OLG Koblenz – Az.: 5 U 1191/13 – Urteil vom 18.12.2013
Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 30.08.2013 aufgehoben und der davon betroffene Rechtsstreit, auch zur Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, in die erste Instanz zurückgegeben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte betreibt ein Fitnessstudio. Dazu mietete er Räume im Erd- und im Kellergeschoss eines innerstädtischen Hauses und zugehörige Parkplätze an. In den Vertrag, der ein monatliches Entgelt von 3.510,50 € (Kaltmiete 2.600 €, Betriebskostenvorauszahlung 350 € und Umsatzsteuer) vorsah, trat die Klägerin 2010 auf Vermieterseite ein.
Dieses Entgelt, das jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats zu entrichten war, zahlte der Beklagte von Oktober 2012 an nicht mehr. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 13.02.2013 und später erneut während des hiesigen Rechtsstreits die fristlose Kündigung des Vertrags. Zuvor hatte der Beklagte in einem Schreiben vom 02.11.2012 und seiner Darstellung nach außerdem schon mehrfach zu früherer Zeit Mängel gerügt, aus denen er Minderungs- und Zurückbehaltungsrechte herleitete. Seine Beanstandungen, die weithin in dem vorgenannten Schreiben zur Sprache kamen, bezogen sich namentlich auf eine aus seiner Sicht zu geringe Fläche der Mietsache, Nässe- und Schimmelerscheinungen, defekte Sanitärobjekte sowie Dritteinwirkungen in Form der Ablagerung von Unrat und der Nutzung der von ihm gemieteten Parkplätze.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin, die die Einwände des Beklagten durchweg nicht für tragfähig erachtet hat, rückständiges Entgelt in Höhe von 21.063 € (= 6 x 3.510,50 €) für die Zeit von Oktober 2012 bis März 2013, eine das Jahr 2010 betreffende Betriebskostennachzahlung von 1.277,61 €, den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten von 1.490,50 € und die Herausgabe der Mietsache geltend gemacht. Diesem Verlangen hat das Landgericht im letzten Punkt durch ein Teilurteil entsprochen. Seiner Auffassung nach wurde das Mietverhältnis der Parteien durch das Kündigungsschreiben vom 13.02.2013 beendet, weil der Beklagte jedenfalls mit den Mieten für Oktober und November 2012 in Verzug gewesen sei. Die von ihm monierten Mängel hätten die insoweit bestehenden Zahlungspflichten nicht beeinflussen können. Der Klägerin sei nämlich damals mangels einer frühzeitigen Mängelanzeige keine Gelegenheit zur Abhilfe gegeben worden; das Schreiben des Beklagten vom 02.11.2012 habe sie erst am 13.11.2012 erreicht.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er erstrebt die Abweisung des vom Landgericht zuerkannten Klageantrags und hilfsweise die Rückgabe des Verfahrens in die erste Instanz. Aus seiner Sicht hat das Landgericht zu Unrecht einen -zur Vertragskündigung berechtigenden- zweimonatigen Zahlungsverzug seinerseits angenommen, da es schon vor seinem Schreiben vom 02.11.2012 zahlreiche Mängelrügen gegeben habe. Außerdem sei das Schreiben der Klägerin vor Fälligkeit der Miete für November 2012 zugegangen. Unabhängig davon habe es jedenfalls mit seinem Zugang ein verzugsausschließendes Zurückbehaltungsrecht begründet. Demgegenüber verteidigt die Klägerin die Entscheidung des Landgerichts.
II. Das Rechtsmittel führt gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO – ohne Rücksicht auf den insoweit von dem Beklagten gestellten Hilfsantrag (§ 538 Abs. 2 S. 3 ZPO) – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens in die erste Instanz. Das beruht darauf, dass eine unzulässige Teilentscheidung ergangen ist.
Dies muss nach der gesetzlichen Vorgabe geschehen, obwohl der Zuspruch des Herausgabevorlangens (§§ 546, 985 BGB) in der Sache nicht zu beanstanden ist: Die am 13.02.2013 ausgesprochene fristlose Vertragskündigung war wirksam, weil sich der Beklagte, bezogen auf Oktober und November 2013, für zwei aufeinanderfolgende Monate mit der Entrichtung zumindest eines nicht unerheblichen Teils des Entgelts in Verzug befand (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a BGB). Mögliche Minderungsrechte, die das hätten hindern können, scheiterten am Fehlen einer rechtzeitigen Mängelanzeige (§ 536 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB); die Klägerin war aufgrund ihres Informationsstands nicht in der Lage, eine wirksame Abhilfe zu leisten, bevor sich der offene Mietzins akkumulierte.
Die erste greifbare Rüge des Beklagten datiert vom 02.11.2012 und ging der Klägerin lediglich am 13.11.2012 zu. Die Behauptung des Beklagten, den Zustand der Mietsache schon weit früher und dabei mehrfach moniert zu haben, ist mangels näherer Darlegung zu Datum, Art und Inhalt der Beanstandungen ohne Substanz. Darüber kann das damit einhergehende Zeugnisangebot nicht hinweghelfen.
Für einen Zugang des Schreibens vom 02.11.2012 vor dem 13.11.2012 ist der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig (Nies in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 536 c BGB Rndr. 2). Allerdings ist unstreitig, dass das gemäß seiner Adressangabe an Andreas S., den Sohn des für die Klägerin vertretungsberechtigten Hans-Jürgen S., gerichtete Schreiben, seinen Adressaten alsbald nach dem 02.11.2012 erreichte, ehe es dann später an die Verwalterin der Klägerin weitergegeben wurde. Obwohl es erkennbar eine Mitteilung an die Klägerin enthielt, konnte es jedoch nur dann von vorneherein zu deren Lasten wirken, wenn Andreas S. insoweit empfangsbevollmächtigt war. Das hat der Beklagte nicht substantiiert dargetan. Konkrete Umstände aus der Zeit bis zum November 2012, die eine Vertreterstellung oder zumindest deren – der Klägerin zurechenbaren – Anschein begründen könnten, sind nicht deutlich geworden. Klar umrissene Indikatoren für eine entsprechende Berechtigung ergeben sich allenfalls aus dem Vortrag des Beklagten zum Auftreten Andreas S. während des hiesigen Rechtsstreits oder aus den Hinweisen des Beklagten auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 04.09.2013 und dem der Hausverwaltung vom 12.09.2013.
Der mangels einer Minderungsbefugnis entstandene Zahlungsverzug des Beklagten wurde nicht deshalb geheilt, weil in dem nach dessen Eintritt zugegangenen Schreiben vom 02.11.2013 ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wurde. Die dahingehende, in der Berufungsbegründungsschrift vorgetragene Rechtsansicht geht an der Funktion eines solchen Rechts vorbei. Das Recht greift nach Treu und Glauben erst in Bezug auf die Mieten, die fällig werden, nachdem die Mängel angezeigt wurden (BGH MDR 2011, 92).
Trotz der nach alledem wirksamen Vertragskündigung der Klägerin hat die erstinstanzliche Verurteilung keinen Bestand. Die Entscheidung des Landgerichts, die sich lediglich über einen von mehreren Klageanträgen verhält und ein Teilurteil darstellt, krankt daran, dass sie mit dem Ausgang des Prozesses im Übrigen kollidieren könnte. Ein Teilurteil darf nur erlassen werden, wenn es nicht in Abhängigkeit zur Schlussentscheidung steht und die Gefahr einander widersprechender Urteile ausgeschlossen ist (BGHZ 107, 236; BGH NJW 2000, 3716; BGH NJW 2004, 1452). Dabei ist die Frage, ob das der Fall ist, nicht nur im Hinblick auf den Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts zu beantworten; vielmehr ist die Möglichkeit divergierender Auffassungen im weiteren Instanzenzug mitzuberücksichtigen (BGH NJW-RR 1994, 379).
Unter diesem Blickwinkel ist das Urteil des Landgerichts fehlerhaft. Es ist darauf gegründet, dass der Beklagte mit den Mieten für Oktober und November 2012 dauerhaft in Verzug war, weil er insoweit keine anspruchsausschließenden oder -hemmenden Gegenrechte hatte. Die Frage nach derartigen Gegenrechten stellt sich indessen erneut, wenn über den Klageantrag auf Zahlung des für die Monate Oktober 2012 bis März 2013 geltend gemachten Entgelts im Gesamtumfang von 21.063 € zu befinden sein wird, und könnte dann, selbst wenn das ergangene Teilurteil in Rechtskraft erwüchse, mangels eines von ihm ausgehenden Präjudizes abweichend beantwortet werden. Die bloße Möglichkeit dafür, mag sie auch unwahrscheinlich sein, führt zur Unzulässigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Ein Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist hier nicht veranlasst; darüber wird das Landgericht nach Maßgabe seines endgültigen Urteils zu befinden haben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 775Nr. 1, 776 S. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision fehlen; die Anwendung von § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO, auf die sich das hiesige Urteil stützt, entspricht höchstrichterlichen Vorgaben.
Rechtsmittelstreitwert gemäß § 41 Abs. 2 GKG: 37.128 € (= 12 x 3.094 €).