LG Frankfurt/Main – Az.: 2-11 S 64/19 – Beschluss vom 11.07.2019
In dem Rechtsstreit hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 11.07.2019 einstimmig beschlossen:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.03.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. 33 C 2862/18 (76), wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten der Berufung zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung und Herausgabe durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.336,36 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die wirksame Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum.
Mit Vertrag vom 14.12.2011 mieteten die Beklagten von der Klägerin die streitgegenständliche Wohnung; die monatliche Nettomiete betrug zuletzt 528,03 Euro.
Mit Schreiben vom 24.09.2018 erklärte die Klägerin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Drogenfunden vom 11.09.2018 und der Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln aus und in der streitgegenständlichen Wohnung
Durch das dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20.03.2019 zugestellte Urteil vom 08.03.2019, auf das hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner die von ihnen innegehaltene Wohnung Franz-Werfel-Straße 5, 60431 Frankfurt am Main, bestehend aus 4,1 Zimmern, Küche, Balkon, Keller, Gäste-WC und Bad mit WC zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Hiergegen richtet sich die am 04.04.2019 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.06.2019 am 02.05.2019 begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagten wenden mit der Berufungsbegründung vom 17.05.2019 ein, der Sohn der Beklagten habe zu keinem Zeitpunkt aus der Wohnung heraus mit Betäubungsmitteln gehandelt, sondern – wenn überhaupt – Betäubungsmittel in weiter Entfernung zum Hauseingang der Wohnung gedealt. Zudem könne den Beklagten das Verhalten ihres Sohnes nicht zugerechnet werden.
Der Berufung sei daher stattzugeben.
Die Kammer hat die Beklagten mit Beschluss vom 03.06.2019, ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 13.06.2019, unter Gewährung einer dreiwöchigen Stellungnahmefrist darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtige, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Beklagten haben zu dem Beschluss keine Stellung genommen.
II.
Die Kammer ist weiterhin davon überzeugt, dass die Berufung der Beklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Kammer hatte in dem Beschluss vom 13.06.2019 Folgendes ausgeführt:
„Das Amtsgericht hat die Beklagten zu Recht zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt, da das zwischen der Klägerin und den Beklagten bestehende Mietverhältnis vom 14.12.2001 durch die fristlose Kündigung vom 24.09.2018 wirksam beendet wurde.
Das Amtsgericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands zutreffend davon ausgegangen, dass das Kündigungsschreiben vom 24.09.2018 dem Begründungserfordernis des § 569 Abs. 4 BGB genügt und die Klägerin aufgrund der Funde in der streitgegenständlichen Wohnung im Rahmen der polizeilichen Durchsuchung am 11.09.2018 berechtigt war, das Mietverhältnis ohne vorherige Abmahnung gemäß §§ 543 Abs. 1 Satz 1, 569 Abs. 2 BGB fristlos zu kündigen. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufung ist eine hiervon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht geboten. Weder liegt eine Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) vor, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Die Beklagten können nicht einwenden, ihr Sohn habe entgegen den in der Entscheidung getroffenen Feststellungen zu keinem Zeitpunkt aus der Wohnung heraus, sondern – wenn überhaupt – in weiter Entfernung zum Hauseingang mit Betäubungsmitteln gehandelt.
Das Amtsgericht hat aufgrund des zur Akte gereichten Durchsuchungsberichts sowie weiter Teile der Ermittlungsakte gemäß § 286 ZPO gut nachvollziehbar die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei der Wohnung der Beklagten um eine sog. Bunkerwohnung gehandelt und ihr Sohn aus dieser heraus Handel mit Betäubungsmittel betrieben habe, was Auswirkungen auf die gesamte umliegende Nachbarschaft gehabt habe. Diese Feststellung kann mit dem – unsubstantiierten und erstmals im Berufungsverfahren erfolgten – Vorbringen, ihr Sohn habe allenfalls in weiter Entfernung zum Hauseingang der Wohnung gedealt, nicht entkräftet werden. Die Beklagten hatten erstinstanzlich lediglich bestritten, dass ihr Sohn in der Wohnung Handel mit Betäubungsmitteln betrieben habe. Unstreitig hat er jedoch aus der Wohnung heraus in der sog. Platensiedlung gedealt mit den in dem Urteil dargelegten negativen Auswirkungen auf die gesamte umliegende Nachbarschaft.
Weiterhin können die Beklagten nicht geltend machen, ihnen könne das Verhalten ihres Sohnes, von dem sie keine Kenntnis gehabt hätten, nicht zugerechnet werden. Der Mieter hat im Rahmen seiner Obhuts- und Sorgfaltspflicht gemäß § 278 BGB auch das Verschulden von Personen zu vertreten, die auf seine Veranlassung hin mit der Mietsache in Berührung kommen, worunter u.a. Verwandte fallen (vgl. BGH NJW 1991, 1750, NJW 2007, 428). Die Beklagten sind daher gemäß § 278 BGB für ein Verschulden ihres Sohnes, der im Hinblick auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung als Erfüllungsgehilfe anzusehen ist, in gleichem Umfang verantwortlich wie für eigenes Verschulden. Auch wenn den Mieter in einem solchen Fall kein persönliches Verschulden trifft, wird der wichtige Grund für die Beendigung des Mietverhältnisses dadurch begründet, dass die Unzumutbarkeit für die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus dem allgemeinen Einflussbereich des Mieters, nämlich vorliegend dem Verhalten ihres Sohnes, herrührt.“
Die Kammer bleibt bei dieser Bewertung der Sach- und Rechtslage.
Die Berufung war daher im Beschlusswege gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 41 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG.