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WEG – Beschlussanfechtung und Präklusion von Anfechtungsgründen

LG Hamburg, Az.: 318 S 25/11, Urteil vom 28.09.2011

Die Berufung der Kläger gegen das Schluss- Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 5. Januar 2011 – Az. 303B C 25/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Gültigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 24. Juni 2009 gefassten Beschlusses zu TOP 17 betreffend die Abgasführung der Einheit einer der Beklagten.

Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), der noch wie folgt ergänzt wird:

Die Parteien bilden die WEG…, 2 … H. (O.), die aus insgesamt 4 Wohnungseigentumseinheiten innerhalb eines Gebäudes besteht. Die Kläger wenden sich schon seit längerem gegen die Abgasführung betreffend die Eigentumseinheit der Beklagten S. aus ihrer Wohnung, die sich unterhalb ihrer eigenen Wohnung befindet. In diesem Zusammenhang haben die Kläger gegen die Beklagte Miteigentümerin S. einen Rechtsstreit geführt mit dem Ziel, der damaligen Antragsgegnerin aufzugeben, „es zu unterlassen, durch übermäßige Abgas- und Dampfeinwirkungen ihrer zu ihrem Wohnungseigentum gehörenden Heizungsanlage das Wohnungseigentum der Antragsteller zu stören.“. Den darauf gerichteten Antrag hatte das Amtsgericht Hamburg-Altona mit Beschluss vom 20. Februar 2008 (Az. 303b II 118/06) stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der hiesigen Beklagten und damaligen Antragsgegnerin S. hat die Kammer diese Entscheidung mit ihrem Beschluss vom 6. Mai 2009 (Az. 318 T 43/08) aufgehoben und den Antrag der Kläger zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde der Kläger hat das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 4. Februar 2011 (Az. 2 Wx 60/09) zurückgewiesen (vgl. Anlage BB1, Bl. 305 d.A.).

Mit ihrer am 10. Juli 2009 erhobenen, gegen die übrigen Eigentümer der WEG gerichteten Klage – zu der von den Klägern bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz keine Eigentümerliste zur Akte gereicht worden ist – haben die auch in erster Instanz schon anwaltlich vertretenen Kläger u.a. den zu TOP 17 mehrheitlich – mit 3 „Zustimmungen“ und 1 „Gegenstimme“ – gefassten Beschluss der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 24. Juni 2009 (vgl. dazu Protokoll, Anlage K1, Bl. 14 d.A.) betreffend „Änderung/Umbau der Abgasführung der Gasetagenheizung der Partei S. (…) gemäß der Variante 4 des Gutachtens des Dipl.-Ing O. vom 10. Januar 2009 (vgl. Anlage) die Kosten des Umbaus sowie eines Neuanstrich der Unterseite des darüber liegenden Balkons (F. /Nordseite) übernimmt Partei S. Art und Aussehen der beantragten Variante 4 sind den beiliegen Unterlagen zu entnehmen“ angefochten. In der Begründung ihrer Anfechtungsklage gemäß Schriftsatz vom 20. August 2009 (Bl. 10 ff. d.A.) – Eingang bei Gericht am selben Tag per Telefax – ist betreffend den Beschluss zu TOP 17 dessen Wortlaut wiederholt und das in dem Beschlusstext erwähnte Gutachten des Dipl.-Ing. O. als Anlage K2 (Bl. 19 d.A.) eingereicht worden. Ferner haben die Kläger ausgeführt, dass sie den Sachverständigen V. um Begutachtung dieser Abgasführung gebeten haben; das Gutachten ist als Anlage K3 (Bl. 22 d.A.) zur Akte gereicht worden. Auf den Inhalt dieses Gutachtens ist Bezug genommen worden und es sind „einige wesentliche Passagen“ daraus zitiert worden (vgl. Bl. 11 f. d.A.). Ferner heißt es noch: „Vorstehende Ausführungen dürften genügen, um festzustellen, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.“.

Das Amtsgericht hat die Klage mit seinem Schluss-Urteil vom 5. Januar 2011 (Bl. 279 d.A.) abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es dazu ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG widerspreche, sondern im Übereinklang mit den in §§ 22 Abs. 1,14 Ziff. 1 WEG geregelten Rechten und Pflichten stehe. Eine bauliche Veränderung sei nicht vermeidbar, weil die Miteigentümerin S. auf die Versorgung mit Wärme angewiesen sei, der jetzige Zustand aber nicht zulässig sei. Es bestehe keine Möglichkeit, eine Belastung anderer Eigentümer – wie der Kläger – vollständig zu vermeiden. Eine Zustimmung der Klägerin zu dem angefochtenen Beschluss sei nicht notwendig gewesen, weil deren Rechte nach § 14 Ziff. 1 WEG ausreichend beachtet worden seien. Die Kläger seien darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Beklagten das ihnen zustehende Ermessen bei der Frage, wie die Versorgung der Miteigentümerin S. mit Wärme und deren Abführung nach außen technisch auszugestalten sei, fehlerhaft ausgeübt hätten. Die Kläger behaupteten selbst nicht, dass die im Gutachten des Dipl.-Ing. O. vom 10. Januar 2009 dargestellten Varianten 1 bis 3 mit einer geringeren Belastung einhergehen würden. Die mit der Variante 4 einhergehenden Nachteile seien hinnehmbar, wie etwa die Beeinträchtigung der Sicht durch Wasserdampf bei drückendem Wind oder die optische Beeinträchtigung. Außerdem verstießen die Kläger gegen Treu und Glauben, weil sie selbst neben der Gaube ein Abluftrohr hätten installieren lassen. Der Beschluss zu TOP 17 sei auch nicht deswegen unwirksam, weil die Zeichnung zur Variante möglicherweise nicht maßstabsgerecht sei, das eingezeichnete Rohr als höher sein müsse als eingezeichnet. Die Varianten seien lediglich zur Veranschaulichung bildhaft dargestellt worden und sollten ersichtlich nicht maßstabsgerecht sein. Die von den Kläger aufgezeigten weiteren Möglichkeiten würden, so das Amtsgericht weiter, auch keine bessere Alternative bieten. Eine Abgasführung mit Strömung nach unten sei weder angebracht noch durch den Bezirksschornsteinfeger genehmigungsfähig. Eine Verlegung des Heizgerätes innerhalb der Wohnung S. in einen begehbaren Schrank auf der anderen Seite des Gebäudes wäre ebenfalls mit einigen Beeinträchtigungen – insbesondere auch nach außen – verbunden. Ferner seien auch die Interessen „des Eigentümers“ S. zu berücksichtigen, „dem“ nicht zuzumuten sei, die durch eine Verlegung des Gerätes in der Wohnung notwendig werdende Ergänzung des Leitungssystems für Gas, Wasser und Heizung hinzunehmen.

Gegen dieses Urteil, den Klägern über ihren Prozessbevollmächtigten am 7. Januar 2011 zugestellt (Bl. 287 d.A.), haben diese mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 – Eingang bei Gericht am Folgetag (Bl. 288 d.A.) – Berufung eingelegt und diese mit weiterem anwaltlichem Schriftsatz vom 9. Februar 2011 – Eingang bei Gericht am Folgetag (Bl. 292 d.A.) – begründet.

Die Kläger machen mit ihrer Berufung geltend, dass der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche und keineswegs im Einklang mit den in §§ 22 Abs. 1,14 Ziff. 1 WEG geregelten Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer stehe. Der Beschluss beinhalte eine bauliche Veränderung, die in dieser Form nicht notwendig sei und die sie über das nach §14 Ziff. 1 WEG hinzunehmende Maß hinaus beeinträchtige. „Dem Eigentümer“ S. müsse selbstverständlich die Möglichkeit gegeben werden, an geeigneter Stelle einen Austritt für „seine“ Heizung schaffen. Die jetzt beschlossene Maßnahme entspreche aus mehreren Gründen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung: der Beschluss sei bereits wegen Unbestimmtheit unwirksam, weil er zu ungenau sei und sie, die Kläger, daraus nicht entnehmen könnten, mit welchen Beeinträchtigungen sie zu rechnen hätten. „Der Eigentümer“ hätte sich vor Beschlussfassung die Mühe machen müssen, eine detaillierte Planung vorzulegen. Ferner wäre bei der Vorlage einer konstruktiven Detailzeichnung über alle Modalitäten der Baumaßnahme deutlich geworden, dass die Errichtung des Abgasrohres zu einer Verschandelung des Gebäudes führe. Dies gelte insbesondere für die notwendigen statischen Einrichtungen für die Halterung des Abgasrohres. Aus dem als Anlage K14 vorgelegten Gutachten des Dipl.-Ing. T. gehe eindeutig hervor, mit welchen Beeinträchtigungen, sie, die Kläger, rechnen müssten. Außerdem sei das beabsichtigte Rohr auf dem Dach für Dritte kaum oder nur schwer erreichbar. „Der Eigentümer“ S. könnte hier auch andere Varianten verfolgen: „er“ könnte durchsetzen, dass der Eigentümer G. veranlasst werde, den von ihm unrechtmäßig in Anspruch genommenen Kamin freizugeben. Ferner könnte ein zusätzlicher Schornsteinzug geschaffen werden.

Aus der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Februar 2011 (Az. 2 Wx 60/09) ergebe sich nichts, was für das Anliegen der Beklagten spreche, zumal die darin enthaltenden Ausführungen in entscheidenden Teilen unzutreffend seien und jene außerdem auf einer Tatsachengrundlage beruht hätten, die mehr als 2 Jahre vom jetzigen Stand entfernt gewesen seien.

Die Kläger beantragen, das Schluss-Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 5. Januar 2011 hinsichtlich Ziff. 1 (Abweisung des Klagantrages zu TOP 17 der Eigentümerversammlung vom 24.6.2009) aufzuheben und den zu TOP 17 des in der Eigentümerversammlung J. allee … , H. vom 24.6.2009 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts. Sie machen geltend, dass sich die Berufung der Kläger nicht ernsthaft mit den Argumenten des Amtsgerichts in seiner angefochtenen Entscheidung auseinander setze. Der Beschluss zu TOP 17 sei keineswegs zu unbestimmt; der Gutachter O. habe das Vorhaben hinreichend genau beschrieben. Technische Probleme seien nicht gegeben; die auf das Parteigutachten der Kläger gestützten Einwendungen könnten nicht überzeugen. Die von den Klägern aufgezeigten Alternativen seien in Wahrheit keine und würden nach wie vor bestritten. Ferner weise das Amtsgericht zu Recht auf § 242 BGB und den Umstand hin, dass die Kläger selbst ein Rohr installiert hätten. Aus der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Februar 2011 gehe im Übrigen eindrucksvoll hervor, dass die Kläger jegliche Form der Problemlösung zu verhindern suchten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits eingereichten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger mit Schriftsatz vom 12. September 2011 noch eine aktuelle Eigentümerliste sowie am 20. September 2011 per Telefax einen weiterem – ihnen allerdings nicht nachgelassenen – Schriftsatz vom selben Tag zur Akte gereicht.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Zulässigkeit der statthaften Berufung ist gegeben. Diese fristgemäß eingelegt (§ 517 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden und die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer von € 600,- wird überschritten. Unter Zurückstellung von Bedenken genügt die Berufungsbegründung auch den inhaltlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Ziff. 2 ZPO. Danach muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt, enthalten, was aus dem Umstand folgt, dass die Berufung nach § 513 Abs. 1 ZPO auch nur darauf gestützt werden kann, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Der BGH hat in diesem Zusammenhang ausgeführt (vgl. NJW 2006, 142, 143): „Zur Darlegung der Rechtsverletzung gehört die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt. Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils gefährden. Besondere formale Anforderungen bestehen insofern nicht. Die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ist entbehrlich, soweit aus den mitgeteilten Rechtsansichten deutlich wird, worin der Rechtsfehler gesehen wird. (…) Zur Bezeichnung des Umstands, aus dem sich die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung materiellen Rechts ergibt, genügt regelmäßig die Darlegung einer Rechtsansicht, die dem Berufungskläger zufolge zu einem anderen Ergebnis als dem des angefochtenen Urteils führt. Dieses formale Begründungserfordernis setzt nicht die Schlüssigkeit der Berufungsgründe voraus.“ Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Kläger gerade noch gerecht. Auch wenn die Kläger lediglich ihren – allerdings mehrschichtigen – Vortrag aus erster Instanz wiederholen und sich mit den einzelnen Argumenten, die das Amtsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, inhaltlich nicht konkret auseinander setzen, vermag die Kammer dem Vorbringen der Kläger noch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass das Amtsgericht zu Unrecht einen sie belastenden Nachteil im Sinne von §§ 22 Abs. 1,14 Ziff. 1 ZPO verneint habe.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Amtsgericht hat den angefochtenen Beschluss zu TOP 17 der Eigentümerversammlung vom 24. Juni 2009 zu Recht nicht für ungültig erklärt. Die Kläger dringen mit ihrer Berufung gegen die zutreffenden rechtlichen wie tatsächlichen Erwägungen des Amtsgerichts nicht durch.

a) Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht deswegen, weil die Kläger entgegen § 44 Abs. 1 S. 2 WEG die „namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer“ nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nachgeholt haben. Eine solche enthält zwar weder die Klageschrift noch die später zur Akte gereichte Schriftsätze, auch nicht in Form einer Eigentümerliste. Allerdings haben die Beklagten selbst durch Angabe ihrer Namen in den Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten für ihre Namhaftmachung gesorgt. Der von den Klägern verursachte Mangel betreffend die Zulässigkeit ihrer Klage ist sodann dadurch geheilt worden, dass sie eine entsprechende Liste, aus der die Namen der übrigen Eigentümer nebst jeweiliger ladungsfähiger Anschrift hervorgehen, auf Hinweis der Kammer noch im Berufungsverfahren zur Akte gereicht haben (vgl. BGH, Urt. v. 08.07.2011 – V ZR 34/11, BeckRS 2011, 20722).

b) Die von der Kammer ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden Gründe, aus denen sich ergeben könnte, dass der angefochtene Beschluss zu TOP 17 für ungültig zu erklären ist, bestimmen sich danach, was die Kläger innerhalb der 2-monatigen Anfechtungsbegründungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG vortragen haben. Dazu gilt (vgl. Kammer, ZMR 2011,411):

„Bei dieser Frist handelt es sich um eine Komponente der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 S. 2 HS 1 WEG; ihre Versäumung führt – wie hier – zur Abweisung der Klage als unbegründet (vgl. dazu nur BGH, NZM 2009, 199, 201). Sie ist Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten (BGH, a. a. O., S. 201) und führt dazu, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, dass sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergibt; wegen der Einzelheiten mag auf Anlagen verwiesen werden (BGH, a. a. O., S. 201 f.). Entscheidend sind die Tatsachen, nicht ihre rechtliche Würdigung (s. Niedenführ, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010, § 46, Rn. 58). Ein Nachschieben von Anfechtungsgründen ist ausgeschlossen (BGH, a. a. O., S. 201). Einer fehlenden Begründung entspricht es, wenn die Begründung so allgemein gehalten ist, dass ein individueller Bezug auf den Anfechtungsantrag nicht erkennbar ist; notwendig ist vielmehr eine einzelfallbezogene und auf den Streitfall zugeschnittene Begründung, anhand derer das Gericht erkennen kann, aus welchen Gründen der angefochtene Beschluss ungültig sein soll, also etwa nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (Niedenführ, a. a. O.). Erforderlich ist also, dass der Kläger die Mängeltatsachen benennt, auf die er seine Klage stützen will; zu nennen ist der konkrete Mangel und seine Auswirkungen auf den Beschluss (Elzer, in: BeckOK-WEG, Ed. 5, § 46, Rn. 180). Seine bloße Behauptung, der angefochtene Beschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung oder sei fehlerhaft, reicht nicht aus (Wenzel, in: Bärmann, WEG, 10. Aufl. 2009, § 46, Rn. 53; Niedenführ, a. a. O.; Elzer, a. a. O., Rn. 181).“

Die an objektiv-normativen Kriterien ausgerichtete Auslegung des von den Klägern angefochtenen Beschlusses ergibt, dass die Mehrheit der auf der Eigentümerversammlung vom 24. Juni 2009 anwesenden Eigentümer damit die Änderung bzw. den Umbau der Abgasführung der Gasetagenheizung der Miteigentümerin und Beklagten S. gemäß der Variante 4 des Gutachtens des Dipl.-Ing O. vom 10. Januar 2009 beschlossen hat. In rechtlicher Hinsicht könnte dieser Beschluss, der unstreitig eine bauliche Veränderung (auch) des gemeinschaftlichen Eigentums betrifft, sowohl an den §§ 22 Abs. 1,14 Ziff. 1 WEG – ggfs. in Verbindung mit § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG – als auch an § 22 Abs. 2 oder 3 WEG zu messen sein. Vortrag der Kläger zu etwaig verletzten formalen Anforderungen – wie etwa ein nicht erreichtes Quorum – fehlt. Die aus dem von ihnen als Anlage K3 vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. V. vom 9. Juli 2009 stammenden, 5 Randziffern und etwa eine halbe Seite umfassenden Zitate in ihrer Klagebegründung befassen sich inhaltlich damit, dass die „Anordnung des (…) Abgasrohres technisch nicht herstellbar“ sei, die „Abgasführung (…) ein erheblicher Eingriff in die Architektur, das heißt in das optische Erscheinungsbild des Gebäudes“ wäre, die „Erteilung einer Baugenehmigung (…) zweifelhaft“ und „eine Abgasführung innerhalb der Wohnung S. möglich“ sei. Diese Ausführungen dürften, so die Kläger, genügen, „um festzustellen, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.“ Das in Bezug genommene Gutachten erschöpft sich lediglich in zwei weiteren Absätzen, in denen der Gutachter festhält, dass „die Schlussfolgerungen im Ergänzungsgutachten O. vom 10.1.2009 zu der so genannten „Variante 4″ sowie die Darstellungen in den vorstehend genannten Fotografien (…) in sich unstimmig und nicht nachvollziehbar“ (Ziff. 3) und dass „eine detaillierte Ausführungsplanung unter Beachtung der HBauO (§ 41 Absatz 3) und der Feuerungsverordnung vom 25.9.2007 sowie eine statische Berechnung (Standsicherheitsnachweis der Abgasrohrführung) erforderlich“ seien (Ziff. 4). Da jeglicher Vortrag der Parteien dahingehend fehlt, dass die beschlossene Maßnahme eine im Sinne von § 22 Abs. 2 WEG (Modernisierung entsprechend § 559 BGB) oder von § 22 Abs. 3 WEG (modernisierende Instandsetzung) sei, vermag die Kammer das Begehren der Kläger nach der Begründung ihrer Klage nur dahingehend zu verstehen, dass aufgrund der von ihnen angeführten Umstände der angefochtene Beschluss deswegen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, weil es an ihrer Zustimmung fehlt. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 WEG können bauliche Maßnahmen beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG indes nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in dieser – in Satz 1 bezeichneten – Weise beeinträchtigt werden. Fehlt die durch positive Stimmabgabe erteilte Zustimmung eines beeinträchtigten Wohnungseigentümers, entspricht der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010, § 22, Rn. 4).

Gemessen an den o.g. Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Begründung einer Anfechtungsklage erweist sich dieses Vorbringen der Kläger vorliegend als gerade noch ausreichend.

Die Kläger haben vorliegend – allerdings nur bei wohlwollender Betrachtung – einen Lebenssachverhalt seinem wesentlichen Kern nach innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG vorgetragen. Sie haben dargetan, dass auf der Eigentümerversammlung vom 24. Juni 2009 zu TOP 17 ein Beschluss gefasst worden ist und welchen Inhalt dieser hat. Sie haben es im Folgenden zwar unterlassen, die tatsächlichen Umstände, aus denen sich ihrer Meinung nach der Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung ergibt, darzulegen. Allerdings reichte eine Bezugnahme auf den knappen Inhalt des von ihnen eingeholten Gutachtens dafür gerade noch aus, wenngleich sich aus diesem kaum mehr ergibt als aus den im Schriftsatz enthaltenen Zitaten. Diese lassen jedoch in ihrer Gesamtheit den Schluss darauf zu, dass die beschlossene Maßnahme aus mehreren – rechtlichen wie tatsächlichen – Gründen zu beanstanden sein könnte.

Jedenfalls sind die Kläger aber mit solchem Vorbringen präkludiert, das sie erst nach Ablauf der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG aktenkundig gemacht haben. Dazu zählt insbesondere die Einwendung, dass der angegriffene Beschluss zu unbestimmt sei. Den Klägern vermag auch nicht die – schon in erster Instanz, aber erst im Verlauf des Rechtsstreits geltend gemachte – Einwendung helfen, die Unbestimmtheit des Beschlusses führe zu seiner Nichtigkeit. Nichtigkeitsgründe können zwar auch noch außerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vorgebracht werden, solche liegen hier aber nicht vor. Der Beschluss zu TOP 17 ist in sich nicht widersprüchlich bzw. vollkommen nichtssagend, so dass hier auch kein Fall der sog. Perplexität gegeben ist.

c) Das Amtsgericht hat jedenfalls zu Recht eine Beeinträchtigung der Kläger durch die beschlossene Maßnahme im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG vereint und zutreffend darauf abgestellt, dass es der Zustimmung der Kläger dazu nicht bedurft hat; es genügte eine mehrheitliche Entscheidung.

Nach § 14 Ziff. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Unter einem Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen; nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil, wobei entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (std. Rspr.; vgl. etwa BGH, NZM 2011, 512). Bei der Bewertung, ob eine Beeinträchtigung erheblich ist, ist eine detaillierte Abwägung der relevanten Interessen vorzunehmen, und zwar auch der grundrechtlich geschützten Positionen, wobei die Schwelle für das Vorliegen eines Nachteils im Lichte von Art. 14 GG insgesamt eher niedrig anzusetzen ist (vgl. BVerfG, NZM 2005, 182, 183). Es bedarf dazu jeweils der Bewertung der Umstände des Einzelfalls (siehe OLG München, NZM 2005, 509, 510).

Bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen ist eine „nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung“ der Kläger durch die beschlossene Maßnahme nicht gegeben, und zwar gemessen an den Umständen, die die Kläger innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG vorgebracht und die sie auch noch zum Gegenstand ihrer Berufung gemacht haben.

Allein das von den Klägern bemängelte Fehlen einer „konstruktiven Detailzeichnung“ begründet noch keinen Nachteil im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG; dieser Gesichtspunkt ist lediglich für die Bewertung der konkreten Ausführung der Maßnahme sowie deren Umfang von Bedeutung. Dass das Dach für Dritte schwer oder nur kaum erreichbar sei, haben die Kläger innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist nicht vorgetragen; damit sind sie präkludiert. Hinsichtlich der sich aus der beschlossenen Maßnahme ergebenen Beeinträchtigungen insbesondere optischer Natur sowie der von den Klägern als vorzugswürdig angesehenen Alternativmaßnahmen, die in der Wohnung der Miteigentümerin S. durchzuführen seien, hat bereits das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen, die sich die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen macht, ausgeführt, dass die maßgeblichen Interessen der Kläger hier überlagert und im Rahmen der Prüfung des § 14 Ziff. 1 WEG insoweit zurückgedrängt werden, wie es der Gemeinschaft, insbesondere der Miteigentümerin S. um eine technisch machbare, möglichst alle relevanten Belange berücksichtigende und einen schonenden Ausgleich der widerstreitenden Interessen herbeiführende Lösung des streitgegenständlichen Problems geht. Insoweit kommt der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 5. Februar 2011 in dem Vorverfahren keine präjudizielle Bedeutung zu. Gleichwohl ist auch die Kammer nach dem Vortrag der Parteien in diesem Verfahren davon überzeugt, dass die Kläger die mit der beschlossenen „Variante 4“ einhergehenden Beeinträchtigungen, insbesondere die damit verbundene optische Veränderung der betroffenen, aber gleichwohl schon jetzt uneinheitlich gestalteten Dachfläche hinnehmen müssen, weil die von ihnen jetzt als vorzugswürdig betrachteten Alternativen entweder technisch nicht umsetzbar sind oder die Miteigentümerin S. deren Rechte aus § 14 Ziff. 1 WEG hier ebenfalls mit Gewicht in der Abwägung der widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen sind, mit einer Veränderung der Lage der Heizungsgeräte nebst Leitungssträngen über Gebühr und in für sie nicht mehr hinnehmbarer Weise belastet wird. Auf eine Gleichbehandlung im Unrecht können sich die Beklagten betreffend die von den Klägern selbst umgesetzte bauliche Veränderung an der Dachfläche nicht berufen. Allerdings vermag auch die Kammer in dem bisherigen – gerichtlichen wie außergerichtlichen – Verhalten der Kläger im Zusammenhang mit der für die gesamte Gemeinschaft notwendigen Lösung des Problems der Abgasführung aus der Einheit der Miteigentümerin S. und unter Heranziehung des auch von ihnen zu beachtenden Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme keine Gründe zu erblicken, die hier aus Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers für eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung bei der Durchführung der „Variante 4“ sprechen. Daran vermögen auch die – bereits bekannten – Ausführungen der Kläger in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. September 2011 nichts zu ändern; dieser gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, vgl. §§ 296a, 156 Abs. 1 ZPO.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nach den §§ 708 ff. ZPO bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision nicht zugelassen hat und eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen ist, s. § 62 Abs. 2 WEG.

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