Keine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis möglich
Diese gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters ist laut OLG im Außenverhältnis grundsätzlich unbeschränkt und auch nicht beschränkbar. Eine Ausnahme gilt nur für den Abschluss von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen. Hierfür benötigt der Verwalter weiterhin eine Ermächtigung durch Beschluss der Eigentümerversammlung.
Diese Ausnahme bezieht sich nach Ansicht des Gerichts aber nur auf das schuldrechtliche Geschäft, also den eigentlichen Kaufvertrag. Für das dingliche Geschäft, also die Auflassungserklärung zur Eigentumsübertragung, ist der Verwalter dagegen kraft Gesetzes vertretungsberechtigt.
Grundbuchamt darf Wirksamkeit des Kaufvertrags nicht prüfen
Das Gericht stellt klar, dass das Grundbuchamt bei der Eintragung des Eigentumsübergangs nur die ordnungsgemäße Erklärung der Auflassung prüfen darf. Ob für den zugrundeliegenden Kaufvertrag ein wirksamer Beschluss der Eigentümerversammlung vorlag, unterliegt dagegen nicht der Prüfungskompetenz des Grundbuchamts.
Mit dieser Entscheidung gibt das OLG München ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung auf, wonach für den Erwerb von Grundeigentum durch eine WEG immer ein beglaubigtes Beschlussprotokoll vorzulegen war. Diese Anforderung sei durch die gesetzliche Neuregelung entfallen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht die weitreichenden Auswirkungen des WEMoG auf die Vertretungsmacht des WEG-Verwalters. Der Verwalter kann nun ohne gesonderten Eigentümerbeschluss die Auflassung für einen Grundstückserwerb erklären. Das Grundbuchamt darf nur die formale Korrektheit der Auflassung prüfen, nicht aber die Wirksamkeit des zugrundeliegenden Kaufvertrags. Dies stärkt die Position des Verwalters erheblich und vereinfacht Immobilientransaktionen für Wohnungseigentümergemeinschaften.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Eigentümer einer Eigentumswohnung sollten Sie sich bewusst sein, dass der Verwalter Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nun weitreichendere Befugnisse hat. Er kann ohne zusätzlichen Beschluss der Eigentümerversammlung die Eigentumsübertragung für ein von der WEG erworbenes Grundstück im Grundbuch eintragen lassen. Dies vereinfacht zwar Immobilientransaktionen, bedeutet aber auch, dass Sie als Eigentümer weniger direkten Einfluss auf solche Vorgänge haben. Für den eigentlichen Kaufvertrag ist jedoch weiterhin ein Beschluss der Eigentümerversammlung nötig. Um Ihre Interessen zu wahren, ist es daher wichtiger denn je, aktiv an Eigentümerversammlungen teilzunehmen und sich über geplante Grundstückskäufe zu informieren.
FAQ – Häufige Fragen
Die Vertretungsmacht des WEG-Verwalters ist ein komplexes Thema, das für viele Eigentümer von Eigentumswohnungen und -häusern Fragen aufwirft. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen verständliche Antworten auf wichtige Fragen rund um dieses Thema und hilft Ihnen, Ihre Rechte und Pflichten als Eigentümer besser zu verstehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Vertretungsmacht hat der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Außenverhältnis?
- In welchen Fällen benötigt der Verwalter die Zustimmung der Eigentümerversammlung?
- Kann das Grundbuchamt die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung prüfen?
- Welche formalen Anforderungen gelten für Beschlüsse der Eigentümerversammlung?
- Was bedeutet die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die Eigentümergemeinschaft?
Welche Vertretungsmacht hat der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Außenverhältnis?
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt im Außenverhältnis über eine weitreichende Vertretungsmacht. Gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich. Diese Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und kann auch nicht durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer eingeschränkt werden.
Die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, die die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. Dies umfasst beispielsweise den Abschluss von Verträgen zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, die Beauftragung von Handwerkern oder die Vertretung der Gemeinschaft in Rechtsstreitigkeiten.
Es gibt jedoch zwei wichtige Ausnahmen von dieser umfassenden Vertretungsmacht:
1. Beim Abschluss von Grundstückskaufverträgen benötigt der Verwalter einen Beschluss der Wohnungseigentümer.
2. Auch für den Abschluss von Darlehensverträgen ist ein Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich.
In diesen beiden Fällen reicht die allgemeine Vertretungsmacht des Verwalters nicht aus. Die Wohnungseigentümer müssen explizit zustimmen, bevor der Verwalter solche weitreichenden finanziellen Verpflichtungen für die Gemeinschaft eingehen kann.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Einschränkungen nur für den Abschluss der genannten Verträge gelten. Für alle anderen Rechtsgeschäfte, einschließlich dinglicher Rechtsgeschäfte wie beispielsweise die Auflassung bei einem Grundstückskauf, bleibt die Vertretungsmacht des Verwalters uneingeschränkt.
Die starke Stellung des Verwalters im Außenverhältnis dient dem Schutz des Rechtsverkehrs. Dritte, die mit der Wohnungseigentümergemeinschaft Geschäfte abschließen, sollen sich darauf verlassen können, dass der Verwalter bevollmächtigt ist, für die Gemeinschaft zu handeln. Dies fördert die Rechtssicherheit und erleichtert den Geschäftsverkehr.
Im Innenverhältnis zwischen Verwalter und Wohnungseigentümern können durchaus Beschränkungen der Befugnisse des Verwalters vereinbart werden. Diese haben jedoch keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der vom Verwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäfte gegenüber Dritten.
Für die Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie dem Verwalter klare interne Richtlinien und Grenzen setzen sollten, um ihre Interessen zu wahren. Gleichzeitig müssen sie sich bewusst sein, dass im Außenverhältnis die Handlungen des Verwalters grundsätzlich für die Gemeinschaft bindend sind, solange sie nicht die gesetzlich definierten Ausnahmen betreffen.
In welchen Fällen benötigt der Verwalter die Zustimmung der Eigentümerversammlung?
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt grundsätzlich über eine umfassende Vertretungsmacht. Diese ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert und ermöglicht dem Verwalter, die Gemeinschaft in den meisten Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Dennoch gibt es wichtige Ausnahmen, bei denen der Verwalter die Zustimmung der Eigentümerversammlung benötigt.
Eine zentrale Einschränkung der Vertretungsmacht des Verwalters betrifft den Abschluss von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. In diesen Fällen darf der Verwalter nur dann im Namen der Gemeinschaft handeln, wenn er durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer dazu ermächtigt wurde. Diese Regelung findet sich in § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG und dient dem Schutz der Eigentümergemeinschaft vor weitreichenden finanziellen Verpflichtungen.
Neben dieser gesetzlich festgelegten Einschränkung können die Wohnungseigentümer durch Beschlüsse oder Vereinbarungen weitere Fälle definieren, in denen der Verwalter ihre Zustimmung einholen muss. Häufig betreffen solche Regelungen größere Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen sowie Verträge, die über ein bestimmtes finanzielles Volumen hinausgehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese internen Beschränkungen der Vertretungsmacht im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, grundsätzlich keine Wirkung entfalten. Das bedeutet, dass ein Vertrag, den der Verwalter ohne die erforderliche interne Zustimmung abschließt, trotzdem wirksam sein kann. Die Gemeinschaft wäre in einem solchen Fall an den Vertrag gebunden, hätte aber möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter.
In der Praxis ist es üblich, dass Verwalter bei bedeutenden Entscheidungen die Eigentümerversammlung einbeziehen, selbst wenn keine strikte rechtliche Verpflichtung dazu besteht. Dies dient nicht nur der Absicherung des Verwalters, sondern fördert auch das Vertrauen und die Transparenz innerhalb der Gemeinschaft.
Für Wohnungseigentümer ist es ratsam, die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung und die Beschlusssammlung ihrer Gemeinschaft genau zu studieren. Diese Dokumente können spezifische Regelungen enthalten, die die Befugnisse des Verwalters weiter einschränken oder präzisieren.
Bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme der Zustimmung der Eigentümerversammlung bedarf, spielt auch die Frage eine Rolle, ob es sich um eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung handelt. Der Verwalter ist berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die nicht mit erheblichen Verpflichtungen verbunden sind. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein und hängt von den konkreten Umständen ab.
Es ist zu beachten, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich einer stetigen Entwicklung unterliegt. Aktuelle Gerichtsentscheidungen können die Interpretation der gesetzlichen Regelungen beeinflussen und zu Verschiebungen in der Praxis führen. Daher ist es für Eigentümer und Verwalter gleichermaßen wichtig, sich regelmäßig über den aktuellen Stand zu informieren.
Kann das Grundbuchamt die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung prüfen?
Das Grundbuchamt hat grundsätzlich keine Kompetenz, die inhaltliche Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung zu prüfen. Seine Aufgabe beschränkt sich auf die formale Prüfung der vorgelegten Unterlagen für die Eintragung im Grundbuch.
Bei der Eintragung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Grundbuch prüft das Grundbuchamt lediglich, ob die formellen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere, ob der Beschluss durch eine ordnungsgemäße Niederschrift nachgewiesen ist. Nach § 7 Abs. 2 WEG genügt für den Nachweis eines Beschlusses eine Niederschrift, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. Dies sind in der Regel der Versammlungsleiter, ein Wohnungseigentümer und gegebenenfalls der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats.
Das Grundbuchamt prüft nicht, ob der Beschluss inhaltlich rechtmäßig ist oder ob er tatsächlich mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Es verlässt sich diesbezüglich auf die Angaben in der Niederschrift. Die materielle Wirksamkeit des Beschlusses wird vom Grundbuchamt nicht überprüft. Dies entspricht dem Grundsatz der formellen Grundbuchrichtigkeit.
Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz. Das Grundbuchamt darf die Eintragung verweigern, wenn der Beschluss offensichtlich nichtig ist. Eine offensichtliche Nichtigkeit liegt vor, wenn der Beschluss seinem Inhalt nach gegen zwingende gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstößt und dies für das Grundbuchamt ohne weiteres erkennbar ist. In solchen Fällen kann das Grundbuchamt die Eintragung ablehnen.
Für Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass sie bei der Vorbereitung von Beschlüssen, die im Grundbuch eingetragen werden sollen, besonders auf die formellen Anforderungen achten müssen. Die ordnungsgemäße Dokumentation des Beschlusses in der Niederschrift ist entscheidend für eine reibungslose Eintragung im Grundbuch. Inhaltliche Mängel des Beschlusses können hingegen nur im Rahmen einer Anfechtungsklage vor Gericht geltend gemacht werden, nicht aber durch das Grundbuchamt aufgegriffen werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass seit der WEG-Reform 2020 Beschlüsse, die auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden, der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, um Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern zu entfalten. Diese Eintragungspflicht gilt auch für Altbeschlüsse, die vor dem 1. Dezember 2020 gefasst wurden. Für diese besteht eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025, innerhalb derer sie ins Grundbuch eingetragen werden müssen, um ihre Wirksamkeit zu behalten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Grundbuchamt bei der Eintragung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung eine wichtige, aber begrenzte Rolle spielt. Es stellt sicher, dass die formellen Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt sind, ohne dabei eine inhaltliche Prüfung der Beschlüsse vorzunehmen. Dies gewährleistet einerseits eine effiziente Grundbuchführung, legt andererseits aber auch eine besondere Verantwortung in die Hände der Wohnungseigentümer und ihrer Verwalter, die für die inhaltliche Richtigkeit und Rechtmäßigkeit der Beschlüsse Sorge tragen müssen.
Welche formalen Anforderungen gelten für Beschlüsse der Eigentümerversammlung?
Für die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung müssen bestimmte formale Anforderungen erfüllt sein. Diese Formalitäten dienen der Rechtssicherheit und dem Schutz aller Wohnungseigentümer.
Eine grundlegende Voraussetzung ist die ordnungsgemäße Einberufung der Eigentümerversammlung. Die Einladungsfrist beträgt nach § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG mindestens drei Wochen. Diese Frist muss zwingend eingehalten werden, um allen Eigentümern die Möglichkeit zur Teilnahme und Vorbereitung zu geben. Die Einladung muss an alle Wohnungseigentümer versandt werden, wobei die in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Versandart zu beachten ist.
In der Einladung sind die Tagesordnungspunkte anzugeben, über die in der Versammlung Beschluss gefasst werden soll. Die Ankündigung muss so konkret sein, dass die Eigentümer erkennen können, worüber abgestimmt wird. Eine zu allgemeine Formulierung kann zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen.
Während der Versammlung ist die Beschlussfähigkeit festzustellen. Nach der WEG-Reform von 2020 ist jede Eigentümerversammlung beschlussfähig, sofern mindestens ein stimmberechtigter Eigentümer anwesend oder vertreten ist. Dies vereinfacht die Durchführung von Versammlungen erheblich.
Bei der Abstimmung gilt grundsätzlich das Kopfprinzip, das heißt, jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme, unabhängig von der Größe seines Miteigentumsanteils. Beschlüsse werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, sofern das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung keine andere Mehrheit vorsieht.
Der Inhalt des gefassten Beschlusses muss eindeutig und bestimmt sein. Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil vom 25. Februar 2021 (Az. 2-13 S 146/19) betont, dass der Beschlussinhalt für einen objektiven Leser, der nicht an der Versammlung teilgenommen hat, klar erkennbar sein muss. Unbestimmte oder mehrdeutige Formulierungen können zur Ungültigkeit des Beschlusses führen.
Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift anzufertigen. Diese muss den Wortlaut der Beschlüsse sowie das Abstimmungsergebnis enthalten. Die Niederschrift ist vom Versammlungsleiter, einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
Besondere Aufmerksamkeit ist der Aufnahme der Beschlüsse in die Beschluss-Sammlung zu widmen. Nach § 24 Abs. 7 WEG muss jeder Beschluss in die Beschluss-Sammlung eingetragen werden. Dies dient der Transparenz und ermöglicht es allen Eigentümern sowie potenziellen Käufern, sich über den aktuellen Stand der Beschlusslage zu informieren.
Bei der Durchführung von Eigentümerversammlungen in elektronischer Form, die seit der WEG-Reform 2020 möglich ist, gelten zusätzliche formale Anforderungen. Die technischen und organisatorischen Vorgaben müssen so gestaltet sein, dass die Rechte der Wohnungseigentümer gewahrt bleiben. Eine rein virtuelle Versammlung ist jedoch nicht zulässig – es muss immer die Möglichkeit zur persönlichen Teilnahme bestehen.
Die Einhaltung dieser formalen Anforderungen ist entscheidend für die Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse. Werden sie nicht beachtet, können die Beschlüsse anfechtbar oder in schwerwiegenden Fällen sogar nichtig sein. Der Verwalter trägt hier eine besondere Verantwortung, da er in der Regel für die Vorbereitung und Durchführung der Versammlung zuständig ist.
Was bedeutet die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die Eigentümergemeinschaft?
Die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die Eigentümergemeinschaft hat weitreichende Konsequenzen für die Verwaltung und die Entscheidungsprozesse innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Mit der Einführung des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 wurde die Stellung des Verwalters erheblich gestärkt.
Gemäß § 9b Abs. 1 WEG vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nunmehr gerichtlich und außergerichtlich. Diese Vertretungsmacht ist grundsätzlich unbeschränkt und im Außenverhältnis nicht einschränkbar. Das bedeutet, dass der Verwalter im Namen der Eigentümergemeinschaft rechtswirksam Verträge abschließen und Erklärungen abgeben kann, ohne dass es dafür einer gesonderten Zustimmung der Eigentümer bedarf.
Eine wichtige Ausnahme von dieser umfassenden Vertretungsmacht besteht allerdings beim Abschluss von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen. In diesen Fällen benötigt der Verwalter einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer. Diese Einschränkung gilt jedoch nur für den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags, nicht für die Abgabe dinglicher Erklärungen wie etwa die Auflassung beim Grundstückskauf.
Die erweiterte Vertretungsmacht des Verwalters führt zu einer deutlichen Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsprozessen. Der Verwalter kann nun eigenständig und zeitnah Entscheidungen treffen und umsetzen, ohne für jede Handlung einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen zu müssen. Dies ist besonders vorteilhaft bei dringenden Angelegenheiten oder wenn schnelles Handeln erforderlich ist.
Für die Eigentümergemeinschaft bedeutet diese Regelung jedoch auch, dass sie an Handlungen des Verwalters gebunden ist, selbst wenn diese im Innenverhältnis nicht von seiner Kompetenz gedeckt sind. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis ist gemäß § 9b Abs. 1 Satz 3 WEG Dritten gegenüber unwirksam. Dies schafft Rechtssicherheit für Geschäftspartner der WEG, erhöht aber gleichzeitig das Risiko für die Eigentümergemeinschaft.
Um mögliche Nachteile für die Gemeinschaft zu vermeiden, ist es ratsam, dass die Wohnungseigentümer klare interne Regelungen und Grenzen für die Befugnisse des Verwalters festlegen. Dies kann beispielsweise durch die Festlegung von Wertgrenzen für eigenständige Auftragsvergaben oder durch regelmäßige Berichtspflichten des Verwalters geschehen.
Die umfassende Vertretungsmacht erstreckt sich auch auf gerichtliche Verfahren. Der Verwalter kann ohne gesonderte Vollmacht Klagen im Namen der Gemeinschaft erheben oder Rechtsmittel einlegen. Dies vereinfacht die Rechtsverfolgung und -verteidigung der WEG erheblich.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Haftung des Verwalters. Überschreitet er seine internen Befugnisse, kann er gegenüber der Gemeinschaft schadensersatzpflichtig werden. Die Eigentümergemeinschaft bleibt jedoch im Außenverhältnis an die vom Verwalter geschlossenen Verträge gebunden, es sei denn, es liegt ein Fall der Kollusion vor, bei dem der Vertragspartner bewusst mit dem Verwalter zum Nachteil der Gemeinschaft zusammenwirkt.
Die erweiterte Vertretungsmacht des Verwalters erfordert von den Wohnungseigentümern ein höheres Maß an Kontrolle und Aufmerksamkeit. Die Bestellung eines Verwaltungsbeirats kann dabei helfen, die Tätigkeiten des Verwalters zu überwachen und die Interessen der Eigentümer zu wahren.
Insgesamt führt die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters zu einer Professionalisierung der WEG-Verwaltung und einer Stärkung der Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft. Sie erfordert jedoch auch ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen Verwalter und Eigentümern, um die Vorteile der neuen Regelung optimal zu nutzen und mögliche Risiken zu minimieren.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG): Eine WEG ist eine Gemeinschaft von Eigentümern, die jeweils eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besitzen. Alle Eigentümer sind gemeinsam für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verantwortlich, wie zum Beispiel das Treppenhaus, den Garten oder das Dach. Die WEG trifft Entscheidungen in Versammlungen und kann einen Verwalter zur Durchführung der täglichen Verwaltungsaufgaben ernennen.
- Vertretungsmacht: Dies bezeichnet die rechtliche Befugnis einer Person, im Namen einer anderen Person oder Gemeinschaft rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und Rechtsgeschäfte abzuschließen. Im Kontext einer WEG hat der Verwalter gemäß § 9b Abs. 1 WEG eine umfassende Vertretungsmacht, um im Namen der Eigentümergemeinschaft zu handeln, insbesondere im Außenverhältnis gegenüber Dritten.
- Auflassung: Die Auflassung ist die Einigung zwischen Käufer und Verkäufer über den Eigentumsübergang an einem Grundstück, die vor einem Notar erklärt werden muss. Sie ist eine zwingende Voraussetzung für die Eintragung des neuen Eigentümers ins Grundbuch. Im vorliegenden Fall durfte der Verwalter die Auflassung im Namen der WEG erklären, ohne dass ein separater Beschluss der Eigentümerversammlung nötig war.
- Grundbuchamt: Das Grundbuchamt ist eine Behörde, die das Grundbuch führt, in dem alle Grundstücke und deren Eigentümer sowie bestimmte Rechte und Belastungen verzeichnet sind. Es prüft formale Anforderungen, bevor es Änderungen im Grundbuch vornimmt. Das Gericht entschied, dass das Grundbuchamt nicht prüfen muss, ob für den Grundstückserwerb ein gültiger Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegt.
- Notarielle Beglaubigung: Dies ist die Bestätigung der Echtheit einer Unterschrift oder einer Urkunde durch einen Notar. Einige Dokumente und Erklärungen müssen notariell beglaubigt werden, um rechtswirksam zu sein. Im Fall des WEG-Verwalters wurde festgestellt, dass nicht alle Beschlüsse der Eigentümerversammlung notariell beglaubigt sein müssen, um für das Grundbuchamt akzeptabel zu sein.
- Schuldrechtliches Geschäft: Dies bezieht sich auf Verträge, die Verpflichtungen zwischen den Vertragsparteien begründen, wie Kaufverträge. Im Gegensatz dazu steht das dingliche Geschäft, das die Übertragung von Eigentumsrechten betrifft, wie die Auflassung. Der Verwalter der WEG benötigt einen Beschluss der Eigentümerversammlung, um schuldrechtliche Geschäfte wie Grundstückskaufverträge abzuschließen, nicht jedoch für die dingliche Übertragung des Eigentums (Auflassung).
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 9b Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Dieser Paragraph regelt die umfassende Vertretungsmacht des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Er ist berechtigt, die WEG in allen Angelegenheiten zu vertreten und alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, die für die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlich sind. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Erwerb eines Grundstücks unter diese Vertretungsmacht fällt.
- § 20 Grundbuchordnung (GBO): Dieser Paragraph regelt das sogenannte materielle Konsensprinzip bei der Eintragung von Grundstücksübertragungen. Es besagt, dass neben der formellen Bewilligung des Verkäufers auch eine materiell-rechtliche Einigung über den Eigentumsübergang vorliegen muss. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Auflassungserklärung des Verwalters ohne Zustimmung der Eigentümerversammlung wirksam ist.
- § 29 GBO: Dieser Paragraph regelt die Formvorschriften für Eintragungen im Grundbuch. Er schreibt vor, dass Erklärungen, die im Grundbuch eingetragen werden sollen, öffentlich beglaubigt sein müssen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Auflassungserklärung des Verwalters und der Beschluss der Eigentümerversammlung über den Grundstückserwerb der öffentlichen Beglaubigung bedürfen.
- § 26 Abs. 4 WEG: Dieser Paragraph regelt den Nachweis der Verwaltereigenschaft gegenüber dem Grundbuchamt. Er schreibt vor, dass die Bestellung des Verwalters durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung nachgewiesen werden muss, der in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen ist. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob auch der Beschluss über den Grundstückserwerb dieser Formvorschrift unterliegt.
- § 925 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Auflassung, also die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang an einem Grundstück. Er schreibt vor, dass die Auflassung vor einem Notar erklärt werden muss. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Verwalter die Auflassungserklärung im Namen der WEG ohne Zustimmung der Eigentümerversammlung wirksam erklären kann.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 34 Wx 155/24 e – Beschluss vom 11.07.2024
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Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Laufen – Grundbuchamt – vom 3.5.2024 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 2 und 3 sind im Grundbuch als Miteigentümerinnen von Grundbesitz zu je 1/2 eingetragen.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 4.1.2024 verkauften die Beteiligten zu 2 und 3 den Grundbesitz an die Beteiligte zu 1, eine Eigentümergemeinschaft, zu deren Gunsten am 19.1.2024 eine Auflassungsvormerkung eingetragen wurde. Für die Beteiligte zu 1 handelte bei der Beurkundung die Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG als Verwalterin. In der Urkunde vom 4.1.2024 wurde von den Beteiligten auch die Einigung über den Eigentumsübergang erklärt und der Notar bevollmächtigt, für sie die vorstehende Einigung zur grundbuchamtlichen Eintragung zu bewilligen und zu beantragen.
Mit Schreiben vom 19.3.2024 beantragte die Urkundsnotarin gemäß § 15 GBO den Vollzug der Auflassung und die Löschung der für den Käufer eingetragenen Auflassungsvormerkung. Beigefügt war dem Schreiben neben der notariellen Auflassungsbewilligung ein Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.9.2022 mit notariell beglaubigten Unterschriften des organschaftlichen Vertreters der Hausverwaltung, der Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats und einer weiteren Miteigentümerin. Gemäß Ziffer 5 des Protokolls wurde die Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG für den Zeitraum 1.1.2023 bis 31.12.2027 einstimmig zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt.
Ferner beigefügt war ein Protokoll der Eigentümerversammlung vom 10.11.2023, wonach unter Ziffer 6 der Erwerb des Grundstücks von den Grundstücksnachbarn [= die Beteiligten zu 2 und 3] und der Zuschlag der Fläche zum Gemeinschaftseigentum mehrheitlich beschlossen wurde. Die Verwaltung wird gemäß dem Beschluss ferner beauftragt und, soweit dies rechtlich möglich ist auch bevollmächtigt, den Kaufvertrag im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft abzuschließen. Dieses Protokoll ist ebenfalls – jeweils unbeglaubigt – vom organschaftlichen Vertreter der Hausverwaltung, der Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats und einer weiteren Miteigentümerin unterzeichnet.
Mit Zwischenverfügung vom 3.5.2024 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen der Unterschriftsbeglaubigungen auf dem WEG-Beschluss, welcher den Verwalter zur Vertretung der WEG ermächtigt.
Hiergegen wendet sich die von der Notarin im Auftrag der Beteiligten zu 1 eingelegte Beschwerde vom 17.5.2024, ergänzt mit Schreiben vom 24.5.2024. Eine Unterschriftsbeglaubigung unter dem Beschluss, welcher den Verwalter zum Erwerb des Grundstücks ermächtigt, sei gesetzlich nicht vorgeschrieben und daher nicht erforderlich. § 26 Abs. 4 WEG schreibe nur für den Nachweis der Verwaltereigenschaft ein beglaubigtes Protokoll vor. § 9b WEG enthalte für den Beschluss über die Ermächtigung zum Abschluss eines Kaufvertrags gerade keine entsprechende Formvorschrift. Auch aus § 29 GBO ergebe sich keine Pflicht, den Beschluss öffentlich beglaubigt vorzulegen. § 9b WEG beziehe sich allein auf den schuldrechtlichen Kaufvertrag, jedoch nicht auf die Auflassung. Letztere sei von der allgemeinen Vertretungsmacht des Verwalters gedeckt, so dass diese unabhängig vom Beschluss der Wohnungseigentümer wirksam erklärt sei. Eine Prüfungspflicht des Grundbuchamtes bestehe insoweit nicht.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5.6.2024 nicht abgeholfen. Das Protokoll der Beschlussfassung zum Grundstückserwerb und zur Ermächtigung des Verwalters entspreche nicht der Form des § 29 GBO. Dies werde auch in der Literatur überwiegend so vertreten und sei auch vom Oberlandesgericht München so entschieden worden (Beschluss vom 16.11.2016 – 34 Wx 305/16).
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
a) Sie ist insbesondere statthaft gemäß § 71 Abs. 1 GBO. Entscheidungen des Grundbuchamts i.S. dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (Senat vom 11.4.2011, 34 Wx 160/11 = FGPrax 2011, 173; OLG Hamm FGPrax 2010, 177; Demharter GBO 33. Aufl. § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer GBO 5. Aufl. § 71 Rn. 68).
b) Die im Eintragungsverfahren tätig gewordene Notarin gilt nach § 15 Abs. 2 GBO ebenso als ermächtigt, Beschwerde einzulegen (Senat NJW-RR 2021, 42/43; Demharter § 71 Rn. 74; Hügel/Kramer § 71 Rn. 226). Die Beteiligte zu 1 ist beschwerdeberechtigt, weil sie als „gewinnender Teil“ der erstrebten Rechtsänderung zum Kreis der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO Antragsberechtigten gehört (vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 193).
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Voraussetzung für den Erlass einer Zwischenverfügung ist nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO, dass der begehrten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Dies ist bei der verfahrensgegenständlichen Zwischenverfügung nicht der Fall, weil es der geforderten Unterschriftsbeglaubigungen nicht bedarf.
a) Im Fall der Übertragung eines Grundstücks durch Auflassung (§ 20 GBO, § 925 BGB) erfordert das materielle Konsensprinzip des § 20 GBO, dass – zusätzlich zu der Bewilligung des verlierenden Teils (§ 19 GBO, formelles Konsensprinzip) – eine materiell-rechtliche Einigung, die den Verfahrensvorschriften der §§ 20, 29 GBO genügt, nachgewiesen wird. Wird ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten, sind die gesetzliche Vertretungsmacht bzw. die Wirksamkeit und der Umfang einer Vollmacht vom Grundbuchamt selbständig zu prüfen (Senat vom 7.11.2018, 34 Wx 395/17 = DNotZ 2019, 197; OLG Frankfurt ZEV 2015, 648; Demharter § 19 Rn. 74b; Hügel/Reetz Vertretungsmacht Rn. 127).
b) Die Vertretungsberechtigung der Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG für die Beteiligte zu 1 im Rahmen der Auflassungserklärung ergibt sich vorliegend aus § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG in Verbindung mit dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.9.2022.
aa) Seit Inkrafttreten des WEMoG zum 1.12.2020 regelt § 9b Abs. 1 WEG eine inhaltlich umfassende Vertretungsmacht des Verwalters für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. § 9b WEG begründet die organschaftliche Vertretungsmacht, die den Verwalter zur Abgabe von Willenserklärungen für die Gesellschaft entsprechend § 164 BGB befugt (Staudinger/Jacoby BGB Neubearb. 2023 § 9b WEG Rn. 9; Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021 Kap. 3 Rn. 62). Der Verwalter vertritt kraft Gesetzes – grundsätzlich unbeschränkt und gemäß § 9b Abs. 1 Satz 3 WEG unbeschränkbar – die Gemeinschaft. Eine Beschränkung des gesetzlich geregelten Umfangs der Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis nicht möglich (BeckOGK WEG/Greiner Stand: 1.6.2024 § 9b Rn. 2; MüKoBGB/Burgmair 9. Aufl. WEG § 9b Rn. 3). Ausgenommen hiervon ist nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG lediglich der Abschluss von Grundstückskauf- oder Darlehensverträgen. Vertretungsmacht hat der Verwalter in diesen Fällen nur dann, wenn er durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt ist. Dies beschränkt sich allerdings nach dem klaren Wortlaut und der eindeutigen Begründung dieser Vorschrift allein auf das schuldrechtliche Rechtsgeschäft. Nicht betroffen von der Ausnahme ist das dingliche Geschäft, also insbesondere die Erklärung der Auflassung beim Grundstückskaufvertrag (Bremkamp/Echternach DNotZ 2021, 162, 164 f.; Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 3 Rn. 62; BT-Drucks. 19/22634, S. 43).
bb) Dementsprechend war die Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG gemäß § 9b Abs. 1 WEG im Außenverhältnis zur Erklärung der Auflassung für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer befugt, ohne dass es darauf ankommt, ob im Innenverhältnis diesbezüglich ein wirksamer Beschluss vorliegt. Die Bestellung der Hausverwaltung H. GmbH & Co. KG zum Verwalter wurde durch das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.9.2022 nachgewiesen. Die vorgelegte Niederschrift entspricht den Anforderungen des § 26 Abs. 4 WEG, eine öffentlich beglaubigte Urkunde im Sinne des § 29 GBO liegt damit vor.
cc) Soweit die Hausverwaltung gemäß der in § 9b Abs. 1 WEG geregelten Ausnahme zum Abschluss des Kaufvertrages eines wirksamen Beschlusses der Wohnungseigentümer bedurfte, ist das Grundbuchamt zu einer Prüfung dieses Beschlusses bzw. des wirksamen Abschlusses des Kaufvertrages nicht befugt. Das Grundbuchamt hat nur zu prüfen, ob die Auflassung ordnungsgemäß erklärt wurde. Ob das schuldrechtliche Kausalgeschäft unter Beachtung von § 925a BGB vorgelegen hat, unterliegt nicht seiner Prüfungskompetenz (Hügel/Hügel § 20 Rn. 64).
c) Angesichts der nunmehr in § 9b Abs. 1 WEG geregelten umfassenden Organvertretungsmacht des Verwalters für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hält der Senat nicht daran fest, dass im Grundbuchverfahren bei Erwerb von Grundeigentum durch die Gemeinschaft – vertreten durch den Verwalter – der Nachweis der durch Mehrheitsbeschluss erfolgten Verwalterermächtigung durch Protokollvorlage gemäß § 26 Abs. 3 WEG i.V.m. § 24 Abs. 6 WEG geführt werden muss (Senat vom 16.11.2016, 34 Wx 305/16 = ZWE 2017, 93). Die Entscheidung des Senats hatte ihre Grundlage in der vor dem Inkrafttreten des WEMoG eingeschränkten organschaftlichen Vertretungsmacht des Verwalters für die Gemeinschaft nach § 27 Abs. 3 Nrn. 1 bis 6 WEG in der damals gültigen Fassung. Auflassungserklärungen waren davon nicht umfasst und bedurften gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG a.F. eines Ermächtigungsbeschlusses durch die Eigentümergemeinschaft (Armbrüster NZG 2017, 441, 446). Zwar wird vereinzelt in der Literatur weiterhin ein solcher Nachweis gefordert (Hügel/Elzer WEG 3. Aufl. § 9b Rn. 9; Erman/Grziwotz BGB 17. Aufl. § 9b WEG Rn. 2). Mit der seit dem Inkrafttreten des WEMoG zum 1.12.2020 neu geregelten umfassenden organschaftlichen Vertretungsmacht des Verwalters für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist dem aber die Grundlage entzogen. Die Frage, ob dem Verwalter die Rechtshandlungen – mit Ausnahme der in § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG genannten Verträge – durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer gestattet sind und er deshalb die Gemeinschaft wirksam vertreten kann, stellt sich nicht mehr (Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 3 Rn. 62). Im Grundbuchverfahren ist damit der Nachweis der Vertretungsmacht anlässlich der Auflassung an den Verband entbehrlich (Hügel/Kral WEG Rn. 160; BeckOGK/Greiner § 9b Rn. 14; Bärmann/Becker WEG 15. Aufl. § 9b Rn. 61; BeckOK WEG/Leidner Stand: 2.4.2024 § 9b Rn. 15a; MüKoBGB/Burgmair § 9b Rn. 18). Ob und in welcher Form ein Nachweis im Beurkundungsverfahren zu erbringen ist (vgl. hierzu Bremkamp/Echternach DNotZ 2021, 162, 166 f.), bedarf hier keiner Erörterung.
III.
Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht erforderlich, weil die diesbezügliche Haftung der Beteiligten zu 1 aus § 22 Abs. 1 GNotKG aufgrund des Erfolgs des Rechtsmittels gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG erloschen ist. Daher bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.