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Gewerberaummietvertrag – Kombination Staffelmiete mit Indexklausel wirksam

Gewerberaummietvertrag: Wirksamkeit von Staffel- und Indexmiete

Der vorliegende Fall dreht sich um einen Gewerberaummietvertrag, in welchem die Kombination von Staffelmiete und Indexklausel zur Mietanpassung vereinbart wurde. Das Kernproblem liegt in der Frage, ob diese Kombination rechtlich zulässig ist und ob die vorgenommenen Mietanpassungen auf dieser Grundlage wirksam sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 88/22   >>>

Die Position der Beklagten

Die Beklagte argumentierte, dass sie nicht zur Zustimmung zur Mieterhöhung verpflichtet sei. Sie vertrat die Ansicht, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klägers nach den vertraglichen Regelungen nicht gegeben sei. Zudem sei der im Vertrag genannte Lebenshaltungsindex bei Vertragsabschluss im Jahr 2001 nicht mehr aktuell gewesen. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten wurde von der Beklagten als Privatgutachten und nicht als Schiedsgutachten eingestuft. Sie kritisierte, dass siebei der Erstellung des Gutachtens nicht ausreichend beteiligt wurde und ihr kein rechtliches Gehör gewährt wurde.

Die Argumentation des Klägers

Der Kläger verwies darauf, dass die Mietanpassungsklausel im Vertrag zulässig sei. Er argumentierte, dass Dauerschuldverhältnisse, wie Mietverträge, von bestimmten Klauselverboten ausgenommen seien. Der Kläger betonte, dass der Vertrag Verhandlungen über die Mieterhöhung vorsieht, die an den Lebenshaltungsindex gekoppelt sind. Er wies darauf hin, dass der Vertrag auf Nachfolgeindizes verweist, weshalb der Verbraucherpreisindex für Deutschland als Bezugsgröße herangezogen werden sollte.

Die rechtliche Bewertung

Der Senat stellte fest, dass die Kombination von Staffel- und Indexmiete in diesem speziellen Fall zulässig sei. Dies lag insbesondere an der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen. Es wurde betont, dass die Parteien den Lebenshaltungskostenindex als Maßstab für Wertanpassungen festgelegt hatten. Der Sachverständige hatte diesen Index korrekt ermittelt. Zudem wurde klargestellt, dass der Schiedsgutachter nicht als Richter fungiert und sein Gutachten einer sachlichen Nachprüfung durch das ordentliche Gericht unterliegt.

Ergebnis

Die Kombination von Staffel- und Indexmiete im vorliegenden Gewerberaummietvertrag wurde als rechtlich zulässig erachtet. Die vorgenommenen Mietanpassungen basierend auf dieser Kombination wurden als wirksam bestätigt. Die Argumentationen beider Parteien wurden sorgfältig geprüft und in den Kontext der geltenden Rechtsprechung gestellt.

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Staffelmiete und Indexmiete Unterschiede – kurz erklärt


Die wesentlichen Unterschiede zwischen der Staffel- und der Indexmiete liegen in der Art und Weise, wie die Miete erhöht wird. Bei einem Staffelmietvertrag ist die Erhöhung des Mietpreises genau festgelegt und erfolgt zu vorher festgesetzten Zeiträumen in bestimmten Beträgen. Das bedeutet, dass bereits im Mietvertrag steht, wann und um wie viel die Miete steigen wird. Dies bietet sowohl für Mieter als auch Vermieter eine gewisse Planungssicherheit.

Die Indexmiete hingegen orientiert sich an der Inflation und folgt dem Verbraucherpreisindex. Das bedeutet, dass die Mieterhöhung nicht genau vorhersagbar ist und von den wirtschaftlichen Entwicklungen abhängig ist. Steigt der Verbraucherpreisindex, steigt auch die Miete, sinkt er, bleibt die Miete gleich.

Vermieter, die an einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand rund um Mieterhöhungen interessiert sind, ziehen in der Regel eine Staffelmiete vor. Für den Mieter kann eine Staffelmiete jedoch nachteilig sein, da sie keine Kappungsgrenze wie bei der normalen Mieterhöhung kennt.


Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 3 U 88/22 – Urteil vom 27.06.2023

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25.05.2022, Az. 11 O 201/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Berufungsstreitwert beträgt 5.850,48 Euro.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Erhöhung der Miete für das Gewerbeobjekt („Straße 01“) in („Ort 01“), einem Ortsteil der Stadt („Ort 02“).

Der Kläger ist Eigentümer und Vermieter der zum Betrieb einer Apotheke genutzten Geschäftsräume im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Gebäudes. Das Mietverhältnis über eine Gesamtfläche von 194,6 qm wurde, beginnend am 01.05.2001, zunächst für 10 Jahre fest abgeschlossen mit viermaliger Verlängerungsoption von jeweils 5 Jahren. Die Beklagte hat seitdem jeweils für eine Verlängerung optiert. Die Miete war für die ersten vier Mietjahre gestaffelt vereinbart und erhöhte sich von zunächst 17 DM/qm auf schließlich 20 DM/qm (= 10,22 Euro/qm). Die seit Mai 2004 von der Beklagten zu zahlende Miete betrug aufgrund dessen monatlich 1.989,95 Euro netto zuzüglich Nebenkosten und gesetzlicher Mehrwertsteuer.

In dem Mietvertrag vom 28.02.2001 vereinbarten die Parteien die Miethöhe betreffend ferner Folgendes:

㤠9

1. Für den Fall, dass sich der monatlich vom zuständigen Bundesamt festgelegte Lebenshaltungsindex aller privaten Haushalte in Deutschland im Vergleich zum Stand Mai 2004 auf der Basis 1995 = 100 künftig um mehr als 10 % ändert, sind beide Parteien berechtigt, Verhandlungen über die Neufestsetzung des Mietzinses zu verlangen. Sofern eine Einigung über die künftige Miethöhe zwischen den Parteien nicht zustande kommt, entscheidet ein von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennender Schiedsgutachter gem. § 317 BGB nach billigem Ermessen, und zwar insbesondere auch darüber, ob überhaupt und ggf. in welcher Höhe eine Änderung der Miete eintreten soll. Die Entscheidung des Schiedsgutachters ist für beide Parteien bindend, wobei die Mietänderung nicht größer sein darf als die Veränderung des Lebenshaltungskostenindexes

Der Anspruch auf Neufestsetzung der Miete ist dem anderen Vertragsteil gegenüber schriftlich geltend zu machen.

Berechnungsgrundlage ist jeweils die geltende Miete einschließlich der bereits stattgefundenen Veränderungen.

Die Wertsicherung beginnt mit Ende des dritten Mietjahres zu laufen, also mit dem 01. Mai 2004.

2. Sollte das zuständige Bundesamt die Weiterführung dieses Indexes ganz oder teilweise einstellen, so tritt an seine Stelle der entsprechende Nachfolgeindex bzw. ein Index, der die von den Vertragsparteien beabsichtigte Wertsicherung des Mietzinses in gleichem Umfang gewährleistet wie der zuletzt für sie maßgeblich gewesene Index.“

Der Lebenshaltungskostenindex wurde seit dem 01.01.2000 nicht mehr fortgeführt.

Mit Schreiben vom 07.09.2020 verlangte der Kläger die Zustimmung der Beklagten zu einer Erhöhung der monatlich geschuldeten Nettomiete ab dem 01.10.2020 um 23,3 %, das sind 463,66 Euro netto; die Miete sollte nunmehr netto monatlich 2.453,61 Euro betragen. In dem Aufforderungsschreiben wurde darauf hingewiesen, dass, falls die Beklagte der Mieterhöhung nicht zustimmen sollte, ein Gutachten gemäß § 9 II des Mietvertrags in Auftrag gegeben werde.

Nachdem eine Zustimmungserklärung der Beklagten nicht eingegangen war, beauftragte der Kläger mit Schreiben vom 07.10.2020 bei der IHK Ostbrandenburg ein Schiedsgutachten zu der Frage, ob und ggf. in welcher Höhe eine Änderung der Miete auf Grundlage des Lebenshaltungsindex aller privaten Haushalte in Deutschland berechtigt sei. Ausweislich des Gutachtens des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Mieten von bebauten und unbebauten Grundstücken, („Name 01“), vom 27.05.2021 ist – unter Berücksichtigung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten – eine Mieterhöhung von 487,50 Euro netto möglich und gerechtfertigt, woraus sich eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von künftig 2.477,49 Euro entsprechend 12,73 Euro/qm errechnet.

Nach dem Inhalt des Gewerbemietmietspiegels des Jahres 2019 der IHK Ostbrandenburg wurden im Beurteilungszeitraum 2017-2019 in einfachen und guten Lagen der Stadt („Ort 02“) Quadratmeterpreise für Ladengeschäfte zwischen 4 und 10 Euro erzielt und in sehr guten Lagen (Innenstadtbereiche mit hoher Kundenfrequenz) zwischen 6 und 15 Euro. Für den Folgezeitraum bis zum Jahr 2022 ergaben sich in sonstiger und mittlerer Lage Nettokaltmieten zwischen 7 und 12 Euro und für gute Lagen (hohe Kundenfrequenz, Innenstadt, von Einzelhändlern geprägt, Nähe zu Hauptverkehrsadern) zwischen 8 und 20 Euro.

Der Grundstücksmarktbericht 2020 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Barnim führt für Ladenlokale aus 26 Vermietungsfällen Nettokaltmieten zwischen 3 und 13 Euro, im Durchschnitt von 7 Euro/qm, auf. Für den Folgezeitraum bis 2022 ergaben sich aus 7 Vermietungsfällen im Berliner Umland Mieten zwischen 4 und 22 Euro/qm, im Mittel von 8,50 Euro/qm.

Die Beklagte beteiligte sich nicht an dem Begutachtungsverfahren, wobei sie vom Kläger (ergebnislos) angefragt worden war, einen Schiedsgutachtervertrag zu entwerfen. Mit Schreiben vom 18.06.2021 lehnte sie die Erteilung der Zustimmung zur gutachterlich als zulässig ermittelten Mieterhöhung ab. Sie zahlt weiterhin regelmäßig die zuvor vereinbarte Monatsmiete von 1.989,45 Euro netto zuzüglich Nebenkostenvorschüssen und Umsatzsteuer.

Der Kläger war bereits erstinstanzlich der Ansicht, bei dem von ihm in Auftrag gegebenen Gutachten handele es sich um ein Schiedsgutachten im Sinne von § 317 BGB; anstelle des weggefallenen Lebenshaltungskostenindex sei auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland abzustellen; die von ihr verlangte Miete von 12,73 Euro/qm sei für die einzige im Ort ansässige Apotheke auch orts- und marktüblich.

Ursprünglich hat der Kläger erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die von ihr gemieteten Geschäftsräume in der („Straße 01“) in („Ort 01“) von derzeit 1.989,95 Euro um 487,54 Euro auf 2.477,49 Euro zuzüglich Betriebs-, Heizkosten und gesetzlicher Umsatzsteuer ab dem 01.07.2021 zuzustimmen.

Zuletzt hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine monatliche Nettokaltmiete für die gemieteten Geschäftsräume in der („Straße 01“) in („Ort 01“) mit einer Fläche von 194,6 qm von 2.477,49 Euro zuzüglich Betriebs-, Heizkosten und gesetzlicher Umsatzsteuer ab dem 01.07.2021 an ihn zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hatte erstinstanzlich die Auffassung vertreten, zur Zustimmungserklärung hinsichtlich der Mieterhöhung nicht verpflichtet zu sein: ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klägers scheide nach den vertraglichen Regelungen aus, vielmehr hätten sich die Parteien über die Mietzinshöhe wirksam vereinbaren müssen; § 9 des Mietvertrages, so die Beklagte weiter, sei unwirksam, da der Lebenshaltungsindex bereits bei Vertragsschluss 2001 nicht mehr fortgeführt worden sei; das vom Kläger eingeholte Gutachten sei kein Schiedsgutachten, sondern als Privatgutachten einzustufen, da sie die Durchführung des Schiedsverfahrens vor dem Hintergrund der von ihr verlangten Handlungen zu Recht abgelehnt habe; das Gutachten sei aber auch, als Schiedsgutachten gewertet, nicht bindend, weil sie vom Sachverständigen nicht einbezogen worden sei, keine Ladung zu einem Ortstermin erhalten habe und ihr auch sonst kein rechtliches Gehör gewährt worden sei; das Gutachten sei zudem grob falsch, da es den Erhöhungsbetrag allein anhand der Veränderungen des Verbraucherpreisindexes bestimmt und dabei den orts- und marktüblichen Zins weder ermittelt noch in die Abwägungen einbezogen habe; als orts- bzw. marktübliche Miete sei aber angesichts der Lage des Objekts in einem nur über eine Buslinie an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossenen Dorf allenfalls eine solche von 6 – 9 Euro/qm anzusetzen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Zivilkammer angeführt, die vom Kläger verlangte Miete sei wirksam aufgrund des Schiedsgutachtens vom 27.05.2021 auf 2.477,49 Euro neu festgesetzt worden; § 9 Nr. 1 des Mietvertrages verstoße weder gegen das Preisklauselgesetz noch gegen § 307 BGB; es handele sich um eine Leistungsvorbehaltsklausel, die deshalb nicht unter das Verbot des § 1 I PrKlG falle, weil die Anpassung gerade nicht automatisch erfolge, sondern für den Leistungsvorbehalt ein, wenn auch begrenzter, Ermessensspielraum bestehe (Grüneberg/Grüneberg, BGB, Anh zu § 245 PrKlG § 1 Rn. 3); die Wertsicherungsklausel sei auch als allgemeine Vertragsbedingung wirksamer Vertragsbestandteil geworden:

Sie halte der erforderlichen, aufgrund des Abweichens vom gesetzlichen Leitbild des vertraglich festzulegenden beiderseitigen Leistungsumfangs nicht durch § 307 III 1 BGB ausgeschlossenen Inhaltskontrolle (§ 307 I BGB) stand; die Klausel benachteilige die Beklagte nicht unangemessen, denn sie sei einerseits im Sinne von § 307 I 2 BGB inhaltlich verständlich abgefasst und berücksichtige andererseits die Interessen beider Vertragsparteien angemessen (§ 307 I 1 BGB); Wertsicherungsklauseln könnten grundsätzlich mietvertraglich vereinbart werden, was aus § 309 Nr. 1 BGB folge, wonach ein uneingeschränktes Klauselverbot nur für Bestimmungen über kurzfristige Preiserhöhungen in Verträgen über Warenlieferungen und Dienstleistungen bestehe, während Dauerschuldverhältnisse ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen würden (BGH NJW 2010, 2793 Rn. 25 f mwN.); Preisanpassungsklauseln stellten bei langfristigen Vertragsverhältnissen ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Wahrung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung dar (BGH aaO Rn. 34); sie hielten einer Inhaltskontrolle nach § 307 I 1 BGB nur unter der Voraussetzung nicht stand, dass sie dem Vermieter die Möglichkeit böten, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern (BGH aaO Rn. 35); dem entgegen sähe § 9 Nr. 1 des Mietvertrags aber gerade Verhandlungen der Parteien vor, die noch dazu an eine bestimmte Veränderung des Lebenshaltungsindex geknüpft seien, und die zulässige Mieterhöhung werde nach billigem Ermessen von einem unabhängigen Schiedsgutachter festgelegt; eine Unwirksamkeit der Klausel ergebe sich auch nicht daraus, dass der Lebenshaltungskostenindex als Bezugsgröße bei Vertragsschluss nicht mehr fortgeführt worden sei; auf diesen Umstand nehme das Vertragswerk dadurch Rücksicht, dass es auf etwaige Nachfolgeindizes verweise; insoweit sei nunmehr auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland abzustellen (BGH Urteil vom 07.11.2012 – XII ZR 41/11, BeckRS 2012, 24897); die vom Sachverständigen gemäß § 317 I BGB getroffene Leistungsbestimmung sei auch nicht wegen offenbarer Unbilligkeit unverbindlich; sie verstoße weder in grober Weise gegen Treu und Glauben, und ihre Fehlerhaftigkeit dränge sich auch einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter nicht auf; dass der Sachverständige bei der Neufestsetzung des Mietpreises nur auf die Erhöhung des Verbraucherpreisindexes abgestellt und nicht auch die orts- oder marktübliche Miete als Bewertungsmaßstab mit herangezogen habe, sei nicht unbillig: die Äquivalenzvorstellungen der Parteien seien bei der Ermittlung des im Einzelfall angemessenen Mietzinses grundsätzlich unbeachtlich, es sei denn, insofern ergäben sich aus dem Vertragsinhalt konkrete Anhaltspunkte, etwa indem die Parteien eine deutlich unterhalb der ortsüblichen Miete liegende Ausgangsmiete vereinbart hätten; unter diesem Gesichtspunkt sei dann davon auszugehen, dass eine etwaige Mieterhöhung ihre Obergrenze in der ortsüblichen Miete finden müsse; es bleibe den Parteien jedoch unbenommen, einen anderen Gradmesser als die ortsübliche Miete als Maßstab für Wertanpassungen zu vereinbaren, etwa den Lebenshaltungsindex (BGH Urt v 04.06.1975 – VIII ZR 243/72); dem streitgegenständlichen Mietvertrag lasse sich dementsprechend klar entnehmen, dass die Parteien lediglich den Lebenshaltungskostenindex als Wertmesser zugrunde legen wollten; diesen habe der Sachverständige aber beanstandungsfrei ermittelt, insbesondere seinen Rechenweg deutlich und nachvollziehbar formuliert; es liege schließlich auch kein Verfahrensmangel bei der Gutachtenerstellung vor: das rechtliche Gehör der Beklagten sei nicht verletzt worden, indem sie keine Ladung zum Ortstermin erhalten habe, denn es bestehe grundsätzlich keine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs bei der Erstellung eines Schiedsgutachtens (BGHZ 6, 335 ff, 341 = NJW 1952, 1296), und eine solche hätten die Parteien in § 9 ihres Mietvertrags auch nicht vereinbart.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie rügt eine Unbestimmtheit des Klageantrages, der nicht berücksichtige, dass sie regelmäßig die bisher geschuldete Miete weiterzahle: es sei insofern abgesehen davon nur der Differenzbetrag zur fortgezahlten Miete einforderbar, dass dem Kläger kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zustehe.

Weiterhin macht sie wiederholend geltend, das eingeholte, etwaig als Schiedsgutachten anzusehende Gutachten sei nicht bindend, da es grob fehlerhaft erstellt worden sei und erhebliche Begründungsmängel aufweise; der Gutachter habe den ortsüblichen Mietzins weder ermittelt noch bei der Leistungsbestimmung mitberücksichtigt; es treffe gerade nicht zu, dass der Mietzins nach den Parteivereinbarungen allein anhand des Verbraucherpreisindexes zu ermitteln gewesen sei; die Veränderung des Lebenshaltungsindexes sei lediglich die Vorbedingung dafür gewesen, den Mietzins neu und höher festsetzen, d.h. eine Wertanpassung vornehmen, zu können; die Gewerbemietpreise in („Ort 01“) lägen auch nicht über 10 Euro/qm: diesen Wert halte nicht einmal der bereits derzeit gezahlte Nettomietzins ein; dessen ungeachtet lägen schwerwiegende Verfahrensmängel vor: es sei keine ordnungsgemäße gemeinsame Benennung des Schiedsgutachters erfolgt, und der Gutachter habe sie im Rahmen des Begutachtungsprozesses auch nicht über die wesentlichen Kriterien informiert, auf deren Grundlage er seinen Auftrag auszuführen gedachte; er habe aber gerade etwaige Vorstellungen der Parteien erfragen müssen (OLG Schleswig NZM 2000, 338); die Preisanpassungsklausel nach § 9 des Mietvertrages sei schließlich auch unwirksam, da der Lebenshaltungskostenindex bereits vor Vertragsschluss nicht mehr geführt worden sei; zwar habe der Vermieter im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung einen Anspruch auf Vereinbarung eines zulässigen Index, diesen habe der Kläger aber nicht geltend gemacht; die vom Instanzgericht insofern zitierte Rechtsprechung betreffe gerade nicht den hier vorliegenden Fall, dass der vereinbarte Index schon bei Vertragsschluss nicht mehr existent gewesen sei; schließlich führe die Kombination von Staffel- und Indexklausel zu einer Unwirksamkeit, wenn die Staffelklausel wie vorliegend vor Ablauf von 5 Jahren eingreife (OLG Brandenburg NZM 2009, 860): die Staffelkausel sei bis ins 4. Mietjahr gelaufen, die Indexklausel habe zugleich bereits ab dem 3. Mietjahr gegriffen; sie sei auch unwirksam, da die Staffeln zu einer überproportionalen Steigerung der Miete führten, ohne dass bei rückläufigem Index ein Absinken der Miete möglich wäre (Usinger NZM 2009, 297 f).

Die Beklagte beantragt, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25.05.2022, Az. 11 O 201/21, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er stützt die angefochtene Entscheidung. Ergänzend beruft er sich darauf, die Beklagte mit Schreiben vom 09.04.2021 (unstreitig) über den mit dem Sachverständigen geführten Schriftverkehr informiert und sie lediglich um die Vorbereitung des Schiedsgutachtervertrags gebeten zu haben (Bl. 25 II dA); ferner vertritt er den Standpunkt, dass sich die vertraglich vereinbarten Mieterhöhungen und die Wertsicherungsklausel zeitlich nicht überschritten, sodass die Kombination von Staffel- und Indexmiete grundsätzlich zulässig, und Wertanpassung auch erst 20 Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses verlangt worden sei.

II.

Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Wertanpassungsklausel gemäß § 9 Nr. 1 des streitgegenständlichen Mietvertrages ist nicht wegen einer etwa unzulässigen Kombination von Staffel- und Indexmiete unwirksam.

Allerdings können Klauseln, die – wie hier ausweislich der zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt – für sich allein betrachtet unbedenklich erscheinen, auch dann unwirksam sein, wenn sich erst aus der Kombination mit anderen – für sich betrachtet ebenfalls wirksamen – Regelungen eine gesetzlich missbilligte Wirkung einstellt (dazu im Einzelnen Senat, Urteil vom 19.08.2009 – 3 U 135/08, NZM 2009, 860 f). Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für die teilweise gegen eine Kombination von Staffelmieten und Indexklauseln formulierten Bedenken ist die Regelung zur unangemessenen Benachteiligung des Mieters nach § 2 III Nr. 1 PrKlG. Nach dieser Vorschrift gilt das Verbot der Preisklausel gem. § 1 I PrKlG weiter, wenn die Klausel dadurch eine unangemessene Benachteiligung bewirkt, dass die Indexänderung einseitig stets nur zu einer Erhöhung führen kann, ohne dass aber umgekehrt ein Rückgang der Indexwerte auch zu einer Ermäßigung der vertraglich geschuldeten Zahlung führen würde.

Wegen einer solchen Wirkung wird manche Kombination einer Staffelmiete mit einer Indexklausel insoweit für unwirksam gehalten, als durch die – zeitgleich zur Indexierung wirksam werdende – Staffelmiete ein „Floaten“ unmöglich ist, also eine Anpassung nach oben und nach unten entsprechend der Indexveränderung dauerhaft ausbleiben muss (vgl. Usinger, NZM 2009, 297 [298 f.]). Insbesondere die Kombination einer automatischen Wertsicherungsklausel mit einer nur nach oben ausgerichteten Staffelmiete soll dann unzulässig sein, wenn „der Mietzins während der Laufzeit des Vertrags auf Grund der Staffelvereinbarung nur steigen kann“ (vgl. Schultz, NZM 2000, 1135 [1141]).

Die Frage nach der Zulässigkeit der Kombination derartiger Klauseln bedarf aber auch vorliegend keiner generellen Entscheidung; der Senat teilt die dargestellten Bedenken jedenfalls im Hinblick auf die konkret von den Parteien 2001 getroffenen Abreden nicht, weil ihr Inhalt nach der konkreten Ausgestaltung nicht dazu führt, dass allein eine Erhöhung der Miete eintreten kann. Denn abgesehen davon, dass § 9 Nr. 1 des von den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages nicht nur eine Mietzinsanpassung „nach oben“ zulässt, nämlich lediglich allgemein auf eine Abweichung des Lebenshaltungskostenindex Bezug nimmt, die mithin auch in einer Absenkung begründet sein kann, und den Parteien insoweit das Recht zuerkannt, in Verhandlungen über eine Mietzinsanpassung einzutreten, ist damit keineswegs vorgezeichnet, dass aufgrund der mit Beginn des 4. Mietjahres (01.05.2004) vereinbarten Mietstaffel (§ 5 Nr. 1) ein Absinken der Miete infolge der parallel ab dem „Ende des dritten Mietjahres … also mit dem 01. Mai 2004“ beginnenden Wertsicherung ausgeschlossen wäre. Die in der Literatur für unwirksam gehaltenen Klauselkombinationen sind dadurch gekennzeichnet, dass in jeweils kurzen Zeiträumen von maximal zwei Jahren sich fest bezifferte Staffelerhöhungen und Indexveränderungen zeitlich genau überschneiden. Zusätzlich fehlt regelmäßig eine „Relevanzgrenze“, wie die Parteien sie aber vorliegend mit dem Erfordernis einer 10%igen Indexänderung vereinbart haben. In den in der Literatur erörterten Fällen mag eine Klauselkombination tatsächlich darauf hinauslaufen, dass die von § 2 PrKlG zwingend geforderte Möglichkeit eines indexbedingten Absinkens der Zahlungspflicht ausgeschlossen wird (vgl. Usinger, NZM 2009, 297). Für die hier von den Parteien gewählte Gestaltung lässt sich das aber nicht feststellen, setzte doch die Indexierung erst zu einem Zeitpunkt nach Wirksamwerden der letzten Staffelmieterhöhung ein (vgl. § 9 Nr. 1: „im Vergleich zum Stand Mai 2004“), ließ damit gerade bei entsprechenden Indexveränderungen nach Eintritt der letzten festgelegten Mieterhöhung eine Absenkung der Miete unproblematisch zu, jedoch erst aufgrund von weitergehenden Vertragsverhandlungen und damit zwingend nicht schon unmittelbar zum 01.05.2004, weshalb die zum selben Termin vereinbarte Mieterhöhung zwangsläufig zunächst Wirksamkeit erlangte und die vereinbarte Mieterhöhung einer später eintretenden Absenkung oder weiteren Erhöhung nicht entgegenstand, die fallbezogen folgerichtig auch erst zum 01.07.2021 verlangt worden ist.

2. Die Wertanpassungsklausel ist auch nicht unverbindlich, weil bei Vertragsschluss bereits keine Fortschreibung des Lebenshaltungsindexes mehr erfolgte. Die Parteien haben Verhandlungen über eine Anpassung der Miethöhe abhängig vom „Lebenshaltungsindex aller privaten Haushalte in Deutschland“ vereinbart. Dieser vereinbarte Index ist identisch mit dem Verbraucherpreisindex, der – an Stelle verschiedener früher üblicher Bezugsgrößen – seit dem 01.01.2003 vom Statistischen Bundesamt noch ermittelt wird. Die Wirkung der vertraglichen Vereinbarung ist damit nicht von dem Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung oder Anpassung des Mietvertrags abhängig, wie sie bei Vereinbarung einer nicht mehr veröffentlichten Bezugsgröße erforderlich werden könnte (Senat, Urteil vom 19.08.2009 – 3 U 135/08, NZM 2009, 860). Angesichts dieser tatsächlichen Identität bleibt die „Falschbezeichnung“ der die Mietanpassung ermöglichenden Bezugsgröße mithin irrelevant.

3. Das vom Sachverständigen („Name 01“) erstellte Gutachten stellt sich als Schiedsgutachten im Sinne von § 317 BGB dar. Die von der Beklagten insofern vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Der Gutachtenauftrag ist vom Kläger wirksam allein ausgelöst worden, so dass es nicht lediglich als ein für die Beklagte unverbindliches Privatgutachten anzusehen ist. Bereits nach dem Inhalt des Mietvertrags der Parteien war insoweit keine gemeinsame Auftragserteilung verlangt. § 9 Nr. 1 regelt lediglich ohne weitergehende Konkretisierung, dass „sofern eine Einigung über die künftige Miethöhe zwischen den Parteien nicht zustande kommt,… ein von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennender Schiedsgutachter gem. § 317 BGB nach billigem Ermessen [entscheidet]“. Da die Beklagte darüber hinaus dem Kläger gegenüber unstreitig jede Beteiligung an dem Schiedsgutachtenverfahren abgelehnt hat, war der Kläger auch aufgrund dessen berechtigt, entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen ein Schiedsgutachten in Auftrag zu geben. Weigert sich eine Partei, an der Beauftragung des Schiedsgutachters mitzuwirken, ist die andere Partei nach allgemeiner Ansicht berechtigt, den Gutachter allein zu beauftragen (OLG Köln, Urteil vom 27.08.1999 – 19 U 198/98).

4. Die vom Sachverständigen getroffene Bestimmung der zu leistenden Miete ist verbindlich. Sein Gutachten stellt sich nicht als grob fehlerhaft im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB dar.

a) Durchgreifende Verfahrensfehler im Rahmen der Begutachtung lassen sich nicht feststellen.

Zum einen kann es zwar einen schweren Verfahrensverstoß des Schiedsgutachters darstellen, wenn dieser es unterlässt, eine Vertragspartei zu einem Ortstermin zu laden, weil er damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 11.01.2013 – 19 U 81/07, Rn. 112 = BeckRS 2013, 16288). Ein Ortstermin ist und musste jedoch vorliegend auch nicht durchgeführt werden, weil der Sachverständige objektiv dazu in der Lage war, die in sein Wissen gestellten Tatsachen allein aufgrund der ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Vertragsinhalte, zu ermitteln.

Zum anderen ist die Beklagte unstreitig durch den Kläger mit Schreiben vom 09.04.2021 (Bl. 25 II dA.) über den Inhalt seiner Korrespondenz mit dem Sachverständigen insgesamt in Kenntnis gesetzt worden, so dass auch insoweit keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eingetreten sein kann.

Im Übrigen gilt, dass das Gutachten eines Schiedsgutachters regelmäßig auch dann verbindlich ist, wenn der Sachverständige den Parteien kein rechtliches Gehör gewährt hat (BGH, Urteil vom 25.06.1952, II ZR 104/51, NJW 1952, 1296; BGH NJW 1955, 665; BGH WM 1968, 751; std. Rspr., vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 82. Aufl § 317 Rz. 7). Der Schiedsgutachter ist nicht Richter, sein Gutachten verbleibt in dem materiellrechtlichen Bereich der gegebenen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien; es bewegt sich nicht auf der prozessualen Ebene als Streitentscheidung zwischen den Parteien. Das Fehlen richterlicher Funktionen beim Schiedsgutachter ist der innere Grund für eine sachliche Nachprüfung seines Gutachtens durch das ordentliche Gericht und für die Möglichkeit, seinem Gutachten die Verbindlichkeit stets dann zu versagen, wenn es seinem Inhalt nach offenbar unbillig ist. Andererseits folgt aber aus dem Fehlen richterlicher Funktionen beim Schiedsgutachter, dass er auch nicht an unabdingbare Verfahrensgrundsätze richterlicher Streitentscheidung gebunden ist. Da sich sein Gutachten nicht auf der prozessualen Ebene bewegt, steht er in verfahrensrechtlicher Hinsicht völlig frei. Es ist daher auch ohne wesentliche Bedeutung, auf welchem Wege er zu dem Ergebnis in seinem Gutachten gekommen ist. Entsprechend der materiellrechtlichen Bedeutung seines Gutachtens kommt es für die richterliche Nachprüfung daher auch nur auf das Ergebnis des Schiedsgutachtens an. Aus dieser rechtlichen Verschiedenartigkeit zwischen Schiedsspruch im Sinne von §§ 1025 ff ZPO und dem Schiedsgutachten folgt der in der Rspr. und im Schrifttum allgemein anerkannte Grundsatz, dass eine unmittelbare oder eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Schiedsgerichtsverfahrens auf den Schiedsgutachtervertrag nicht möglich ist (RGZ 152, 201 [204]). Dies gilt auch für den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. So wesentlich und entscheidend dieser Grundsatz auch für das Schiedsgerichtsverfahren ist (BGHZ 3, 215), so kann er für die Erstattung des Schiedsgutachtens gleichwohl keine rechtliche Bedeutung erlangen. Der Erstattung eines Schiedsgutachtens geht kein Gerichtsverfahren und kein gerichtsähnliches Verfahren voraus. Die Bedeutung des Schiedsgutachtens liegt seiner materiellrechtlichen Aufgabe entsprechend allein in seinem Inhalt. Der notwendige Schutz für die Parteien ist gewährleistet, wenn dieser Inhalt einer gerichtlichen Nachprüfung unterworfen und das Gutachten bei offenbarer Unbilligkeit als unverbindlich angesehen wird (BGH NJW 1952 aaO).

b) Die der Ermittlung der geschuldeten Miete dienenden Parameter hat der Sachverständige zutreffend gewählt. Inhaltliche Fehler des Gutachtens sind nicht zu erkennen, etwa vorhandene wirken sich jedenfalls aber nicht auf dessen zutreffendes Ergebnis aus.

Zwar kann sich die offenbare Unrichtigkeit eines Schiedsgutachtens – als offenbare Unbilligkeit i.S. von § 319 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.1997 – XII ZR 269/95 -, NZM 1998, 196 f; BGHZ 43, 374, 376; 81, 229, 237; BGH Urteile vom 25. Januar 1979 – X ZR 40/77 = NJW 1979, 1885; vom 14. Juli 1986 – II ZR 249/85 = BGHR BGB § 319 Abs. 1 Schiedsgutachten 1) – u.a. daraus ergeben, dass der Gutachter bei seinen Ermittlungen nach dem Sachverhalt, den ihm die Parteien unterbreitet haben, einen unrichtigen Bewertungsmaßstab angewandt hat und er deshalb zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt ist (vgl. BGHZ 9, 195, 198; Urteil vom 21. Mai 1975 – VIII ZR 161/73 = NJW 1975, 1556, 1557).

Ein solcher Vorwurf trifft den Sachverständigen („Name 01“) entgegen der Auffassung der Berufung jedoch nicht.

Die Parteien haben in § 9 des Mietvertrages ausdrücklich hervorgehoben, der Sachverständige habe ohne Bindung an einen bestimmten Bewertungsfaktor (insbesondere an den Lebenshaltungskostenindex) – nur – nach billigem Ermessen zu entscheiden. Da aber eine willkürliche Leistungsbestimmung ebenfalls nicht gewollt ist, entspricht diejenige Pachtneufestsetzung am ehesten der Billigkeit, die möglichst viele der in Betracht zu ziehenden Faktoren beachtet.

Andererseits ist die Bestimmung des Pachtzinses nicht schon dann offenbar unbillig, wenn der Sachverständige nicht alle Erkenntnisquellen benutzt oder nicht alle einschlägigen Erwägungen angestellt hat, sondern nur, wenn die Leistungsbestimmung auf einem groben Irrtum beruht oder in so hohem Maße unrichtig ist, dass sich die Fehlerhaftigkeit jedem Fachkundigen aufdrängt. Dabei ist die Unbilligkeit allein dem Ergebnis zu entnehmen. Das Ergebnis ist sogar dann allein maßgebend, wenn die Parteien einen Leistungsbestimmungsmaßstab vereinbart haben, und der Sachverständige auf einem „falschen“ Wege zu einem diesem Maßstab gerecht werdenden Ergebnis gelangt ist (BGH – Urteil vom 02.02.1977 – VIII ZR 155/75, NJW 1977, 801 f; BGH, Urteil vom 14. Februar 1968 – VIII ZR 189/65 = WM 1968, 617 und vom 4. Juni 1975 – VIII ZR 243/72 = WM 1975, 772).

Danach kann offen bleiben, ob der Sachverständige („Name 01“) bei der Erstellung seines Gutachtens die Höhe der ortsüblichen Miete für das streitgegenständliche Gewerbeobjekt hätte ermitteln und seiner Entscheidung mit zugrunde legen müssen. Denn auch unter Berücksichtigung der entsprechenden Parameter offenbart sein Gutachten keine ersichtliche Fehleinschätzung.

Das vorliegende Gewerbeobjekt befindet sich, wie der Senat unter Zuhilfenahme entsprechender Geoinformationsdaten („Google maps“) des Internet – unbestritten – feststellen konnte und den Parteien im Gerichtstermin vom 06.06.2023 mitgeteilt hat, nicht etwa, wie von der Beklagten beschrieben, in einem kleinen Dorf mit geringer Verkehrsanbindung. Vielmehr handelt es sich bei („Ort 01“) um einen weit ausfächernd mit Reihenhaus- und Einfamilienhausbeständen umgebenen, eine erhebliche Grundfläche umfassenden Ortsteil der Stadt („Ort 02“) in unmittelbarer Nähe zur Berliner Stadtgrenze. Das Streitobjekt befindet sich im Ortskern am Dorfanger in unmittelbarer Nähe einer den Ort mit der Stadt („Ort 02“) verbindenden Hauptverkehrsstraße, die („Ort 01“) gegenläufig mit weiteren Großgemeinden wie („Ort 03“) verbindet. In unmittelbarer Nähe befinden sich auch weitere große Verkaufsgeschäfte, Einkaufscenter und Supermärkte. („Ort 01“) hat ausweislich einschlägiger Informationsportale des Internet („Google“) … Einwohner, und das streitgegenständliche Gewerbeobjekt ist unstreitig die einzige Apotheke vor Ort. Zwar besitzt der Ort selbst keinen Bahnverkehr, ist aber durch Buslinien an das Berliner S-Bahn-Netz in („Ort 02“) und in („Ort 04“) in nur geringer Entfernung angebunden. Am Objekt befindet sich zudem eine ausreichende Anzahl von Parkplätzen, in unmittelbarer Nähe außerdem eine Grundschule sowie, ebenfalls unstreitig, ein Medizinisches Versorgungszentrum mit mehreren Arztpraxen („Straße 02“). Dies rechtfertigt es, den Standort angesichts des Gegenstands des Gewerbes als im Sinne des Gewerbemietspiegels 2022 der IHK Ostbrandenburg schon „gute Lage“ anzusehen, so dass sich auch unter Berücksichtigung dessen ein Nettomietzins von 12 bis 13 Euro/qm feststellen lässt. Der Gewerbemietspiegel weist als mittlere Lage eine solche mit „Fußgängerfrequenz nur zu Stoßzeiten, vereinzelt Ladenleerstand, kaum Parkplätze, Nähe zu Verkehrswegen, geringe Erschließungsfläche“ aus, für die im vorliegenden Zeitraum Nettokaltmieten von bis zu 12 Euro erzielt worden sind. Als gute Lage, die hier wie ausgeführt schon anzunehmen sein kann und für die Nettokaltmieten bis zu 20 Euro/qm erzielt worden sind, werden Bereiche beschrieben, die eine durchgehend hohe Fußgängerfrequenz besitzen, im Innenstadtbereich liegen, von Einzelhandel geprägt sind, Parkplätze haben, in der Nähe zu Hauptverkehrsstraßen liegen und eine große Erschließungsfläche besitzen.

Nichts anderes gilt mit Blick auf den Grundstücksmarktbericht 2022 des Gutachterausschusses des Landkreises („Ort 05“), der für Ladenlokale im Berliner Umland Nettokaltmieten von (4) bis zu 22 Euro ausweist.

Aufgrund der beschriebenen günstigen Lage des Streitobjekts wäre danach ein mittlerer Quadratmeterpreis wie vom Sachverständigen festgestellt (12,73 Euro/qm) nach Einschätzung des Senats realistisch. Die Beklagte hat es jedenfalls nicht vermocht, substantiiert darzulegen, dass der von dem Gutachter ermittelte Mietzins den örtlichen Gegebenheiten unter Mitberücksichtigung des ortsüblichen Mietzinses widerspräche.

Das vorliegende Gutachten ist nach Vorstehendem verbindlich, so dass die Klägerin den erstinstanzlich tenorierten Mietzins schuldet.

5. Ihre Berufung erweist sich auch nicht etwa deswegen als (teilweise) erfolgreich, weil der Klageantrag, wie von ihr gemutmaßt, implizierte, dass sie zur erneuten Zahlung des gesamten als angemessen festgestellten Mietbetrages auch für die Vergangenheit verpflichtet wäre ohne Abzug der ihrerseits erbrachten Teilleistungen. Dies weist die tenorierte Verpflichtung tatsächlich nicht aus, die allein darauf abzielt, dass die Zahlungen in genannter Höhe monatlich zu erbringen sind. Dabei stellt es sich als selbstverständlich dar, dass bereits erbrachte Teilleistungen anzurechnen sind und der tenorierte Monatsbetrag nur einmal geschuldet ist.

Der Tenor verhält sich nämlich gerade nicht zur Höhe einer für die Vergangenheit seit dem 01.07.2021 noch zu zahlenden „Restsumme“ als Gesamtbetrag, sondern allein zur Höhe der geschuldeten Monatsmiete.

Angesichts dessen besteht für eine Abänderung keine Veranlassung.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

7. Die Revision war nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, denn die Rechtssache betrifft einen Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung, und die streitentscheidenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich bereits entschieden, wobei divergierende Instanzentscheidungen nicht ersichtlich sind.

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