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Wohnungseigentümerersatzanspruch aufgrund Sanierungsarbeiten

AG Berlin-Mitte – Az.: 29 C 29/17 – Urteil vom 05.07.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der im Dachgeschoss gelegenen und im Jahr 2000 bezugsfertig gewordenen Einheit 31 im Objekt der Beklagten, die sie im Jahr 2010 erwarb. Im Dezember 2011 nahm sie die Einheit, die sie modernisieren und neu vermieten wollte, in Besitz. Die in der Einheit geplanten Abrissarbeiten begannen Anfang Januar 2012. Am 03.01.2012 entdeckten die von der Klägerin beauftragten Handwerker Feuchte- und Schimmelschäden an Wänden und Decken und an Deckenbalken des Fußbodens. Die Klägerin sah sich daher gezwungen, die Arbeiten einzustellen. In der Eigentümerversammlung vom 23.04.2014 wurde unter TOP 5a ein Beschluss über die Instandsetzung des Daches gefasst, bezüglich dessen Inhalts auf Bl. 198 f. d.A. Bezug genommen wird.

Die Klägerin behauptet, die von ihr geplanten Umbauarbeiten wären unproblematisch bis Ende März 2012 beendet worden. Auf Veranlassung der Beklagten hätten Sachverständige ab dem 18.04.2012 mehrere Begutachtungstermine in der Einheit durchgeführt. Zu diesem Zweck habe die Beklagte weitere Deckenverkleidungen öffnen lassen, die nicht wieder verschlossen worden seien. Der Beschluss zu TOP 5a aus der Eigentümerversammlung vom 23.04.2014 habe am 06.08.2014 zur Beauftragung der … geführt, die ab dem 18.08.2014 weitere Trockenbauverkleidungen und Dämmung entfernt habe. Seitdem habe sich nichts verändert, die Einheit sei weiterhin entkernt und unbewohnbar und es sei der Klägerin nicht gelungen, die Bewohnbarkeit wieder herzustellen – vielmehr sei die Einheit wegen statischer Probleme des Daches seit Februar 2016 bauaufsichtsrechtlich gesperrt. Wegen des Inhalts des diesbezüglichen Schreibens des Bezirksamts … Berlin wird auf Bl. 222 f. d.A. Bezug genommen. Die Nutzung der klägerischen Einheit werde dadurch verhindert, dass sie zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch genommen wird. Der Klägerin sei ein Mietausfall in Höhe von jeweils € 720,00 für die Monate Januar 2014 bis Mai 2017 sowie in Höhe der umlagefähigen Betriebskosten für die Jahre 2013 und 2014 entstanden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 31.570,09 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf jeweils € 720,00 seit dem 6. Januar, 6 Februar, 6 März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni. 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November, 6. Dezember 2014, 6. Januar, 6 Februar, 6 März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni. 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November, 6. Dezember 2015, 6. Januar, 6 Februar, 6 März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni. 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November, 6. Dezember 2016, 6. Januar, 6 Februar, 6 März, 6. April, 6. Mai 2017, auf € 787,81 seit 31. Dezember 2014, auf € 1.262,28 seit 31. Dezember 2015 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von € 1.474,89 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 9. Februar 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, nicht passivlegitimiert zu sein. Sie behauptet, die Klägerin habe sämtliche Bauteilöffnungen und Begutachtungen selbst veranlasst. Die Beklagte habe weder Sachverständige noch Abrissarbeiten beauftragt und diesbezüglich auch keine Beschlüsse gefasst. Soweit behauptete Untersuchungen von der Verwalterin eigenmächtig beauftragt worden seien, sei diese insoweit nicht gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG vertretungsberechtigt gewesen. Da die Beklagte nicht zum Zweck der Sanierung in das Sondereigentum der Klägerin eingegriffen habe, bestehe bereits dem Grunde nach kein Anspruch aus § 14 Nr. 4 HS. 1 WEG. Jedenfalls sei die Einheit der Klägerin von Anfang an nicht bewohnbar gewesen, weshalb eine Kausalität zwischen einem etwaigen Eingriff in das Sondereigentum und dem Schaden fehle.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von € 31.570,09 zuzüglich Nebenforderungen.

1.

Die Klage war nicht bereits deshalb abzuweisen, weil die Klägerin einen Eingriff der Beklagten in ihr Sondereigentum nicht hinreichend dargelegt hätte. Denn nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts hat sie unter Vorlage von Dokumenten plausibel vorgetragen, dass jedenfalls in den Jahren 2012 und 2014 von der Beklagten veranlasste Bauteilöffnungen und Untersuchungen in der Wohnung stattfanden.

2.

Ausschlaggebend ist jedoch, dass die Klägerin eine Entschädigung gemäß § 14 Nr. 4 HS 2 WEG beansprucht. Ein solcher Anspruch, der sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft richtet, ist eine Folge der Duldungspflicht aus § 14 Nr. 4 HS 1 WEG. Er setzt daher voraus, dass die Eigentümergemeinschaft eine Maßnahme der Instandhaltung am Gemeinschaftseigentum durchführt, zu diesem Zweck das Sondereigentum betritt oder in das Sondereigentum eingreift und dass dadurch ein Schaden entsteht (Niedenführ/Vandenhouten, Kommentar zum WEG, 12. Aufl., § 14 Rdnr. 51, 55). Hingegen genügt es nicht, wenn der Schaden im Sondereigentum zwar auf Mängeln des Gemeinschaftseigentums beruht, er aber nicht Folge von Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ist – in diesem Fall kommt lediglich ein Schadensersatzanspruch aus § 280 ff. BGB in Betracht, wenn die Mangelbeseitigung schuldhaft verzögert oder unterlassen wurde, wobei sich dieser Anspruch nicht gegen den Verband, sondern gegen diejenigen Wohnungseigentümer richtet, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben (Niedenführ/Vandenhouten, aaO., § 14 Rdnr. 55, § 21 Rdnr. 79; BGH WuM 2015, 43 juris Rdnr. 21). Zudem kommt ein Anspruch gegen den Verwalter in Betracht, wenn er pflichtwidrig einen Beschluss zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums nicht umsetzt.

Demnach besteht kein Ersatzanspruch bei Unbewohnbarkeit des Sondereigentums, wenn die Unbewohnbarkeit bereits bei Beginn der Sanierungsarbeiten gegeben war. Denn ersatzfähig gemäß § 14 Nr. 4 HS. 2 WEG ist nur ein Schaden, der adäquat dadurch verursacht wird, dass das Sondereigentum bei der „Benutzung” im Zuge der Instandsetzungsarbeiten in einen nachteiligen Zustand versetzt wird. Denn § 14 Nr. 4 HS. 2 WEG gibt keinen Anspruch auf Ersatz von Schäden, die infolge des Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind, der die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslöste. Demnach kommt es maßgeblich darauf an, ob das Sondereigentum nur wegen der Inanspruchnahme durch den Verband nicht nutzbar war oder ob es wegen eines Mangels am gemeinschaftlichen Eigentum ohnehin in dem fraglichen Zeitraum nicht nutzbar gewesen wäre (LG Hamburg ZMR 2017, 1001 juris Rdnr. 32, 45; BGH WuM 2017, 224 juris Rdnr. 22).

Bei einer Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der von der Klägerin hier beanspruchte Mietausfallschaden nicht maßgeblich auf etwaigen Arbeiten der Beklagten beruhte, die diese zum Zweck der Sanierung des Gemeinschaftseigentums durchführte. Denn die Klägerin sah sich bereits nach ihrem eigenen Vortrag gezwungen, die begonnenen Umbauarbeiten wegen der entdeckten Schäden von sich aus einzustellen. Die Feuchtigkeitsschäden sind offenbar derart massiv, dass eine Weiterbenutzung der Einheit – auch nach einer etwaigen Schließung der zum Zweck des Umbaus geöffneten Deckenbereiche – nicht mehr in Betracht kam. Hinzu kommen die statischen Mängel der Decke, die zwischenzeitlich offenbar dazu geführt haben, dass die Einheit seit Februar 2016 bauaufsichtsrechtlich gesperrt ist. Demnach war die Einheit der Klägerin bereits zur Zeit der Einstellung der Umbaumaßnahmen Anfang Januar 2012 wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht mehr benutzbar, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte in der Folgezeit dort Maßnahmen zur Schadensermittlung durchführte. Denn selbst dann, wenn die Beklagte in der klägerischen Einheit überhaupt keine Maßnahmen veranlasst hätte, hätte die Klägerin offenbar ihre Umbaumaßnahmen nicht fortgesetzt, da ein weiterer Umbau angesichts der erheblichen Mängel im Dach sinnlos gewesen wäre, bevor das Dach nicht saniert ist. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass die Klägerin trotz des Hinweises des Gerichts lediglich für die Jahre 2012 und 2014 Maßnahmen der Beklagten zum Zweck der Sanierung des Daches benennen konnte. Seitdem hat sich nach ihrem Vortrag nichts verändert. Dass die Klägerin seit vielen Jahren offenbar dennoch keine Maßnahmen eingeleitet hat, bis zu einer Sanierung die Bewohnbarkeit der Einheit wiederherzustellen (was auch bedeutet hätte, die Beklagte gemäß § 14 Nr. 4 HS. 2 WEG zur Schließung der von ihr geöffneten Bereiche anzuhalten), spricht dafür, dass ihr selbst klar war, dass eine solche Wiederherstellung der Einheit aufgrund der erforderlichen Dachsanierung keinen Sinn machen würde, weil eine sehr umfassende Sanierung des Daches nötig ist.

Da die Klägerin den Umbau selbst und nicht wegen einer von der Beklagten betriebenen Sanierung des Gemeinschaftseigentums eingestellt hat, fehlt es an den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 14 Abs. 4 HS. 2 WEG.

3.

Doch selbst wenn man dies anderes sehen wollte und der Ansicht wäre, dass die von der Beklagten – nach der Darstellung der Klägerin – durchgeführten Bauteilöffnungen und Begutachtungen dazu führen würden, dass ein Anspruch aus § 14 Nr. 4 HS. 2 WEG in Betracht käme, ist nicht hinreichend erkennbar, aufgrund welcher Maßnahmen die Klägerin ab dem 01.01.2014 einen Anspruch auf den Ersatz von Mietausfall haben sollte. Die Klägerin hat diverse Maßnahmen behauptet, die die Beklagte in ihrer Einheit im Jahr 2012 durchgeführt habe. Sodann klafft in ihrem Vortrag eine Lücke von etwa 1 ½ Jahren. Dies lässt den Schluss zu, dass in der Zwischenzeit keine Maßnahmen bezüglich der Dachsanierung veranlasst wurden. Sodann wird erst wieder der Beschluss über die Instandsetzung des Daches aus der Eigentümerversammlung vom 23.04.2014 zu TOP 5a erwähnt. Dieser enthält zwar eine Instandsetzung des Daches, doch wurde eine zugleich zur Abstimmung gestellte komplette Neuerrichtung des Daches abgelehnt. Ein weiterer Vortrag der Klägerin zu nachfolgenden Sanierungsmaßnahmen fehlt sodann. Insbesondere ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die bereits im April 2014 beschlossene Dachsanierung noch immer nicht abgeschlossen ist. Nach dem üblichen Lauf der Dinge hätten die Arbeiten in den zwischenzeitlich vergangenen 4 Jahren längst abgeschlossen sein müssen. Warum dies nicht der Fall ist, erwähnt die für die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Anspruchs darlegungsbelastete Klägerin nicht. Dies kann viele Ursachen haben. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Bezirksamtes … Berlin vom 21.01.2016 geht hervor, dass es der Beklagten „bedauerlicher Weise bis jetzt nicht möglich (war), eine Einigung über die Instandsetzung des Daches zu erzielen”. Demnach stehen der Sanierung interne Unstimmigkeiten in der Beklagten entgegen. Was genau dahinter steckt, kann mangels eines diesbezüglichen Vortrags der Klägerin nur vermutet werden. Denkbar ist, dass der Beschluss über die Sanierung aufgehoben wurde. Dann läge wiederum ein Sachverhalt vor, bei dem die fehlende Nutzbarkeit der Wohnung nicht auf Sanierungsmaßnahmen der Beklagten, sondern auf dem Abstimmungsverhalten derjenigen Eigentümer beruhen würde, die diesem aufhebenden Beschluss zugestimmt haben und daher gemäß § 280 ff. BGB von der Klägerin in Anspruch genommen werden müssten. Denkbar ist auch, dass die beschlossene Sanierung aus technischen Gründen nicht umsetzbar war oder dass sich herausstellte, dass die beschlossenen Maßnahmen unzureichend waren, weshalb es einer erneuten Beschlussfassung über die Sanierung bedurft hätte, die jedoch ebenfalls am Abstimmungsverhalten einiger Eigentümer scheiterte. In diesen Fällen wäre nicht hinreichend erkennbar, dass die Unbenutzbarkeit der Einheit der Klägerin nach den behaupteten Maßnahmen im Jahr 2012 und 2014 gerade darauf beruht, dass sie (noch) zum Zweck der Sanierung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch genommen wird. Vielmehr scheint seit dem Jahr 2012 eine Sanierung verschleppt bzw. eine sachgerechte Sanierung verhindert worden zu sein. Der Klägerin steht es frei, sich diesbezüglich wegen Schadensersatzansprüchen an die betreffenden Eigentümer oder den Verwalter zu halten.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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