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WEG-Beschluss muss bestimmt formuliert werden

Amtsgericht erklärt unbestimmten WEG-Beschluss für ungültig

Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hat den Beschluss einer Eigentümerversammlung für ungültig erklärt, da dieser zu unbestimmt formuliert war und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach, insbesondere hinsichtlich der Spezifikationen und Delegation von Entscheidungsbefugnissen.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg erklärte einen Eigentümerversammlungsbeschluss als ungültig, weil dieser zu unbestimmt war und gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstieß.
  • Der Beschluss bezog sich auf Instandhaltungsmaßnahmen, doch fehlten klare Angaben zu Umfang, Art und Weise sowie zur Entscheidungsfindung.
  • Der Kläger, ein Eigentümer, argumentierte erfolgreich, dass der Beschluss weder eindeutig festlegte, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollten, noch die Kriterien für die Auftragsvergabe klar definierte.
  • Die Richter stützten sich auf die Notwendigkeit einer präzisen Beschlussfassung, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Verwaltungsentscheidungen zu gewährleisten.
  • Die Unklarheit in der Formulierung und die unzureichende Spezifikation von Leistungen sowie das Fehlen einer Regelung zur Vertragsart wurden als Hauptgründe für die Ungültigkeit des Beschlusses angeführt.
  • Die Entscheidung hebt die Bedeutung der Bestimmtheit und Genauigkeit in Beschlüssen der Eigentümerversammlung hervor, insbesondere bei der Vergabe von Aufträgen für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen.
  • Dieses Urteil unterstreicht, dass eine effektive Verwaltung und Entscheidungsfindung in Wohneigentümergemeinschaften klare, nachvollziehbare und detaillierte Beschlüsse erfordert.
  • Die Beklagte, vertreten durch die Verwaltung, muss die Prozesskosten tragen, und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Klarheit und Transparenz bei WEG-Beschlüssen

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist geprägt von gemeinschaftlichen Entscheidungen, welche die Interessen aller Eigentümer berücksichtigen müssen. Beschlüsse, die auf der Eigentümerversammlung gefasst werden, regeln wichtige Aspekte der Gemeinschaft – von Instandhaltungsmaßnahmen bis hin zu Sondernutzungsrechten. Eine präzise Formulierung dieser Beschlüsse ist unerlässlich, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.

Die Bestimmtheit spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Beschlüsse. Sind diese unklar oder zu vage formuliert, kann dies zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Die Gerichte legen daher großen Wert auf eine klare, transparente Beschlussfassung, die den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Nur so können Eigentümer nachvollziehen, welche Entscheidungen getroffen wurden und wie diese umzusetzen sind.

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➜ Der Fall im Detail


Ungültiger WEG-Beschluss sorgt für rechtliche Klarstellung

In einem bemerkenswerten Rechtsstreit hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg einen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12. Juli 2023 zu TOP 8 für ungültig erklärt. Kern des Disputs war die Anfechtung eines Beschlusses durch ein Mitglied der Wohneigentümergemeinschaft, der die Bearbeitung des Anschlusses Zinkabdeckung / WDVS zu Gesamtkosten in Höhe von circa 4.000 Euro betraf. Der Kläger argumentierte, dass der Beschluss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, da er zu unbestimmt formuliert sei und gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verstoße. Insbesondere kritisierte er die mangelnde Klarheit bezüglich der konkret durchzuführenden Maßnahmen und der Art der Auftragsvergabe.

Die rechtliche Problematik unbestimmter Beschlüsse

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Bestimmung, was unter einer hinreichenden Klarheit eines Beschlusses zu verstehen ist. Der Kläger monierte, dass aus dem Beschlusstext nicht eindeutig hervorgehe, was genau unternommen werden solle. Er bemängelte fehlende Angaben zu Umfang und Art und Weise der geplanten Maßnahmen sowie das Fehlen einer eindeutigen Regelung zur Vertragsart und zu Vergleichsangeboten. Die Beklagte verteidigte den Beschluss als einen Grundlagenbeschluss, der die wesentlichen Rahmenbedingungen festlege und der Verwaltung entsprechende Handlungsvollmachten erteile.

Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg

Das Gericht gab der Klage statt und erklärte den Beschluss für ungültig, da er den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nach §§ 18, 19 WEG nicht entsprach. Besonders kritisiert wurde die Unklarheit der Formulierung „Bearbeitung des Anschlusses Zinkabdeckung / WDVS“. Das Gericht stellte fest, dass weder auf ein konkretes Angebot Bezug genommen wurde noch eine technische Beschreibung der Maßnahme vorlag, aus der der Umfang der Arbeiten hätte entnommen werden können. Zudem wurde die Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf den Verwaltungsbeirat als unzulässig betrachtet.

Die Begründung der Entscheidung

In seiner Begründung legte das Gericht dar, dass für die Gültigkeit eines Beschlusses eine klare und eindeutige Formulierung essentiell ist, um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Verwaltungsentscheidungen zu gewährleisten. Es betonte die Notwendigkeit, dass die betroffenen Eigentümer klar verstehen müssen, über welche Sachverhalte abgestimmt wird und welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden sollen. Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht, dass die Wahrung der Bestimmtheitsanforderungen eine fundamentale Voraussetzung für die Wirksamkeit von Beschlüssen in Eigentümerversammlungen darstellt.

Konsequenzen der Gerichtsentscheidung

Mit dieser Entscheidung unterstreicht das Amtsgericht Hamburg-St. Georg die Bedeutung einer präzisen und detaillierten Beschlussfassung. Für die Praxis bedeutet dies, dass Wohneigentümergemeinschaften bei der Formulierung von Beschlüssen auf eine klare und umfassende Darstellung der geplanten Maßnahmen achten müssen. Die Entscheidung zeigt auf, dass eine allzu vage Beschlussfassung nicht nur zu rechtlichen Unsicherheiten führt, sondern auch die Gefahr birgt, für ungültig erklärt zu werden. Es handelt sich um einen wichtigen Fall für die Rechtspraxis, der die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit von Beschlüssen in Eigentümerversammlungen konkretisiert.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einem WEG-Beschluss?

Ein WEG-Beschluss ist eine Entscheidung, die von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) getroffen wird, um gemeinschaftliche Angelegenheiten zu regeln. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

Was ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft?

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist der Zusammenschluss aller Eigentümer, die Wohneigentum oder Teileigentum in einer Wohnanlage besitzen.

  • Sie entsteht automatisch mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung und der Eintragung ins Grundbuch.
  • Alle Eigentümer sind automatisch Mitglieder mit entsprechenden Rechten und Pflichten.
  • Die WEG regelt gemeinschaftliche Angelegenheiten wie Instandhaltung, Finanzen etc.

Organe der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die WEG hat laut Gesetz drei Organe zur Entscheidungsfindung:

  • Eigentümerversammlung: Das wichtigste Entscheidungsorgan, das mindestens einmal jährlich zusammenkommen muss. Hier werden WEG-Beschlüsse gefasst.
  • Verwalter: Verwaltet die laufenden Geschäfte im Auftrag der Eigentümer, z.B. Einberufung der Versammlung, Reparaturen etc.
  • Verwaltungsbeirat (optional): Berät und kontrolliert den Verwalter.

WEG-Beschlüsse in der Eigentümerversammlung

In der Eigentümerversammlung werden durch Abstimmung WEG-Beschlüsse zu verschiedenen Themen gefasst, z.B.:

  • Jahreswirtschaftsplan und Hausgeldberechnung
  • Wahl/Abberufung des Verwalters und Verwaltungsbeirats
  • Bau- und Sanierungsmaßnahmen
  • Änderung der Gemeinschaftsordnung

Je nach Thema sind unterschiedliche Mehrheiten für einen gültigen Beschluss erforderlich (einfache oder qualifizierte Mehrheit).

Die WEG-Beschlüsse sind für alle Eigentümer bindend und regeln die gemeinschaftlichen Belange der Wohnanlage.

Wie muss ein WEG-Beschluss formuliert sein, um gültig zu sein?

Ein WEG-Beschluss muss klar und eindeutig formuliert sein, um gültig zu sein. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

Bestimmtheit des Beschlussinhalts

Der Beschlussinhalt muss so bestimmt sein, dass daraus zweifelsfrei hervorgeht, was die Wohnungseigentümer wollen.

  • Der Beschluss darf keine Widersprüche oder Unklarheiten enthalten.
  • Durch Auslegung muss eine vollziehbare Regelung ermittelt werden können.
  • Ist der Beschluss derart unbestimmt, dass selbst durch Auslegung keine Regelung feststellbar ist, ist er nichtig.

Präzise Formulierung

Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte der Beschluss möglichst präzise formuliert werden:

  • Genaue Bezugnahme auf Unterlagen wie Jahresabrechnung, Wirtschaftsplan etc.
  • Exakte Betragsangaben bei Beschlüssen über Hausgeldfestsetzungen
  • Klare Formulierungen bei Beschlüssen über Sanierungen, Sonderbeiträge etc.

Vermeidung von Anfechtungsrisiken

Eine unpräzise Beschlussformulierung kann zur Anfechtung oder Nichtigkeit des Beschlusses führen:

  • Pauschale Formulierungen wie „Genehmigung der Jahresabrechnung“ sind anfechtbar.
  • Widersprüchliche oder in sich unklare Beschlüsse sind nichtig.
  • Fehlende Bestimmtheit führt zur Anfechtbarkeit wegen Unbestimmtheit.

Insgesamt ist bei der Formulierung von WEG-Beschlüssen äußerste Sorgfalt geboten, um Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten. Eine klare, widerspruchsfreie und präzise Formulierung ist zwingend erforderlich für die Gültigkeit.

Was sind die Konsequenzen eines ungültigen WEG-Beschlusses?

Die Ungültigkeit eines WEG-Beschlusses kann weitreichende Konsequenzen haben:

Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses

Ein für ungültig erklärter WEG-Beschluss ist von Anfang an rechtsunwirksam. Das bedeutet, er entfaltet keinerlei rechtliche Wirkung, als wäre er nie gefasst worden.

Rückgängigmachung bereits vollzogener Maßnahmen

Wurde der ungültige Beschluss bereits ganz oder teilweise umgesetzt, haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Rückgängigmachung (Folgenbeseitigungsanspruch).

Beispiel: Ein für ungültig erklärter Beschluss über Sanierungsarbeiten muss rückgängig gemacht werden, bereits getätigte Ausgaben wären zurückzuerstatten.

  1. Neubeschluss erforderlich: Da der ungültige Beschluss keine Rechtswirkung entfaltet, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft die Angelegenheit erneut behandeln und einen neuen, gültigen Beschluss fassen.
  2. Kosten des Rechtsstreits: Der klagende Wohnungseigentümer muss zunächst die Kosten des Anfechtungsverfahrens tragen. Nur wenn er obsiegt, können ihm die Kosten von der Gemeinschaft erstattet werden.
  3. Zeitverzögerung: Durch die Anfechtung, das Gerichtsverfahren und die Neubeschlussfassung kann es zu erheblichen Verzögerungen bei der Umsetzung von Maßnahmen kommen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Ungültigkeit eines WEG-Beschlusses weitreichende praktische und finanzielle Folgen für die Wohnungseigentümergemeinschaft haben kann. Daher ist bei der Beschlussfassung äußerste Sorgfalt geboten.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • §§ 18, 19 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Diese Paragraphen regeln die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung in Wohneigentümergemeinschaften. Der Zusammenhang zum Thema besteht darin, dass der angefochtene Beschluss diesen Grundsätzen nicht entsprach, weil er zu unbestimmt formuliert war, was eine klare und eindeutige Kommunikation innerhalb der WEG voraussetzt.
  • § 631 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zum Werkvertragsrecht: Im Kontext wird die Frage aufgeworfen, ob für den Abschluss eines Werkvertrages die Vorschriften des BGB oder die der VOB/B gelten sollen. Die Relevanz ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass bei Baumaßnahmen in der WEG klar definiert sein muss, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen Aufträge vergeben werden.
  • VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen): Die VOB/B findet Anwendung bei Werkverträgen über Bauleistungen und wurde im Text im Zusammenhang mit der Frage der Vertragsart angesprochen. Die Unterscheidung zwischen BGB- und VOB/B-Verträgen ist für die rechtliche Einordnung der Vertragsbeziehungen und -pflichten in Bauprojekten essentiell.
  • §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO (Zivilprozessordnung): Diese Paragraphen betreffen die prozessualen Nebenentscheidungen, die im Urteil genannt werden. Sie sind relevant für das Verständnis der Kostenverteilung im Prozess, der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils und der Sicherheitsleistungen, die von den Parteien erbracht werden können, um die Vollstreckung abzuwenden.

Diese Gesetze und Regelungen bilden das Fundament des Verständnisses dafür, wie Beschlüsse in Wohneigentümergemeinschaften gefasst werden müssen, welche Anforderungen an die Bestimmtheit solcher Beschlüsse gestellt werden und welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Auftragsvergabe und Durchführung von Baumaßnahmen innerhalb einer WEG zu beachten sind.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980a C 22/23 WEG – Urteil vom 02.02.2024

In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 980a – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2023 für Recht:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.07.2023 zu TOP 8 wird für ungültig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung.

Der Kläger ist Mitglied der Beklagten. Auf der Eigentümerversammlung vom 12.07.2023 wurde zu TOP 8 folgendes beschlossen (vgl. Protokoll, Anlage K2):

„Die Gemeinschaft der Eigentümer beschließt die Bearbeitung des Anschlusses Zinkabdeckung / WDVS zu Gesamtkosten in Höhe von ca. 4.000,00 Euro. Die Auftragsvergabe erfolgt nach Vorlage von zwei Angeboten und Anhörung des Verwaltungsbeirates. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt aus der Erhaltungsrücklage. (…)“

Der Kläger macht mit seiner am 09.08.2023 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 04.09.2023 zugestellten und mit weiterem Schriftsatz vom 22.08.2023 begründeten Anfechtungsklage geltend, dass der Beschluss zu TOP 8 den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche. Dieser sei zu unbestimmt und verstoße gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Aus dem Beschlusstext ergebe sich nicht klar genug, an was genau was getan werden solle. Bei Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung müsse hinreichend deutlich erkennbar sein, welche konkreten Maßnahmen vorgenommen werden sollen; dies erfordere die Angabe von Umfang und Art und Weise der beschlossenen Maßnahme und es müsse genau erkennbar sein, welches konkrete Angebot einer Sanierungsmaßnahme angenommen werden soll. Diese Vorgaben seien hier nicht eingehalten. Der Beschluss sei ferner deswegen zu unbestimmt, weil die Auftragsvergabe nach „Anhörung des Verwaltungsbeirates“ erfolgen solle; für einen objektiven Beobachter sei aber nicht klar, was damit tatsächlich gemeint sei. Es handele sich um eine unzulässige Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Verwaltung und den Beirat. Ebenfalls zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses führe, dass nicht festgelegt worden sei, ob der Werkvertrag nach BGB oder VOB/B geschlossen werden solle. Zudem fehlten drei Vergleichsangebote. Die Maßnahme sei auch unwirtschaftlich, weil keine Kosten von 4.000,00 Euro dafür anfallen würden.

Der Kläger beantragt, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.07.2023 zu TOP 8 für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht geltend, dass ein Grundlagenbeschluss getroffen worden sei, dass die genannten Arbeiten ausgeführt werden sollen. Die Verwaltung habe die Vollmacht dazu erhalten, den endgültigen Auftrag nach Anhörung des Beirats zu erteilen. Der Kostenrahmen sei vorgegeben, ebenso die Pflicht zur Einholung von Angeboten. Der Begriff „Bearbeitung“ umfasse die Herstellung, die Verbesserung und Ausbesserung des Anschlusses.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der streitbehaftete Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.07.2023 zu TOP 8 ist für ungültig zu erklären. Der Kläger wendet zu Recht ein, dass dieser Beschluss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nach Maßgabe der §§ 18, 19 WEG widerspricht.

Das folgt schon daraus, dass – bei einer objektiv-normativen, also am Wortlaut und seinem nächstliegenden Sinn der Bedeutung orientierten Auslegung – nicht klar genug formuliert ist, was mit „Bearbeitung des Anschlusses Zinkabdeckung / WDVS“ gemeint ist. Es wird dafür weder auf ein Angebot eines (Fach-)Unternehmens noch ein Leistungsverzeichnis Bezug genommen, zudem ist keine technische Beschreibung der Maßnahme vorhanden, aus der der Umfang der Arbeiten entnommen werden könnte.

Sofern die Beklagte dazu geltend macht, dass mit „Bearbeitung“ die Herstellung, die Verbesserung und Ausbesserung des Anschlusses gemeint sei, ist die ein mögliches, aber kein zwingendes Auslegungsergebnis, zumal nicht benannt wird, was genau wo und mit welchem Ziel „bearbeitet“ werden soll. Es kommt hinzu, dass die „Auftragsvergabe (…) auf Anhörungen des Verwaltungsbeirates“ erfolge solle. Diese unklare Regelung genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht und ist mit den Grenzen, Entscheidungsbefugnisse seitens der Wohnungseigentümer auf den Beirat zu delegieren, nicht vereinbar (vgl. AG Hamburg-St. Georg, ZMR 2023, 928 für die Formulierung, dass „Rücksprache“ mit dem Verwaltungsbeirat gehalten werden soll).

Es kann danach dahinstehen, ob der in Rede stehende Beschluss auch deswegen für ungültig zu erklären wäre, weil in ihm – wie der Kläger ausdrücklich gerügt hat – keine Regelung enthalten ist, ob für den zu erteilenden Auftrag bzw. für den Abschluss des Werkvertrages die Vorschriften des BGB oder die der VOB/B gelten sollen (vgl. dazu etwa AG Hamburg-Blankenese, ZMR 2015, 580; kritisch allerdings Greiner, ZWE 2023, 342, 347: „Die bisherige Strenge [bei der Beurteilung der Bestimmtheit eines Beschlusses] sollte nach jetzigem Recht indes überdacht werden.“). Angesichts des Umstandes, dass die VOB/B für einen Werkvertrag über Bauleistungen nur dann zur Anwendung gelangt, wenn die Parteien deren Geltung ausdrücklich vereinbart haben, anderenfalls aber die Vorschriften des Werkvertragsrechts nach den §§ 631 ff. BGB gelten (vgl. etwa BGH, NJW 1994, 2547; Busche, in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2023, § 650a, Rn. 44), spräche allerdings Einiges dafür, das Fehlen einer Regelung dazu so auszulegen, als dass die Wohnungseigentümer keine vom Gesetz bzw. von den §§ 631 ff. BGB abweichenden Regelungen treffen wollten; ein solcher Wille müsste dann also nicht ausdrücklich in dem Beschluss eine Erwähnung finden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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