Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Digitale Türspione: Rechtliche Herausforderungen für Eigentümergemeinschaften
- Der Fall vor Gericht
- Digitaler Türspion im Mehrfamilienhaus: Landgericht Karlsruhe bestätigt Beseitigungspflicht
- Persönlichkeitsrechte der Nachbarn durch Kamerafunktion verletzt
- Bauliche Veränderung ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft
- Technischer Fortschritt versus Nachbarrechte
- Grundsätzliche Unzulässigkeit von Videoüberwachung in Gemeinschaftsbereichen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Folgen hat die Installation eines digitalen Türspions ohne Zustimmung der WEG?
- Wie kann die WEG-Gemeinschaft die Installation digitaler Türspione rechtssicher beschließen?
- Welche Datenschutzanforderungen müssen bei digitalen Türspionen in WEGs beachtet werden?
- Ab wann liegt bei einem digitalen Türspion eine unzulässige Videoüberwachung vor?
- Welche Ausnahmeregelungen gelten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen bei digitalen Türspionen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Streit um einen digitalen Türspion hat das Gericht entschieden, dass dieser entfernt werden muss, wenn keine Genehmigung der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegt.
- Der Türspion wurde als potenzielle Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angesehen, insbesondere durch mögliche Überwachung gemeinschaftlicher Hausflure.
- Das Amtsgericht gewährte den Klägern einen Anspruch auf Beseitigung des digitalen Türspions gemäß § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG.
- Die Wohnungseingangstür gehört zum Gemeinschaftseigentum. Ihre Veränderung bedarf der Zustimmung der Gemeinschaft, besonders wenn erheblich in die Rechte anderer Eigentümer eingegriffen wird.
- Ein Wohnungseigentümer kann selbständig Ansprüche geltend machen, wenn eine bauliche Veränderung unzulässige Beeinträchtigungen verursacht.
- Der Beklagte kann keinen Anspruch auf Duldung des digitalen Türspions geltend machen, solange keine Genehmigung durch die Gemeinschaft erfolgt ist.
- Bevor bauliche Veränderungen durchgeführt werden, müssen die Rechte und Interessen aller Wohnungseigentümer abgewogen werden, auch besondere Bedürfnisse wie Sehbeeinträchtigung.
- Die Gerichtskosten trägt der Beklagte, da seine Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückgewiesen wurde.
- Digitale Türspione sind in vielen Wohnanlagen verbreitet, jedoch muss ihre Nutzung von der Eigentümerversammlung beschlossen werden.
- Die Revision wurde nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung hat und die einheitliche Rechtsprechung nicht gefährdet ist.
Digitale Türspione: Rechtliche Herausforderungen für Eigentümergemeinschaften
Der digitale Türspion, ein Element moderner Sicherheitslösungen und Teil der Digitalisierung im Wohnbereich, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Eigentümergemeinschaften, die solche Technologien implementieren möchten, stehen jedoch vor rechtlichen Herausforderungen. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) legt fest, dass für Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum, wie die Installation eines digitalen Türspions, die Zustimmung der Nachbarn erforderlich ist. Dies wirft Fragen zur Beschlussfassung und zu den nachbarschaftlichen Beziehungen auf.
Insbesondere die Einbaugenehmigung und die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Datenschutz und Überwachungstechnik spielen eine entscheidende Rolle. Ein Bewusstsein für die Rechte der Eigentümer sowie die Belange der Gemeinschaft ist unerlässlich, um sowohl Wohnkomfort als auch ein harmonisches Zusammenleben zu gewährleisten. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und Entscheidungsprozesse innerhalb einer WEG-Gemeinschaft beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Digitaler Türspion im Mehrfamilienhaus: Landgericht Karlsruhe bestätigt Beseitigungspflicht
Ein Bewohner einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss seinen nachträglich installierten digitalen Türspion wieder entfernen. Dies entschied das Landgericht Karlsruhe in einem Berufungsverfahren und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe. Der beklagte Wohnungseigentümer hatte den herkömmlichen Türspion seiner Wohnungseingangstür durch ein digitales Modell ersetzt, das den gemeinschaftlichen Hausflur erfassen konnte.
Persönlichkeitsrechte der Nachbarn durch Kamerafunktion verletzt
Die klagenden Nachbarn sahen durch die Kamerafunktion des digitalen Türspions ihre Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt. Zwar verfügte das Gerät über keine dauerhafte Speicherfunktion und konnte auch keine Signale an andere Geräte weitergeben. Das Gericht stellte jedoch klar, dass bereits die vorübergehende Aufnahme des gemeinschaftlichen Flur- und Treppenbereichs in die schützenswerte Privatsphäre der Mitbewohner eingreift.
Bauliche Veränderung ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft
Das Landgericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass die Wohnungseingangstür zum Gemeinschaftseigentum gehört. Der Austausch des Türspions stelle eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedurft hätte. Solange keine entsprechende Genehmigung durch Beschluss vorliege, bestehe ein Beseitigungsanspruch der betroffenen Eigentümer nach § 1004 BGB in Verbindung mit § 14 WEG.
Technischer Fortschritt versus Nachbarrechte
Das Gericht räumte ein, dass digitale Türspione in vielen Wohnanlagen bereits verbreitet seien und die Eigentümerversammlung grundsätzlich die Möglichkeit habe, deren Nutzung für einzelne oder alle Bewohner zuzulassen. In einem solchen Beschluss könnten dann die verschiedenen Interessen der Wohnungseigentümer gegeneinander abgewogen werden. Dies gelte auch für besondere Umstände wie etwa Sehbeeinträchtigungen einzelner Bewohner.
Grundsätzliche Unzulässigkeit von Videoüberwachung in Gemeinschaftsbereichen
Die Richter verwiesen auf die gefestigte Rechtsprechung zur Videoüberwachung in Mehrfamilienhäusern. Demnach ist die optische Überwachung von gemeinschaftlich genutzten Bereichen wie Hauseingang, Treppenhaus, Aufzug, Waschküche, Tiefgarage oder sonstigen allgemein zugänglichen Außenbereichen grundsätzlich unzulässig. Eine solche Überwachung bedeute eine ständige Kontrolle der betroffenen Personen in ihrer privaten Lebensführung. Ausnahmen könnten sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergeben, etwa bei Menschen mit Behinderungen, die sich auf den grundgesetzlich verankerten besonderen Schutz nach Art. 3 GG berufen können.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Installation eines digitalen Türspions in einer Wohnungseigentumsanlage stellt eine genehmigungspflichtige bauliche Veränderung dar, die ohne Beschluss der Eigentümergemeinschaft unzulässig ist. Auch ohne Speicherfunktion oder Signalweitergabe verletzt bereits die temporäre Erfassung des Treppenhauses durch die Kamera die Persönlichkeitsrechte der Nachbarn. Die Eigentümerversammlung kann jedoch durch Beschluss die Nutzung digitaler Türspione erlauben und dabei besondere Umstände wie Sehbehinderungen berücksichtigen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie in einer Eigentumswohnanlage einen digitalen Türspion installieren möchten, benötigen Sie vorab die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft durch einen entsprechenden Beschluss. Ihre Nachbarn können die Entfernung eines eigenmächtig installierten digitalen Türspions verlangen, selbst wenn dieser keine Aufnahmen speichert oder weiterleitet. Bei gesundheitlichen Einschränkungen wie einer Sehbehinderung haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen in der Eigentümerversammlung vorzutragen – die Gemeinschaft kann dann unter Abwägung aller Interessen die Nutzung eines digitalen Türspions genehmigen.
Rechtliche Unsicherheiten bei der Installation von digitalen Türspionen können weitreichende Konsequenzen haben. Unsere erfahrenen Fachanwälte für Wohnungseigentumsrecht unterstützen Sie bei der individuellen Bewertung Ihrer Situation und zeigen Ihnen gangbare Wege auf. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Folgen hat die Installation eines digitalen Türspions ohne Zustimmung der WEG?
Die Installation eines digitalen Türspions ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stellt einen widerrechtlichen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum und die Persönlichkeitsrechte der Miteigentümer dar.
Beseitigungsanspruch
Die WEG kann die sofortige Entfernung der Kamera und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 1004 BGB in Verbindung mit § 15 WEG.
Rechtsverletzungen
Der nicht genehmigte Einbau verletzt mehrere Rechte:
Gemeinschaftseigentum: Die bauliche Veränderung an der Wohnungstür ohne Beschluss der WEG ist unzulässig, auch wenn nur der alte Türspion ausgetauscht wurde.
Persönlichkeitsrechte: Bereits die bloße Existenz der Kamera erzeugt einen unzulässigen Überwachungsdruck auf Mitbewohner und Besucher. Dies gilt auch dann, wenn die Kamera nur bei Klingeln aktiviert wird oder keine Aufzeichnungen speichert.
Durchsetzung der Ansprüche
Die WEG kann ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob:
- die Kamera nur temporär aufzeichnet
- besondere Sicherheitsbedürfnisse vorliegen
- die Aufnahmen zeitnah gelöscht werden
- der Datenschutzbeauftragte keine grundsätzlichen Bedenken geäußert hat
Ein nachträglicher Beschluss der Eigentümerversammlung kann die Installation legitimieren, muss aber einstimmig erfolgen, da wesentliche Rechte der Miteigentümer betroffen sind.
Wie kann die WEG-Gemeinschaft die Installation digitaler Türspione rechtssicher beschließen?
Die Installation eines digitalen Türspions erfordert einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Für einen rechtssicheren Beschluss sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
Beschlussfassung
Der Beschluss muss auf einer ordnungsgemäß einberufenen Eigentümerversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Die Versammlung kann seit Oktober 2024 auch virtuell stattfinden, sofern dies zuvor beschlossen wurde.
Inhaltliche Anforderungen
Im Beschluss müssen folgende Punkte konkret geregelt werden:
- Die technischen Spezifikationen des erlaubten Türspions
- Der maximal erfassbare Überwachungsbereich
- Die Aktivierungsbedingungen (nur bei Klingeln)
- Das Verbot der dauerhaften Speicherung von Bildaufnahmen
- Die räumliche Begrenzung auf den Bereich, den ein normaler Türspion erfassen würde
Datenschutzrechtliche Vorgaben
Der Beschluss muss datenschutzrechtliche Anforderungen berücksichtigen. Dazu gehört die Verpflichtung zur Installation von Hinweisschildern, die auf die Videoüberwachung hinweisen. Die Aufnahmen dürfen ausschließlich der Einlasskontrolle dienen und keine Bereiche des Gemeinschaftseigentums dauerhaft überwachen.
Technische Umsetzung
Die Installation muss so erfolgen, dass sie keine wesentliche bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum verursacht. Der digitale Türspion darf nur den unmittelbaren Eingangsbereich vor der jeweiligen Wohnungstür erfassen und keine Aufzeichnungsfunktion besitzen.
Welche Datenschutzanforderungen müssen bei digitalen Türspionen in WEGs beachtet werden?
Die Installation eines digitalen Türspions in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) erfordert die vorherige Zustimmung der Eigentümergemeinschaft durch einen Mehrheitsbeschluss.
Technische Anforderungen
Der digitale Türspion muss folgende technische Voraussetzungen erfüllen:
- Die Bildübertragung darf erst nach dem Klingeln erfolgen
- Eine dauerhafte Speicherung der Aufnahmen muss ausgeschlossen sein
- Das Sichtfeld darf räumlich nicht mehr erfassen als ein herkömmlicher Türspion
- Die Übertragung muss nach wenigen Sekunden automatisch enden
Datenschutzrechtliche Dokumentation
Bei der Installation ist eine detaillierte Dokumentation anzufertigen, die beschreibt:
- Wie die Anlage datenschutzkonform eingesetzt wird
- Welche konkreten Bereiche erfasst werden
- Wie die Datenverarbeitung erfolgt
Informationspflichten
An der Tür muss ein gut sichtbarer Hinweis auf die Videoüberwachung angebracht werden. Die Beschilderung muss dabei folgende Informationen enthalten:
- Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen
- Zweck der Überwachung
- Rechtsgrundlage der Verarbeitung
- Speicherdauer der Aufnahmen (falls zutreffend)
- Hinweis auf Betroffenenrechte
Unzulässige Funktionen
Strikt verboten sind:
- Die Aufzeichnung von Gesprächen oder Tönen
- Das Erfassen von Nachbargrundstücken oder öffentlichen Bereichen
- Eine dauerhafte Speicherung von Aufnahmen
- Die Übertragung der Daten auf Server außerhalb der EU
Eine Überschreitung dieser Grenzen stellt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Ab wann liegt bei einem digitalen Türspion eine unzulässige Videoüberwachung vor?
Ein digitaler Türspion überschreitet die Grenzen der zulässigen Nutzung, sobald er mehr als nur die reine Einlasskontrolle ermöglicht. Die rechtliche Bewertung orientiert sich dabei an folgenden Kriterien:
Technische Ausgestaltung
Die Bildübertragung darf ausschließlich nach dem Klingeln erfolgen und muss sich nach wenigen Sekunden automatisch abschalten. Der erfasste Bildbereich muss dem eines herkömmlichen Türspions entsprechen – eine weitergehende Erfassung des Hausflurs ist unzulässig. Eine dauerhafte Speicherung der Aufnahmen ist grundsätzlich verboten.
Räumliche Grenzen
Der digitale Türspion darf ausschließlich den unmittelbaren Eingangsbereich vor der eigenen Wohnungstür erfassen. Sobald öffentliche Bereiche, Nachbargrundstücke oder gemeinsame Zugangswege miterfasst werden, liegt eine unzulässige Überwachung vor.
Besonderheiten im WEG-Bereich
In Wohnungseigentümergemeinschaften bedarf die Installation eines digitalen Türspions der Zustimmung der anderen Eigentümer, wenn Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Kamera nur den Bereich vor der eigenen Wohnungstür erfasst, da der Hausflur zum Gemeinschaftseigentum gehört.
Unzulässige Funktionen
Eine unzulässige Überwachung liegt insbesondere vor bei:
- Automatischer Aktivierung durch Bewegungsmelder
- Tonaufnahmen ohne Kenntnis der Besucher
- Fernzugriff über Smartphone bei Abwesenheit
- Speicherung von Bild- oder Tonmaterial
- Übertragung der Daten auf Server außerhalb der EU
Der Betrieb eines digitalen Türspions erfordert zudem einen gut sichtbaren Hinweis auf die Videoüberwachung. Ein kleiner oder unauffälliger Aufkleber genügt diesen Anforderungen nicht.
Welche Ausnahmeregelungen gelten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen bei digitalen Türspionen?
Bei digitalen Türspionen gelten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen spezifische Regelungen gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der DIN 18040-2.
Grundlegende Anforderungen
Digitale Türspione müssen in einer Höhe von 120 cm über dem Fertigfußboden angebracht werden, um auch Rollstuhlfahrern die Nutzung zu ermöglichen. In Beherbergungsräumen ist die Installation in zwei verschiedenen Höhen vorgeschrieben, damit sowohl stehende als auch sitzende Personen den Türspion nutzen können.
Technische Ausgestaltung
Die technische Ausgestaltung muss bestimmten Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen. Digitale Türspione benötigen eine ausreichende Bildschirmgröße und Anzeigequalität, damit auch Menschen mit Sehbeeinträchtigungen das Bild gut erkennen können.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Wenn Sie in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) leben, müssen Sie trotz besonderer Bedürfnisse einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen. Das Amtsgericht Bergisch Gladbach hat entschieden, dass auch bei einer polizeilichen Empfehlung die Installation eines digitalen Türspions nicht ohne Weiteres zulässig ist.
Spezielle Anforderungen
Die Bedienung des digitalen Türspions muss barrierefrei gestaltet sein. Dies bedeutet im Einzelnen:
- Die Bedienelemente müssen gut erreichbar und einfach zu handhaben sein
- Die Anzeigedauer muss individuell einstellbar sein
- Die Bildqualität muss auch bei schlechten Lichtverhältnissen ausreichend sein
Die Installation eines digitalen Türspions kann im Einzelfall als angemessene Maßnahme zur Herstellung von Barrierefreiheit gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz anerkannt werden. In diesem Fall müssen die technischen Anforderungen der DIN EN 17210 erfüllt werden.
**Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Persönlichkeitsrechte
Definition: Persönlichkeitsrechte sind die Rechte, die jedem Menschen zur Wahrung seiner individuellen Privatsphäre und seiner persönlichen Freiheit zustehen. Diese Rechte sind grundrechtlich geschützt, insbesondere durch Art. 1 und Art. 2 des Grundgesetzes (GG). Sie umfassen unter anderem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Recht am eigenen Bild und das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Im Kontext des Falles bedeutete dies, dass die Überwachung durch den digitalen Türspion eine unzulässige Beeinträchtigung der Privatsphäre der Nachbarn darstellte.
Beispiel: Wenn jemand unangemeldet in den privaten Bereich eines anderen eindringt oder unerwünscht dessen Kommunikation abfängt, wird das Persönlichkeitsrecht verletzt.
Gesetzliche Regelung: Die Persönlichkeitsrechte sind in verschiedenen Gesetzen verankert, darunter das Grundgesetz (Art. 1 und 2 GG) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Definition: Das Wohnungseigentumsgesetz regelt die Rechte und Pflichten der Eigentümer von Eigentumswohnungen. Dazu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und die Rechte der Wohnungseigentümerversammlung.
Beispiel: Im vorliegenden Fall ist das WEG relevant, da es vorschreibt, dass bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, wie der Einbau eines digitalen Türspions in die Eingangstür, der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedürfen.
Gesetzliche Regelung: Die Bestimmungen des WEG sind im Wohnungseigentumsgesetz kodifiziert, insbesondere in den §§ 14 und 22, die den Umgang mit Gemeinschaftseigentum und baulichen Veränderungen regeln.
Gemeinschaftseigentum
Definition: Gemeinschaftseigentum umfasst alle Teile einer Wohnanlage, die nicht im Sondereigentum der Wohnungseigentümer stehen und daher allen Eigentümern gemeinsam gehören. Hierzu zählen insbesondere das Gebäude selbst und alle für dessen Bestand oder Sicherheit notwendigen Teile, wie das Dach, die Außenwände und die tragenden Teile.
Beispiel: Im Kontext des Textes ist die Wohnungseingangstür Teil des Gemeinschaftseigentums, was bedeutet, dass Änderungen wie der Einbau eines digitalen Türspions der Zustimmung der gesamten Eigentümergemeinschaft bedürfen.
Gesetzliche Regelung: Die Regelungen zum Gemeinschaftseigentum finden sich im Wohnungseigentumsgesetz, insbesondere in § 5 WEG.
Bauliche Veränderung
Definition: Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn der physische Zustand des Gemeinschaftseigentums durch bauliche Maßnahmen geändert wird, insbesondere wenn diese von dem ursprünglichen Zustand abweicht und die Nutzungsmöglichkeiten oder das äußere Erscheinungsbild beeinflusst.
Beispiel: Der Einbau eines digitalen Türspions stellt eine bauliche Veränderung dar, weil er die Beschaffenheit der Eingangstür verändert, die zum Gemeinschaftseigentum zählt.
Gesetzliche Regelung: Bauliche Veränderungen sind in § 22 WEG geregelt, welcher die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft fordert.
Beseitigungsanspruch
Definition: Der Beseitigungsanspruch ist das Recht einer Partei, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu verlangen, wenn eine Beeinträchtigung vorliegt. Im Falle von Wohnanlagen kann ein Beseitigungsanspruch daraus resultieren, dass bauliche Veränderungen ohne die erforderliche Zustimmung vorgenommen wurden.
Beispiel: Wenn ein Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der Gemeinschaft einen digitalen Türspion installiert, können die Mitbewohner die Entfernung dieser Installation verlangen.
Gesetzliche Regelung: Der Beseitigungsanspruch kann sich aus § 1004 BGB in Verbindung mit den spezifischen Regelungen des WEG ergeben, wie zum Beispiel § 14 WEG.
Videoüberwachung
Definition: Videoüberwachung beschreibt die Beobachtung von Personen oder Bereichen mittels Kameras, oft zur Sicherung von Gebäuden oder zur Unterstützung bei der Aufklärung von Straftaten. Im Bereich von Mehrfamilienhäusern ist die Überwachung oft kritisch, da sie ohne Einwilligung die Privatsphäre der Bewohner verletzt.
Beispiel: Wenn in einem Mehrfamilienhaus eine Kamera im Treppenhaus installiert wird, um Bewegungen zu überwachen, fällt dies unter Videoüberwachung und ist in der Regel unzulässig, es sei denn, es liegen besondere rechtliche Gründe oder Ausnahmen vor.
Gesetzliche Regelung: Videoüberwachung ist im Hinblick auf datenschutzrechtliche Bestimmungen streng reguliert, insbesondere durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Beseitigung von Beeinträchtigungen an Eigentum. Der Eigentümer kann verlangen, dass störende Einwirkungen von Dritten, die sein Recht beeinträchtigen, beseitigt werden. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass der digitale Türspion eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums darstellt, weshalb die Kläger das Recht hatten, dessen Entfernung zu verlangen.
- § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG (Bestimmungen über das Wohnungseigentum): Diese Regelung befasst sich mit den Rechten und Pflichten von Wohnungseigentümern in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum. Sie stellt klar, dass erhebliche Veränderungen oder Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums der Zustimmung aller Eigentümer bedürfen. Der digitale Türspion wurde ohne die Zustimmung der anderen Eigentümer installiert, wodurch ein Verstoß gegen diese Vorschrift vorliegt.
- Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Dieses Recht schützt die persönliche Integrität und Privatsphäre eines Individuums. Im konkreten Fall nutzten die Kläger ihr Recht auf Schutz der persönlichen Daten und der Privatsphäre, indem sie sich gegen eine mögliche Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die Installation des Türspions wehrten. Die Videoüberwachung könnte die Nachbarn in ihrem persönlichen Lebensbereich unangemessen beeinträchtigen.
- § 22 KunstUrhG (Recht am eigenen Bild): Durch dieses Gesetz wird das Recht einer Person geschützt, darüber zu bestimmen, ob und in welchem Umfang Bilder von ihr veröffentlicht werden. Da der digitale Türspion potenziell Bildmaterial von den Bewohnern erfasst, wird damit das rechtliche Interesse der Kläger an ihrem eigenen Bild und ihrer Selbstbestimmung verletzt. Dies ist besonders relevant im Kontext der Videoüberwachung in gemeinschaftlichen Bereichen.
- § 313a ZPO (Sicherheitsleistungen in der Berufung): Diese Vorschrift regelt die Kosten- und Sicherheitsleistungen in Berufungsverfahren. Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass die Entscheidung zur Vorläufigkeit der Vollstreckbarkeit auch notwendige Rechtsfragen der Kostentragung behandelt. Der Beklagte musste übertragenen Kosten tragen, was jedoch durch Sicherheitsleistungen abgesichert wurde, da die Berufung nicht erfolgreich war.
Das vorliegende Urteil
LG Karlsruhe – Az.: 11 S 162/23 – Urteil vom 17.05.2024
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