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Mietvertragskündigung – Corona-Pandemie muss bei Folgeschaden berücksichtigt werden

KG – Az.: 8 U 129/21 – Urteil vom 21.11.2022

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 66 des Landgerichts Berlin vom 12.07.2021 – 66 O 175/19 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 48.422,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 5.950,00 Euro seit dem 07.05.2020 und 07.06.2020, sowie aus einem Betrag von 5.800,00 Euro seit dem 07.07.2020, sowie aus einem Betrag von 5.238,70 Euro seit dem 07.08.2020, aus einem Betrag von 20.483,87 Euro seit 22.12.2020 und aus einem Betrag von 5.000,00 EUR seit dem 07.01.2021, sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.057,50 Euro vom 05.09.2019 bis 06.02.2020 sowie aus einem Betrag von 5.950,00 Euro vom 07.01.2020 bis 06.02.2020 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 32.058,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.08.2022 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Beklagte. Von den Kosten der Berufung tragen die Klägerin 10% und die Beklagte 90%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckende Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagte betrieb in den streitgegenständlichen Mieträumen auf der Grundlage eines zwischenzeitlich beendeten Gewerbemietvertrages der Parteien eine Gastronomie, bei der die Speisen ausschließlich am Tresen der Filiale verkauft und sodann entweder innerhalb der Filiale an 23 inneren Plätzen bzw. an 7 Außenplätzen oder außer Haus verzehrt werden konnten. Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die Parteien um die Herabsetzung der seit März 2020 fälligen Mieten bzw. Nutzungsentschädigung und des von der Klägerin geltend gemachten Mietausfallschadens aufgrund der Folgen der weltweiten Covid-19-Pandemie. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf die – mit Beschluss der Zivilkammer 66 des Landgerichts Berlin vom 06.09.2021 (Bd. I Bl. 151 d.A.) berichtigten – tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Zahlungsklage teilweise wegen Herabsetzung der Zahlungsansprüche der Klägerin im Hinblick auf die pandemiebedingte Situation abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin Zwischenzeitlich erfolgte eine Abrechnung über die Betriebskosten für 2019, aus der sich eine Nachzahlung in Höhe von 1194,09 Euro ergibt (Anlage BK 3), über die Betriebskosten für 2020, aus der sich eine Nachzahlung in Höhe von 3002,05 Euro ergibt (Anlage BK 4) und über die Betriebskosten für 2021, aus der sich eine Nachzahlung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30.9.2021 in Höhe von 1074,17 Euro ergibt (Anlage BK 1). Die Klägerin hat insoweit die Hauptforderungen in Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Mai, Juni, Juli und anteilig August 2020 für erledigt erklärt.

Zudem erteilte die Klägerin eine Abrechnung über die von der Beklagten geleistete Kaution in Höhe von 13.650 Euro, aus der sich einschließlich Zinsen ein Guthaben zu Gunsten der Beklagten n Höhe von 13.737,26 Euro ergibt (Anlage BK 2).

Weiterhin macht die Klägerin nunmehr einen Mietausfallschaden bis zum Ende der Vertragslaufzeit am 30.9.2021 in Höhe von 5000 Euro nettokalt pro Monat geltend.

Die Klägerin erklärt mit dem Kautionsguthaben in Höhe von 13.737,26 Euro die Aufrechnung wie folgt:

„- Betriebskostennachzahlung 2019 in Höhe von 1.194,09 Euro

– Betriebskostennachzahlung 2020 in Höhe von 3.527,40 Euro

– Betriebskostennachzahlung 2021 in Höhe von 1.074,17 Euro

– Mietausfallschaden für Februar 2021 in Höhe von 5.000,00 Euro sowie

– Mietausfallschaden für (anteilig) März 2021 in Höhe von 2.941,60 Euro.“

Danach macht die Klägerin mit der Berufung noch die Miete für Mai 2020 in Höhe von 5.950,00 Euro nettokalt (inkl. USt), die Nutzungsentschädigung für Juni 2020 in Höhe von 5.950,00 Euro nettokalt (inkl. USt), die Nutzungsentschädigung für Juli 2020 in Höhe von 5.800,00 Euro nettokalt (inkl. USt), die Nutzungsentschädigung August 2020 (anteilig) in Höhe von 5.238,70 nettokalt Euro (inkl. USt), den Mietausfallschaden für August 2020 (anteilig) in Höhe von 483,87 Euro nettokalt (ohne USt) sowie den jeweiligen Mietausfallschaden für die Monate September 2020 bis Januar 2021 in Höhe von monatlich 5.000 Euro nettokalt (ohne USt) geltend.

Mit der Klageerweiterung macht die Klägerin den anteiligen Mietausfallschaden für März 2021 nach Aufrechnung einer Restforderung in Höhe von (5.000 Euro – 2.941,60 Euro =) 2.058,40 Euro sowie einen monatlichen Mietausfallschaden in Höhe von 5.000 Euro nettokalt (ohne USt) für die Monate April 2021 bis September 2021 geltend.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und dessen teilweiser Wiederholung vor:

Die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen der staatlichen Eingriffsmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie beträfen allein den Mieter und sein Verwendungsrisiko.

Zudem seien, soweit das Landgericht zwischen dem Zeitraum des ungekündigten Mietverhältnisses, dem Zeitraum des gekündigten Mietverhältnisses vor Räumung und dem Zeitraum nach Rückgabe der Mietsache im geräumten Zustand differenziere, die Zeiträume falsch gewählt und die einheitliche Betrachtung des Landgerichts unzutreffend.

Der Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung liege kein Mietverhältnis zugrunde, das über § 313 BGB – so überhaupt anwendbar – angepasst werden könne. Im Übrigen könne derjenige, der die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgebe, nicht gegenüber demjenigen, der die Mietsache nach einer Kündigung zurückgibt, begünstigt werden.

Soweit die Beklagte für Zeiträume, in denen die Miete vollständig gezahlt worden sei (März und April 2020), eine Herabsetzung der Miete aufgrund § 313 BGB begehre, stehe dem entgegen, dass der Mieter nicht coronabedingt in eine Notlage geraten sein könne, wenn dieser zur Zahlung der vollständigen Miete imstande gewesen sei.

Bei der Herabsetzung des Mietausfallschadens verkenne das Landgericht, dass die Ursache hierfür durch den Mieter gesetzt worden sei. Im Übrigen sei auch insoweit der Anwendungsbereich von § 313 BGB nicht eröffnet. Selbst bei Anwendbarkeit von § 313 BGB stehe einer Reduzierung der Ansprüche der Klägerin entgegen, dass der Beklagten der Betrieb trotz der staatlich angeordneten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung weiterhin möglich gewesen sei, weil der Take-Away-Verkauf weiterhin habe stattfinden können und die Sitzplätze im Außenbereich weiter hätten zur Verfügung gestellt werden können. Zudem könne wegen der erforderlichen Gesamtbetrachtung zur Beurteilung einer Existenzgefährdung die streitgegenständliche Filiale der Beklagten nicht losgelöst von den übrigen Filialen betrachtet werden. Dem von ihr beauftragten Maklerbüro sei es zum Ablauf der Vertragslaufzeit nicht gelungen, eine Vermietung der streitgegenständlichen Mieträume vorzunehmen.

Die Klägerin hat die Klage in Höhe von 5.000,00 Euro mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen. Hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von jeweils 300 Euro zzgl. Umsatzsteuer für die Monate Mai bis August 2020 nebst anteiliger Zinsen haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt zuletzt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 12.07.2021 zum Aktenzeichen 66 O 175/2019 wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 48.422,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 5.950,00 Euro seit dem 07.05.2020 und 07.06.2020, sowie aus einem Betrag von 5.800,00 Euro seit dem 07.07.2020, sowie aus einem Betrag von 5.238,70 Euro seit dem 07.08.2020, aus einem Betrag von 20.483,87 Euro seit Rechtshängigkeit und aus einem Betrag von 5.000,00 EUR seit dem 07.01.2021, sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 5.057,50 Euro vom 05.09.2019 bis 06.02.2020, aus einem Betrag von 5.950,00 Euro vom 07.01.2020 bis 06.02.2020 sowie aus einem Betrag von 1.563,06 Euro von Rechtshängigkeit an bis zum 06.02.2020 zu zahlen; im Wege der am 25.08.2022 zugestellten Klageerweiterung: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 32.058,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Klageerweiterungsantrag abzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und dessen teilweiser Wiederholung. Weiterhin trägt sie vor:

Die Klägerin verkenne, dass auch nach Kündigung und fortgesetzter Nutzung ein Nutzungsschuldverhältnis zwischen den ehemaligen Mietvertragsparteien bestehe (Eigentümer-Besitzer-Verhältnis), welches angepasst werden müsse. Da das Gesetz für den Zeitraum der Nutzung eines Mietgegenstandes nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Nutzungsentgelt in Höhe des zuvor vertraglich vereinbarten Mietzinses vorsehe, fänden hierauf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Anwendung. Im Zusammenhang mit den staatlich veranlassten Pandemie-Bekämpfungsmaßnahmen würde andernfalls dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet werden, durch fristlose Kündigung dem Mieter das Recht auf Anpassung des Mietzinses aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage abzuschneiden. Dies würde den Mieter gegenüber dem Vermieter einseitig benachteiligen. Gleiches gelte für den sogenannten Mietausfallschaden.

Die von der Beklagten erlittenen Umsatzrückgänge beruhten auf den pandemiebedingten hoheitlichen Maßnahmen und müssten daher auch als indirekte Ursache in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Die Folgen der staatlichen Maßnahmen wirkten sich direkt auf den Geschäftsbetrieb der Beklagten aus.

Die Einstellung des Betriebs am 28.8.2020 sei aufgrund der Anordnung des Gerichtsvollziehers A### vom 4.8.2020, in welchem er die Besitzeinweisung zugunsten der Klägerin am 28.8.2020 um 10:15 Uhr angekündigt habe, erfolgt und habe daher nicht auf einer freiwilligen unternehmerischen Entscheidung beruht. Die Beklagte habe keinerlei Staatshilfen bzw. Überbrückungshilfen erhalten, sondern lediglich die Unternehmensgruppe C### GmbH.

Soweit die Beklagte die Mieten für März und April 2020 vollständig gezahlt habe, sei dies aufgrund der Erwartung einer raschen wirtschaftlichen Erholung nach Wegfall der Corona-Maßnahmen spätestens im April/Mai 2020 erfolgt.

Die von der Klägerin im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Betriebskosten für die Jahre 2019, 2020 und 2021 würden der Höhe nach bestritten; die Beklagte möge hierzu die Belege vorlegen. Die angeblichen ernsthaften Bemühungen mit Zielsetzungen des Abschlusses eines neuen Mietvertrages für die streitgegenständliche Fläche würden weiterhin bestritten.

II.

Die Berufung im noch geltend gemachten Umfang und die Klageerweiterung sind zulässig und haben in der Sache Erfolg.

A.

Berufung

1. Die Klägerin hat entgegen den Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil für die Monate März bis Mai 2020 keinen Anspruch auf Zahlung von Miete gemäß § 535 Abs. 2 BGB i,V.m. § 5 des Mietvertrages, weil das Mietverhältnis der Parteien – wie die Klägerin mit der Berufung zu Recht einwendet und von der Beklagten nicht bestritten wird (Bd. 1 Blatt 38 d.A.) – bereits zuvor durch die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 17.01.2020 zum Ablauf des 27.01.2020 beendet worden ist.

Die Klägerin hat das Mietverhältnis der Parteien unstreitig bereits mit Schreiben vom 17.01.2020 fristlos gekündigt, nachdem die Beklagte die Miete für September 2019 in Höhe von 5414,50 Euro, die Miete für Januar 2020 in Höhe von 6307,00 Euro sowie den Nachzahlungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2018 vom 12.08.2019 in Höhe von 1563,06 Euro nicht gezahlt hatte (Bd. I Blatt 15 und Blatt 38 d.A.). Diese Kündigung war gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 3 b) BGB berechtigt und hat das Mietverhältnis Ende Januar 2020 beendet. Die Zahlung der Miet- und Betriebskostennachforderungsrückstände in Höhe von 13.284,56 Euro am 07.02.2020 hat hieran nichts geändert, da die Vorschrift des § 569 Abs. 3 Ziffer 2 BGB im Gewerberaummietrecht keine Anwendung findet, § 578 Abs. 2 BGB.

Das Mietverhältnis hat sich nach der außerordentlichen Kündigung vom Januar 2020 nicht unbefristet fortgesetzt. § 545 BGB ist in § 3 Ziffer 4 des Mietvertrages abbedungen.

2. Die Klägerin hat aber gegen die Beklagte nach der Beendigung des Mietvertrages bis zur Rückgabe des Mietobjekts einen Anspruch auf – ungekürzte – Zahlung von Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a Abs. 1 BGB in Höhe der mietvertraglich vereinbarten Miete.

Auf der Grundlage der Klagebegründung in den Schriftsätzen vom 20.7.2020 (Bd. I Blatt 28 d.A.) und vom 15.12.2020 (Bd. 1 Blatt 56 d.A.) ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum von Mai 2020 bis zur Räumung am 02.10.2020 ein Anspruch der Klägerin auf Nutzungsentschädigungen in Höhe von

6307,00 Euro für Mai 2020

6307,00 Euro für Juni 2020

6148,00 Euro für Juli 2020

5553,03 Euro für 28 Tage im August 2020 (6148,00 Euro : 31 Tage x 28 Tage

483,87 Euro für 3 Tage im August 2020 (geltend gemachte 5000,00 Euro : 31 Tage x 3 Tage)

5000,00 Euro für September 2020

322,58 Euro für 2 Tage im Oktober 2020 (geltend gemachte 5000,00 Euro : 31 Tage x 3 Tage),

mithin insgesamt in Höhe von 30.121,48 Euro.

a) Den grundsätzlichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Nutzungsentschädigung hat das Landgericht aus zutreffenden Gründen angenommen und dies steht – da von der Beklagten keine (Anschluss-)Berufung eingelegt wurde – zwischen den Parteien auch nicht mehr im Streit.

b) Die Beklagte kann sich nicht auf eine Reduzierung der Nutzungsentschädigungen wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berufen.

Soweit im Fall einer enttäuschten Gewinnerwartung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung oder -einschränkung für einen gewissen Zeitraum beruht, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 -; BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -; s.a. Senat, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 – GE 2021, 570, 572; OLG München NJW 2021, 948, 951 f.), rügt die Klägerin zu Recht, dass diese Rechtsprechung auf die hier streitgegenständliche Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB keine Anwendung findet (s.a. Senatsurteil vom 04.11.2021 – 8 U 85/21 – MDR 2022, 231 -; OLG Köln, Beschluss vom 04.04.2022 – 22 U 191/21 -; OLG Dresden, Urteil vom 10.08.2022 – 5 U 743/22 -).

(a) Die Geschäftsgrundlage wird nach § 313 Abs. 1 BGB durch die Umstände gebildet, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind. § 313 Abs. 1 BGB gilt mithin lediglich bei Verträgen, seien es schuldrechtliche Verträge und – da § 313 BGB Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist – für nicht schuldrechtliche Verträge, so für Verträge des Sachen-, Erb -und Familienrechts unter Beachtung der Besonderheit dieser Rechtsgebiete (Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 313 Rn. 7). Bei abgewickelten Verträgen kann nur ausnahmsweise eine Anpassung infrage kommen, so wenn die Geschäftsgrundlage von Anfang an gefehlt hat (BGHZ 25,393; BGH NJW 2001, 1204) oder wenn das Festhalten am bisherigen Vertragsinhalt trotz der beiderseitigen Erfüllung nicht zumutbar ist (BGHZ 74, 373; BGHZ 131, 209, 216).

(b) Hier scheidet eine Anpassung der Nutzungsentschädigungen nach § 546a BGB gemäß § 313 Abs. 1 BGB aus.

Die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages ist mit dessen Beendigung entfallen und konnte mithin durch die hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht mehr gestört werden. Die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages der Parteien hat auch nicht von Anfang an gefehlt, sondern ist erst nach Ablauf der Mietzeit durch die hoheitlichen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie gestört worden. Da es sich bei dem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, scheidet auch eine Unzumutbarkeit trotz beiderseitiger vollständiger Vertragserfüllung aus.

(c) Das von der Beklagten angeführte Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gemäß § 987ff. BGB der Parteien nach Beendigung des Mietverhältnisses stellt ein gesetzliches Schuldverhältnis dar (vgl. Grüneberg/ Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, Vorb v § 987 Rn. 1) und beruht gerade nicht auf einem Vertrag (vgl. auch Senatsurteil vom 04.11.2021 – 8 U 85/21 – MDR 231 -). Im Übrigen soll der Nutzungsentschädigungsanspruch durchaus Druck auf den früheren Mieter ausüben, die geschuldete Rückgabe zu vollziehen (s. BGH NJW 2015, 2795 Rn 18 ff, 21; NJW 2017, 1022). Damit wäre die Annahme einer Unzumutbarkeit der unreduzierten Zahlung in Höhe der vereinbarten Miete unvereinbar (Senat, a.a.O., Rn. 26).

3. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz ihres Mietausfallschadens für die Zeit vom 3. Oktober 2020 bis 31. Januar 2021 in Höhe von 19.677,42 Euro.

a) Endet ein befristetes Mietverhältnis – wie hier durch die Kündigung der Klägerin vom 17.01.2020 wegen Zahlungsverzugs – vorzeitig durch außerordentliche Kündigung aus vom Mieter zu vertretenden Gründen, hat der Mieter dem Vermieter gemäß §§ 280 Abs. 1, 314 Abs. 4, 249 Abs. 1, 252, 526a Abs. 2 BGB grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, der diesem in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Miete entsteht (BGH, Urteil vom 24.01.2018 – XII ZR 120/16 -, und Urteil vom 16. 02.2005 – XII ZR 162/01 – NZM 2005, 340, 341). Um einen solchen Mietausfallschaden geht es vorliegend, da die Klägerin den Ersatz von Mieten begehrt, die sie bei Durchführung des Mietverhältnisses bis zum Ende der vertraglichen Befristung gemäß § 535 Abs. 2 BGB von der Beklagten hätte beanspruchen können.

Diesen vertraglichen Anspruch hat sie aufgrund des von der Beklagten zu vertretenden Verzugs mit Mietzahlungen, der zu der außerordentlichen Kündigung geführt hat, verloren (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2018 – XII ZR 120/16 -).

b) Dass die Klägerin von der Beklagten bei Durchführung des Mietverhältnisses bis Januar 2021 nicht den vollen vereinbarten Mietzins hätte verlangen können, hat die Beklagte trotz der ihr insoweit obliegenden Darlegung und Beweislast nicht substantiiert dargelegt.

(1) Im Fall einer Geschäftsschließung oder -beschränkung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, kommt ein Anspruch des Mieters – hier der Beklagten – von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 41 ff. mwN; BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -). Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die sog. große Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert (BGH aaO) und die Beklagte mag auch nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung oder Einschränkung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen haben, weil anzunehmen ist, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 43 ff. mwN).

(2) Allerdings muss – wie das Landgericht im Ausgangspunkt richtig ausgeführt hat – neben den hier gegebenen sog. realen und hypothetischen Elementen auch das sog. normative Element erfüllt sein. Denn die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berechtigt für sich genommen noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 53 mwN).

(a) Nach der Rechtsprechung des BGH geht es über das gewöhnliche, von ihm regelmäßig allein zu tragende Verwendungsrisiko des Mieters hinaus, wenn eine enttäuschte Gewinnerwartung auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung oder -einschränkung für einen gewissen Zeitraum beruht. Denn die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, gehen nicht auf unternehmerische Entscheidungen oder die enttäuschte Vorstellung zurück, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Mit der COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 55 f. mwN, und Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -).

(b) Allerdings müssen nach Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf pandemiebedingten hoheitlichen Maßnahmen beruhen, die den jeweiligen Betrieb konkret erfassen. In Betracht kommen insoweit die Anordnungen von Betriebsschließungen, in Bezug zur Geschäftsfläche gesetzte Begrenzungen der Personenzahl oder die Beschränkung des Zugangs auf Personen mit einem bestimmten Impfstatus („2G“ oder „2G+“) ohne die jedermann eröffnete Möglichkeit, die Zugangsberechtigung auch durch einen Test zu erlangen, weil damit potenzielle Kunden vollständig oder jedenfalls zum Teil vom Besuch des Ladengeschäfts ausgeschlossen werden, ohne dies kurzfristig selbst beeinflussen zu können. Von der Berücksichtigung im Rahmen des § 313 Abs. 1 BGB ausgenommen sind hingegen diejenigen Entwicklungen, die eine anderweitige Ursache haben und damit keine unmittelbare Folge der pandemiebedingten Beschränkungen darstellen. Daher können etwa Umsatzrückgänge, die ihre Ursache in der aufgrund unternehmerischer Entscheidung erfolgten Verkürzung der Ladenöffnungszeiten haben, insoweit keine Rolle spielen. Gleiches gilt für eine im Zuge der Pandemie zu beobachtende – möglicherweise auch durch eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beeinflusste – allgemeine Kaufzurückhaltung der Kunden, sofern diese nicht durch die die Geschäftsräume betreffenden Maßnahmen der Schließung oder Einschränkung verursacht ist (BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -). Insoweit geht es nämlich um dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnende Umstände der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung (BGH a.a.O.).

(c) Der Mieter kann jedoch nicht stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Maßnahme verlangen. Ob ihm ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung nach § 313 Abs. 1 BGB, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (s. BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -; BGH Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 57 mwN; s.a.Senat, Urteil vom 01.04.2021 – 8 U 1099/20 – GE 2021, 570, 572). Jedoch ist eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters als Folge der pandemiebedingten Maßnahmen nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21-; BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 59).

Bei der im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden (Gesamt-)Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung oder -einschränkung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die fragliche Zeit der Schließung oder Nutzungseinschränkung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (s. BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -; BGH Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 58 mwN). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 58).

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus – nicht nur als Darlehen gewährten – staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile oder aus einer einstandspflichtigen Betriebsunterbrechungsversicherung des Mieters erlangt hat (BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -; BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 59).

Grundsätzlich obliegt es der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist. Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung oder -einschränkung muss deshalb der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile, die eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen, ihm durch die Maßnahme entstanden sind, und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten. Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatgerichtlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen (BGH, Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 – NZM 2022, 99 Rn. 61 f. mwN).

(3) Nach diesen Maßstäben wäre hier keine Anpassung der Mieten für den Zeitraum Oktober 2020 bis September 2021 in Betracht gekommen.

(a) Die von der Beklagten vorgetragenen Anordnungen zur Einschränkung des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs und der Hotelbetriebe, wodurch sich die Anzahl der überregionalen und internationalen Touristen und Geschäftsreisenden in Berlin um rund 58% reduziert haben soll, sowie die Anordnungen betreffend Home-Office, Schulschließungen, Schließungen von Einzelhandel, Dienstleistungen, Kultur und Gastronomie, wodurch sich die Anzahl der regionalen Pendler in Berlin um mindestens 40% vermindert haben soll, stellen schon keine hoheitlichen Maßnahmen dar, die den Betrieb der Beklagten konkret erfassen, sondern wirken sich nur mittelbar auf das Kundenverhalten und einen dadurch etwaig nachlassenden Kundenstrom aus. Insoweit geht es um dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnende Umstände der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 -, Rn. 31).

(b) Welche Umsatzeinbußen die Beklagte aufgrund der ihren Betrieb betreffenden staatlichen Betriebseinschränkungen seit Räumung und Herausgabe des Mietobjekts unter Berücksichtigung der staatlichen Hilfen erlitten hätte, wenn sie ihren Betrieb in den Mieträumen in den Monaten Oktober 2020 bis Januar 2021 fortgeführt hätte, hat die Beklagte trotz des diesbezüglichen Hinweises des Senats vom 30.6.2022 (Bd. II Bl. 45ff. d.A.) nicht schlüssig dargelegt. Dieser Vortrag hätte aber der Beklagten nach den oben genannten Grundsätzen oblegen, auch wenn sie den Betrieb aufgrund der vom Gerichtsvollzieher für den 28.8.2020 angekündigten Räumung am 28.08.2020 eingestellt hat.

Soweit die Beklagte nach ihrem Vortrag in dem Schriftsatz vom 10.05.2021 (Bd. I Blatt 108 d.A) in den Monaten Oktober bis Dezember 2020 keinerlei Erlöse erwirtschaftet haben will, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, welche Umsätze sie bei Fortführung ihres Betriebes – durch Take-Away-Verkauf und Belegung der Tische im zulässigen Maße – in der Zeit vom 03.10.2020 bis zum 31.01.2021 in der streitgegenständlichen Filiale erwirtschaftet hätte. Denn ausweislich der als Anlage B2 von der Beklagten eingereichten Maßnahmenchronologie war bis zum 14.12.2020 neben dem durchgehend zulässigen Take-Away-Verkauf auch ein Verzehr an Tischen zulässig, so dass hieraus Umsätze hätten generiert werden können, und auch im Lockdown I im Frühling 2020 hat die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag Erlöse in der streitgegenständlichen Filiale erwirtschaftet. Dass die Beklagte nach ihrem – von der Klägerin bestrittenen – Vortrag in den Monaten September bis Dezember 2020 keinerlei Erlöse erwirtschaftet haben will, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass sie seit dem 28.8.2020 den Betrieb in der streitgegenständlichen Filiale eingestellt hat. Rückschlüsse auf die Umsätze, welche die Beklagte bei Fortführung ihres Betriebes in diesen Monaten erwirtschaftet hätte, lässt ihr Vortrag daher nicht zu.

Zudem bleibt offen, welche staatlichen Hilfen die Beklagte bei Fortführung ihres Betriebes erhalten hätte.

c) Die Klägerin hat auch nicht gegen eine Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) verstoßen, weil sie die Mieträume bis zum Ende der Vertragslaufzeit nicht weitervermietet hat. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu dieser Frage unter Ziffer 3 der Entscheidungsgründe (Seiten 11-12 der Urteilsausfertigung) Bezug genommen, mit denen sich die Beklagte in der Berufungserwiderung sowie der Erwiderung auf die zweitinstanzliche Klageerweiterung nicht auseinandersetzt. Der Vortrag der Klägerin zu ihren Vermietungsbemühungen durch regelmäßige Einstellung von Exposés in sämtlichen Portalen und zu insgesamt 10 Besichtigungen durch Mietinteressenten mit Schriftsatz vom 19.04.2021 (Bd. I Blatt 94ff d.A.) genügt ihrer sekundären Darlegungslast. Auch ist das Verlangen nach einer Nettokaltmiete von 5.500 Euro nicht überhöht, nachdem die Parteien im Nachtrag vom November 2019 unter § 2 Ziffer 2.1 im Falle der Optionsausübung eine Erhöhung der Nettokaltmiete von 5.000 Euro auf 5.750 Euro vereinbart hatten.

4. Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1, 291 BGB.

B.

Klageerweiterung

1. Die Klageerweiterung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da der Senat sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die er seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrundezulegen hat.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Ersatz des Mietausfallschadens in den Monaten Februar 2021 bis September 2021 gemäß §§ 280 Abs. 1, 314 Abs. 4, 249 Abs. 1, 252, 526a Abs. 2 BGB. Zur Begründung wird auf die Ausführungen oben zu A.3. Bezug genommen.

3. Die Zinsansprüche beruhen auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1, 291 BGB.

C.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91a, 92 Abs. 1 und 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Beklagte wäre ohne Eintritt der Abrechnungsreife hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen bzw. Abrechnung über die Betriebskosten auch hinsichtlich der für erledigt erklärten Nebenkostenvorauszahlungen nach den Ausführungen oben unter B. unterlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 709 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Nichtzulassung der Revision beruht darauf, dass die Gründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat sieht sich im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

 

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