Schadensersatzforderung wegen anfänglicher Mängel in Pachtsache bestätigt
In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Az.: 12 U 10/21) ging es um die Frage, ob die Beklagte aufgrund von anfänglichen Mängeln in einer Pachtsache Schadensersatz an die Klägerin zahlen muss. Der Streit drehte sich um einen Pachtvertrag, in dem keine Regelung bezüglich der Haftung für anfängliche Mängel enthalten war.
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Übersicht
Vertragliche Regelungen und Unterscheidung von Mängeln
Das Landgericht Kiel hatte die Beklagte bereits zur Zahlung von 61.390,11 € nebst Zinsen verurteilt. In der Berufungsinstanz bestätigte das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein diese Entscheidung. Es stellte klar, dass die im Pachtvertrag vereinbarten Regelungen über Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung des Pachtgegenstandes sich nur auf nachträgliche Mängel bezögen, die nach Übergabe des Pachtgegenstandes an die Klägerin entstanden seien.
Anfängliche Mängel, die bereits bei Übergabe vorgelegen hätten, seien hiervon zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall habe ein solcher anfänglicher Mangel vorgelegen, da die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch durch Wasserschäden aufgehoben worden sei.
Beweisaufnahme und Feststellung der Mängel
Das Gericht konnte aufgrund der Beweisaufnahme feststellen, dass die gebrochenen Rohrverbindungen, die für die Wasserschäden verantwortlich waren, nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten. Die Klägerin hätte bei Übergabe des Mietobjektes auf Herstellung gemäß den anerkannten Regeln der Technik bestehen können.
Weiterhin überzeugte das Gericht, dass die Rohrverbindung nach Übergabe an die Klägerin nicht verändert worden sei, wodurch die Beklagte für den Schaden verantwortlich gemacht werden konnte.
Bestätigung der Schadensersatzforderung
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts Kiel. Die Beklagte wurde zur Zahlung des Schadensersatzes in Höhe von 61.390,11 € verurteilt und muss zudem die Differenz der Kosten zwischen der Allgefahrenversicherung der Klägerin bei der X Versicherung und der Allgefahrenversicherung bei der Y Versicherung AG ab dem 01.01.2021 unter Berücksichtigung der vertragsgemäßen Prämiensteigerungen ab dem 01.01.2021 erstatten. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 10/21 – Urteil vom 22.12.2021
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 08.01.2021, Az. 14 HKO 111/19, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts Kiel vom 08.01.2021, Az 14 HKO 111/19 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 67.529,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Schadensersatz aufgrund eines Pachtvertrages in Anspruch. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 61.390,11 € nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Differenz der Kosten zwischen der Allgefahrenversicherung der Klägerin bei der X Versicherung und der Allgefahrenversicherung bei der Y Versicherung AG ab dem 01.01.2021 unter Berücksichtigung der vertragsgemäßen Prämiensteigerungen ab dem 01.01.2021 zu erstatten.
Das Landgericht hat die Klageänderung als sachdienlich angesehen und festgestellt, dass die Beklagte gemäß § 536 a Abs. 1 1. Alt. BGB der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet sei. Die Vorschrift sei anwendbar. Der zwischen den Parteien geltende Pachtvertrag vom 18.11.2015 sehe keinen Ausschluss oder Einschränkung einer Haftung für anfängliche Mängel vor. Die in dem Vertrag vereinbarten Regelungen über die Instandhaltung, Instandsetzung und Erneuerung des Pachtgegenstandes bezögen sich nur auf nachträgliche Mängel, also auf Mängel, die nach Übergabe des Pachtgegenstandes an die Klägerin entstanden seien.
Denn Instandsetzungen, Instandhaltungen und Erneuerung des Pachtgegenstandes setzten nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck voraus, dass sich der Zustand des Pachtgegenstandes durch Gebrauch infolge üblicher Abnutzung oder Beschädigungen verschlechtere. Davon seien anfängliche Mängel zu unterscheiden, die bereits bei Übergabe vorgelegen hätten.
Durch die Wasserschäden sei die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben worden. Dieser Mangel habe bei Vertragsschluss bereits vorgelegen. Erforderlich sei hierbei lediglich, dass die Gefahrenquelle schon vorhanden gewesen sei oder die Ursache vorgelegen habe, der Mieter also bei Kenntnis vom Vermieter Abhilfe hätte verlangen können. Das sei hier der Fall. Die gebrochenen Rohrverbindungen hätte nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen. Dies hätte die Klägerin bei Übergabe des Mietobjektes nicht akzeptieren müssen, sondern hätte auf Herstellung gemäß den anerkannten Regeln der Technik bestehen können.
Aufgrund der Beweisaufnahme sei die Kammer davon überzeugt, dass die Rohrverbindung nach Übergabe an die Klägerin nicht verändert worden sei.
Die Klage sei in Höhe von 61.390,11 € vollumfänglich begründet. Der zu leistende Schadensersatz erfasse auch Mangelfolgeschäden und sonstige Begleitschäden. Darunter fielen die wirtschaftlichen Folgen einer erforderlichen Neuversicherung anlässlich der Kündigung wegen aufgetretener Schadensfälle. Dies habe die Klägerin nachvollziehbar belegt, wobei weder ersichtlich noch von der Beklagten dargelegt worden sei, dass eine günstigere Anschlussversicherung hätte abgeschlossen werden können.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Berufung der Beklagten, zu deren Begründung sie unter anderem ausführt:
Die Beklagte habe die Unzulässigkeit der ursprünglich erhobenen Feststellungsklage eingewandt, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Sie sei nicht geeignet gewesen, einen späteren Streit bei Auftreten eines Schadensfalles zu vermeiden. Eine solche Klage sei unzulässig. Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2020 habe die Klägerin eine Klageänderung erklärt und nunmehr den später ausgeurteilten Leistungs- und Feststellungsantrag gestellt, mit dem sie Ersatz der Versicherungsmehrkosten für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft begehre.
Die Beklagte meint, die Klageänderung sei nicht sachdienlich. Für den Fall, dass – wider Erwarten – erneut ein Schaden aufgrund eines anfänglichen Baumangels am Hause entstehen würde, wäre hierüber auch durch die Klageänderung kein Rechtsfrieden geschaffen. Eine Klageänderung sei nur dann sachdienlich, wenn sie der Erledigung der Streitpunkte zwischen den Parteien diene. Dies sei hier nicht der Fall. Die Sachdienlichkeit entfalle auch deshalb, weil sich das Verfahren hierdurch erheblich verzögert habe. Das Landgericht hätte deshalb die Sachdienlichkeit verneinen müssen.
Zu Unrecht habe das Landgericht der Klage auf Grundlage von § 536 a Abs. 1 1. Alt. BGB stattgegeben. Der Pachtvertrag sei nach einigen Jahren am 18.11.2015 vollständig neu gefasst worden.
In § 8 des Vertrages sei die Instandhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtung wie folgt geregelt worden:
„Der gesamte Pachtgegenstand ist durch den Pächter nach Art eines ordentlichen Kaufmanns in einem guten Pflegezustand zu erhalten und der Pächter übernimmt die Durchführung aller erforderlichen sowie aller behördlich geforderten Wartungen, Instandhaltungen, Instandsetzungen, Erneuerungen und Veränderung an Gebäude, (haus)technischen Anlagen, Außenanlagen und an sämtlichen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen sowie dem Zubehör. Diese Verpflichtung umfasst auch die Schönheitsreparaturen, nicht jedoch Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie Veränderungen und Erneuerungen an Dach und Fach, für die der Verpächter in dem nachstehend beschriebenen Umfang auf seine Kosten Sorge zu tragen hat. „Dach“ im Sinne dieser Bestimmung ist die Dachkonstruktion mit Eindeckung…“
Es handele sich um eine typische Dach– und Fach–Klausel. Lediglich anfängliche Mängel an Dach und Fach oblägen dem Verpächter. Um Mängel an Dach und Fach handele es sich vorliegend unstreitig nicht, sodass die Instandhaltungsverpflichtung für die betroffenen Bauteile in § 8 des ursprünglichen Vertrages bzw. § 8 des Folgepachtvertrages dem Pächter obliege, also der Klägerin.
Zu der Feststellung, dass die Ansprüche für anfängliche Mängel nicht ausgeschlossen seien, komme das Landgericht nur, indem es eine ergänzende Auslegung des Pachtvertrages vornehme. Diese Auslegung sei nicht nachzuvollziehen. Es fehle bereits an einer erforderlichen Regelungslücke. Dem Pächter werde die Übernahme aller erforderlichen Instandhaltung und Instandsetzung auferlegt. Es werde nicht nach anfänglichen und nachträglich entstandenen Mängeln differenziert. Die einzige Differenzierung in dieser Klausel liege darin, dass sich die Instandsetzungsverpflichtung danach richte, ob eine Maßnahme zu Dach und Fach gehöre oder eben nicht. Die Klausel wirke sich dahin aus, dass anfängliche Mängel, die nicht zu Dach und Fach gehörten, von dem Pächter zu beheben seien, wohingegen der Verpächter anfängliche Mängel an Dach und Fach zu beseitigen habe.
Ob die von der Klägerin vertretene Auffassung auch dann zutreffe, wenn die Klausel unter Einbeziehung anfänglicher Mängel formularmäßig vereinbart worden wäre, müsse nicht behandelt werden, denn AGB–rechtliche Erwägungen stellten sich angesichts des erkennbar individuell ausgehandelten Folgepachtvertrages nicht. Es handle sich um eine Individualvereinbarung.
Die individualvertragliche Übertragung der Instandhaltung auf den Pächter sei unzweifelhaft zulässig. Wenn man zu dem Ergebnis komme, dass für die streitgegenständlichen Mängel keine Garantiehaftung der Beklagten bestehe, dann hafte sie auch ansonsten hierfür nicht, da sie kein Verschulden treffe. Eine vermieterseitige, verschuldensunabhängige Haftung komme über die Vorschrift hinaus nicht in Betracht.
Das Landgericht habe Beweis dazu erhoben, ob es sich um einen anfänglichen Mangel handele oder nicht. Das Beweisergebnis sei nicht eindeutig. Der Sachverständige habe festgestellt, dass bei dem seinerzeit betroffenen Fertigbad eine gebrochene lineare Kupplung gegeben gewesen sei, die bei keinem der anderen Fertigbäder vorhanden gewesen sei.
Da es sich bei diesen Badezellen um eine fließbandmäßige Serienfertigung handele, könne dies seine Ursache nur in einer späteren Veränderung dieses Bauteils haben. Wer auch immer hier eine nachträgliche Veränderung vorgenommen habe, habe sich nicht aufklären lassen. Die Tatsache, dass eine solche nachträgliche Veränderung vorhanden sei, sei durch den von der Klägerin beauftragten Sachverständigen festgestellt worden. Die Klägerin trage die Beweislast für das Bestehen eines anfänglichen Mangels. Dieser Beweis sei nicht überzeugend geführt.
Das Landgericht habe sich nicht mit den Einwänden der Beklagten zur Höhe des Anspruchs auseinandergesetzt, die sie mit Schriftsatz vom 29.06.2020 erhoben habe.
Gemäß § 7.1a) des Pachtvertrages sollte für das Pachtobjekt eine Gebäude-, Feuer-, Elementarschadenversicherung sowie für Leitungswasserschäden eingedeckt werden. Dies sei eine klassische Gebäudeversicherung. Gemäß § 6.1a) des Pachtvertrages habe die Klägerin alle Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung zu tragen. Hierzu gehörten die Kosten der Gebäudeversicherung. Die weiteren in § 7.1 Pachtvertrag aufgeführten Versicherungen seien davon nicht umfasst, sondern seien Versicherungen, mit denen der Pächter das eigene Risiko versichere. Mit der Gebäudeversicherung werde demgegenüber das Eigentümerrisiko versichert.
Im vorliegenden Fall sei auch die Eindeckung der Gebäudeversicherung dem Pächter auferlegt worden. Dies führe aber nicht dazu, dass er in beliebigem Umfang Versicherungen eindecken könne, die auch eigene Interessen des Pächters versicherten. Die Klägerin habe offenbar eine Allgefahrenversicherung eingedeckt, deren Leistungsumfang nicht im einzelnen dargelegt worden sei. Aus der Anlage K 15 ergebe sich, dass die Klägerin das hier betroffene Risiko auch für eine Jahresprämie von 45.398,68 € hätte eindecken können. Wäre das Urteil des Landgerichts richtig, hätte die Berufungsbeklagte allenfalls Anspruch auf die Differenzprämie zwischen der ursprünglichen Versicherung bei der Y (Anlage K 25) und der neuen Prämie für eine gleichwertige Versicherung.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Kiel vom 8.1.2021 – 14 HKO 111/19 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil unter Vertiefung und Ergänzung ihres Vortrages. Bei beiden Schadensfällen habe es sich um die Auswirkung eines anfänglich vorhandenen Mangels gehandelt. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin keine Arbeiten an den Bädern nach Übernahme des Objekts vorgenommen habe. Der vom Sachverständigen verwendete Begriff der nachträglichen Reparatur sei dehnbar. Es könne ohne weiteres diese Reparatur im Herstellerwerk oder auf dem Weg bis zur Baustelle durchgeführt worden sein.
Die Klägerin habe je Schadensfall eine Selbstbeteiligung von 5.000 € zahlen müssen. Nach dem zweiten Schadensfall habe die Y Versicherung AG den Vertrag gekündigt. Diverse Versicherungsgesellschaften hätten sich geweigert, eine Versicherung mit der Klägerin abzuschließen; schließlich sei eine Allgefahrenversicherung mit Ausschluss des Überschwemmungsrisikos bei der X Versicherung AG abgeschlossen worden. Die Selbstbeteiligung sei von 5.000 € auf 100.000 € gestiegen; die jährliche Prämie sei um 19.892,94 € angestiegen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 13.09.2021 (Blatt 167 und R) hat der Senat die Vernehmung des Zeugen B angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2021 erwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht die Klageänderung als sachdienlich angesehen. Eine Überprüfung der Sachdienlichkeit durch das Rechtsmittelgericht nach § 268 ZPO kommt nur bei Nichtzulassung der Klageänderung in Betracht. Sie ist auch dann nur daraufhin überprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens überschritten wurden (Zöller, 32. Aufl., Rn. 15 zu § 263 ZPO). Der Senat vermag eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens durch das Landgericht nicht festzustellen und schließt sich dessen Begründung an (Urteil Seite 6 -7).
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sich ergibt aus § 536 a Abs. 1 1. Alt. BGB.
Es liegt ein anfänglicher Mangel der Mietsache vor. Der Mangel muss bei Vertragsabschluss lediglich vorhanden sein, ausreichend ist es, wenn nur die Gefahrenquelle schon vorhanden war oder die Ursache vorlag, der Mieter also bei Kenntnis vom Vermieter Abhilfe verlangen könnte (BGH NJW 2010, 3152). Der Vermieter trägt die Gefahr aller geheimen Mängel (BGH NJW 1963, 805). Der Bundesgerichtshof hat hierzu erkannt:
„Die Abgrenzung zwischen der auf einem anfänglichen Mangel beruhenden Garantiehaftung und der verschuldensabhängigen Haftung aufgrund eines nachträglich entstandenen Mangels kann allerdings schwierig sein, wenn – wie hier – ein Bauteil der Mieträume erst später funktionsuntüchtig geworden ist. Beruht dies allein auf Alterungs- oder Verschleißprozessen, entsteht der Mangel erst später mit dem Verschleiß.“
Nicht jedes später funktionsuntüchtig werdende Bauteil kann also bereits als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses latent mangelhaft angesehen werden. War ein Bauteil aufgrund seiner fehlerhaften Beschaffenheit bei Vertragsschluss allerdings bereits in diesem Zeitpunkt für die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache ungeeignet und damit unzuverlässig, liegt ein anfänglicher Mangel vor “ (BGH, Urteil vom 21. Juli 2010 – XII ZR 189/08 –, Rn. 14, juris).
Nach den bindenden Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils wurden die Bettenhäuser im Jahre 2010 an die Klägerin übergeben. Am 08.01.2016 kam es zu einem Wasserschaden im Patientenzimmer B3.22 und am 26.01.2018 zu einem weiteren Wasserschaden in dem Patientenzimmer B3.01. In beiden Fällen war es an den in den Wänden der Fertigbäder verlegten Wasserrohren zu einem Bruch von linearen Kupplungen gekommen, die vom Hersteller nicht vorgesehen waren und nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprachen (Urteil Seite 4).
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Rohrverbindung nach Übergabe an die Klägerin nicht verändert wurde. Veränderungen an den Rohren hätten erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz erfordert, für deren Durchführung es keine Anhaltspunkte gibt. Die vernommenen Zeugen haben übereinstimmend bestätigt, dass ihnen solche Arbeiten weder bekannt seien, noch dass es dafür bei einem so neuen Bauobjekt Anlass gegeben hätte. Die Klägerin hat somit den Nachweis geführt, dass die Schadensursache nicht aus ihrem Verantwortungsbereich stammt. Es gilt die Beweislastverteilung nach Obhuts- und Verantwortungsbereichen (vergleiche Palandt, 79. Aufl., Rn. 19 zu § 536 a BGB).
Eine abweichende Bewertung ergibt sich auch nicht aus der in der Berufungsbegründung zitierten Erklärung des Sachverständigen Z:
„Das Einfügen der schadensursächlichen linearen Kupplung ist daher am ehesten mit einer nachträglichen Reparatur einer beschädigten Leitung zu erklären“
Der Vermieter hat zu beweisen, dass die Ursache des Mangels nicht in seinem Gefahrenbereich liegt. Dieser Beweis kann indes mit der vom Sachverständigen aufgestellten Vermutung, es müsse eine Reparatur durchgeführt worden sein, nicht geführt werden. Einen vertiefenden Vortrag hierzu hat die Beklagte auch im Berufungsrechtszug nicht gehalten.
Ein anfänglicher Mangel der Mietsache liegt vor.
Die Haftung der Beklagten für anfängliche Mängel ist nicht wirksam ausgeschlossen worden. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass ein vertraglicher Ausschluss der Haftung gemäß § 536 a BGB zulässig ist (BGH NJW 2010, 3152, Rn. 22).
Aus § 8.1 des Pachtvertrages ist indes ein Ausschluss der Haftung der Beklagten für anfängliche Mängel, die nicht Dach und Fach betreffen, nicht herzuleiten. Der Senat folgt der zutreffenden Argumentation des Landgerichts (Urteil Seite 7) und merkt ergänzend an:
Der Wortlaut der Klausel bedarf der Auslegung. Dabei ist zunächst vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. BGHZ 121,13/16).
§ 8.1 des streitgegenständlichen Mietvertrages vom 18.11.2015 trägt die Überschrift: „Instandhaltungen, Instandsetzungen, Erneuerungen“.
Bereits aus diesem Wortlaut folgt, dass sich die dort geregelten Verpflichtungen lediglich auf Veränderungen des Gebäudes und der sonstigen Anlagen nach Übergabe des Pachtgegenstandes an die Pächterin beziehen. Die hier geregelten Verpflichtungen können vom Pächter erst durchgeführt werden, nachdem er das Pachtobjekt in Besitz genommen hat. Zwingend kommen Instandhaltungen, Instandsetzungen und Erneuerungen auch erst nach einer gewissen Länge des Pachtvertrages und einer damit einhergehenden „Abnutzung“ der Gebäudesubstanz in Betracht.
Erst ab Übergabe findet die Differenzierung der Haftung und Eintrittspflicht der Beteiligten in der Weise statt, dass der Verpächter für alle Gegenstände, die mit Dach und Fach zu tun haben verantwortlich ist und der Pächter für alle Gebäude und Gegenstände, die nicht zu Dach und Fach gehören.
Diese Auslegung wird gestützt durch eine weitere Regelung des Vertrages. Gemäß § 8.5 ist eine Pachtrückzahlung jeweils nach Ablauf von 5 vollen Pachtjahren in Höhe von 60.000 € vereinbart, sofern der Pächter seine vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen der Instandhaltung, Instandsetzung, Veränderung und Erneuerung des Pachtgegenstandes erfüllt; der erstmalige Anspruch auf Pachtrückzahlung besteht zum 01.04.2015.
In § 3 des Vertrages vom 27.11.2008 ist eine Übergabe des Objektes spätestens für den 30.4.2010 vereinbart. Die dort vereinbarte Übergabe des Objektes korrespondiert also in zeitlicher Hinsicht mit der Regelung in § 8.5 des Vertrages vom 18. 11. 2015 und der dort vereinbarten Rückzahlungspflicht nach 5 Jahren Vertragslaufzeit, die im übrigen auch bereits im Vertrag vom 27.11.2008 in § 11.4 geregelt war. Die Parteien haben also zum Ausdruck gebracht, dass die der Klägerin obliegenden Pflichten zur Instandhaltung geknüpft sind an die tatsächliche Nutzungszeit des Pachtobjektes, die mit der Übergabe begann.
Zu berücksichtigen ist auch und vor allem die bestehende Interessenlage (BGHZ 2, 328). Der nach Ansicht der Beklagten in § 8.1. vereinbarte Ausschluss der Verpächterhaftung für anfängliche Mängel des Pachtgegenstandes stellt eine vom Gesetz abweichende Regelung dar. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, weshalb die Klägerin bei Abschluss des Vertrages vom 18.11.2015 das Risiko für versteckte Mängel, die bereits bei Errichtung des Objektes vorhanden waren, übernommen haben sollte. Die Motive für den Abschluss dieses Vertrages ergeben sich aus der Präambel, die unter anderem folgenden Wortlaut hat:
…“Der Verpächter hat nunmehr eine im Nachfolgenden näher bezeichnete Teilfläche der zum vorgenannten Grundbesitz gehörenden Grundstücke an die I. … Renditefonds GmbH & Co. KG geschlossene Investmentkommanditgesellschaft verkauft. Auf dieser verkauften Teilfläche wird die I. auf entsprechende Nachfrage und Initiative des Pächters einen Erweiterungsbau (im folgenden: Bettenhaus E) zu der bestehenden Reha-Klinik errichten, den der Pächter von der I. gepachtet und integriert in den übrigen Klinikbetrieb betreiben wird…Da sich hieraus Notwendigkeiten zur Neuregelung des zwischen den Parteien bestehenden Pachtverhältnisses ergeben, möchten die Parteien aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit einen neuen Pachtvertrag miteinander schließen, der die teilweise fortbestehenden Altregelungen aufgreifen und mit den neuen Regelungen verknüpfen soll. “
Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin aufgrund der bloßen Errichtung eines Erweiterungsbaus (Bettenhaus: E) durch die Verpächterin nunmehr aus Gründen der „Klarheit und Übersichtlichkeit“ ein zusätzliches Risiko gegenüber der vertraglichen Regelung aus dem Jahre 2008 hätte übernehmen sollen. Im Vertrag vom 27.11.2028 war nämlich in § 11.1 lediglich geregelt:
„Der Pächter hat das gesamte Pachtobjekt nach Art eines ordentlichen Kaufmanns in einem guten Pflegezustand zu erhalten. Der Pächter übernimmt die Durchführung aller erforderlichen bzw. aller behördlich geforderten Instandhaltungen, Instandsetzungen, Erneuerungen und Veränderungen an Gebäude, technischen Anlagen, Außenanlagen und an sämtlichen Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen sowie dem Zubehör“.
Die in § 8.1 des Vertrages vom 18.11.2015 enthaltene Regelung findet sich also in dem ursprünglichen Vertrag nicht.
Der Anspruch erstreckt sich auch auf Mangelfolgeschäden (BGH NJW 2010,3152). Der Klägerin steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 61.390,11 €, verursacht durch die gestiegenen Versicherungsprämien und die vertraglich geregelten Selbstbehalte, als Mangelfolgeschaden zu. Die Einwände der Beklagten bleiben ohne Erfolg.
Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 10.06.2020 ausgeführt, dass sie nach Abschluss der neuen Versicherung bei der X Versicherung AG eine jährliche Prämie von 56.996,98 € sowie eine weitere Prämie in Höhe von 3.922,99 € für die Abdeckung des Überschwemmungsrisikos für das Pachtobjekt aufzuwenden hat (Seite 4, Blatt 50). Der erhöhte Versicherungsaufwand beträgt in den Jahren 2019 und 2020 jährlich 19.892,94 €, außerdem kommt anteilig im Jahr 2018 für 7 Monate ein Betrag in Höhe von 11.604,22 € hinzu. Der Gesamtbetrag beläuft sich auf 51.390,11 €. Hinzu kommen 5.000 € je Schadensfall, mithin weitere 10.000 € sowie 3.922,99 € für die zusätzliche Abdeckung des Überschwemmungsrisikos. Diese Beträge ergeben die Klageforderung in Höhe von 61.390,11 €.
Der Zeuge B hat glaubhaft bekundet, dass nach der Kündigung des ursprünglichen Vertrages durch die Y aufgrund der beiden Schadensfälle insgesamt 8 Versicherungsgesellschaften angeschrieben worden seien, wovon lediglich zwei konkrete Angebote unterbreitet hätten. Letztlich habe die X Versicherung mit einer Jahresprämie von 56.996,98 € den Zuschlag erhalten. Ein möglicher Überschwemmungsschaden sei bei dieser Versicherung nicht mitversichert gewesen. Dieses Risiko sei mit Datum 01.09.2018 bei der Y zu einem Versicherungsbetrag in Höhe von 4.673,17 € in Deckung gegeben worden.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Klägerin hätte damals eine günstigere Versicherung bei der X Versicherung AG über einen Jahresbetrag von 45.398,68 € abschließen können verkennt sie, dass diese Versicherung lediglich die Risiken Feuer, Leitungswasser, Sturm und Einbruchdiebstahl abgedeckt hätte. Indes war die Klägerin gemäß §10 des Pachtvertrages verpflichtet, unter anderem auch eine Gebäude- und Elementarschadensversicherung abzuschließen. Bei Abschluss des günstigeren Angebotes wäre die Klägerin folglich ihren Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag nicht nachgekommen.
Ebenso greift die Behauptung der Beklagten, ihr läge ein deutlich günstigeres Angebot bei der Sparkassenversicherung über eine Prämie von 43.200 € vor, nicht durch. Dieses Vergleichsangebot (Anlage B4) steht unter dem Vorbehalt einer detaillierten Aufnahme und finalen Prüfung der Risikoverhältnisse. Außerdem gilt es vorbehaltlich der Installation und Inbetriebnahme eines Leitungswasserpräventionssystems vor dem 01.01.2022, das es nach den glaubhaften Angaben des Zeugen B bis heute nicht gibt. Insofern liegt eine Vergleichbarkeit mit dem letztlich abgeschlossenen Vertrag bei der X Versicherung AG nicht vor, zumal es auf den Zeitpunkt der Kündigung des vorherigen Versicherungsverhältnisses der Klägerin im Frühjahr 2018 ankommt. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Schadensfälle erst kurze Zeit zurück, was für eine abzuschließende Versicherung zu einer schlechteren Schadensprognose führen musste. Auch die Sparkassenversicherung hatte damals – so der Zeuge B – die Versicherung auf Anfrage abgelehnt.
Schließlich ist auch der Feststellungsantrag begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung der fortlaufenden Schäden, unter Berücksichtigung der festzustellenden Prämiensteigerungen ab dem 01.01.2021.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat beurteilt lediglich einen Einzelfall und legt hierbei eine vertragliche Vereinbarung anhand allgemeiner Auslegungsgrundsätze aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.