1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 14.03.2023, Az. 432 C 8270/22, in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 18.04.2023 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klagepartei hinsichtlich der Kosten (Ziffer 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 30.06.2024 gewährt.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss:
1. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf … Euro festgesetzt.
2. Die Gehörsrüge der Beklagten vom 29.11.2023 gegen das in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2023 verkündete Urteil wird kostenfällig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Zur Darstellung des Sachverhalts wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Zusammenfassend und ergänzend ist das Folgende auszuführen:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Räumung und Herausgabe einer von der Beklagten innegehaltenen Wohnung im ….
Die Beklagte ist seit 10.07.2013 alleinige Mieterin der verfahrensgegenständlichen Wohnung. Sie bewohnt diese mit ihren fünf minderjährigen Kindern (geb. am …2006, …2006, …2008, …2011 bzw. …2012).
Mit Schreiben vom 17.09.2021 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs ordentlich zum 30.06.2022. Er berief sich dabei im Wesentlichen darauf, mit seiner Familie in das Mietobjekt einziehen zu wollen.
Mit Schreiben vom 28.04.2022 widersprach die Beklagte der Kündigung.
Eine Räumung und Herausgabe der Wohnung erfolgte nicht. Die Beklagte trat vielmehr namentlich unter Bestreiten der Aktivlegitimation der Klagepartei und des behaupteten Eigenbedarfs der Kündigung entgegen.
Das Amtsgericht München hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme mit Endurteil vom 14.03.2023 stattgegeben und die Beklagte unter Gewährung einer Räumungsfrist bis 30.09.2023 zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verurteilt. Mit Beschluss vom 18.04.2023 hat das Erstgericht den Tatbestand des vorstehenden Urteils punktuell berichtigt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte im Wege der Berufung vom 20.03.2023, welche im Wesentlichen ausführt, dass der Kläger nicht aktivlegitimiert und der Eigenbedarf nicht nachgewiesen sei. Jedenfalls liege eine Härte nach § 574 Abs. 1, Abs. 2 BGB vor.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:
I. In Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts München vom 14.03.2023, Az. 432 C 8270/22 wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger […] trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Hilfsweise:
1. Es wird eine Räumungsfrist von 12 Monaten gewährt.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Endurteils des Amtsgerichts München vom 14.03.2023, Az. 432 C 8270/23 wird aufgehoben.
Der Kläger stellt demgegenüber den Antrag: Die Berufung wird zurückgewiesen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 08.11.2023 sind beide Parteien angehört worden.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der vorstehenden mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist daher zurückzuweisen.
Der aktivlegitimierte Kläger hat aufgrund der wirksamen verfahrensgegenständlichen Eigenbedarfskündigung und des erfolglosen Widerspruchs der Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts, §§ 546 Abs. 1, 542 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 BGB.
Der Beklagten kann jedoch eine weitere Räumungsfrist gewährt werden, § 721 Abs. 1 ZPO.
Hierzu im Einzelnen:
1. Soweit die Berufung zunächst zu meinen scheint, es stehe vorliegend bereits aufgrund des rechtskräftigen Endurteils des Amtsgerichts München vom 20.10.2022 – Az. 463 C 5650/22 fest, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis fortbestehe, ist dies gänzlich unbehelflich. So ist nicht im Ansatz ersichtlich, inwiefern eine vorangegangene Entscheidung, die ein Mieterhöhungsverlangen des früheren Eigentümers und Vermieters aus dem Dezember 2020 und eine diesbezügliche Feststellungsklage der hiesigen Beklagten hinsichtlich der maßgeblichen Miethöhe betraf, Bindungswirkung bezüglich des hier zu entscheidenden Rechtsstreits haben sollte. Die Berufung kann sich dabei insbesondere nicht auf das Verbot sich widersprechender Entscheidungen stützen, zumal sich die erstgerichtliche Entscheidung vom 20.10.2022 in keiner Weise mit der hier streitgegenständlichen Kündigung zu befassen hatte.
Liegen den in den Blick genommenen Verfahren – wie hier – gänzlich unterschiedliche Streitgegenstände zugrunde, scheidet die Annahme einer entgegenstehenden Rechtskraft bzw. des Verbots sich widersprechender Entscheidungen denklogisch per se aus.
2. Keine Zweifel bestehen zudem an der Aktivlegitimation des Klägers.
Denn völlig zu Recht ist das Erstgericht hier davon ausgegangen, dass der Kläger durch den Erwerb des streitgegenständlichen Mietobjekts auf Vermieterseite in das Mietverhältnis mit der Beklagten eingetreten ist.
Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichts zur nachgewiesenen Eigentümerstellung des Klägers wird Bezug genommen.
Auch die Kammer ist davon überzeugt, dass die klägerseits vorgelegten Urkunden (namentlich in Form des Grundbuchauszugs vom 24.01.2023) ausreichen, um von einem tragfähigen Nachweis der Eigentümerstellung – und damit der Vermietereigenschaft – des Klägers in Bezug auf das streitgegenständliche Mietobjekt ausgehen zu können, § 566 Abs. 1 BGB.
Auf die per se widersprüchliche Vorgehensweise der Beklagten, die zwar den Kläger im vorangegangenen Verfahren in zwei Instanzen auf Feststellung der Miethöhe in Anspruch genommen hat, nun aber dessen Vermieterstellung in Zweifel zieht, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.
3. Richtigerweise hat das Amtsgericht zudem die Wirksamkeit der klägerseits ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung angenommen.
a) Die ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs vom 17.09.2021 ist zunächst als formell wirksam zu erachten, insbesondere ist dem Begründungserfordernis nach § 573 Abs. 3 S. 1 BGB zweifelsfrei genügt. Nach dieser Norm muss der Vermieter die Gründe für sein berechtigtes Kündigungsinteresse i.S.v. § 573 Abs. 2 BGB in dem Kündigungsschreiben angeben. Maßgeblich für den Umfang der Begründungspflicht ist der Zweck des Begründungserfordernisses: Der Mieter soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition erlangen und so in die Lage versetzt werden, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (BT-Drs. VI 1549, S. 6 f.). Diesem Zweck wird nach der Rechtsprechung des BGH Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann.
Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend (siehe namentlich BGH, Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 317/10, NJW-RR 2012, 14).
Das hier streitgegenständliche Kündigungsschreiben wird den vorgenannten Anforderungen in evidenter Weise gerecht. Denn aus der Kündigung geht zweifelsfrei hervor, welche Personen aus welchen Gründen in die streitgegenständliche Wohnung umziehen wollen. Die Kündigung ist hinreichend schlüssig und in einem Umfang begründet, der der Beklagten bereits zu dem frühen Zeitpunkt des Zugangs eine sachgerechte Rechtsverteidigung ermöglichte.
b) Die Bejahung der materiellen Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung seitens des Erstgerichts ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Insoweit vermögen zunächst die Angriffe der Berufung auf die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nicht zu überzeugen. Ferner hat sich die Kammer – zuvörderst aufgrund der in der Berufungsverhandlung vom 08.11.2023 durchgeführten Parteianhörung des Klägers – ebenfalls vom behaupteten Nutzungswillen des Klägers und seiner Familie zu überzeugen vermocht. Soweit die Berufung meint, der geltend gemachte Eigenbedarfs sei lediglich vorgeschoben, kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Auf Grundlage seiner, auch durch die Kammer einer Entscheidung zugrunde zu legenden Feststellungen ist das Amtsgericht in seiner nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zu dem Schluss gekommen, dass der klägerseits behauptete Eigennutzungswille bestehe. Zweifel, welche eine eigene Beweisaufnahme, namentlich in Form der erneuten Vernehmung der bereits erstgerichtlich einvernommenen Zeugen, ermöglichen würden, erweckt die Berufung nicht. Soweit die Berufung die Beweiswürdigung angreift, vermag sie keine Fehler oder Verstöße gegen Denkgesetze aufzuzeigen, welche Zweifel an den Feststellungen begründen würden. Sie ersetzt vielmehr unzulässigerweise die Beweiswürdigung des Amtsgerichtes durch ihre eigene; dies ist der Kammer in ihrer Entscheidung aber verwehrt. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts unterliegt nur in dem nach § 529 Abs. 1 ZPO beschränkten Umfang der Überprüfung durch das Berufungsgericht. Konkrete Anhaltspunkte zu Zweifeln an der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrundegelegten Sachverhalts, die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, können sich etwa aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil oder aus dem Übergehen des erstinstanzlichen Vorbringens ergeben (vgl. BGH NJW 2004, 1876). Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfalten lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich dann vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH NJW 1987, 1557). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt u.a. dann vor, wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH NJW 1991, 1894).
Das Erstgericht hat vorliegend Beweis erhoben über den klägerseits behaupteten Eigenbedarf durch ausführliche unbeeidete Einvernahme der Zeugen ….
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht vom 03.02.2023 wird insoweit Bezug genommen.
Auf dieser Grundlage sah das Erstgericht im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung die klägerseitigen Behauptungen vom Bestehen des Eigenbedarfs als erwiesen an.
Die Berufung greift diese Beweiswürdigung durch das Amtsgericht nunmehr mit ihrer eigenen, entgegenstehenden Wertung an. Da dabei Umstände in dem oben dargestellten Sinne nicht geltend gemacht werden, führen die Angriffe auf die Beweiswürdigung nicht zum Erfolg.
(1) Soweit die Berufung meint, dass (schon) aus der unterbliebenen Benennung der Ehefrau des Klägers als Zeugin zu folgern sei, dass diese gar nicht mit umziehen wolle, kann dem mitnichten gefolgt werden. Zwar ist insoweit noch im Ausgangspunkt nachvollziehbar, dass die Berufung unter Annahme eines Sorgerechts auch der Ehefrau des Klägers von einem („50-prozentigen“) Mitspracherecht in puncto Aufenthaltsbestimmung der gemeinsamen Kinder ausgeht. Aus dem bloßen Umstand der Nichtbenennung einer (potentiell bedeutsamen) Zeugin sodann aber den Schluss zu ziehen, dass diese die Behauptungen der beweisbelasteten Partei, hier ihres Ehemannes, des Klägers, nicht bestätigt hätte, verfängt jedoch nicht. Ein derartiger Beweisgrundsatz ist der Kammer unbekannt.
Dies gilt umso mehr in Ansehung der jedenfalls zweitinstanzlichen Benennung der Zeugin und der glaubhaften Angabe des Klägers im Rahmen seiner formlosen Anhörung, er habe in der ersten Instanz noch nicht gewusst, dass er auch seine Ehefrau als Zeugin benennen könne, sein Rechtsanwalt habe ihm dies nicht gesagt. Im Übrigen liegt es allein in der Sphäre der Parteien, ob und ggf. welche Zeugen sie benennen wollen. Bereits aus dem bloßen Umstand der Nichtbenennung eines Zeugen Schlüsse zu ziehen, kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die beweisbelastete Partei nicht dazu in der Lage ist, plausible Gründe dafür zu benennen, warum eine (objektiv naheliegende oder sich sogar aufdrängende) Benennung im Einzelfall unterblieben ist.
Dies ist hier, wie aufgezeigt, nicht der Fall.
(2) Soweit die Berufung ferner den Standpunkt vertritt, dass es sich bei den erstgerichtlich einvernommenen Zeugen nur um sog. Zeugen vom Hörensagen gehandelt habe, geht dies ebenfalls fehl, zumal die Zeugen durchaus aus eigener Wahrnehmung Angaben machen konnten, die die klägerischen Behauptungen zum geltend gemachten Eigenbedarf zu stützen vermochten.
Was die vernommenen Zeugen … angeht, gilt dies namentlich für den persönlichen Bezug des Klägers zu … und seiner Umgebung … den ihnen klägerseits mitgeteilten Grund für den Kauf der streitgegenständlichen Wohnung (nämlich um dort einzuziehen), die ihnen gegenüber verlautbarten Umzugsabsichten des Klägers und seiner Familie von … nach … den Bemühungen des Klägers, eine Schule für seine Kinder zu suchen, sowie die regelmäßige berufliche Tätigkeit des Klägers in ….
Dabei ist freilich erstgerichtlich nicht verkannt worden, dass die Angaben jedenfalls teilweise auf den Äußerungen der Klagepartei gegenüber den vorbenannten Zeugen (namentlich zum Nutzungswillen) beruhen. Dies übersieht auch die Kammer nicht.
Als nach § 286 ZPO tragfähige Zeugenaussagen in Bezug auf Eigenbedarfskündigungen können aber selbstverständlich auch solche angesehen werden, die nicht von den konkreten Bedarfspersonen selbst (hier namentlich der Ehefrau des Klägers), sondern von Dritten stammen.
(3) Das Erstgericht hat in seiner vollumfänglich nachvollziehbaren Beweiswürdigung auch ausdrücklich berücksichtigt, dass zwischen den Zeugen und dem Kläger eine „persönliche Beziehung“ besteht.
(4) Berücksichtigung fand dabei ferner, dass bereits der Voreigentümer in den Jahren 2016 und 2017 wegen Eigenbedarfs gekündigt hatte. Zu Recht ist das Erstgericht insoweit aber davon ausgegangen, dass dies der nunmehrigen richterlichen Überzeugung vom Bestehen des klägerischen Eigenbedarfs nicht entgegenstehe, zumal diese Vorgänge nicht einmal das Verhältnis zwischen der hiesigen Klagepartei und der Beklagten betrafen und überdies bereits mehrere Jahre zurückliegen. Auch führte der Kläger im Rahmen seiner formlosen zweitinstanzlichen Anhörung glaubhaft aus, hiervon zunächst, also namentlich bei Kauf der Wohnung, noch nichts gewusst zu haben. Erst nach Ausspruch der hier streitgegenständlichen Kündigung habe er hiervon vom Beklagtenvertreter erfahren.
(5) Nicht übersehen hat das Erstgericht zudem die bereits erwähnte gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Klage- und der Beklagtenpartei betreffend die Höhe der Miete. In völlig nachvollziehbarer Weise wurde aber auch dieser Umstand erstgerichtlich nicht dahingehend gewertet, dass von vorgeschobenem Eigenbedarf auszugehen sei. Der Berufung ist insoweit zwar grundsätzlich zuzugestehen, dass vorangegangene mietrechtliche Auseinandersetzungen eine besonders sorgfältige und gewissenhafte Beweiswürdigung sowie ein kritisches Hinterfragen des geltend gemachten Eigenbedarfs erfordern. Dem hat das Erstgericht jedoch ohne Einschränkung Rechnung getragen. Seitens der Kammer ist in diesem Kontext noch anzufügen, dass die bereits mehrfach angesprochene Feststellungsklage der hiesigen Beklagten bezüglich der geschuldeten Miete überdies erst 2022 rechtshängig wurde, während die hier streitgegenständliche Eigenbedarfskündigung bereits 2021 ausgesprochen worden war. Soweit die Berufung die Eigenbedarfskündigung auch aufgrund der Auseinandersetzung über die Miethöhe als vorgeschoben erachtet, vermag dies also schon aus chronologischen Gründen nicht zu überzeugen. Auch war es nicht der – erst am 03.09.2021 ins Grundbuch eingetragene – hiesige Kläger, der von der Beklagten im Jahr 2020 mit Wirkung zum Januar 2021 eine Mieterhöhung begehrt hatte, sondern dessen Rechtsvorgänger. Der Unterstellung der Berufung, der Kläger schiebe den behaupteten Eigenbedarf wahrheitswidrig vor, vermag die Kammer nach alledem auch in diesem Lichte nicht als plausibel zu erachten.
(6) Auch die weiteren Angriffe der Berufung auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung überzeugen die Kammer nicht.
bb) Die Kammer betont zudem ausdrücklich, dass sie ihre Überzeugung bezüglich des Nachweises des verfahrensgegenständlichen Eigenbedarfs nicht lediglich auf die Beweisaufnahme und -würdigung des Erstgerichts stützt, sondern darüber hinaus auf den in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2023 gewonnenen persönlichen Eindruck von dem Kläger und dem Ergebnis seiner ausführlichen formlosen Anhörung als Partei.
Insoweit gab der Kläger im Wesentlichen an, im Jahr 2000 nach Deutschland gekommen zu sein und zunächst mehrere Jahre – bis 2006 – in … gelebt zu haben. Dort habe er auch seinen Schulabschluss gemacht und seine Ausbildung absolviert. Etwa im Jahr 2016 sei er sodann mit seiner Ehefrau und dem ersten gemeinsamen Kind von … nach … umgezogen. Dort sei das zweite Kind geboren worden. Er habe in der Folgezeit versucht, eine Wohnung in … und Umgebung zu finden, da er wegen seines Familien- und Freundeskreises wieder dorthin umziehen wolle. Auch sei er immer schon auf der Suche nach einer selbständigen Tätigkeit in … gewesen. Er habe dabei u.a. ein Angebot erhalten, in der Großmarkthalle ein Geschäft für orientalische Lebensmittel zu übernehmen. Gleichzeitig sei ihm eine Wohnung zum Kauf angeboten worden. Den Tipp für die Wohnung habe er vom Zeugen … erhalten. Da ihm und seiner Ehefrau die Lage der Immobilie gefallen habe, hätten sie sich dazu entschlossen, die hier verfahrensgegenständliche Wohnung zu kaufen. Dabei sei ihm, dem Kläger, nicht detailliert bewusst gewesen, dass bei einer vermieteten Wohnung im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung derart große Schwierigkeiten auftreten könnten. Im Familien- und Freundeskreis habe man ihm erzählt, dass es bei einer Eigenbedarfskündigung höchstens sechs oder neun Monate dauere, bis man in die Wohnung könne. Er habe großen Aufwand wegen des vielen Pendelns zwischen … und …. Seit Juli 2022 habe er hier, in … eine neue Arbeitsstelle. Für ihn und seine Familie bedeute es sehr viel Stress, immer noch nicht in die Wohnung einziehen zu können. Derzeit arbeite er in … in einer Reinigungsfirma. Er sei für die Objekte in … zuständig, namentlich gelegen in … und ….
Dabei mache er regelmäßig Homeoffice, müsse aber wöchentlich ein- oder zweimal, ab und zu auch alle zwei Wochen, zu den Objekten fahren, um dort zu überwachen, ob die Reinigungsarbeiten ordnungsgemäß ausgeführt werden. Dadurch, dass er in … noch keine Wohnung bezogen habe, könne er den Umfang seiner Arbeit in der Firma nicht erhöhen. Die Firma fordere von ihm, dass er die Mitarbeiter und Objekte häufiger kontrolliere. Demnächst kämen neue Objekte in … und … hinzu. Deswegen habe er seitens der Firma auch eine Mahnung bekommen, dass er dringend in M. gebraucht werde. Hinsichtlich seiner Frau und seiner Kinder könne er sagen, dass er vor dem Kauf mit seiner Frau gesprochen habe und diese damit einverstanden gewesen sei. Seine Kinder seien sechs bzw. elf Jahre alt.
Er sei jetzt in der misslichen Lage, dass sein Arbeitgeber von ihm fordere, mehr hier in M. und Umgebung vor Ort zu sein. Gleichzeitig bräuchten ihn auch seine Frau und seine Kinder daheim in Ma., z.B. im Krankheitsfall zur Kinderbetreuung.
Seine Frau habe Ende 2021 einen Epilepsieanfall gehabt. Sie leidet auch an einer Bluterkrankung.
Er besitze keine weiteren Immobilien und wohne selbst zur Miete.
Es sei für ihn sehr wichtig, schnellstmöglich in die Wohnung einziehen zu können. Er sei insoweit in Eile und wolle unbedingt in seine eigene Wohnung in … umziehen.
Es sei beabsichtigt, dass seine Kinder die … gelegen in der Nähe des … besuchen. Diese habe er mit dem Zeugen … bereits besichtigt. Er hoffe, dass sein Sohn dort im nächsten Jahr in die 5. Klasse des Gymnasiums gehen könne. Namentlich die Fenster und das Bad der Wohnung müsse er vor dem Einzug erst noch renovieren. Dies werde nach seiner Einschätzung etwa zwei bis drei Monate dauern.
Leider habe er die Wohnung vor deren Kauf nicht besichtigt. Er habe aber die Lage des Objekts gekannt, weil eine Bekannte von ihm in der Nähe gewohnt habe. Die Lage sei für die Familie des Klägers günstig, weil man von dort aus nur zehn Minuten bis zum … brauche. Auch gebe es dort Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kitas usw. Die Größe der Wohnung habe er bei deren Kauf gekannt; er habe einen kompletten Grundriss der Wohnung gehabt. Natürlich habe er sich diesen Grundriss mit seiner Frau angeschaut. Er habe seiner Frau auch mitgeteilt, dass die Lage perfekt sei, ihr erzählt, wie es dort aussehe und dass es ein Einkaufszentrum in der Nähe gebe. Insgesamt habe die Wohnung 3 1/2 Zimmer. Man habe in der Wohnung ein Elternschlafzimmer geplant, ferner ein weiteres Zimmer mit einem Stockbett. Weitere Pläne, namentlich bezüglich der geplanten Badrenovierung, seien ebenfalls bereits besprochen worden. Leider habe man sogar die weitere Familienplanung verschieben müssen, da ein Umzug immer noch nicht möglich gewesen sei.
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass der Kläger insoweit wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. Sie ist auch in Ansehung des Ergebnisses der formlosen Anhörung des Klägers vom Bestehen des verfahrensgegenständlichen Eigenbedarfs überzeugt. So erscheint es insbesondere überaus vernünftig, nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Kläger mit seiner jungen Familie so schnell wie möglich in die verfahrensgegenständliche Wohnung, die er offenbar in der Absicht, sie alsbald selbst zu nutzen gekauft hat, umziehen möchte. Dies liegt nicht nur wegen des biographischen Bezugs des Klägers zur Umgebung von M., sondern auch wegen der bereits an den Tag gelegten beruflichen Tätigkeit in und um M. sowie der weiteren diesbezüglichen Pläne nahe. Die im Rahmen von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erforderlichen vernünftigen, nachvollziehbaren Gründe drängen sich vorliegend nachgerade auf. Schon aufgrund der hohen (namentlich zeitlichen und familiären) Belastungen durch die regelmäßige Pendelei zwischen … und … sowie der zu befürchtenden berufliche Nachteile, für den Fall, dass der Kläger nicht zeitnah seinen Wohnsitz in … nehmen wird, stellt sich der klägerseits nachgewiesene Eigenbedarf auch als dringlich dar.
4. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte oder gar unbestimmte Zeit scheidet vorliegend aus.
Insoweit kann sich die Beklagte weder mit Erfolg auf § 574 Abs. 1 BGB noch auf § 574 Abs. 2 BGB stützen.
a) Zunächst liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 BGB nicht vor. Soweit die Berufung insoweit eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit der beiden Söhne der Beklagten … und … moniert und meint, das Erstgericht habe es zu Unrecht unterlassen, ein diesbezügliches Sachverständigengutachten zu erholen, verfängt dies nicht.
Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf die zutreffenden erstgerichtlichen Ausführungen und macht sich diese zu eigen.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch die diesbezüglichen Darlegungen der Berufung nicht überzeugen können.
Soweit die Beklagtenseite erneut behauptet, dass die Zwangsräumung bezüglich der beiden betreffenden Söhne zu einer erheblichen Verschlechterung der Gesundheit führen werde, ist dieses Vorbringen auch weiterhin zu unsubstantiiert. Unbehelflich ist insoweit namentlich die erneute Vorlage der Bestätigung der … (Anlage BB1). Denn dieses (handschriftlich nachdatierte) Dokument beinhaltet lediglich eine kurze, pauschale Mitteilung der Pädagogin … wonach sich der Sohn … seit Januar 2018 bei ihr in psychotherapeutischer Behandlung befinde, und es für ihn aufgrund seiner „teils traumatisierenden Lebensgeschichte notwendig [ist], in seiner gewohnten, sicheren Umgebung aufwachsen zu können, um eine weitere Stabilisierung seines emotionalen Zustandes zu ermöglichen“. Auch und gerade in Bezug auf die Auswirkungen eines etwaigen Wohnungswechsels lassen sich der Anlage damit aber keine hinreichend konkreten und tragfähigen Erkenntnisse entnehmen, zumal die unbestimmte Begrifflichkeit „sichere Umgebung“ nicht mit der bisherigen, verfahrensgegenständlichen Wohnung gleichgesetzt werden kann.
Auch erschließt sich der Kammer nicht, inwiefern die Pädagogin eine hinreichend belastbare Einschätzung (auch) zu spezifischen medizinischen Fragen tätigen können sollte, wie die Berufung aber offenbar meint, da sie die Anlage BB1 sowie die Zeugin … als Grundlage bzw. Beweis für die Annahme gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch einen Wohnungswechsel heranziehen will. Dabei bleibt auch unklar, von welchen konkreten Beeinträchtigungen im Falle eines Wohnungswechsels die Berufung ausgeht.
Wie bereits erstgerichtlich zutreffend gesehen, beinhalten die zur Akte gereichten medizinischen Unterlagen (siehe Bl. 36 ff., 107 f.) zwar medizinische Diagnosen (in Bezug auf den Sohn … namentlich eine „… eine …“ sowie eine …; in Bezug auf … namentlich eine …). Sie verhalten sich aber nicht im Ansatz zu den etwaigen Folgen eines Umzugs zum Nachteil der Söhne …. In Bezug auf den Sohn … weist das ärztliche Attest von … vom 12.07.2022 sogar explizit darauf hin, dass trotz der … Diagnose, der … eine „altersentsprechende körperliche Belastbarkeit“ vorliege. Die sozialen Beeinträchtigungen des Sohnes … und die daraus resultierenden schulischen Probleme werden ebenfalls in keinen Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel gesetzt.
Die vorstehenden Unterlagen geben daher ebenfalls keinen Anlass zur Annahme der Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 BGB oder zu einer weiteren diesbezüglichen Beweisaufnahme.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte augenscheinlich selbst davon ausgeht, dass ihre Kinder, einschließlich der beiden betreffenden Söhne, durchaus grundsätzlich dazu in der Lage sind, einen Umzug zu bewältigen. So erfolgte die Ablehnung des Mietobjekts in der …straße nicht etwa deswegen, weil ein Umzug generell unzumutbar sei. Vielmehr lehnte die Beklagte das konkrete Objekt – das ihr von einem als Makler tätigen Bekannten des Klägers angeboten worden war – insbesondere unter Behauptungen eines unpassenden Zuschnitts der Wohnung (unzureichender „Mix“ an Schlafgelegenheiten) ab. In diesem Zusammenhang ist ergänzend auch zu erwähnen, dass die Beklagte offenbar bei Zahlung einer aus ihrer Sicht hinreichend hohen Umzugskostenbeihilfe (… Euro) zeitweise bereit gewesen wäre, einen Räumungsvergleich abzuschließen.
Die Annahme einer Härte nach § 574 Abs. 1 BGB scheidet nach alledem aus.
b) Gleiches gilt für eine solche nach § 574 Abs. 2 BGB.
Auch die Kammer geht hier nicht davon aus, dass angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden könne.
Insoweit wird zunächst wiederum auf die erstgerichtlichen Darlegungen Bezug genommen, wobei die Kammer nicht verkennt, dass die Beklagte durchaus eine Vielzahl eigener (erfolgloser) Wohnungsbewerbungen getätigt hat und auch (ebenfalls erfolglos) bemüht war, bei der Vermittlung von Wohnungen durch die zuständige Behörde (noch) höher eingestuft zu werden. Auch ist der Kammer uneingeschränkt bewusst, dass die Beklagte namentlich aufgrund ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation (Angewiesenheit auf Sozialleistungen bzw. alleinerziehende Mutter von fünf Kindern) erheblichen Schwierigkeiten am Wohnungsmarkt ausgesetzt ist.
Gleichwohl ist die Kammer hier davon überzeugt, dass die Bemühungen der Beklagten letztlich als unzureichend einzustufen sind.
Denn neben den erstgerichtlich zu Recht aufgezeigten Gründen für die Annahme unzureichender Bemühungen der Beklagten bei der Suche nach Ersatzwohnraum ist aus Sicht der Kammer ergänzend anzuführen und zu betonen, dass die Beklagte hier in nicht ausreichendem Maße auf die umfangreichen klägerseitigen Unterstützungsangebote eingegangen ist.
Wie klägerseits schriftsätzlich substantiiert aufgezeigt und auch im Rahmen seiner formlosen Anhörung glaubhaft betont, verfügt der Kläger offenbar über gute Kontakte zu Personen, die in M. Maklerleistungen anbieten. Insoweit gab der Kläger namentlich an, dass er durch Herrn … mehrere Privatangebote für Mietwohnungen an die Beklagte weitergeleitet habe. Diese Vermittlungstätigkeit sei über Herrn … erfolgt, da es ihm, dem Kläger, vom Beklagtenvertreter „nicht erlaubt“ worden sei, direkten Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen. Die Beklagte habe auf diese Angebote aber zum Teil gar nicht reagiert. Einer der Makler, zu denen Herr … Kontakt habe, sei Herr …, bei dem es sich zugleich um einen Freund des Klägers handele.
Dieser habe auch die Wohnung in der B.straße ausfindig gemacht, die die Beklagte besichtigt habe. In … sei ebenfalls eine Wohnung frei gewesen. Insoweit sei der kurzfristig anberaumte Besichtigungstermin aber von der Beklagten gar nicht erst wahrgenommen worden. Auch Angebote bezüglich Wohnungen in …de sowie …de seien erfolglos an die Beklagtenseite weitergeleitet worden.
Ein hinreichend ernstliches Eingehen auf die klägerseitigen Vermittlungsbemühungen sieht die Kammer hier nicht. Damit sind im vorliegenden Einzelfall letztlich keine ausreichenden Bemühungen der Beklagten bei der Suche nach Ersatzwohnraum anzunehmen. Ist der Vermieter – wie hier – namentlich aufgrund guter Vernetzung mit Immobilienmaklern oder anderen Personen, die Wohnungen vermitteln können, dazu in der Lage, geeignete Ersatzwohnungen anzubieten, obliegt es der Mieterseite grundsätzlich, diese Angebote ernstlich in Erwägung zu ziehen und ggf. anzunehmen.
Dieser Obliegenheit hat die Beklagte hier aber in mehrfacher Hinsicht nicht genügt.
So ist insoweit zum einen festzuhalten, dass die Beklagte die diesbezügliche Kommunikation mit der Klägerseite signifikant eingeschränkt und damit die effektive Vermittlung möglichst vieler geeigneter Angebote erschwert hat. Zum anderen hat sie bezüglich der vermieterseitigen Vermittlungsbemühungen von Anfang an zu hohe (insbesondere auch formale) Anforderungen gestellt.
Hierzu wird v.a. verwiesen auf die E-Mail des Beklagtenvertreters vom 24.02.2023 an … (Anlage K 18, Bl. 235 d.A.). In dieser wies der Beklagtenvertreter zunächst darauf hin, dass er von der Beklagten beauftragt worden sei, die Korrespondenz und Koordination betreffend die Anmietung einer Ersatzwohnung zu übernehmen.
„[J]egliche Vorschläge für eine Ersatzwohnung“ seien fortan ausschließlich an ihn zu richten.
Dies ist freilich grundsätzlich noch nicht zu beanstanden. Die Kammer übersieht sodann auch nicht das Bekunden der Beklagten, „jegliche Vorschläge für eine Ersatzwohnung [zu begrüßen]“. Die anschließenden Vorgaben bezüglich der Kommunikation und der (allein) in Betracht zu ziehenden Ersatzobjekte stellt jedoch nach Ansicht der Kammer eine zu hohe Hürde für die effektive und effiziente Übermittlung einer möglichst großen Anzahl geeigneter Wohnungsangebote dar. So forderte der Beklagtenvertreter neben der „Adresse, der Zahl der Zimmer (ohne) Küche), [der] Quadratmetergröße und de[m] aufgerufenen Mietzins aufgeteilt nach Nettokaltmiete, Betriebs- und Heizkosten“ auch die Klarstellung, dass die „Wohnung nicht nur vorübergehend […], sondern langfristig“ vermietet werden könne, „so dass der „Vermieter zusagen kann oder könnte“, in den nächsten Jahren (wie lange?) keinen Eigenbedarf geltend zu machen“.
Neben einer erschwerten Kommunikation durch die zwingende Ein-/Dazwischenschaltung des Beklagtenvertreters wurden damit auch hohe, aus Sicht der Kammer sogar partiell überzogene, formale und inhaltliche Anforderungen an das alternative Mietangebot bzw. das potentielle Mietverhältnis gestellt. Dies gilt zuvörderst für die beklagtenseits verlangte genaue Angaben dazu, dass und wie lange der etwaige Vermieter keinen Eigenbedarf geltend machen werde. Dies grenzt letztlich an die Forderung, dass sich die potentiellen künftigen Vermieter (namentlich im Rahmen eines befristeten Ausschlusses des Rechts zur Eigenbedarfskündigung) verbindlich festzulegen haben, wie lange kein Eigenbedarf geltend gemacht werde.
Dieses Bestreben mag im Ansatz verständlich und legitim sein, es geht jedoch über die berechtigten Anforderungen an einen in Betracht zu ziehenden zumutbaren Ersatzwohnraum hinaus.
Lediglich ergänzend wird angeführt, dass der Beklagtenvertreter in der vorgenannten E-Mail vom Zeugen … auch forderte, die bereits an die Beklagte übersandten Wohnungsangebote zu Dokumentationszwecken bezüglich der mietrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Kläger noch einmal an ihn, den Beklagtenvertreter, zu übersenden. Auch hierin ist nach dem Dafürhalten der Kammer eine überzogene Forderung zu sehen, zumal sich der Beklagtenvertreter zum einen diese Informationen auch bei seiner Mandantin hätte beschaffen können und zum anderen weil der Zeuge nicht als professioneller Makler (für die Beklagte) tätig war, sondern lediglich als Bekannter des Klägers.
Ferner ist die Kammer der Ansicht, dass es der Beklagten oblegen hätte, die ihr klägerseits vermittelte Wohnung in der … anzunehmen. Denn insoweit hätte es sich um Ersatzwohnraum gehandelt, der der Beklagten zu zumutbaren Bedingungen angeboten worden war. Die Beklagte verkennt in Bezug auf diese Wohnung, dass es im Rahmen von § 574 Abs. 2 BGB nicht um die Suche nach optimalem und individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Wohnraum geht, sondern um dessen (bloße) Zumutbarkeit. Insoweit ist primär maßgeblich, dass es sich dabei um eine Wohnung handelt, die in puncto Anzahl der Zimmer und Größe (nach substantiierter klägerseitiger Angabe vier Zimmer, ca. 100 m²) mit der verfahrensgegenständlichen Wohnung durchaus vergleichbar ist. Auch der Mietzins hätte mit wohl … Euro unterhalb der Grenze der vom Jobcenter übernommenen Miete von … Euro Bruttokaltmiete (Grundmiete zzgl. sonstige Betriebskosten, ohne Heizkosten) für einen 6-Personen-Haushalt gelegen (siehe hierzu die klägerseits eingeholte Auskunft des Jobcenters …, Anlage K 17).
Soweit die Beklagte die Wohnung im Wesentlichen mit der Behauptung ablehnte, dass die Miete über … Euro liegen werde und die Größe sowie der Zuschnitt der Zimmer nicht ihren Bedürfnissen entsprächen, verfängt dies nicht. Das Bestreiten des Mietzinses der Alternativwohnung beruht offenbar lediglich auf einer vagen Angabe des bisherigen Mieters, wonach „seines Wissens“ der Vermieter die Miete erhöhen wolle. Weitere diesbezügliche Erkundigungen hat die Beklagtenpartei aber offenbar gar nicht erst eingeholt, insbesondere fand weder eine entsprechende Nachfrage beim Vermittler noch beim Vermieter statt. Hinzu kommt, dass selbst im Falle einer beabsichtigten Erhöhung der Miete nicht ersichtlich wäre, dass die Mietobergrenze von … Euro erreicht oder gar überschritten würde. Soweit die Beklagte meint, dass die Zimmer der Wohnung in der … teilweise zu klein seien und nicht den richtigen „Mix“ an Schlafgelegenheiten böten, stellt sie nach Ansicht der Kammer überzogene Anforderungen an die Zumutbarkeit von Ersatzwohnraum. Zwar ist grundsätzlich nachvollziehbar, dass die Beklagte ihre Kinder zum Teil in Einzelzimmern bzw. getrennt voneinander unterbringen möchte. Es ist aber nicht ersichtlich, warum dies in der betreffenden Wohnung nicht in zumutbarer Weise hätte bewerkstelligt werden können. Selbst wenn die (unsubstantiierten) Behauptungen der Beklagten bezüglich der Zimmergröße (in etwa) zuträfen, würde die Wohnung durchaus noch zumutbaren Ersatzwohnraum darstellen.
Selbst wenn man sich – wie nicht – den (überzogenen) Anforderungen der Beklagten anschließen wollte, würde dies jedenfalls nichts daran ändern, dass die Bemühungen der Beklagten bei der Suche nach Ersatzwohnraum – schon wegen des unzureichenden Eingehens auf die klägerseits vermittelten Angebote und die überzogenen Anforderungen an dessen Vermittlungsbemühungen – letztlich unzureichend waren.
Ergänzend wird insoweit noch einmal auf die erstgerichtlichen Ausführungen zu § 574 Abs. 2 BGB Bezug genommen.
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten eine Härte nach § 574 Abs. 2 BGB grundsätzlich annehmen wollte, würde jedoch die sodann vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen. Denn dessen Eigenbedarf ist, wie bereits aufgezeigt, als dringlich anzusehen. Er ist v.a. aufgrund der zu erwartenden beruflichen Erschwernisse und aufgrund des zunehmend unzumutbar werdenden Zwangs, häufig von … nach … zu pendeln und des damit einhergehenden Nachteils, dabei seine gesundheitlich beeinträchtigte Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder nicht hinreichend unterstützen zu können, dringend und immer dringender auf einen baldigen Einzug in die Wohnung angewiesen.
Nach alledem scheidet auch die Annahme der Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 BGB ebenfalls aus.
Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit kommt daher nicht in Betracht, erst recht ist dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit zu verneinen.
Den Schwierigkeiten der Beklagten bei der Suche nach Ersatzwohnraum kann hier nur durch die Gewährung einer weiteren Räumungsfrist Rechnung getragen werden.
Nach alledem ist der Klage, wie erstgerichtlich zutreffend beurteilt, Erfolg, der Berufung der Beklagten dagegen kein Erfolg beschieden.
III.
Die Kostenentscheidung des Urteils ergibt sich aus § 97 ZPO.
Der Streitwert wurde entsprechend §§ 47, 41 Abs. 2, Abs. 1 GKG festgesetzt. Maßgeblich ist insoweit der Jahresbetrag der zuletzt in Ansehung des rechtskräftigen Urteils des AG München vom 20.10.2022 – Az. 463 C 5650/22 geschuldeten Nettomiete (… Euro).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der Kosten auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO. § 708 Nr. 10 ZPO ist nicht einschlägig.
Eine Zulassung der Revision ist vorliegend nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts sind gegeben, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder jedenfalls verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe („Leitentscheidung“) ganz oder teilweise fehlt (BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, ZPO § 543 Rn. 23 m.w.N.).
Dies ist hier aus Sicht der Kammer nicht der Fall. Denn es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.
Auch in Bezug auf die Gewährung einer Räumungsfrist scheidet die Zulassung der Revision aus, da die Entscheidung nach § 721 Abs. 1 ZPO vorliegend im Rahmen eines Urteils im Hauptsacheverfahren erging (vgl. Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 721 ZPO Rn. 13) und nicht isoliert. Damit sieht die Kammer insbesondere keine Abweichung von der im Folgenden unter Ziffer IV.1 zitierten Rechtsprechung des V. sowie des VIII. Zivilsenats des BGH.
Darüber hinaus hat die Sache nach Rechtsmeinung der Kammer auch keine grundsätzliche Bedeutung. Denn sie wirft keine entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfragen auf, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (vgl. BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, a.a.O. Rn. 19).
IV.
Nach Überzeugung der Kammer ist vorliegend die Gewährung einer Räumungsfrist bis 30.06.2024 angemessen, § 721 Abs. 1, Abs. 4 ZPO.
1. Zunächst ist klarzustellen, dass die Vorschrift des § 721 ZPO nach vorzugswürdiger Auffassung auch im vorliegenden Fall der Zurückweisung einer mieterseitigen Berufung gegen ein klagestattgebendes Räumungsurteil Anwendung findet.
Bei Entscheidungen der Berufungsinstanz ist in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 721 ZPO zunächst zu differenzieren: Wird eine Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 1 ZPO) oder Urteil verworfen, weil das Rechtsmittel unstatthaft oder verspätet eingelegt worden ist, so ist richtigerweise keine Räumungsfristentscheidung nach § 721 Abs. 1 ZPO möglich, weil der Eintritt der formellen Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rechtsmittel nicht gehemmt worden ist, § 705 S. 2 ZPO (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 721 ZPO Rn. 15; BeckOK Mietrecht/Fleindl, Zwangsvollstreckung, Rn. 118).
Anders verhält es sich, wenn die Verwerfung erfolgt, weil die Berufung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO nicht entspricht (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O.; LG Kiel, Urt. v. 11.10.1990 – 1 S 82/90, WuM 1991, 113); in diesem Fall tritt die Rechtskraft erst mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist ein, § 705 S. 1 ZPO.
In vorstehendem Lichte erscheint es nach Überzeugung der Kammer auch richtig, in Fällen, in denen die Berufung (des Mieters nach erstinstanzlichem Räumungsurteil) nach vorheriger mündlicher Verhandlung durch Urteil zurückgewiesen wird sowie in Beschlüssen nach § 522 Abs. 2 ZPO (Zurückweisung einer unbegründeten Berufung) und selbst nach § 516 ZPO (Entscheidung nach Zurücknahme der Berufung) Räumungsfristentscheidungen zu treffen. Hierfür spricht zuvörderst der Zweck des § 721 ZPO, nämlich die Vermeidung von Obdachlosigkeit im individuellen Interesse des Schuldners. Der Gedanke der Prozessökonomie steht dem nicht entgegen. Denn eine Berufungskammer erfährt gerade auch in den vorgenannten Fällen typischerweise „sowieso“ von den für die Entscheidung nach § 721 ZPO maßgeblichen Interessen der Parteien und ist deshalb zu einer Räumungsfristentscheidung – für die zudem grundsätzlich ein erhebliches praktisches Bedürfnis besteht – ohne Weiteres in der Lage (vgl. insoweit die Argumentation von Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter § 721 ZPO Rn. 14 zum Anwendungsbereich der Norm – dort allerdings im Zusammenhang mit der sehr strittigen Erstreckung auf Entscheidungen nach § 940 a ZPO). Auch der Wortlaut des § 721 Abs. 1 ZPO, wonach das Gericht „auf Räumung […] erkannt“ haben muss, steht einer solchen Vorgehensweise nicht zwingend entgegen, da zwar nicht in den Beschlüssen nach §§ 522 Abs. 1, Abs. 2, 516 ZPO auf Räumung erkannt wird, jedoch erstinstanzlich bereits dergestalt erkannt worden ist (strenger augenscheinlich u.a. Musielak/Voit/Lackmann § 721 Rn. 9 m.w.N., BGH, Beschl. v. 24.04.2014 – V ZR 74/14, WuM 2014, 354 sowie BGH, Beschl. v. 27.04.2010 – VIII ZR 283/09, BeckRS 2010, 11348, wonach sich aus § 721 Abs. 1 ZPO ergebe, dass von dem zuständigen Prozessgericht eine Räumungsfrist nur in dem Urteil, in dem auf Räumung erkannt wird, gewährt werden könne. Zwar könne eine Räumungsfrist auch noch im Revisionsurteil ausgesprochen werden, die isolierte Gewährung einer Räumungsfrist sehe das Gesetz hingegen – von dem hier nicht vorliegenden Fall einer auf zukünftige Räumung erkennenden Entscheidung nach § 721 Abs. 2 ZPO abgesehen – nicht vor).
Nach Überzeugung der Kammer ist es für die Gewährung einer Räumungsfrist in der 2. Instanz nicht erforderlich, dass erstmals in der Berufungsinstanz auf Räumung erkannt wird (siehe auch Englmann/Wittschurky in Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 7. Aufl. 2020, Kap. 32 Rn. 607; LG Berlin, Beschl. v. 09.02.2016 – 67 S 18/16, WuM 2016, 238, das insoweit von einer „zumindest gebotenen analogen Anwendung“ des § 721 Abs. 1 ZPO spricht).
2. Die Beurteilung der Frage, ob eine Räumungsfrist gewährt, verlängert, verkürzt oder aufgehoben wird, muss vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden werden. Voraussetzung für die Gewährung einer Räumungsfrist ist, dass das Interesse des Schuldners am vorübergehenden Verbleib in seiner Wohnung (Bestandsinteresse) größer ist, als das Interesse des Gläubigers an der sofortigen Durchsetzung seines Räumungstitels (Erlangungsinteresse). Das Gericht hat bei seiner Entscheidung konkret auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen; eine schematische Anwendung des § 721 ZPO verbietet sich (Kindl/Meller-Hannich/Wolf/Giers, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 721 Rn. 1; Schmid/Harz/Eiden, § 721 ZPO Rn. 28). Auch existiert kein allgemeiner Grundsatz, wonach das befristete Bestandsinteresse des Schuldners generell höher zu bewerten sei als das Erlangungsinteresse des Gläubigers (BeckOK ZPO/Ulrici, § 721 ZPO Rn. 5 m.w.N. zur Rspr.).
Bei der i.R.d. § 721 ZPO vorzunehmenden Interessenabwägung sind sämtliche Umstände auf Schuldner- wie auf Gläubigerseite zu berücksichtigen (Zöller/Seibel, § 721 ZPO Rn. 6 m.w.N. zur Rspr.). Das sind zunächst die objektiven Umstände, welche zum Erlass des Räumungsurteils geführt haben, ferner die Urteilsgründe selbst. Zudem sind die jeweiligen Parteiinteressen in die Abwägung einzustellen. In Anbetracht der gerade in Ballungsräumen oftmals bestehenden Wohnungsknappheit wird überdies die Frage der Beschaffbarkeit von Ersatzwohnraum zunehmend relevant.
Als maßgebliche Interessen des Schuldners sind vor allem seine persönlichen Verhältnisse zu werten. Hierzu zählen namentlich sein Gesundheitszustand und sein Alter, seine familiäre Situation, eine etwaige Schwangerschaft der Räumungsschuldnerin sowie die Anzahl der Kinder einer Familie oder eines alleinerziehenden Elternteils. Aber auch weitere soziale Kriterien, wie z.B. eine Verwurzelung im sozialen Umfeld und ein ggf. ungünstiger Zeitpunkt für einen Wechsel der Schule, der Arbeits- oder Ausbildungsstelle können als Abwägungskriterien Bedeutung erlangen. Bei schweren psychischen Erkrankungen (evtl. verbunden mit Suizidgefahr) ist bei der Bemessung der Räumungsfrist auch zu berücksichtigen, dass sich der Mieter auf den anstehenden Umzug seelisch einstellen (können) muss und bis zum Ende der Räumungsfrist vorbereitende therapeutische Behandlungen notwendig sein könnten (LG Bonn, Urt. v. 16.08.1999 – 6 S 93/99, ZMR 2000, 27; LG Köln, Urt. v. 15.04.2016 – 10 S 139/15, NJOZ 2016, 1006). In diesem Zusammenhang kommt es insbesondere auf eine Beurteilung des in räumlicher Hinsicht maßgeblichen Wohnungs-/Immobilienmarkts an. Ist die diesbezügliche Lage angespannt, wird der Räumungsschuldner mit teilweise erheblichen Schwierigkeiten bei der Suche nach Ersatzwohnraum rechnen müssen. Dabei reicht aber in der Regel – sofern die örtlichen Verhältnisse nicht gerichtsbekannt sind – ein allgemeiner Hinweis auf die angespannte Lage nicht aus (OLG Köln, Urt. v. 10.03.2003 – 16 U 72/02, WuM 2003, 465 = ZMR 2004, 33).
Vielmehr ist eine nähere Begründung des Antrags sowie der gerichtlichen Entscheidung erforderlich, soweit maßgeblich auch auf diesen Gesichtspunkt abgestellt wird. Auch die Dauer des bisherigen Mietverhältnisses ist grundsätzlich ein wichtiges Abwägungskriterium, zumal sie Indiz für eine Verwurzelung des Mieters im räumlichen und sozialen Umfeld der Mietsache sein kann.
Vorliegend werden bei der Abwägung zugunsten des Erlangungsinteresses der Klagepartei maßgeblich berücksichtigt, dass dringender Eigenbedarf vorliegt. Auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Dem Kläger drohen neben den massiven Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit dem regelmäßigen beruflich veranlassten Pendeln von … nach … auch gewichtige familiäre und berufliche Konsequenzen und Nachteile. Auch ist die Kündigungsfrist bereits seit nahezu 1,5 Jahren abgelaufen.
Zugunsten der Beklagten und ihres Bestandsinteresses wurde in die Interessenabwägung eingestellt, dass sie als alleinerziehende Mutter von fünf Kindern erheblichen Herausforderungen und Belastungen ausgesetzt ist.
Dies gilt umso mehr in Ansehung der gesundheitlichen bzw. schulischen Schwierigkeiten zweier Söhne. Sie wird daher noch etwas Zeit benötigen, um sich u.a. mit behördlicher Hilfe auf den bevorstehenden Verlust der Wohnung vorbereiten zu können. Die aufgrund der angespannten Lage des Immobilienmarktes in der Landeshauptstadt M. und deren Umgebung ohnehin schwierige Situation wird durch die vorgenannten Beeinträchtigungen sowie die angespannte finanzielle Situation der Beklagten noch erschwert. Auch die längere Dauer des Mietverhältnisses kann zugunsten der Beklagten gewertet werden.
V.
Die Kammer sah sich schließlich auch nicht dazu veranlasst, der Beklagtenpartei eine weitere Schriftsatzfrist zu gewähren, wie in der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung beantragt (vgl. Bl. 466 d.A.). Für diese Entscheidung war v.a. maßgeblich, dass die Kammer dem klägerischen Schriftsatz vom 31.10.2023, zu dem die Beklagtenpartei noch schriftsätzlich Stellung nehmen wollte, keinerlei entscheidungserhebliche Ausführungen mehr zu entnehmen vermochte. Der vorgenannte Schriftsatz beschränkte sich vielmehr auf eine Zusammenfassung und Wiederholung der erstgerichtlichen Ausführungen der Klagepartei sowie des bereits berufungsgegenständlichen Vorbringens.
VI.
Soweit die Beklagtenpartei bereits mit Schriftsatz vom 29.11.2023 Gehörsrüge gegen das Endurteil der Kammer eingelegt hat, stellt sich dies schon deshalb als unbehelflich dar, weil zu diesem Zeitpunkt – in vollem Einklang mit den diesbezüglichen Vorgaben der ZPO – die Urteilsgründe noch nicht niedergelegt waren.
Die Anhörungsrüge der Beklagten nach § 321 a ZPO ist nach Überzeugung der Kammer jedenfalls unbegründet.
Eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG, § 321 a Abs. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor. Die Erwägungen der Gehörsrüge lassen keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG erkennen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet insbesondere nicht, dass das Gericht sich der Rechtsauffassung einer Partei anzuschließen habe. Vielmehr verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht nach st. Rspr. des BVerfG nur dazu, das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen dabei nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG NJW 1997, 2310 [2312]).
Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Gehörsrüge vom 29.11.2023 wäre vorliegend keine andere Entscheidung zu treffen gewesen.
Soweit die beklagte Partei ernstlich zu meinen scheint, das Urteil sei schon deshalb rechtsfehlerhaft ergangen, da es an den Gründen fehle, ist dies offensichtlich unbehelflich.
Das Urteil wurde hier noch in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2023 verkündet, und dessen Tenor anschließend sogleich hinausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt brauchten die Gründe des Urteils freilich noch nicht vollständig abgefasst vorzuliegen.
Die Gründe des Urteils der Kammer sind nunmehr jedoch vollständig und fristgerecht abgefasst, §§ 310 Abs. 1, Abs. 2, 313 ff. 315, 547 Nr. 6, 548 ZPO; auf die insoweit maßgebliche Fünfmonatsfrist wird hingewiesen.
Soweit die Beklagte also letztlich „ins Blaue hinein“ die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, ohne die Gründe des Urteils gekannt zu haben, geht dies freilich ins Leere.
Nach alledem ist der Gehörsrüge kein Erfolg beschieden.
Die diesbezügliche Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.