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WEG-Verwalter – Pflichtverletzung bei Jahresabrechnungserstellung

AG Wedding – Az.: 22a C 63/17 – Urteil vom 19.06.2017

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1790,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. August 2016 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2016 zu zahlen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte war bis zum 31. Dezember 2014 bestellter WEG-Verwalter der klägerischen Wohnungseigentumsanlage und in dieser Funktion auch für die Erstellung der Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen 2013 zuständig. Im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 29. Oktober 2014 wurden die Abrechnungen unter dem Tagesordnungspunkt 3 a) mit zehn Ja-Stimmen gegen acht Nein-Stimmen bei vier Stimmenthaltungen genehmigt. Im Anschluss daran wurde der Beklagte durch Mehrheitsbeschluss entlastet.

Mit Klage vom 1. Dezember 2014 fochten zwei Eigentümer die vorgenannten Beschlüsse an. Das Amtsgericht Wedding erklärte die Beschlüsse mit Urteil vom 29. April 2015 im Verfahren 18 C 426/14 für ungültig und erlegten den verklagten Eigentümern die Kosten des Rechtsstreits auf. Auf den Inhalt der genannten Entscheidung Bl 39-44 d. A. wird Bezug genommen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 18. März 2016 wurden gegen den Beklagten die Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt 6180,14 € festgesetzt. Die Anwaltskosten der unterlegenen Eigentümern beliefen sich ausweislich der Rechnung vom 15. März 2016 auf 6706,84 €.

Im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 23. Juni 2016 beschloss die Klägerin unter Tagesordnungspunkt 15, den Beklagten zum Ausgleich des Gesamtschadens aufzufordern und im Falle des fruchtlosen Fristablaufes diesen gerichtlich geltend zu machen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. August 2016 wurde der Beklagte zur Zahlung von 12.903,88 € unter Fristsetzung zum 25. August 2016 aufgefordert. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten regulierte am 29. September 2016 einen Betrag in Höhe von 11.113,50 €. Eine weitergehende Zahlung ist nicht erfolgt.

Die Klägerin begehrt mit der Klage den noch offenen Betrag in Höhe von 1790,38 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 €.

Die Klägerin meint, der Beklagter habe zumindest fahrlässig sowie widerrechtlich gegen seine Vertragspflichten als Verwalter verstoßen und sei daher der Klägerin zum Schadensersatz gemäß § 280 BGB verpflichtet. Der Beklagter habe die einschlägige BGH Entscheidung vom 17. Februar 2012 -V ZR 251/10 kennen müssen, wonach bei den Heiz- und Warmwasserkosten zwischen den in die Abrechnung einzustellenden Erwerbskosten und den in die Einzelabrechnungen einzustellenden Verbrauchskosten zu unterscheiden sei. Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage sei offensichtlich fehlerhaft gewesen.

Die Klägerin beantragt, – wie erkannt –.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor: die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, das Verfahren so kostengünstig wie möglich zu beenden. Konkret hätte die Klägerin ein Versäumnisurteil im Ursprungsverfahren gegen sich ergehen lassen müssen, wodurch sich die Rechtsanwaltsgebühren deutlich reduziert hätten. Die Klägerin könne keine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend machen, da sich der Beklagter im Zeitpunkt der anwaltlichen Tätigkeit nicht in Verzug befunden habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus § 43 Nr. 3 WEG.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 1790,38 € gemäß §§ 280 Abs. 1,249 BGB in Verbindung mit dem Verwaltervertrag zu.

Sie ist aufgrund der erfolgten Beschlussfassung aktivlegitimiert jedenfalls auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG.

Ein Schadensersatzanspruch ist dem Grunde nach gegeben. Die ordnungsgemäße Erstellung der Jahresabrechnung zählt zu den Pflichten des Verwalters. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils im Verfahren 18 C 426/14 steht fest, dass die dort angefochtenen Beschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen haben, da die Jahresabrechnung 2013 nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Der Beklagte hat dies zu vertreten, soweit er jedenfalls fahrlässig gehandelt hat. Die dem Verwalter im Rahmen von § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegende erforderliche Sorgfalt bemisst sich nach der Sorgfalt eines durchschnittlichen und gewissenhaften Verwalters, er hat dabei dieselbe Sorgfalt walten zu lassen, die die Eigentümer in ihren eigenen Angelegenheiten aufwenden würden. Einem gewerblichen Verwalter müssen seine gesetzlichen und vertraglichen Pflichten bekannt sein (Jennißen-Heinemann, Wohnungseigentumsgesetz, 5 Auflage 2017, § 27 WEG Rn. 170).

Der Vorwurf knüpft zum einen daran an, dass der Beklagte die Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten unter Verstoß gegen die Richtlinien der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar 2012 – V ZR 251 /10 erstellt hat. Hierbei handelt es sich um Abrechnungsgrundsätze, soweit zwischen der Gesamtabrechnung, in die als Ausgaben die tatsächlich geleisteten Zahlungen aufzunehmen sind, und den Einzelabrechnungen, für die nur die tatsächlich verbrauchten Brennstoffe und deren Kosten zu Grunde zu legen sind, zu differenzieren ist. Hierbei handelt es sich um eine grundlegende Frage, die für alle Abrechnungen maßgeblich ist, so dass insoweit die Kenntnis der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung vorausgesetzt werden muss.

Soweit das Gericht die Abrechnung der Instandhaltungsrücklage bemängelt hat, handelt es sich ebenfalls um einen fahrlässigen Verstoß gegen Abrechnungsprinzipien. Das Gericht hat insoweit moniert, dass in die Jahresabrechnung die Position „Auflösung Instandhaltungsrücklage“ aufgenommen wurde. Die Auflösung in einer Größenordnung von über 19.000 € diene erkennbar nicht dem Ausgleich von im Jahre 2013 für Instandhaltung und getätigte Kosten, die sich lediglich auf 8700 € belaufen würden. Hier werde gegen den Grundsatz verstoßen, wonach eine Aufnahme für sachfremde Verwendungen unzulässig ist.

Schon auf der Grundlage dieser beiden Aspekte ist – insoweit hält das Gericht an dem Hinweis vom 16. März 2017 nicht fest – die Entscheidung des Landgerichts Köln vom 18. Dezember 2014, 29 S 75/14 nicht einschlägig. Hier wird dargelegt, dass es sich um einen Verstoß gegen elementare Abrechnungsprinzipien handeln müsse, wobei zu berücksichtigen sei, dass Form und Inhalt einer ordnungsgemäßen Jahresabrechnung in Rechtsprechung und Literatur umstritten seien. Selbst auf dieser Grundlage ist im gegebenen Fall von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen. Die beiden dargestellten formellen und inhaltlichen Fehler beinhalten eben keine in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilten oder nicht abschließend geklärten Fragestellungen. Es handelt sich vielmehr um höchstrichterlich geklärte Fragen, hinsichtlich derer Auslegungsschwierigkeiten oder relevante abweichende Auffassungen nicht bestehen.

Dem Beklagten als gewerblich tätigen Verwalter obliegt die Verpflichtung, sich zeitnah über höchstrichterliche Entscheidungen zu informieren.

Der Anspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe.

Der Beklagte schuldet den mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.3.2016 festgesetzten Betrag in Höhe von 6180,14 € einschließlich Zinsen seit dem 15.3.2016. Soweit dieser Betrag am 8.4.2016 ausgeglichen worden ist, ist dies nicht zu beanstanden, der Beschluss ist am 31. März 2016 bei den Prozessbevollmächtigten der dortigen Beklagten eingegangen, eine Zahlungsfrist von einer Woche ist nicht zu beanstanden mit der Folge, dass der Beklagte auch die berechneten Kostenzinsen in Höhe von 16,90 € schuldet.

Gleiches gilt für die Anwaltskosten in Höhe von 6706,84 €. Ein Mitverschulden der verklagten übrigen Eigentümer nach § 254 BGB, gestützt auf die Annahme, diese hätten ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen können, ist nicht anzunehmen, so dass dahinstehen kann, ob und in welchem Umfang sich die Rechtsanwaltskosten dadurch reduziert hätten. Dem Geschädigten ist das so genannte Prognoserisiko im Rahmen eines Rechtsstreits grundsätzlich nicht zuzurechnen, wenn die Erfolgsaussichten einer Klage nicht eindeutig sind (vgl. BGH, Urteil vom 09. Dezember 1965 – II ZR 177/63 –, Rn. 11, juris, VersR 1966, 340-341). Zudem musste die Klägerin davon ausgehen, im Falle des Erlasses eines Versäumnisurteils die Erfolgsaussichten für die Regulierung des Schadens mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu verringern, da in diesem Fall keine begründete Entscheidung vorgelegen hätte.

Der Beklagte schuldet auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Form einer Geschäftsgebühr nach §§ 13,14 RVG auf der Basis des Gesamtstreitwertes von bis zu 13.000 €. Der Schadensersatzanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1,249 Abs. 1 BGB, ohne dass es auf einen Verzugseintritt zum Zeitpunkt der anwaltlichen Tätigkeit ankommt. Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten ist, dass der Geschädigte die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte. Daran fehlt es, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen (MüKo/Oetker BGB § 249 Rn. 180-188, beck-online). Nach den gegebenen Umständen durfte die Klägerin die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für erforderlich und geboten halten.

Der Zinsanspruch erfolgt jeweils aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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