Kosten für Fenstererneuerung: Wem muss die WEG-Gemeinschaft belasten?
In dem Fall des AG Hamburg-St. Georg (Az.: 980b C 13/23 WEG) geht es um die Klärung der Kostenverantwortung für die Erneuerung von Fenstern in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger beantragt die Ungültigkeit eines Eigentümerversammlungsbeschlusses zur Erneuerung der Fenster, da die Teilungserklärung die Kostenlast auf den einzelnen Sondereigentümer überträgt, während das Gericht die Kostenanteilung auf alle Eigentümer nach Miteigentumsanteilen für korrekt hält.
Übersicht
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 980b C 13/23 WEG >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wies die Klage zur Ungültigkeitserklärung eines Beschlusses über Fenstererneuerungen ab.
- Der Streit dreht sich um die Kostenverteilung für die Erneuerung der Fenster einer Wohnung, die die Klagepartei als alleinige Verantwortung des Sondereigentümers sieht.
- Die Gerichtsentscheidung beruht auf der Interpretation der Teilungserklärung, die Instandhaltung und Instandsetzung unterscheidet.
- Laut Gericht ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer grundsätzlich zuständig für Instandhaltung und Instandsetzung.
- Die Kosten für Instandsetzungen sollen nach dem Urteil nicht individuell, sondern gemäß den Miteigentumsanteilen aller Wohnungseigentümer getragen werden.
- Es fehlt eine eindeutige Regelung in der Teilungserklärung, die Sondereigentümern die alleinige Kostenlast für solche Maßnahmen zuweist.
- Die Unterscheidung zwischen Instandhaltung (Erhaltung des Zustands) und Instandsetzung (Wiederherstellung des Zustands) ist entscheidend.
- Das Gericht sieht im Zweifel die Zuständigkeit bei der gesamten Eigentümergemeinschaft, nicht beim einzelnen Sondereigentümer.
- Der Beschluss der Eigentümerversammlung zur Kostenverteilung der Fenstererneuerung entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
- Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer klaren und präzisen Formulierung in Teilungserklärungen zur Vermeidung zukünftiger Rechtsstreitigkeiten.
Wer trägt die Kosten für Instandsetzungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft stellt sich oft die Frage, wer für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen aufkommen muss. Insbesondere die Unterscheidung zwischen diesen beiden Begriffen ist von großer Bedeutung. Denn während Instandhaltungsarbeiten zur laufenden Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zählen, fallen unter Instandsetzungen umfangreichere Reparaturen und Erneuerungen.
Die Verteilung der damit verbundenen Kosten richtet sich zunächst nach den gesetzlichen Bestimmungen. Allerdings können Wohnungseigentümer durch eine Teilungserklärung hiervon abweichende Regelungen treffen. Eine klare und unmissverständliche Formulierung ist dabei essenziell, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.
➜ Der Fall im Detail
Kern des Streits um die Erneuerung von Fenstern
In dem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg (Az.: 980b C 13/23 WEG) wurde über die Gültigkeit eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung gestritten. Konkret ging es um die Kostenverteilung für die Erneuerung von Fenstern in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger, ein Mitglied der Gemeinschaft, forderte die Ungültigkeit des Beschlusses, der die Kosten der Fenstererneuerung auf alle Eigentümer umlegt, obwohl die notarielle Teilungserklärung besagt, dass jeder Eigentümer für die Instandhaltung und Instandsetzung im Bereich seines Sondereigentums selbst aufkommen muss.
Die rechtliche Auseinandersetzung und Argumente der Parteien
Der Kläger argumentierte, dass die Instandhaltung und Erneuerung der Fenster im Bereich seines Sondereigentums gemäß der Teilungserklärung in seine alleinige Verantwortung falle und somit der gefasste Beschluss ungültig sei. Die beklagte Seite, vertreten durch die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft, hielt dagegen, dass der Beschluss sich auf Instandsetzungsmaßnahmen beziehe, die nicht eindeutig in der Teilungserklärung geregelt seien und daher nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden können.
Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg
Das Gericht wies die Klage ab und entschied, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung rechtens ist. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Teilungserklärung zwar zwischen Instandhaltung und Instandsetzung unterscheidet, jedoch keine eindeutige Regelung zur alleinigen Kostenübernahme durch den Sondereigentümer für Instandsetzungsmaßnahmen enthält. Folglich sei die Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen eine zulässige und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Vorgehensweise.
Juristische Einordnung der Entscheidung
Das Gericht legte großen Wert auf die Auslegung der Teilungserklärung, die als Grundlage für die Entscheidungsfindung diente. Es stellte fest, dass die Begriffe „Instandhaltung“ und „Instandsetzung“ zwar in der Erklärung verwendet werden, aber nicht hinreichend definiert sind, um eine exklusive Kostenbelastung des Sondereigentümers zu rechtfertigen. Das Gericht folgte damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die eine objektiv-normative Auslegung solcher Erklärungen vorsieht, bei der der Wortlaut und der erkennbare Sinn im Vordergrund stehen.
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit klarer und eindeutiger Regelungen in Teilungserklärungen. Es zeigt auf, dass bei Unklarheiten die gesetzlichen Regelungen greifen, welche eine gerechte Lastenverteilung innerhalb der Gemeinschaft vorsehen. Wohnungseigentümer und Verwaltungen sind somit angehalten, die Formulierungen in den Teilungserklärungen präzise zu gestalten, um zukünftige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Instandhaltung und Instandsetzung?
Instandhaltung umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, ein Objekt in einem funktionsfähigen Zustand zu erhalten und Schäden vorzubeugen. Dazu gehören regelmäßige Wartung, Inspektionen und Pflege.
Instandsetzung bezeichnet hingegen die Reparatur eines bereits defekten oder beschädigten Objekts, um dessen Funktionsfähigkeit wiederherzustellen. Es handelt sich also um eine Maßnahme, die erst nach Eintritt eines Schadens ergriffen wird.
In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel: Das regelmäßige Streichen von Fenstern und Türen ist Instandhaltung, während der Austausch eines defekten Fensters eine Instandsetzung darstellt.
Für Wohnungseigentümer ist die Abgrenzung wichtig, da Instandhaltung meist als laufende Kosten von allen Eigentümern gemeinsam getragen werden muss. Instandsetzungen fallen hingegen oft in den Verantwortungsbereich des einzelnen Sondereigentümers, in dessen Bereich der Schaden aufgetreten ist.
Die genaue Zuordnung richtet sich aber immer nach den Regelungen in der jeweiligen Teilungserklärung. Daher sollte im Einzelfall geprüft werden, was dort zu Instandhaltung und Instandsetzung vereinbart wurde.
Wer trägt die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft werden die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums grundsätzlich von allen Eigentümern gemeinsam getragen. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 2 WEG, wonach die Kosten auf alle Wohnungseigentümer umgelegt werden.
Zum Gemeinschaftseigentum zählen beispielsweise das Dach, Geschoss- und Zwischendecken, Außenfenster, das Fundament, Räume mit zentralen Versorgungseinrichtungen wie der Heizungskeller sowie Außenwände und tragende Wände. Maßnahmen an diesen Teilen müssen also gemeinschaftlich finanziert werden.
Die genaue Verteilung der Kosten richtet sich nach dem Miteigentumsanteil jedes Eigentümers, sofern die Teilungserklärung keine abweichende Regelung trifft. Beschließt die Gemeinschaft eine Maßnahme, muss jeder seinen Anteil leisten, auch wenn die Kosten den Einzelnen hart treffen können.
Anders ist die Rechtslage beim Sondereigentum, also den Bereichen, die im Alleineigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers stehen. Hier muss der betroffene Eigentümer die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung selbst tragen.
Um langfristig für Instandhaltungen und Instandsetzungen am Gemeinschaftseigentum vorzusorgen, bildet die Eigentümergemeinschaft eine Instandhaltungsrücklage. In diese zahlt jeder Eigentümer regelmäßig zusammen mit dem Hausgeld ein.
Was versteht man unter einer Teilungserklärung?
Eine Teilungserklärung ist das zentrale Dokument bei der Begründung von Wohnungseigentum. Sie wird vom teilenden Eigentümer, meist dem Bauträger oder Verkäufer, beim Grundbuchamt eingereicht und bildet die Basis für die Aufteilung eines Gebäudes in einzelne Eigentumswohnungen.
In der Teilungserklärung wird detailliert festgelegt, welche Räume und Flächen zum Sondereigentum der einzelnen Wohnungen gehören und was Gemeinschaftseigentum ist. Auch Sondernutzungsrechte an bestimmten Flächen, wie Gartenbereichen oder Stellplätzen, werden hier zugewiesen.
Darüber hinaus enthält die Teilungserklärung Bestimmungen zur Kostentragung und zu den Stimmrechten der Eigentümer. Sie regelt, nach welchem Schlüssel die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums verteilt werden und wie viele Stimmen jedem Eigentümer in der Eigentümerversammlung zustehen.
Auch die Zweckbestimmung der Anlage, also ob sie zu Wohnzwecken oder gewerblich genutzt werden darf, wird in der Teilungserklärung festgeschrieben.
Die Teilungserklärung hat eine Art „Verfassungscharakter“ für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie kann nur einstimmig geändert werden und bindet alle Eigentümer, auch Rechtsnachfolger. Daher ist es für Käufer einer Eigentumswohnung wichtig, die Teilungserklärung sorgfältig zu prüfen, um die eigenen Rechte und Pflichten zu kennen.
Wie kann man sich gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung wehren?
Wenn ein Wohnungseigentümer mit einem Beschluss der Eigentümerversammlung nicht einverstanden ist, hat er die Möglichkeit, diesen anzufechten. Dafür gibt es ein formelles Verfahren:
Der Eigentümer muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung Klage gegen den Beschluss beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Die Klagefrist beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens aber mit Zugang des Protokolls.
In der Klage muss er darlegen, warum der Beschluss seiner Meinung nach rechtswidrig ist. Gründe können zum Beispiel sein:
- Der Beschluss verstößt gegen die Teilungserklärung oder das Wohnungseigentumsgesetz
- Es liegt ein Formfehler vor, etwa bei der Einladung oder Durchführung der Versammlung
- Der Beschluss benachteiligt den Eigentümer unangemessen
Bis zur Entscheidung des Gerichts bleibt der Beschluss aber zunächst wirksam. Der Eigentümer muss sich also vorerst daran halten und ggf. auch die Kosten mittragen.
Gibt das Gericht dem klagenden Eigentümer Recht, wird der Beschluss rückwirkend für ungültig erklärt. Die Eigentümergemeinschaft muss dann die Folgen beseitigen und ggf. bereits gezahlte Beträge erstatten.
Neben der Anfechtungsklage gibt es in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit einer Feststellungsklage. Damit kann der Eigentümer feststellen lassen, dass ein Beschluss nichtig ist, also von Anfang an unwirksam. Dies kommt bei besonders gravierenden Rechtsverstößen in Betracht.
Insgesamt sind Klagen gegen Beschlüsse aber eher die Ausnahme. In den meisten Fällen ist es sinnvoller, zunächst das Gespräch in der Eigentümergemeinschaft zu suchen und Kompromisse auszuhandeln. Nur wenn dies nicht gelingt, sollte der Klageweg beschritten werden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG
Beschreibt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft und regelt, dass die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums von allen Eigentümern zu tragen sind. Dieser Paragraph ist relevant, weil er die rechtliche Grundlage für die Verteilung der Kosten für gemeinschaftliche Maßnahmen wie die Fenstererneuerung in dem genannten Fall liefert. - § 16 Abs. 2 WEG
Legt fest, wie die Kosten und Lasten der gemeinschaftlichen Verwaltung auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden. Die Verteilung nach Miteigentumsanteilen, wie im Fall der Fenstererneuerung geschehen, ist hier verankert. Dieser Paragraph ist entscheidend für das Verständnis, warum die Kosten anteilig auf die Eigentümer umgelegt werden können. - § 13 Abs. 2 WEG
Definiert die Pflichten der Wohnungseigentümer hinsichtlich der Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums. Dies ist zentral für den Fall, da unterschieden werden muss, welche Maßnahmen Sondereigentum betreffen und welche das gemeinschaftliche Eigentum. - § 10 WEG
Dieser Paragraph befasst sich mit der Auslegung von Vereinbarungen und der Rechtsnatur der Teilungserklärung. Da die Teilungserklärung im vorliegenden Fall eine wichtige Rolle spielt, ist das Verständnis ihrer rechtlichen Bindung und Auslegung nach diesem Gesetz fundamental. - § 19 Abs. 1 WEG
Regelt die Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft und ist daher wichtig für das Verständnis, wie Entscheidungen, wie die umstrittene Fenstererneuerung, rechtlich zu behandeln sind. Dieser Paragraph hilft zu verstehen, auf welcher rechtlichen Grundlage die Eigentümerversammlung handelt. - § 633 BGB – Sachmängelhaftung
Obwohl nicht direkt im Text erwähnt, ist dieser Paragraph relevant für das Verständnis von Instandsetzungspflichten, da er die allgemeinen Anforderungen an die Beschaffenheit von Werken regelt und auf die Notwendigkeit der Mängelfreiheit hinweist, was indirekt auch die Notwendigkeit von Instandsetzungsarbeiten untermauern kann.
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 13/23 WEG – Urteil vom 13.10.2023
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die (Un-)Gültigkeit eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung.
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft. Es gilt die notarielle Teilungserklärung (TE) vom 28.02.2001 (vgl. Anlage K1). Dort heißt es unter Teil I. Ziffer 9 Abs. 1 und 2 („Instandhaltung“):
„Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die dem Sondereigentum unterliegenden Grundstücks- und Gebäudeteile ordnungsgemäß auf seine Kosten instandzuhalten. Jeder Wohnungseigentümer ist ferner verpflichtet, Fenster und Türen im räumlichen Bereich des Sondereigentums, auch wenn sie zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören, auf seine Kosten instandzuhalten.“
In Ziffer 10 lit. a) Abs. 2 TE heißt es:
„Die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten trägt jeder Wohnungseigentümer bezüglich derjenigen Anlagenteile, die zu seinem Sondereigentum gehören oder nur sein Sondereigentum versorgen, allein.“
Nach Ziffer 8 lit. b) setzt sich das „Hausgeld (…) zusammen aus (…) den Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung incl. Instandhaltungsrücklage, (…)“.
Unter Ziffer 8 lit. d) heißt es:
„Alle übrigen Betriebskosten, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten incl. Rücklagen, die Kosten der (…) tragen die Wohnungs- und Teileigentümer im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen. (…)“
In der Eigentümerversammlung vom 13.04.2023 (vgl. Protokoll, Anlage K2) wurde unter TOP 9 mehrheitlich beschlossen:
„Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer*innen beschließt, die Fa. H, Angebots-Nr. 2022-… Angebot vom 13.04.2023 in Höhe von 2.759,85 Euro brutto mit der Erneuerung der Fenster, der Wohnung 10, zu beauftragen. Die Beauftragung erfolgt durch die Verwaltung. Die Finanzierung erfolgt über das Rücklagenkonto, die Kostenverteilung erfolgt nach MEA. (…)“
Mit seiner am 28.04.2023 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 12.05.2023 zugestellten und mit weiterem Schriftsatz vom 05.06.2023 – Eingang bei Gericht am selben Tag – begründeten Klage macht der Kläger geltend, dass der Beschluss vom 13.04.2023 zu TOP 9 für ungültig zu erklären sei, weil nach Ziffer 9 Abs. 2 TE die (auch die Erneuerung umfassende) Instandhaltung von Fenstern im räumlichen Bereich eines Sondereigentums jedem Sondereigentümer selbst und auf seine Kosten obliege. Die Gemeinschaft sei für die Maßnahme demnach nicht zuständig.
Der Kläger beantragt, den auf der ordentlichen Eigentümerversammlung der GdWE …, 22… H. am 13.04.2023 zu TOP 09 (Erneuerung der Fenster von Frau M. (Einheit 10/Staffelgeschoss)) gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Regelung in Ziffer 9 Abs. 2 TE lediglich die Instandhaltung erfasse, nicht aber die Instandsetzung. Zu letzterer – betreffend die Fenster der Einheit Nr. 10 – verhalte sich der angefochtene Beschluss. Für eine Übertragung der Verpflichtung zur Instandsetzung nebst Kostenlast auf den Sondereigentümer fehle es an einer klaren und eindeutigen Regelung, zumal die Teilungserklärung an anderer Stelle zwischen Instandhaltung und Instandsetzung bzw. Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten unterscheide. Im Zweifel sei dies Sache der GdWE.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der (Mehrheits-)Beschluss vom 13.04.2023 zu TOP 9 ist nicht für ungültig zu erklären. Er widerspricht entgegen der Meinung des Klägers nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Die Wohnungseigentümer haben die Kosten für den Austausch der Fenster in der (Sonder-) Eigentumseinheit Nr. 10 zutreffend nach Miteigentumsanteilen bzw. anteilig auf alle Wohnungseigentümer verteilt. Eine Belastung nur der Sondereigentümerin der besagten Einheit mit den Kosten war vorliegend nicht geboten, insbesondere nicht nach dem Inhalt der die Parteien verbindenden Vereinbarung vom 28.02.2001. Deren Inhalt ist – worauf die Beklagte hier zutreffend abhebt – nicht so auszulegen, dass die Kosten für Maßnahmen der Instandsetzung im räumlichen Bereich von Sondereigentumseinheiten lediglich von den jeweiligen Sondereigentümern zu tragen sind.
Für die (objektiv-normative) Auslegung des Inhalts einer Teilungserklärung, die – wie hier – zum Inhalt des Grundbuchs geworden ist, sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, maßgebend (vgl. nur BGH, NZM 2006, 465, 466, Rn. 18 = ZMR 2006, 457; NZM 2016, 727, 729, Rn. 19 = ZMR 2016, 713; Müller, in: BeckOK-WEG, 53. Ed. 3.7.2023, § 10 Rn. 109).
Nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Erhaltung – also Instandhaltung und Instandsetzung (§ 13 Abs. 2 WEG) – des gemeinschaftlichen Eigentums zuständig (§§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG); die Wohnungseigentümer beschließen darüber (§ 19 Abs. 1 WEG) und tragen im Grundsatz anteilig die damit verbundenen Kosten (§ 16 Abs. 2 S. 1 WEG), sofern nicht von der Beschlusskompetenz nach Maßgabe von § 16 Abs. 2 S. 2 WEG Gebrauch gemacht wird. Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer indes davon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Regelung treffen; im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit (so BGH, ZWE 2017, 216, 217 Rn. 14 = ZMR 2017, 412 zu § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG a.F.; vgl. auch Elzer, in: BeckOK-WEG, a.a.O., § 19, Rn. 92). Wird einem Sondereigentümer in der Gemeinschaftsordnung eine Instandsetzungs- oder Instandhaltungspflicht übertragen, hat er im Zweifel auch die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen (siehe BGH, ZWE 2017, 180, 181, Rn. 19).
Ausgehend von diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend an einer klaren und eindeutigen Regelung, mit der den Sondereigentümern jedenfalls die Kostenlast für die Instandsetzung von Fenstern im räumlichen Bereich ihres Sondereigentum überbürdet worden ist. Nach dem Wortlaut von Ziffer 9 Abs. 2 TE ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, Fenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums, auch wenn sie zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören, „auf seine Kosten instandzuhalten“. Nicht nur das Gesetz (§ 13 Abs. 2 WEG), sondern auch die hiesige Vereinbarung unterscheidet diese beiden Formen der Erhaltung – Instandhaltung und -setzung – voneinander (auch wenn sie weitgehend inhaltsgleich sind und eine Differenzierung oftmals – anders als im Streitfall – nicht von praktischer Bedeutung ist). Während es sich bei der Instandhaltung anerkanntermaßen um Maßnahmen handelt, die geeignet sind, normale und gebrauchsbedingte Abnutzungserscheinungen zu beseitigen und vor drohenden Schäden zu schützen (etwa durch pflegende, erhaltende und vorsorgende Maßnahmen), wird unter einer Instandsetzung die Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsmäßigen Zustandes (etwa die Beseitigung größerer Schäden und Mängel) verstanden (zur Unterscheidung vgl. etwa Elzer, a.a.O., Rn. 53 ff. m.w.N.).
In der in Rede stehenden Vereinbarung sind die Begriffe „Instandhaltung“ und „Instandsetzung“ an mehreren Stellen enthalten, nicht nur in Ziffer 9 Abs. 2. Die Regelung in Ziffer 9 Abs. 1 TE erlegt jedem Wohnungseigentümer eine Instandhaltungspflicht für die seinem Sondereigentum unterliegenden Grundstücks- und Gebäudeteile nebst Kostentragungspflicht auf. Nach Ziffer 10 lit. a) Abs. 2 TE trägt jeder Wohnungseigentümer die „Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten“ bezüglich derjenigen Anlagenteile, die zu seinem Sondereigentum gehören oder nur sein Sondereigentum versorgen, allein, nach Ziffer 8 lit. b) TE setzt sich das Hausgeld u.a. aus den Kosten für die „Instandhaltung und Instandsetzung incl. Instandhaltungsrücklage“ zusammen. Und nach Ziffer 8 lit. d) TE tragen die Wohnungs- und Teileigentümer alle „Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten incl. Rücklagen“ im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen.
Aus diesem Gesamtgefüge wird für jedermann – objektiv-normativ – deutlich, dass die Vereinbarung eine Unterscheidung zwischen „Instandhaltung“ und „Instandsetzung“ vorsieht und voraussetzt, so dass die Verwendung der Formulierung „Instandhaltung“ in der – hier maßgeblichen – Regelung in § 9 Abs. 2 TE weder den Rückschluss darauf zulässt, dass damit auch eine „Instandsetzung“ gemeint ist, noch dass die Teilungserklärung bzw. ihr Verfasser die Begriffe „Instandhaltung“ und „Instandsetzung“ synonym verwendet wissen will. Diese Regelung ist vielmehr als Ausnahme und dahin zu verstehen, dass (nur) für Instandhaltungsmaßnahmen betreffend Fenster im Bereich des Sondereigentums der jeweilige Sondereigentümer kostentragungspflichtig ist, während es für Maßnahmen der Instandsetzung keine Übertragung der Erhaltungs- und Kostenlast auf Sondereigentümer geben soll. In jedem Fall fehlt es – umgekehrt – an einer erforderlichen klaren und eindeutigen Zuweisung der Kostenlast auf den jeweiligen Sondereigentümer, sofern eine Instandsetzung in Rede steht. Verbleibende Zweifel an diesem Ergebnis führen ohnehin zur gemeinschaftlichen Zuständigkeit.
Gegenstand der angefochtenen Beschlussfassung zu TOP 9 war die „Erneuerung der Fenster“ in der Einheit Nr. 10, also keine Maßnahme der Instandhaltung, sondern der Instandsetzung. Daraus folgt eine (anteilige) Kostenlast aller Eigentümer, nicht nur der einzelnen Sondereigentümerin.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.